Trinkwasserinstallationen aus verzinktem Stahl
Wann bedarf es einer Kompletterneuerung im Bestand?
Die hohen Ansprüche an Trinkwasser gelten auch in Bestandsbauten. Wurde vor Jahrzehnten verzinkter Stahl eingebaut, kann diesen nur schwer entsprochen werden. An einem Beispiel – einem Mehrfamilienhaus aus den 1970er-Jahren – werden die Folgen aufgezeigt sowie die Gründe, warum zeitgemäße Werkstoffe wie Kupfer und Edelstahl heute die angemessene Wahl sind.
Das Gebäude
Besser: Das Distanzstück ist mit Beachtung der Fließrichtung (von rechts nach links) eingebaut worden.
Quelle: SHK Profi
Das Mehrfamilienhaus in Nordrhein-Westfalen steht seit mehr als 50 Jahren. Genauso alt ist die Trinkwasserinstallation. Eingesetzt wurden seinerzeit verzinkte Gewinderohre. Diese galten als kostengünstige Alternative zu Kupfer. Trotz der höheren Rohrwanddicke zeigten sich in den vergangenen Jahren immer wiederkehrende Probleme: Undichtigkeiten durch Korrosion und Lochfraß, eingetrübtes oder bräunlich verfärbtes Wasser sowie Verkalkung aufgrund der hohen Rohrrauigkeit. Traten diese Fälle auf, wurde punktuell repariert. Im Kern blieb das System unangetastet. Die Bewohner stellen jedoch weiterhin fest, dass das Trinkwasser Trübungen aufweist. Diese werden beim Zapfen herausgespült.
Die Installation mit verzinkten Stahlrohren lässt sich im Keller in Teilen anschauen. Hier wird auch deutlich, wie seit Auftreten der Korrosionsschäden Reparaturen durchgeführt wurden. Daraus ergeben sich verschiedene Fragen, die im Folgenden genauer beleuchtet werden.
Was zählt für die Wasserqualität?
Die Trinkwasserverteilung im Mehrfamilienhaus. In der Anschlussleitung wurde direkt von Stahl zu Edelstahl gewechselt, wodurch Korrosionen entstanden.
Quelle: SHK Profi
Amtlich heißt es in der „Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung - TrinkwV)“ zur Beschaffenheit dessen im § 4 Allgemeine Anforderungen:
(1) Trinkwasser muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss rein und genusstauglich sein. Diese Anforderung gilt als erfüllt, wenn
1. bei der Wassergewinnung, der Wasseraufbereitung und der Wasserverteilung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden und
2. das Trinkwasser den Anforderungen der §§ 5 bis 7a entspricht. (In diesen Paragrafen werden mikrobiologische und chemische Anforderungen sowie Indikatorparameter festgelegt.)
Wer ist für die Trinkwasserqualität verantwortlich?
Zunächst ist der Wasserversorger in der Pflicht, bis zum Hausanschluss zu liefern. Auskunft über die Qualität des örtlichen Trinkwassers gibt das jeweilige Wasserversorgungsunternehmen. Ab dem Wasserzähler beginnt die Verantwortung des Betreibers. Sprich des Hauseigentümers oder Vermieters. Treten in seinem Bereich Probleme auf, muss er laut DIN EN 806 reagieren. Wenn von den Nutzern – wie im vorliegenden Objekt – immer wieder Trübungen festgestellt werden, ist die dauerhafte Mängelbeseitigung durch eine punktuelle Reparatur fraglich. Zieht man hier die DIN EN 806-5 heran, so ist dort unter 9.1 „Veränderung der Wasserqualität“ folgendes zu finden: „Treten an einer Trinkwasseranlage Schäden oder Störungen auf, welche die Gefahr der Verunreinigung von Trinkwasser hervorrufen können oder Veränderungen in Geruch, Geschmack oder Farbe des Wassers erkennen lassen, so sind Maßnahmen zur Behebung des Schadens oder der Störung zu ergreifen.“ Mit Blick darauf und auf die Hygiene wäre eventuell eine konsequente Beprobung wichtig, um negative Folgen auszuschließen.
Rostspuren an verschiedenen Stellen der Verrohrung sind ein Zeichen für den Handlungsbedarf.
Quelle: SHK Profi
Wird der SHK-Fachhandwerker vom Betreiber beauftragt, Reparaturen an der bestehenden Trinkwasserverrohrung auszuführen, ist er dafür verantwortlich, die geltenden Normen und Regeln einzuhalten. Dazu gehört auch, auf das Material im Bestand zu achten und entsprechend zu reagieren. Der Installateur steht also immer dann in der Pflicht, wenn er im direkten Auftrag des Betreibers Reparaturen ausführt oder in kleineren Objekten mit dem Hausbesitzer eine Neuanlage umsetzt.
Wie lange besteht ein solches System?
Das Alter des Objektes ist auffällig. Der Bau aus den 70er-Jahren hat inzwischen rund fünf Jahrzehnte Nutzungszeit hinter sich. Bei Trinkwasserinstallationen wird von einer Betriebsdauer von rund 50 Jahren ausgegangen. So lange muss laut DIN EN 806-2 die sichere und wirtschaftliche Nutzung der Installation sichergestellt werden. Demnach ist die Anlage im Bestand am Ende ihrer Lebensdauer angekommen. Das ist relevant, wenn tiefgreifende Veränderungen vorgenommen werden sollen. Aber wann ist der Zeitpunkt, die Installation komplett auszutauschen, anstatt immer wieder kleine und größere Reparaturen auszuführen?
In vielen Bereichen beim Bau gibt es unter bestimmten Bedingungen Bestandsschutz. Hinsichtlich des Trinkwassers kann es den jedoch nur dann geben, wenn die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung nicht überschritten werden. Ein Beispiel: Wird in einem Gebäude ein zu hoher Bleigehalt festgestellt, weil alte bleihaltige Rohre existieren, muss aus Gründen des Gesundheitsschutzes umgehend eine Sanierung vorgenommen werden.
Wie wurde bisher repariert?
Reparatur „light“: Hier wurde eine Dichtungsmanschette um die Kaltwasserleitung gelegt.
Quelle: SHK Profi
Im Mehrfamilienhaus ist sichtbar, dass Reparaturen mit verschiedenen Mitteln ausgeführt wurden. So ist beispielsweise an einer Undichtigkeit eine Manschette mit Dichtung um das Rohr gelegt worden. An anderer Stelle hat man Teilstücke des Bestands aus verzinktem Stahl direkt mit Edelstahl verbunden. Diese Ausführung entspricht ausdrücklich nicht den Regeln der Technik. Die Fließregel besagt, dass – in Fließrichtung gesehen – von unedlen zu edlen Werkstoffen zu gehen ist. In diesem Fall: von Stahl zu Edelstahl und nicht umgekehrt. Auch die Reihenfolge Stahl – Kupfer – Edelstahl ist möglich. Wird dies nicht beachtet, tickt eine Zeitbombe – die Korrosion des unedlen Materials ist vorprogrammiert. Wo und wann genau die Folgen auftreten, lässt sich nicht vorhersagen.
Eine Möglichkeit, diese Regelung zu umgehen und trotzdem eine sichere Installation zu erstellen, ist der Einsatz von Distanzstücken. Ein solches kam auch im Mehrfamilienhaus zum Einsatz. Dadurch kommt der Edelstahl nicht direkt mit verzinktem Stahl in Berührung. Stattdessen wird eine Überbrückung aus Buntmetall eingesetzt. Dabei ist ein Mindestabstand von der Größe des Rohraußendurchmessers zu beachten. Diese Art der Reparatur funktioniert nur da, wo die Trinkwasserverrohrung zugänglich und genug Platz vorhanden ist.
Reparieren oder von Grund auf sanieren?
Im vorliegenden Objekt sprechen verschiedene Gründe für eine Komplettsanierung. Dazu zählen das Alter der Trinkwasseranlage und der Zustand des sichtbaren Bereichs im Keller. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass nach erneuter Teilsanierung oder Reparatur undichter Stellen sehr rasch immer wieder Schäden auftreten. Die fortschreitende Korrosion zeigt sich bereits an verschiedenen Punkten: Hier tritt Wasser aus und hinterlässt rostfarbene Ablagerungen. Zudem besteht die Gefahr, dass eine Mischinstallation nicht normgerecht ausgeführt wird. Für eine komplette Sanierung wäre durch qualifizierte Fachkräfte die gesamte Trinkwasserverrohrung zu begutachten. Das beginnt beim Wasserzähler über die Steigstränge bis zu den Abnehmern. Laut DIN EN 806-4 dürfen nur Rohre aus schmelztauchverzinktem Stahl nach EN 10240, Überzugsqualität A.1, verwendet werden. Zudem gibt es in der DIN EN 806-2 strenge Vorgaben, um die Beschädigung des Zinküberzugs zu vermeiden. Dies betrifft vor allem die Verarbeitung – das Biegen, Schweißen und Löten. Die UBA-Positivliste verzeichnet zwar noch unter 1.4 schmelztauchverzinkte Eisenwerkstoffe, allerdings mit klaren Einschränkungen. Der Einsatz des Materials stellt nicht mehr den Stand der Technik dar.
Zeitgemäß und sicher: Aus den Werkstoffen Edelstahl und Kupfer sowie Fittings aus bleifreier Siliziumbronze lassen sich hygienische Trinkwasserinstallation einbauen.
Quelle: Sanha
Zeitgemäße Installationen
Heute wird eine Trinkwasserinstallation mit den Werkstoffen Edelstahl, Kupfer und Kunststoff (als Mehrschichtverbundrohre) umgesetzt. Sanha als Qualitätshersteller führt zudem bleifreie Gewinde- und Pressfittings aus der Kupferlegierung Siliziumbronze (CuSi) für den Trinkwasserbereich. Sämtliche Werkstoffe sind geprüft und erfüllen die geltenden Normen, abzulesen an den Zeichen der anerkannten Zertifizierer. Darüber hinaus lassen sie sich leicht und sicher verarbeiten.
Blick auf verzinkten Stahl –
Aufbau einer Korrosionsschutzschicht
Damit der Stahl geschützt wird, sind die Rohre innen und außen mit einer Zinkbeschichtung versehen. Die Haltbarkeit und Wirksamkeit dieser Schicht wird vom Herstellungsverfahren und von der Wasserbeschaffenheit beeinflusst. Außerdem spielt der Kontakt zu anderen Metallen eine Rolle (Elektrolyse). Im Zink können Blei und Cadmium enthalten sein. Letzteres ist ein Schwermetall, das in jeder Konzentration unerwünscht ist. Für Blei gilt derzeit ein Grenzwert von maximal 0,01 mg/l, wobei sich dies noch splittet in jeweils 0,005 mg/l für den Wasserversorger und für die häusliche Installation. (Hinweis: Mit der neuen EU-Trinkwasser-Richtlinie wird der Grenzwert weiter sinken, auf 0,005 mg/l für den Gesamteintrag von Blei.)
Im Betrieb baut sich in den Stahlrohren eine Schutzschicht aus Kalkablagerungen auf. Je nach Wasserbeschaffenheit wird diese Schicht schneller oder langsamer abgetragen. Im Idealfall ergibt sich eine geringe gleichmäßige Flächenkorrosion. Ist aber zum Beispiel der ph-Wert niedrig, verläuft der Vorgang schneller. Laut Trinkwasserverordnung muss der ph-Wert zwischen 6,5 und 9,5 liegen. Besteht durch zu viel freie Kohlensäure ein unausgewogenes Kalk-Kohlensäure-Verhältnis im Wasser, kann sich die Kalkschicht nicht oder nicht ausreichend bilden. In diesem Fall ist die Korrosion stark.
Im Vergleich dazu bildet Edelstahl eine oberflächliche Oxidschicht (Cr3O4) aus. Sie regeneriert sich rasch, selbst wenn das Material mechanisch beschädigt wird. Daher findet Korrosion nur in geringfügigem Maße statt.
Trinkwasser-installationen: wichtige Normen
Folgende Normen und Regeln sind bei der Planung und Umsetzung zu beachten:
– Trinkwasserverordnung (neugefasst am 10.03.2016, zuletzt geändert am 19.06.2020)
– DIN EN 806 Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen, aufgeteilt in Teil 1 Allgemeines, Teil 2 – Planung, Teil 3 – Berechnung der Rohrinnendurchmesser (vereinfachtes Verfahren), Teil 4 – Installation, Teil 5 – Betrieb und Wartung
– DIN EN 1717 Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasserinstallationen
– EN 12502 Korrosionsschutz metallischer Werkstoffe – Hinweise zur Abschätzung der Korrosionswahrscheinlichkeit in Wasserverteilungs- und -speichersystemen, Teil 1: Allgemeines, Teil 3: Einflussfaktoren für schmelztauchverzinkte Eisenwerkstoffe
– EN ISO 8044 Korrosion von Metallen und Legierungen – Grundbegriffe und Definitionen
– VDI 3810-2/VDI6023-3 Betreiben und Instandhalten von Trinkwasserinstallationen
– Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser, Stand 14.05.2020