Kein Hochwasser im Keller

Überflutung durch Rückstau verhindern

Obwohl Wasser in fast allen Lebensbereichen eine zentrale Rolle spielt, wird das erzeugte Abwasser und dessen Weg in die öffentliche Kanalisation kaum wahrgenommen. Ins Bewusstsein rückt die Kanalisation erst, wenn sie überlastet ist oder im schlimmsten Fall versagt. Besonders für Hausbesitzer bedeutet dies enorme Schäden in Form vollgelaufener Keller und überschwemmter Erdgeschosse.

Die Beseitigung der Flutwasserschäden an Infrastruktur und privatem Wohneigentum verursacht enorme Kosten. Als Reaktion auf die Flutkatastrophe im Juli 2021 hat der Bundestag am 7. September 2021 einen Hilfsfonds in Höhe von 30 Mrd. € auf den Weg gebracht. Zudem wird an unter­schiedlichen Lösungsansätzen gearbeitet, um die fatalen Auswirkungen von immer häufiger auftretenden, extremen Regenereignisse einzudämmen. Ein Ansatz ist die Einführung von Frühwarnsystemen, die per App Pegelstände oder Unwetterwarnungen an die Bürger ausgeben. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt in zwei Stufen vor diesen großen Niederschlags­mengen, welche meist sehr lokal auftreten. Ab einer Regenmenge von 15 l/m2 in einer Stunde wird eine sogenannte Markante Wetterwarnung ausgegeben, Unwetterwarnungen mit entsprechend höheren Werten. Auch für die Dimensionierung von Stadtentwässerungsnetzen werden die statistischen Auswertungen des DWD zu Starkregenereignissen in der jeweiligen Region genutzt. Aus wirtschaftlichen Gründen können Entwässerungssysteme jedoch nicht so ausgelegt werden, dass mit Auftreten von Starkregen ein absoluter Schutz vor Überflutung gewähr-
leistet ist.

Aber nicht nur Starkregenereignisse, sondern auch Querschnittsverengungen, die durch Ablagerungen oder Verstopfungen im Kanalsystem entstehen, Rohrbrüche und Pumpenausfälle im öffentlichen Kanalsystem führen dazu, dass das Abwasser nicht mehr so schnell wie nötig abfließen kann und sich dadurch über die Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene wie z.B. Bodenabläufe, Waschbecken, WCs, Waschmaschinen und Duschen in das Gebäude zurückstaut. Die Räume unterhalb der Rückstauebene werden bereits dann schon überflutet, bevor es für die Öffentlichkeit durch angehobene Gullydeckel und überflutete Straßen überhaupt sichtbar wird.

Die Rückstauebene ist immer in der Ortssatzung definiert und wird dem Anschlussberechtigtem auf An­frage sowie im Rahmen des Entwässerungsgenehmigungsverfahrens mitgeteilt. In der Entwässerungssatzung von Erfurt findet man z.B. folgende Beschreibung: „Als Rückstauebene gilt jeweils die Höhe der entgegen der Fließrichtung nächstgelegenen Entlastungsmöglichkeit des Kanalnetzes bei Überstau oberhalb der Einbindestelle des Anschlusskanals in den Kanal.“ Sind Entwässerungsgegenstände unterhalb der Rückstauebene vorhanden, erweisen sich sorgfältig ausgewählte technische Barrieren in Form von Hebeanlagen und Rückstauverschlüssen als die beste Vorsorge gegen eindringendes Wasser durch eine überlastete Kanalisation.

Normen und rechtliche Grundlagen

Bei der Planung, Ausführung und Wartung von Rückstausystemen sind eine Reihe von technischen Regeln zu beachten. Diese Normen gilt es bei der Bedarfsermittlung und Auswahl der richtigen Barriere gegen Rückstau aus dem Kanal zu berücksichtigen. Maßgebend für Rückstauschutz sind die Normen DIN EN 12056 und DIN 1986-100. Sie regeln die grundsätzliche Planung und Dimensionierung von Entwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden. DIN 1986-100 ist zusätzlich bis zur Grundstücksgrenze gültig. Für die Grundstücksentwässerung gilt die Norm DIN EN 752 – Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich von der Gebäudeperipherie bis zum Klärwerk und ist damit überwiegend auf die kommunale Entwässerung zugeschnitten. Gemäß DIN EN 12056 und DIN 1986-100 sind Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene durch aktive Rückstausicherungen, also automatisch arbeitende Abwasserhebeanlagen mit Rückstauschleife, gegen Rückstau aus dem Kanal zu sichern. Passive Rückstausicherungen, also Rückstauverschlüsse können verwendet werden, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:

Das Abwasser muss im natürlichen Gefälle abgeführt werden können;

die Räume müssen von untergeordneter Nutzung sein, d.h. keine wesentlichen Sachwerte oder die Gesundheit der Bewohner dürfen bei Überflutung der Räume beeinträchtigt werden;

der Benutzerkreis muss klein sein und diesem muss ein WC oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung stehen;

bei Rückstau kann auf die Benutzung der Ablaufstelle verzichtet werden.

Vergleicht man die oben zitierten Grundsätze mit einer der wichtigsten Regeln aus der Mathematik, Punktrechnung vor Strichrechnung, so kann die Abwasserhebeanlage mit der Punktrechnung und der Rückstauverschluss mit der Strichrechnung verglichen werden. Warum die Vorgaben aus der Norm so strikt sind, leitet sich aus der Erfahrung hinsichtlich der vorgeschriebenen Wartungsarbeiten ab. Da es sich um technische Anlagen handelt, sind regelmäßige und sorgfältige Wartungsarbeiten unbedingt durchzuführen. Die Regeln für Betrieb und Wartung von Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke sind in der DIN 1986-3 festgelegt.

In der Praxis bedeutet das: Rückstausysteme müssen zwar ständig funktionsfähig sein, sind aber nicht – wie etwa Dusche oder Heizung – täglich im Gebrauch und vor Augen. Fällt beispielsweise eine Abwasserhebeanlage aufgrund mangelhafter oder unterlassener Wartung aus, so wird der Fehler schnell erkannt und nur das eigene Abwasser nicht abgepumpt. Der Schaden hält sich in Grenzen und Rückstauschutz ist weiterhin gegeben. Der Ausfall eines Rückstauverschlusses, auf Grund mangelhafter oder unterlassener Wartung, wird meist erst bei einem Rückstaufall erkannt. Zu spät, denn ein Schutz gegen Rückstau ist dann nicht mehr gegeben. Und so stellt sich im Schadensfall meist unerwartet die Frage der Haftung. Der Bundesgerichtshof urteilte folgendermaßen und unterstreicht damit, dass umfassender Rückstauschutz Privatsache ist und in der Verantwortung der Hausbesitzer, Bauherren oder Altbausanierer liegt: Bei einem Rückstauschaden haftet die Gemeinde trotz unterdimensionierter Kanalisation nicht aus Amtshaftung oder aus öffentlich-rechtlichem Schuldverhältnis, wenn der Grundstückseigentümer entgegen der Entwässerungssatzung keine eigene Rückstausicherung eingebaut hat.

Lösungen für umfassenden Rückstauschutz

Die Auswahl der richtigen Lösung für den Rückstauschutz erfolgt in erster Linie nach den Maßgaben der Einbausituation und anhand technischer Leistungsmerkmale. Das Augenmerk sollte jedoch nicht nur auf den Produkteigenschaften, sondern auch auf dem weiteren Leistungsspektrum des Anbieters liegen. Hier zu nennen wären neben einem umfangreichen Sortiment auch ein individueller Beratungs-, Planungs- und Berechnungs­service, ein verlässlicher und kompetenter Kunden- und Außendienst sowie die umfassende Produktdokumentation in gedruckter Form und online. Hinsichtlich Technik und Einbau gilt es bei der Auswahl der richtigen Rückstausicherung vier grundsätzliche Fragen zu berücksichtigen:

Besteht ein Gefälle von der Entwässerungsebene zum Kanal oder liegt die Ebene unterhalb der Kanalisation?

Welche Bereiche sind zu schützen? Handelt es sich um Räume von untergeordneter Nutzung (keine Sachwerte, z.B. einfache Lagerräume) oder um Räume mit Sachwerten (z.B. Vorrats­lager, Technikräume)?

Kann auf die Ablaufstelle während eines Rückstaus verzichtet werden oder muss die Abwasserableitung durchgängig gewährleistet sein (z.B. bei Räumen mit Fettabscheidern, fremdvermietete Einliegerwohnung)?

Fließt in dem zu sichernden Rohrbereich fäkalienfreies oder fäkalienhaltiges Wasser, d.h. befinden sich im Keller nur Waschmaschine und Waschbecken oder auch eine Toilette?

Passiver Rückstauschutz durch Rückstauverschlüsse

Können alle oben genannten Kriterien aus der EN 12056 erfüllt werden, dürfen Rückstauverschlüsse eingesetzt werden. Die Schutzwirkung entsteht durch Verschluss der Rohrleitung, wodurch das Eindringen von rückstauendem Abwasser verhindert wird. Das Produktportfolio des Entwässerungsspezialisten ACO Haustechnik beispielsweise umfasst für diesen passiven Rückstauschutz Produkte aus Kunststoff, für fäkalienfreies und fäkalienhaltiges Abwasser sowie für freiliegende und nicht freiliegende Rohrleitungen. Ausschlaggebend für die Auswahl muss immer das durchfließende und nicht das rückstauende Abwasser sein. Alle Rückstauverschlüsse entsprechen der Produktnorm für Rückstauverschlüsse, der DIN EN 13564. Beispielsweise gehört neben Temperaturbeständigkeit auch ein Rückstaudruck auf die Klappen mit maximal 0,5 bar zu den zu erfüllenden Prüfanforderungen.

Bei fäkalienhaltigem Abwasser kommt aus dem ACO-Portfolio der „Quatrix-K“ zum Einsatz. Er eignet sich für den Einbau in die Bodenplatte oder in freiliegende Rohrleitungen. Die Rückstauerkennung erfolgt durch ein pneumatisches Messsystem, bei dem der Drucksensor nicht mit Abwasser in Berührung kommt. Die Steuerung ist anschlussfertig und ohne Elektrofachkraft anschließbar. Serienmäßig ist ein potentialfreier Kontakt vorhanden um Warnsignale, z.B. auch an mobile Geräte weiterzuleiten. Zur Auswahl stehen die Nennweiten DN 100, 125 und 150.

Die Premium-Lösung für fäkalienfreies Abwasser ist der seit vielen Jahren bewährte Doppelrückstauverschluss „Triplex“ aus dem Hause ACO. Er eignet sich für fäkalienfreies Abwasser und ist dank seiner geringen Ausmaße auch zum nachträglichen Einbau in vorhandene Schächte. Dieser Klassiker unter den Rückstauverschlüssen wurde zuletzt einer umfassenden Überarbeitung und Verbesserung unterzogen. Alle Innovationen und Optimierungen kommen der Handhabung und Wartung zugute. Der Doppelrückstauverschluss ist werkzeuglos bedienbar und in den Nennweiten DN 50, 70, 100, 125 und 150 sowie als Typ 0, 1 und 2 verfügbar.

Aktiver Rückstauschutz durch Abwasserhebeanlagen

Auch bei den Aktiv-Rückstausicherungen unterscheidet man die Anlagentypen nach Art des Abwassers, nämlich ob fäkalienfreies oder fäkalienhaltiges Abwasser gehoben werden soll. Neben der Beschaffenheit des Abwassers ist die Förderhöhe und der vorgesehene Einbauort ein wichtiger Punkt bei der Wahl des richtigen Produkts. Im Normalfall sind Abwasserhebeanlagen mit einer einzelnen Pumpe ausgestattet. Darf der Abwasserzufluss, bzw. die Abwasserableitung während des normalen Betriebes nicht unterbrochen werden, ist nach EN 12056-4 eine Hebeanlage mit einer zweiten Pumpe (Duo-Hebeanlage, Doppel-Anlage) mit gleicher Leistungsfähigkeit vorzusehen. Dies ist beispielsweise immer der Fall bei der Entwässerung tiefliegender ­Bereiche von Mehrfamilienhäusern, Büros, Gewerbebauten, Krankenhäusern oder von Abwässern aus Abscheideranlagen. Diese Hebeanlagen/Pumpstationen werden so betrieben, dass die Pumpen immer wechselseitig arbeiten und dadurch gleichmäßig beansprucht werden. Doppel-Anlage heißt hier also nicht, dass zwei Pumpen im Regelfall stets gleichzeitig laufen. In einigen Bauvorhaben wird statt einer Abwasserhebeanlage im Gebäude, eine erdeingebaute Pumpstation außerhalb des Gebäudes gewünscht. Vorteile liegen neben der Platzersparnis auch in der Möglichkeit, anfallendes Regenwasser außerhalb des Gebäudes sicher abzuleiten.

Für diese Anforderungen bietet beispielsweise ACO Haustechnik ein umfangreiches Sortiment an Abwasserhebeanlagen und Pumpstationen an. Die kompakten Abwasserhebeanlagen können in Kellerräumen oder Schächten frei aufgestellt, oder als Unterflurvariante eingebaut werden. Die Lösung für ­fäkalienhaltiges Abwasser sind die Hebeanlagen der Baureihe „Muli-Star“, als Mono oder Duo-Ausführung. Sie sind kompakt, leistungsstark und auch für schwierigste Einbausituationen geeignet. Abhängig von der Art des Betriebs gibt es ­Anlagen mit einem Nutzvolumen von 25 bis zu 185 l. ACO-Pumpstationen sind nach einem Baukastenprinzip aufgebaut: Belastungsklasse, Steuerung, der Art der Niveaumessung, Pumpentyp und diverser Zubehörteile können frei gewählt werden. Ist ein bauseitiger Schacht bereits vorhanden oder soll dieser saniert werden, ist das flexible „Powerlift“-Einbauset die optimale Lösung.

Hilfe vom Experten

Um die passende Hebeanlage oder Pumpstation für ein Projekt oder Bauvorhaben zu finden, bedurfte es in der Vergangen­heit viele händische Berechnungen. Hierbei wurden die Druckhöhenverluste mithilfe diverser Tabellen und Diagramme abhängig von z.B. der Druckleitungsdimension und Volumenstrom einzeln berechnet. Dieses Vorgehen ist sehr aufwändig und setzt viel Erfahrung beim Anwender voraus. Eine Änderung eines Parameters zog häufig eine komplette Überarbeitung der Auslegung nach sich. Mit Auslegungstools für Abwasserhebeanlagen und Pumpstationen gehören diese händischen Berechnungen der Vergangenheit an. Das ACO-Tool beispielsweise übernimmt die Berechnungen in Echtzeit und stellt die Ergebnisse nachvollziehbar und übersichtlich dar. Zu finden ist es auf der Homepage des Herstellers unter dem Reiter Produkte.

Neben dem Sortiment an Lösungen für den Rückstauschutz bietet das Unternehmen kontinuierliche Schulungs- und Weiterbildungsangebote speziell zum Thema Rückstau. Der Prospekt „Schutz vor Rückstau. Rückstauverschlüsse und Hebeanlagen“ ergänzt das Informationsangebot zusätzlich um eine Dokumentation – einschließlich Auswahlhilfen und Installationshinweisen für Rückstauverschlüsse und Hebeanlagen. Das Wissens­portal „askACO“ der Homepage enthält im Themenbereich „Rückstausysteme und Abwasserhebeanlagen“ anschauliche Videos über die Entstehung von Rückstau und die Funktionsweise der beschriebenen Rückstausicherungen.

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