Kurzstudie „Heizungsindustrie im Wandel“

Investitionspotentiale im Markt für Heizungsinstallationen

Die Münchner Strategieberatung für die Bauindustrie S&B Strategy hat eine Kurzstudie zu den Auswirkungen des European Green Deals und Investitionspotentialen im Markt für Heizungsinstallationen verfasst. Dabei wurden aktuellen Entwicklungen sowie Trends auf Markt-, Kunden- und Wettbewerbsseite untersucht sowie Lifetime-Kosten-Analysen durchgeführt, um zentrale Herausforderungen im Markt abzuleiten und Lösungsansätze für Investoren und Unternehmen zu formulieren.

Der Markt für Heizungssysteme ist von einer hohen Dynamik geprägt, getrieben von immer höheren Kundenanforderungen, der Digitalisierung von Prozessen und Produktsystemen und vor allen Dingen von einer steigenden Regulatorik in Verbindung mit Kauf­anreizen. Die deutliche Reduktion des CO2-Ausstoßes bleibt nach wie vor das langfristige Ziel der Bundesregierung und erfordert deshalb die Substitution fossiler Heizungssysteme durch neue regenerative Lösungen in der Gebäude­hülle. Die Förderungen im Rahmen des „Klimapakets“ haben 2020 bereits zu einem Boom der Nachfrage nach Heizungswechseln geführt. Dabei spielen je nach Region Hybridsysteme aus Solarthermie und Gasbrennern eine zentrale Rolle, da für ältere ­Gebäude Systeme wie Wärmepumpen oder Brennstoffzellen oft noch zu teuer oder nicht leistungsfähig genug sind. Denn gerade Gebäude, welche älter als 15 Jahre sind, weisen oftmals noch eine unzureichende Wärmedämmung und somit einen höheren Wärme- und Energiebedarf auf.

Sanierung: Komplexität und unzureichende Dämmung

„Um die Klimaziele zu erreichen und den CO2-Ausstoß des Gebäudebestandes signifikant zu verringern, sind Umrüstungen auf neue, regenerative Heizungssysteme unabdingbar. Allerdings gibt es für rund acht Mio. Ein- und Zweifamilienhäuser mit schlechteren Dämmeigenschaften in Deutschland noch keine rein regenerativen Lösungen, die auch vergleichsweise preiswert sind. Deshalb wird auch der energetischen Gebäudesanierung in den kommenden Jahren eine zentrale Bedeutung zukommen“, sagt Christoph Blepp, Partner bei S&B Strategy.

Darüber hinaus werde die Durchdringung mit neuen Heizungssystemen durch den Fachkräftemangel und die Komplexität in der Installation gebremst. War es früher noch relativ einfach für den Heizungsbauer, einen Öl- oder Gasbrenner ­auszuwechseln, wird bei der Installation einer Wärmepumpe auch ein Elektroinstallateur erforderlich. Bei der Einbindung von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen ist dann noch das Dachgewerk für die Installation notwendig und dieser gewerkeübergreifende Ansatz in Zeiten des Fachkräftemangels sorgt für erheblichen Installationsstau. „Auf dem Papier ist ein System aus Photovoltaik­anlage, welche Batteriespeicher und Wärmepumpe versorgt und damit einen Großteil des Wärme- und Energiebedarfs in Ein- und Zweifamilienhäusern deckt, hoch attraktiv“, so Christoph Blepp. „Leider ist ein solches System heute aus einer Hand flächendeckend kaum abbildbar, da Heizungsbauer, Dachdecker, Elektroinstallateure und ggf. Systemintegratoren gleichzeitig für jede einzelne Installation vor Ort sein müssen. Allein die Abstimmung der Schnittstellen und Termine ist vielerorts nicht möglich und wenn doch, dann zu vergleichsweise hohen Kosten.“ Die Frage nach der Zahlungsbereitschaft der Kunden im preisgetriebenen Massen­markt für einfachere Installationen treibt deshalb vor allem die Hersteller von Heizsystemen um.

Neue Konzepte

Um diese Herausforderungen in den Griff zu bekommen, versuchen vor allem Hersteller und Energieanbieter die Kunden über Konzepte wie „Wärme als Service“ zu locken. Der Vorteil für den Kunden ist, dass Wartungs- und Servicegebühren mit dem Anschaffungspreis in einen monatlichen Nutzungspreis verrechnet werden, der hohe Anschaffungspreis fällt also weg. Für die Anbieter bedeutet dies planbareres Installations- und Servicegeschäft aber vor allem höhere Preise. Jedoch werden mittlere und kleinere Heizungsbauer dadurch zum reinen Dienstleister der Hersteller oder Energieanbieter degradiert, denn die Kunden- und Leistungsbeziehung besteht in diesen Fällen nicht mehr zwischen ihnen und ihren Kunden, sondern wird von den Herstellern und Energiedienstleistern gehalten.

Massiver Anstieg an Übernahmen erwartet

Dieses Marktumfeld wird laut S&B Strategy zwangsläufig zu einer starken Konsolidierung des Marktes führen. Einerseits auf Heizungsbauer-/ Installateurseite, andererseits auf Seite der Hersteller, welche ihre Produkt- und Leistungsportfolios entsprechend an­passen müssen. Zusätzlich können sich Hersteller immer stärker differenzieren, indem den Installateuren Services und Tools angeboten werden, mit denen die Installateure gebunden werden können, wie z. B. Vertriebs-, Recruiting und Marketingplattformen, Installationshilfen etc.

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