Keine Irrwege beim Fahrtenbuch
Versteuerung des privat genutzten FirmenwagensBei privat genutzten Firmenfahrzeugen kommt es immer wieder zu Diskussionen mit dem Finanzamt, ob bezüglich der Besteuerung ein Fahrtenbuch zugrundezulegen oder die 1 %-Regelung anzuwenden ist. Ist das Fahrtenbuch nach Auffassung des Finanzamts nicht ordnungsgemäß geführt, wird die – meist teurere – 1 %-Regelung angewendet.
Das Fahrtenbuch muss die Kilometer für dienstliche und private Fahrten (inkl. Fahrten zum Betrieb) nachweisen, d.h. es muss ordnungsgemäß sein. Der Begriff der Ordnungsmäßigkeit ist gesetzlich nicht näher bestimmt, ist aber durch die Rechtsprechung des BFH deutlich umrissen und wird mit einer Reihe von Voraussetzungen von der Finanzverwaltung zugrunde gelegt.
Folgende Anforderungen werden gestellt, damit das Fahrtenbuch als Beweismittel anerkannt wird:
Bei Berufen mit täglich wechselnden häufigen Fahrten bestehen Aufzeichnungserleichterungen.
Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit
Bei der Beurteilung, ob das Fahrtenbuch ordnungsgemäß geführt ist, legen die Finanzämter strenge Maßstäbe an. Begründete Zweifel führen zu einer Nachversteuerung und zur Anwendung der 1 %-Regelung bei der Firmenwagenbesteuerung. Solche Zweifel sind immer dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige das Fahrtenbuch elektronisch mit einem Tabellenkalkulations-Programm erstellt. Eine beliebte Methode besteht darin, das Fahrtenbuch nachträglich für einen längeren Zeitraum zu erstellen, mithin also zu manipulieren. Für derartige Manipulationen gibt es typische Anzeichen, die das Finanzamt misstrauisch machen:
Das Fahrtenbuch wird regelmäßig dann verworfen, wenn der Finanzbeamte anhand der Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen nicht nachvollziehen kann, in welchem Umfang das Fahrzeug dienstlich und privat genutzt wurde.
Kommt das Fahrtenbuch dem Finanzbeamten „verdächtig“ vor, nimmt er eine Plausibilitätsprüfung vor. Einer solchen Prüfung hält ein manipuliertes Fahrtenbuch nur selten stand. Natürlich werden auch nicht manipulierte Fahrtenbücher nicht selten verworfen, weil sie den Vorstellungen der Finanzverwaltung in Bezug auf Ordnungsmäßigkeit nicht entsprechen. Hier geht es dann stets um fehlende Belege oder unvollständige Eintragungen.
Die Frage, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, beschäftigt immer wieder die Gerichte, denn davon hängt letztlich ab, wie der private Nutzungsanteil ermittelt wird. Der steuerliche Unterschied zwischen Besteuerung nach Fahrtenbuch und der 1 %-Regelung kann beträchtlich sein. Mit der 1 %-Regelung wird der auch privat genutzte Firmenwagen pauschal versteuert, und zwar mit 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs einschließlich aller Extras. Zusätzlich werden 0,05 % mal Entfernung Wohnung – Arbeitsstätte mal Listenpreis als geldwerter Vorteil angesetzt. Für Nicht-Arbeitnehmer ist die 1 %-Regelung seit dem 1. Januar 2006 nur noch für Fahrzeuge anwendbar, die zu mindestens 50 % betrieblich genutzt werden.
BFH-Urteil schafft Erleichterungen
Um dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu eröffnen, den tatsächlichen Nutzungsgrad zu ermitteln, bedarf es formaler Vorschriften. Diese Formalien sollten allerdings nicht überspannt werden. Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit bieten. In dieser Hinsicht schafft ein BFH-Urteil vom 10. April 2008 (VI R38/06) Klarheit. Tenor des Urteils: „Die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten. Kleine Mängel führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind.“
Zugrunde lag der Rechtsstreit, ob ein Fahrtenbuch noch ordnungsgemäß ist, wenn es in einem Jahr (2000) nur einen Mangel und in einem anderen Jahr (2002) nur wenige Mängel aufweist.
In zwei Fällen bestand zwischen den Kilometerangaben laut Fahrtenbuch und den Werkstattrechnungen keine genaue Übereinstimmung. In einem Fall war eine Fahrt, für die eine Tankrechnung vorlag, nicht aufgezeichnet worden. Die Richter des BFH bezeichneten es als unverhältnismäßig, wegen derartiger Mängel die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs zu versagen, sofern die Angaben insgesamt plausibel sind.
BFH-Urteil kein Freibrief
Auch wenn der BFH hier zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden hat, weil tatsächlich nur kleine, für die Anerkennung des Fahrtenbuchs unwichtige Mängel vorhanden waren, sollte der Steuerpflichtige sorgfältig darauf achten, die Fahrtenbucheintragungen so korrekt wie möglich vorzunehmen. Es ist nämlich zu registrieren, dass die Finanzverwaltung höchstrichterliche Urteile im Steuerrecht nicht oder mangelhaft umsetzt. Sie hat Mechanismen entwickelt, um die Anwendung von Entscheidungen des BFH zu unterlaufen.
Durch rund ein halbes Dutzend sog. „Nichtanwendungserlasse“ pro Jahr verhindert die Steuerverwaltung, dass die Bürger von Urteilen des höchsten Finanzgerichts profitieren können. Mit solchen seit Jahren üblichen Erlassen beschränkt die Verwaltung die Wirkung höchstrichterlicher BFH-Urteile auf die unmittelbar am Prozess Beteiligten, anstatt sie – wie bei anderen Bundesgerichten üblich – auch auf alle vergleichbaren Fälle anzuwenden. Es ist nicht auszuschließen, dass auch das Fahrtenbuch-Urteil einem solchen Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministers zum Opfer fällt.