Austausch Ölkessel gegen Wärmepumpe im Bestand
„Öl raus, Wärmepumpe rein“ klappt auch im Altbau
Um die Energiewende im Sektor Haushalte – der über 26 % (Quelle: Umweltbundesamt, 2019) des Endenergieverbrauchs verursacht – zu schaffen, muss die Wärmeerzeugung im Gebäudebestand auf einen deutlich höheren Anteil regenerativer Energien umgestellt werden. Und das klappt trotz hoher Heizlast selbst bei schlecht gedämmter Gebäudehülle.
Platzsparend und kompakt stellt sich die neue Technik im Heizungsraum dar. Rechts der 200-l-Pufferspeicher für die Wärmeverteilung, in der Mitte die Wärmepumpen-Inneneinheit „uniTOWER“ mit integriertem Trinkwasserspeicher, und an der Wand die Steuerung und Teile der Hydraulik.
Quelle: Vaillant
Was das in der Praxis bedeutet, lässt sich sehr gut am Heizungstausch im Einfamilienhaus von Familie Reinhardt in Kaifenheim (Rheinland-Pfalz) nachvollziehen. Dort wurde eine fast 30 Jahre alte Ölheizung durch eine Luft/Wasser-Wärmepumpe mit 10 kW Leistung ersetzt. Und es funktioniert. Andrea und Stephan Reinhardt sind nach einem Jahr Betriebszeit begeistert: „Selbst an den knackig kalten Wintertagen, die typisch für die Eifel sind, war die Wärme- und Warmwasserversorgung problemlos, ohne dass wir den Speicher elektrisch nennenswert nachheizen mussten.“
Genau das aber, ergänzt Handwerksmeister Thomas Pluta von der Boch GmbH aus Andernach, sei der entscheidende Punkt, der die handwerkliche (Meister-)Leistung beim Ersatz fossiler Wärmeerzeuger durch Regenerative im Bestand auszeichne. Der grundsätzliche Wärmebedarf, inklusive individuellem Nutzerverhalten und die nachgeschaltete Wärmeverteilung müssen im Vorfeld so präzise ermittelt werden, dass sowohl die Wärmepumpe als auch ihre Peripherie darauf wirklich bedarfsgerecht abgestimmt sind. „Dann funktioniert das mit den Regenerativen auch im Bestand.“
Von Energiepreisen unabhängiger werden
Als Handwerksbetrieb Boch den Auftrag zum Heizungstausch in Kaifenheim bekam, war die Lage nach Papierform eigentlich eindeutig. Denn ein kaum gedämmtes zweigeschossiges Haus aus den 1920er Jahren mit 150 m² Wohnfläche, dazu der Standort auf einem Höhenzug sowie die Wärmeverteilung über Stahlradiatoren mit entsprechend hoher Vorlauftemperatur sind eher die üblichen Rahmenbedingungen für den simplen Wechsel des alten Öl-Heizgerätes gegen ein neues. Oder gegen eine Gas-Brennwertheizung; maximal gegen eine Hybridlösung aus Gas-Brennwert und Wärmepumpe. Es sei denn, Hausbesitzer wie Familie Reinhardt bestehen auf einer ökologischeren Lösung: „Neben mehr Nachhaltigkeit war für uns die Frage entscheidend, wie wir uns von den steigenden Energiepreisen unabhängiger machen“, schildert Stephan Reinhardt seine Motivation, sich intensiver mit dem Thema Wärmepumpe zu befassen.
Blick zurück, aber garantiert ohne Wehmut: So sah es vor der Heizungssanierung im Keller von Familie Reinhardt aus, mit dem rund 30 Jahre alten Ölkessel.
Quelle: Vaillant
Mit dem Fachunternehmen Boch fand er für die Umsetzung zudem einen Handwerkspartner, der als einer der Ersten einen regenerativen Wärmeerzeuger speziell für das Austauschgeschäft im Bestand anbieten konnte. „Entscheidend ist in solchen Fällen doch vor allem, dass wir im Wärmepumpenbetrieb auf Vorlauftemperaturen von gut 50 °C kommen, ohne den Aufwand für Antriebsstrom übermäßig nach oben zu treiben“, erklärt Pluta. „Und genau diese Effizienz bietet die Luft/Wasser-Wärmepumpe ‚aroTHERM plus‘.“
Allerdings nur, räumt der Handwerksmeister direkt ein, wenn die Auslegung stimme. Also vor allem die exakte Berechnung des Heizwärmebedarfs, da sowohl eine in der Leistung über- wie unterdimensionierte Wärmepumpe kontraproduktiv ist. Im ersten Fall „taktet“ die Maschine. Das treibt den Stromverbrauch in die Höhe und belastet den Kompressor. Im zweiten Fall ist die Wärmeversorgung nicht gesichert, es wird also unkomfortabel im Haus. Oder es wird mit Strom teuer nachgeheizt. Beides ist damit weder im Sinne des Bauherrn noch in dem des Handwerksunternehmens mit seinem Leistungsversprechen, die Umwelt zu schonen und die Betriebskosten zu senken.
Handwerksmeister Thomas Pluta (Mi.), Hausbesitzer Stephan Reinhardt (re.) und Vaillant Verkaufsberater Frank Spreitzer beim Fachsimpeln an der Außeneinheit: Da die Wärmepumpe äußerst leise arbeitet, konnte sie direkt an der Hauswand platziert werden.
Quelle: Vaillant
Entsprechend erstellte Pluta für das Bauvorhaben Reinhardt als Erstes eine dezidierte Heizlastberechnung nach DIN EN 12831, und zwar definitiv zu jedem einzelnen Raum, zu jedem noch so kurzen Flur im Haus und mit allen entscheidenden Gebäudekenndaten wie Luftdichtheit, Dämmung der Bodenplatte oder Transmissionswärmeverluste, bevor als Rechenergebnis eine Heizlast von 10,3 kW auf dem Tisch lag. „Mit einer pauschalen Abschätzung nur nach Augenschein wäre der Wert sicherlich deutlich höher ausgefallen“, so Pluta. „Mit der Folge, dass dann entweder eine überdimensionierte, also ineffizient arbeitende Wärmepumpe oder aus Kostengründen wieder ein konventionelles Heizgerät eingesetzt worden wäre.“
Nur eine Woche Umbauzeit
So aber war der Weg frei für die Installation einer Luft/Wasser-Wärmepumpe mit ca. 9,0 kW Heizleistung (bei A-7/W55) als ökologisch wie wirtschaftlich optimaler Kombination für dieses Objekt. Auch, weil Pluta über drei ebenfalls neu installierte, weil sonst zu kleine Plattenheizkörper die Vor-/Rücklauftemperaturen im Heizkreis von 70/55 auf jetzt weniger als 55/45 °C drücken konnte. Da zahlten sich gleichzeitig die in den übrigen Räumen vor Jahrzehnten nach dem „Viel hilft viel“-Prinzip dimensionierten Radiatoren aus. Sie bieten, im Verhältnis zur Raumgröße und dem spezifischen Heizwärmebedarf, so viel Übertragerfläche, dass ein paar Grad weniger Vorlauftemperatur keine Rolle mehr spielen – außer eben für die Energieeffizienz.
Hinzu kommt in der neuen Anlage bei Familie Reinhardt – neben dem Hydrauliktower als Wärmepumpen-Inneneinheit mit einem 190 l fassenden Trinkwasserspeicher – ein zusätzlicher 200-l-Pufferspeicher. Der bevorratet ganz gezielt eine gewisse, über den aktuellen Bedarf hinausgehende Wärmemenge. „So verlängern wir die Laufzeiten der Wärmepumpe und überbrücken die Sperrzeiten des Energieversorgers, profitieren aber trotzdem von einem günstigen Stromtarif“, freut sich Andrea Reinhardt. Im Winter wird die zusätzliche Energiemenge außerdem genutzt, um bei Bedarf die Außeneinheit der Luft/Wasser-Wärmepumpe zu enteisen. „Der dafür notwendige Wärmebedarf wird oft unterschätzt“, erzählt Pluta. „Weil aber zwischen 0 und 5 °C die höchste Luftfeuchte mit entsprechender Vereisung herrscht, setzen wir allein dafür eine benötigte Leistung von kurzzeitig etwa 13 kW an. Darauf wurde der Pufferspeicher entsprechend dimensioniert.“
Von Vorteil sind für die Leistungsbereitstellung der Wärmepumpe nicht zuletzt die ausgesprochen kurzen Wege zwischen Hydrauliktower und Außeneinheit. Denn die konnte unmittelbar vor dem Heizungskeller zur Straße hin an der Außenwand platziert werden. Es reichten also eine Kernbohrung und knapp sechs Meter Vorlauf-/Rücklauf-Leitung aus, um die Inneneinheit mit der Wärmepumpe zu verbinden.
Insgesamt hat die gesamte Umbaumaßnahme, zu der aus Effizienzgründen auch der Austausch aller Pumpen, der Einbau neuer Heizkörperventile sowie natürlich der hydraulische Abgleich gehörten, rund eine Woche gedauert. „Das Aufwendigste war tatsächlich nicht die Neuinstallation der Wärmepumpe, sondern der Ausbau der alten Öltanks“, erinnern sich Andrea und Stephan Reinhardt. „Aber dafür steht uns der Raum jetzt als willkommene zusätzliche Abstellfläche zur Verfügung.“
Drei Fragen an SHK-Meister Thomas Pluta
SHK Profi: Worauf achten Sie besonders, wenn Sie im Rahmen der Sanierung einen „fossilen“ Wärmeerzeuger durch eine Luft/Wasser-Wärmepumpe ersetzen sollen?
Thomas Pluta: Ganz klar auf den tatsächlichen Heizwärmebedarf, also die Energiemenge, die wir für Raumwärme und Warmwasserbereitung benötigen. Da gibt es keine Pauschalwerte, das muss man im Sinne einer effizienten regenerativen Wärmelösung auf jeden Fall berechnen. Auch die alten Verbrauchswerte sind nur bedingt aussagefähig.
SHK Profi: Was sind denn typische Fehler, die bei der Auslegung noch gemacht werden?
Thomas Pluta: Zu den typischen Fehlern gehört, dass der Warmwasserbedarf unterschätzt und dann ein zu kleiner Speicher eingebaut wird. Wir gehen beispielsweise von mindestens 25 l Warmwasser pro Person und Tag aus. Außerdem achten wir auf vorhandene Installationen wie Wellness-Brausen oder Whirl-Wannen. Denn dann ist klar, dass noch mehr Warmwasser gebraucht wird.
SHK Profi: Worauf sollten Hausbesitzer – und natürlich ihre Fachhandwerker – bei der Bestandsaufnahme denn noch achten?
Thomas Pluta: Ganz spontan fallen mir da zwei Punkte ein: die Elektrik, und ein paar Details in der Hydraulik. Denn wenn wir über veraltete Heizungen im Bestand sprechen, ist die Elektrik ja meist nicht viel jünger. Beim Einbau einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe muss also gegebenenfalls auch der Schaltkasten auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden. Beim Bauvorhaben in Kaifenheim war das beispielsweise ein zusätzlicher Tag Arbeit. Dafür ist die Elektroanlage jetzt aber nicht nur extra leistungsstark, sondern wieder richtig sicher.
In der Hydraulik sollte darauf geachtet werden, dass mit der Neuverrohrung im Heizungskeller zum Beispiel auch in den Vorlauf-/Rücklaufleitungen gleich zusätzliche Luftabscheider und Magnetfilter mit eingebaut werden. Das steigert dauerhaft die Effizienz der Wärmeverteilung bzw. schützt die Pumpen, zahlt sich im Vergleich zum Mehraufwand auf Dauer also auf jeden Fall aus. Hinzu kommt, dass diese Arbeiten als Begleitmaßnahme dann ja auch bis zu 45 % mit gefördert werden. Sie fallen also im Rahmen der Gesamtinvestition gar nicht ins Gewicht.