Interview

Fertighäuser: Chance oder Gefahr?

SHK-Betriebe und neue Hausbau-Varianten

Fertighäuser, vorfabrizierte Häuser und Fertigschlüsselhäuser sind Bereiche, die den SHK-Betrieben Arbeit wegnehmen! Ist dies ein Vorurteil oder Tatsache? Im Interview mit dem SHK Profi erklärt Bruno K. Tadge von der Projektmanagementbau aus Stadthagen, wie die Zusammenarbeit zwischen Hausherstellern und SHK-Betrieben auch in Zukunft erfolgreich gestaltet werden kann.

Während Pkw ganz selbstverständlich aus Fabriken kommen und in Handwerksbetrieben gewartet und repariert werden, ist man im Baubereich noch nicht soweit. Allerdings zeigen immer mehr Fertighausbauer und Projektmanagementunternehmen, wie Einfamilienhäuser kostengünstig vorfabriziert und anschließend zügig errichtet werden können. Eines dieser Unternehmen ist die Projektmanagementbau GmbH. Das Unternehmen hat sich auf die Fahne geschrieben, ein Wohnhaus kostengünstig anzubieten, das im Jahresverlauf mehr Energie erzeugt, als es verbraucht.

 

? Ihr Hausentwurf nennt sich „ClimaBalance-Haus“. Was ist das Besondere an Ihrem Konzept?

 

Bruno K. Tadge: Das Grundgerüst des Hauses besteht aus vorgefertigten Dachwand­elementen aus Thermobeton, welche mit Temperierungsleitungen durchzogen sind, wie man sie von der Betonkernaktivierung oder der Fußbodenheizung her kennt. Allerdings bestehen bei unserem Haus­entwurf etwa 60 % der Umhüllungsflächen aus temperierten Flächen. Diese werden mit Hilfe einer Wärmepumpe auf die gewünschte Temperatur gebracht, die auf Grund der hohen Speichermasse bei unter 30 °C liegt. Danach wird das Haus von außen abgedichtet und gedämmt (vorzugsweise mit Holzständerwänden und Zellulose, andere Baustoffe sind aber auch möglich) sowie mit Dreischeiben-Fenstern und Türen versehen. Durch die selbsttragende Bauweise wird kein konventionelles Dach benötigt, daher decken wir unser Dach (natürlich nachdem es gedämmt wurde) mit einer Dünnschichtphotovoltaikanlage.

 

? Mit welchen Energiekosten ist zu rechnen?

 

Bruno K. Tadge: Die PV-Anlage deckt nach unseren derzeitigen Berechnungen sämtliche Energiekosten (Heizung und Strom) der darin lebenden Bewohner. Derzeit gehen wir von einem Temperierungsverbrauch in Höhe von etwa 2200 kWh (weniger als 20 €/Monat bei Nachtstromtarif) für die Wärmepumpe und sonstigen Stromkosten einer vierköpfigen Familie von rund 3500 kWh (ca. 60 €/Monat) aus. Die Photovoltaikanlage (bei 8,2 kWp) deckt dabei in unserer Region bei Ost/Westausrichtung des Hauses etwa 6000 kWh/a, welche in das Stromnetz des Betreibers eingespeist werden. Nach den derzeit gültigen Einspeisevergütungen ergibt sich daraus ein Gewinn von über 1000 € pro Jahr.

 

? Das klingt in der Theorie sehr gut, aber wie sicher ist Ihre Prognose?


Bruno K. Tadge: Die Verbrauchs- und Gewinnungswerte sind Richtwerte der Hersteller der Wärmepumpe und der Photovoltaikanlage. Wir haben in Bad Nenndorf 2009 ein Musterhaus errichtet. Die dort gesammelten Daten wurden von uns akribisch ausgewertet und bestätigen die Berechnungen vollauf. Allerdings haben wir im Musterhaus auf Grund der höheren Einspeisegebühr aus dem letzten Jahr noch einen weitaus höheren Ertrag. Die Einspeisegebühr vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme wird dem Besitzer nämlich auf 20 Jahre garantiert.

 

? Und wie kommt das SHK-Handwerk ins Spiel?

 

Bruno K. Tadge: Die Vorfertigung betrifft alleine die für den Rohbau benötig­ten „stone-Loft“-Elemente aus Thermobeton und die „panelOcell“-Wände aus Holzständerwerk mit Zellulosedämmung. Montiert und zusammengefügt werden die Teile auf der Baustelle von örtlichen Handwerkern, die dadurch die Möglichkeit haben, schlüsselfertige Häuser anzubieten.

Natürlich werden dabei auch SHK-Handwerker benötigt, die die Geräte für die Temperierung, Lüftung und Warmwasserbereitung direkt vom Händler beziehen und im Haus montieren und anschließen. Ebenso können auch die Trinkwasserleitungen sowie Bäder und sanitären Anlagen vom SHK-Handwerker übernommen werden. Nur die klassischen Heizkörper werden auf Grund unserer innovativen Temperierung nicht mehr benötigt.

Nach unserem Wunsch sollten dabei in einem Haus so wenig unterschiedliche Gewerke auftreten, wie nur möglich. Von daher wäre es wünschenswert, wenn der SHK-Handwerker noch zusätzlich eine Elektroabteilung hätte, so dass man nur noch ein Haustechnik-Unternehmen bräuchte. Dieses könnte damit z. B. auch den Anschluss der PV-Anlage übernehmen. Auch Wartung und Instandhaltung sind weitere Aufgaben, in denen das Fachhandwerk nach wie vor große Möglichkeiten hat.

 

? Angesichts der vielen gewerke­übergreifenden Aufgaben, könnte man sich doch vorstellen, dass ein SHK-Handwerksbetrieb das „ClimaBalance“Haus schlüsselfertig anbietet und die restlichen Handwerksleistungen von anderen Unternehmern einkauft?

 

Bruno K. Tadge: Natürlich ist das eine Möglichkeit. Der SHK-Handwerker könnte somit größeren Bauträgern Marktanteile abnehmen und seinen Deckungsbeitrag stark erhöhen.

 

! Herr Tadge, das hört sich nach einer langfristigen Chance für das Handwerk an. Wir danken für das Interview und wünschen Ihrem Konzept viel Erfolg.
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