Infrarot-Thermografie (1/2)

Teil 1: So können Wärmebilder im SHK-Handwerk eingesetzt werden (Teil 2: Was beim Einsatz von Wärmebildern beachtet werden muss)

Mit Hilfe von Wärmebildern kann man nicht nur energetische Schwachstellen an Gebäuden erkennen sondern auch haustechnische Anlagen prüfen. Der große Vorteil: Der laufende Betrieb muss nicht unterbrochen werden. Im 1. Teil unserer 2-teiligen Serie wird erläutert, wie vielfältig Wärmebilder im Handwerk genutzt werden können.

Mit Hilfe der Infrarot (IR)-Messtechnik können nicht nur energetische Schwachstellen an Gebäuden erkannt oder mangelnde Wärme- oder Kälteisolierungen lokalisiert und damit Betriebskosten gespart werden. Mit IR-Kameras lassen sich auch haustechnische Anlagen inspizieren. Ohne den laufenden Betrieb unterbrechen zu müssen, können Problem- und potenzielle Gefahrenstellen früh erkannt und rechtzeitig behoben werden, bevor größere Schäden entstehen. Defekte an mechanischen Bauteilen oder Elektromotoren, beschädigte Rohrisolierungen oder überhitzte Bauteile lassen sich ebenso erkennen, wie Leckagen an Heiz- oder Gasleitungen, Strömungsblockaden oder Defekte an Klimageräten.

Schwachstellen lokalisieren

Wohn- und Gewerbegebäude benötigen thermische Energie für die Erwärmung von Brauchwasser oder die Beheizung von Wohn-, Arbeits-, Produktions- oder Lagerräumen. Umgekehrt setzen diverse Produktionsprozesse eine Kühlung und eine entsprechende Isolierung von Anlagenteilen und Rohrleitungen voraus. Werden Wärme- oder Kälteverluste frühzeitig lokalisiert und beseitigt, wirkt sich das positiv auf die Betriebskosten des Objektes aus. Zu den energetischen Schwachstellen von baulichen Anlagen im Winter zählen Wärmebrücken im Boden-, Sockel- und Dachbereich oder an Bauteilübergängen, wenn etwa im Gewerbebereich Beton- oder Stahlträger die Außenhülle von Hallen durchdringen. Durch Fugen an Bauteilübergängen, Fenster-, Tür- oder Toranschlüssen verursachte Luftundichtigkeiten können im Zusammenspiel mit der so genannten Differenzdruck-Messung („Blower-Door“) auf dem Display der Infrarotkamera sichtbar gemacht werden. Ebenso wie Wärme-, erhöhen auch Kälteverluste im Bereich von Kühlhallen, Lagerhallen oder Klimaanlagen den Energiebedarf und führen zu einer Verschlechterung von Produktions- oder Lagerbedingungen. Defekte Isolierungen an Gebäuden, Behältern oder Rohrleitungen lassen sich bereits mit einem kurzen Kameraschwenk ausfindig machen, so dass gezielt Abhilfe geschaffen werden kann.

Geräte und Anlagen inspizieren

Ein reibungsloser Betrieb der Haustechnik ist nur möglich, wenn Geräte und Anlagen zuverlässig arbeiten. Das setzt regelmäßige Inspektionen und Wartungsarbeiten voraus, damit Schäden frühzeitig erkannt und teure Folgeschäden vermieden werden. Neben konventionellen, zerstörungsfreien Prüf- und Messverfahren der haustechnischen Diagnostik (Sichtprüfung, Druck, Schall etc.) hat sich im SHK-Bereich auch die Infrarot-Thermografie als Mess- und Inspektionsmethode etabliert. Mit Hilfe mobiler Thermografiekameras lassen sich überhitzte Stellen an mechanischen und elektrischen Bauteilen aufspüren. Thermisch auffällig belastete Bauelemente von Geräten oder Anlagen werden ebenso entdeckt, wie defekte Elektrobauteile. Damit ist eine schnelle Zustandskontrolle von Rohrleitungen, Ventilen, Behältern, Geräten, Schaltschränken, Elektrokabeln, Schaltern und anderen für den haustechnischen Betrieb essenziellen Systembauteilen möglich. Überhitzte Bauteile können zu Leistungseinbußen und Schäden führen, für die Nutzer zur Gefahrenquelle werden und im Extremfall sogar Brände auslösen. Eine unkontrollierte Wärme- oder Kälteabgabe an die Umwelt ist zudem gleichbedeutend mit Energie- und damit Wirkungsgradverlusten, was die Wirtschaftlichkeit einer Anlage entscheidend beeinträchtigen kann. Thermografische Untersuchungen sichern betriebliche Werte, steigern die betriebliche Sicherheit, die Wirtschaftlichkeit und senken Betriebskosten – auch weil Reinigungs- und Wartungsintervalle optimiert werden können. Da komplette Anlagenbereiche mit allen Details abgebildet werden, lassen sich von der Norm abweichende Zustände mit einem Blick erkennen und im Wärmebild, auch Thermogramm genannt, dokumentieren.

Leitungs- und Leckageortung

Im SHK-Bereich populär, aber nicht ohne Tücken, ist die Leitungs- und Leckageortung. Per IR-Kamera lassen sich sowohl Leitungsverläufe bei Wand-, Decken- oder Fußbodenheizungen visualisieren, als auch Leitungsleckagen. Da durchfeuchtete Bauteile ein anderes Wärmeabstrahlverhalten haben, als trockene Bereiche, lassen sich diese Leitungslecks an Heiz- und Wasserleitungen ebenso erkennen wie Undichtigkeiten von Flachdächern, so dass notwendige Reparaturmaßnahmen räumlich eingegrenzt werden können. Wird ein Wasserverlust in einer Leitung festgestellt, steht der Installateur nicht nur vor dem Problem, dass der Leitungsverlauf meist unbekannt ist. Das Wasser tritt zudem häufig an Stellen aus der Wand oder Decke, die von der eigentlichen Leckage mehr oder weniger weit entfernt sind. Eine Reparatur hat dann meist eine großflächige Zerstörung des Fußboden- oder Wandbelags zur Folge. Mit der IR-Kamera lässt sich die Schadensstelle anhand ungewöhnlicher Temperaturverläufe, so genannter „Hot Spots“, eingrenzen. Allerdings lassen sich die Schadensstellen in der Praxis aufgrund individueller Randbedingungen wie Konstruktionen, Schichtaufbauten, Isolierungen, unterschiedlichen Verlegungstiefen etc. nicht immer eindeutig bestimmen. Deshalb ist der parallele Einsatz mehrerer Messverfahren empfehlenswert, wie etwa von Feuchtesensoren oder elektroakustischen Messungen. Außerdem sollte die VATh-Richtlinie für die „Planung, Durchführung und Dokumentation thermografischer Messungen an verdeckt liegenden, wasserführenden Leitungssystemen innerhalb- und außerhalb von Gebäuden“ beachtet werden. Sogar entweichende Kältemittel oder schädliche Gase lassen sich mit Hilfe der Thermografie-Technik aus sicherer Entfernung aufspüren und sichtbar machen – ebenfalls ohne dass die Produktionsprozesse einer Anlage unterbrochen oder Anlagen komplett heruntergefahren werden müssen. Allerdings erfordert auch diese Anwendung spezielle Erfahrung, Fachwissen und nicht zuletzt auf die Gasdetektion spezialisierte IR-Kameras.

Fazit

Die Infrarot (IR)-Messtechnik kann im SHK-Handwerk auf vielfältige Art und Weise eingesetzt werden. Allerdings setzt die Technik spezielle Kenntnisse voraus: Sowohl für die Aufnahme von Wärmebildern als auch für deren Interpretation und Auswertung werden nicht nur bestimmte Werkzeuge benötigt, sondern auch entsprechendes Know-how. Ohne die Erfahrung und Interpretation eines Fachmanns sind Wärmebilder wertlos. Fehlinterpretationen können negative Konsequenzen nach sich ziehen.

Im 2. Teil der Serie berichtet der SHK Profi deshalb von Nutzungsvoraussetzungen und Kosten und gibt Tipps zur Aufnahme und Auswertung von Wärmebildern.

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