Kampf gegen Produktpiraterie
Zeichen setzen gegen Fälschungen
Zollrundgang auf der ISH 2015
Jahr für Jahr entstehen der deutschen Wirtschaft durch Plagiate Schäden in Milliardenhöhe. Doch damit nicht genug: Durch Produktpiraterie gehen nicht nur Arbeitsplätze in Deutschland verloren, es kommen auch minderwertige Produkte in Umlauf, die der Umwelt und im schlimmsten Fall der Gesundheit schaden können. Die Mitglieder der Initiative Blue Responsibility setzen sich daher aktiv für die Verwendung von Markenprodukten ein, die hohe Qualitätsstandards garantieren und umweltgerecht sowie unter fairen Arbeitsbedingungen produziert werden.
Eine perfekt geschwungene Waschtischarmatur, eine hochwertige Betätigungsplatte oder eine komfortable Regendusche – auf den ersten Blick ist die Täuschung perfekt. Erst bei genauem Hinsehen zeigen sich winzige Unterschiede, die das vermeintlich hochwertige Produkt als günstig produziertes Plagiat enttarnen. Die große Gefahr: Der Verbraucher bekommt zwar ein optisch nahezu identisches Produkt, jedoch mit einem nicht kalkulierbaren Risiko für Umwelt, Gesundheit und Werterhalt der Immobilie. „Häufig werden zur Produktion von Plagiaten minderwertige Materialien und Werkstoffe verwendet, in denen sich im schlimmsten Fall umwelt- oder gesundheitsbelastende Substanzen befinden“, warnt Veit Szpak von Mepa. Auch Christoph Weis, Geschäftsführer von Neoperl, betont: „Trinkwasser ist das einzige nicht substituierbare Lebensmittel – Produkte, die nicht zugelassene Materialien enthalten, stellen daher ein großes Risiko dar.“ Auch wenn keine schädlichen Stoffe verbaut werden, so verschleißen günstig produzierte Kopien häufig schneller als das Original und weisen deutlich schlechtere Ökobilanzen auf. „Dies ist weder aus ökologischer noch aus ökonomischer Sicht nachhaltig“, ergänzt Wolfgang Burchard, Sprecher von Blue Responsibility (www.blue-responsibility.net). Die deutsche Sanitärindustrie setzt sich daher aktiv gegen Produktpiraterie ein – u.a. in Form von Zollkontrollrundgängen auf der ISH.
Plagiate – ein gesamtwirt-schaftliches Problem
Der gesamtwirtschaftliche Schaden durch Plagiate wird in Deutschland auf rund 30 Mrd. € geschätzt. Pro Jahr fallen dadurch ca. 70.000 qualifizierte Arbeitsplätze weg. Die deutsche Sanitärindustrie hat in besonderem Maße mit Produktpiraterie zu kämpfen, denn das Qualitätssiegel „Made in Germany“ steht weltweit für ausgezeichnete Produktqualität und findet zahlreiche Nachahmer.
„Viele Dornbracht-Produkte sind weltweit unzählige Male kopiert worden. Wir gehen davon aus, dass wir rund 100 zusätzliche Arbeitsplätze in unserer Produktion in Iserlohn schaffen könnten, wenn solche Plagiate nicht am Markt wären“, erklärt Andreas Dornbracht, Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens (www.dornbracht.com). Diese Einschätzung
wird durch eine aktuelle Frontier-Economics-Studie bestätigt: Würde die Anzahl der Produktfälschungen im High-End-Segment in Europa um 5 % steigen, würde dies weitere 98.000 Arbeitsplätze kosten und bei Unternehmen 43 Mrd. € Schaden verursachen. Dies führt dazu, dass sich Investitionen in Forschung und Entwicklung immer weniger auszahlen – doch gerade hier liegt der Grundstein für die deutsche Qualität. Plagiate verursachen somit nicht nur einen individuellen Schaden bei einzelnen Herstellern, sondern stellen ein massives gesamtwirtschaftliches Problem dar. „Unser wichtigstes Anliegen ist es deshalb, den Vertrieb und die Herstellung von Plagiaten zu unterbinden, um die Verbraucher zu schützen und Arbeitsplätze zu sichern“, verdeutlicht Andreas Dornbracht.
Das konsequente Vorgehen gegen Plagiate ist in vielen Ländern allerdings schwierig. „Bereits im europäischen Ausland erschweren Kostenstrukturen und unbefriedigende Schadensersatzregelungen ein konsequentes gerichtliches Vorgehen gegen Schutzrechtsverletzungen“, erklärt Christoph Weis.
Mit Qualitätsprodukten auf der sicheren Seite
Neben wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Schäden auf Seiten des Endverbrauchers steht auch die Reputation des Unternehmens auf dem Spiel. Treten Mängel im Zusammenhang mit Plagiaten auf, richtet sich der Unmut des Verbrauchers häufig gegen die ausführenden Gewerke oder den vermeintlichen Hersteller des Produktes. Ein solcher Imageschaden kann sich verheerend auf den Geschäftserfolg auswirken. Gefälschte Produkte zu vermeiden, hat daher oberste Priorität und erfordert ein geschultes Auge. Häufig sind die Kopien auf den ersten Blick nahezu perfekt. „Verdächtig ist in jedem Fall ein vergleichsweise günstiger Preis. Auch bei Produkten, die unter deutschem Markennamen aus dem Ausland importiert werden, ist Vorsicht geboten“, erklärt Veit Szpak. Fehlende Markenlogos, Prüfzeichen oder fehlende DVGW-Zulassungen liefern ebenfalls eindeutige Hinweise auf eine Nachahmung. Auf Nummer sicher gehen kann man auch bei den Vertriebswegen. Bei dem Bezug von Produkten über einen Fachgroßhandel für Haustechnik, ist das Risiko auf Plagiate zu stoßen vergleichsweise gering. Hier ist vor allem eine ausführliche Beratung durch Planer, Installateure und Handwerker gefragt.
Zollrundgang auf der ISH 2015
Ein klares Zeichen gegen Produktpiraterie setzt der VDMA Fachverband Armaturen (www.vdma.org) auf der diesjährigen ISH gemeinsam mit dem deutschen Zoll. Bei einem Kontrollrundgang wurde gezielt nach Produktfälschungen gesucht. In den vergangenen Jahren konnten hierbei regelmäßig über 200 Produkte beschlagnahmt werden. Aktionen, wie der Zollkontrollrundgang auf Messen, den der VDMA Fachverband Armaturen seit 2007 gemeinsam mit dem Zoll organisiert, gehören zu einem der wirkungsvollsten und effizientesten Mittel im Kampf gegen die Produktpiraterie. Doch auch wenn Kontrollen kurzzeitig Wirkung zeigen: Das Plagiats-Problem bleibt für die Sanitärindustrie nach wie vor aktuell. „Sowohl die Sanitärbranche als auch Endverbraucher müssen in besonderem Maße für das Thema Plagiate sensibilisiert werden, denn nur mit Originalprodukten können hohe Standards in punkto Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit realisiert werden“, resümiert Wolfgang Burchard.
Verteidigung von Schutzrechten
Seit den 90er Jahren geht auch die Hansgrohe SE aktiv gegen Produktpiraterie vor und gilt als unerbittlich, wenn es um die Verteidigung ihrer Schutzrechte geht. Wir melden „international Designs, Marken sowie Patente an, um unsere Innovationen bestmöglich zu schützen. Jährlich investieren wir mehrere Millionen Euro, die jedoch auch in Maßnahmen wie Marktbeobachtung fließen. Nur so können wir Verletzungen gegen unsere Schutzrechte überhaupt feststellen und sie letztendlich auch verfolgen.“, erklärt Carmen Vetter, Leiterin Abteilung Schutzrechte, Hans-grohe SE.
Auch beim diesjährigen Rundgang mit den Zollbeamten und Patentanwälten auf der ISH in Frankfurt am Main hat die Hansgrohe SE (www.hansgrohe.de) elf Verletzungen ihrer Schutzrechte festgestellt, stellte Strafanträge und ließ zwei Produkte beschlagnahmen. „Auf Messen finden wir Plagiate relativ einfach“, erklärt Carmen Vetter. Die Leiterin der Abteilung Schutzrechte war bei den Beschlagnahmungen vor Ort und erkennt Schutzrechtsverletzungen sofort. „Denn hier können wir uns die Produkte und Kataloge genau anschauen. Durch unsere jahrelange Präsenz auf Messen setzen wir ein klares Zeichen. Wir sind uns jedoch darüber bewusst, dass dies hier nur die Spitze des Eisbergs ist. Fälschungen, die nicht den Weg auf einen Messestand finden, können wir nur über globale Beobachtung des Markts finden. Um auch hier erfolgreich unsere Rechte zu verteidigen, müssen wir das Bewusstsein auf allen Ebenen im Unternehmen schärfen.“
Schutzrechte sind teuer: Die Hansgrohe SE investiert gut zwei bis drei Mio. € jährlich. 97 % der Plagiate kommen aus China. Wo immer eine Verletzung offensichtlich wird, kommt Justitia zum Zug. „Die Zahl der 100 %-Verletzungen ist deutlich gesunken“, so Carmen Vetter. „Im asiatischen Markt kennt man die Hansgrohe Schutzrechte mittlerweile gut. Das hat zur Folge, dass die Produktfälscher immer findiger darin werden, die dort äußerst beliebten Designs aus dem Schwarzwald täuschend ähnlich nachzuahmen, ohne die Schutzrechte grundsätzlich zu verletzen.“
Den offensichtlichen Fälschern geht die Hansgrohe SE ohne Pardon nach. „Wer kopiert, wird verklagt! Wie hier auf der ISH lassen wir dann ausgestellte Produkte beschlagnahmen. Das schreckt schon viele ab“, so Carmen Vetter. Werden gefälschte Brausen oder Armaturen in großen Stückzahlen aufgegriffen, kommen diese im Rahmen von öffentlichkeitswirksamen Aktionen in den Schredder. „Das sorgt für zusätzliche Sensibilisierung der Branche, denn die Bilder dieser Zerstörungsaktionen sprechen für sich.“