Infrarot-Thermografie (2/2)
(Teil 1:So können Wärmebilder im SHK-Handwerk eingesetzt werden)
Teil 2: Was beim Einsatz von Wärmebildern beachtet werden muss
Im 1. Teil (SHK Profi 9/2015) unserer 2-teiligen Serie wurde erläutert, wie vielfältig Wärmebilder im Handwerk genutzt werden können. Es hat sich gezeigt, dass die Technik darüber hinaus spezielle Kenntnisse voraussetzt. Ohne die Erfahrung und Interpretation eines Fachmanns sind Wärmebilder wertlos. Im 2. Teil der Serie geht es deshalb um Nutzungsvoraussetzungen und Kosten von Infrarot-Thermografie. Desweiteren gibt es Tipps zur Aufnahme und Auswertung von Wärmebildern.
Mit Hilfe von Wärmebildern kann man nicht nur energetische Schwachstellen an Gebäuden erkennen, sondern auch haustechnische Anlagen prüfen. Der große Vorteil: der laufende Betrieb muss nicht unterbrochen werden. Allerdings setzt die Technik spezielle Kenntnisse voraus: Sowohl für die Aufnahme von Wärmebildern als auch für deren Interpretation und Auswertung werden nicht nur bestimmte Werkzeuge benötigt, sondern auch entsprechendes Know-how. Außerdem muss man bei der Aufnahme auf bestimmte Randbedingungen und mögliche Fehlerquellen achten, sonst erhält man fehlerhafte Ergebnisse.
Nutzungsvoraussetzungen
Die Qualität der Wärmebilder hängt von der Leistungsfähigkeit und Geräteklasse der IR-Kamera ab (siehe auch SHK-Profi 3/2014: Marktübersicht IR-Profikameras, Webcode: SHKNT138). Insbesondere die Auflösung des Kamera-Detektors, der die Infrarotstrahlung erfasst, spielt dabei eine große Rolle. Je höher diese ist, desto besser ist die Wärmebild-Qualität und desto mehr Details lassen sich erkennen. Sie liegt bei Standardkameras heute bei 320 x 240 IR-Bildpunkten, was 76.800 einzelnen Messwerten entspricht. Mehr Details sind mit höher aufgelösten IR-Kameras (640 x 480 bzw. 1.024 x 768 IR-Bildpunkte) erkennbar.
Weitere wichtige Kameraparameter sind, neben der Detektorauflösung, der erfasste Temperaturbereich, der je nach Einsatzbereich, zwischen ‑40 und 250 bzw. 750°C liegen sollte. Die thermische Empfindlichkeit, auch NETD-Wert genannt, gibt die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Detektor erfasst werden kann und liegt bei Profikameras zwischen 0,03 und 0,05 Kelvin bei 30°C. Auch die geometrische Auflösung (IFOV-Wert) entscheidet über die Messgenauigkeit. Sie ist abhängig vom Objektiv und definiert die kleinstmögliche Messfleckgröße. Das ist jene Fläche auf dem Messobjekt, die aus einem Meter Entfernung einer einzelnen Detektorzelle in einem Wärmebild zugeordnet werden kann. Die Messfleckgröße entscheidet darüber, wie genau bei einer vorhandenen Objektgröße bzw. Objektentfernung gemessen werden kann. Je nach räumlicher Situation bzw. Objektentfernung sollte das Kameraobjektiv aufgabenbezogen durch ein Weitwinkel- oder Teleobjektiv austauschbar sein, um beispielsweise sicherheitstechnisch problematische Messobjekte aus sicherer Entfernung erfassen zu können.
Zu den Kamera-Einstellmöglichkeiten sollten mindestens der Emissionsgrad (materialspezifischer Wärmeabstrahl-Kennwert des Messobjekts) sowie die reflektierte Temperatur gehören. Der Kameranutzer muss zusätzlich mögliche Fehlerquellen und Grenzen der Thermografie kennen sowie die Messergebnisse korrekt interpretieren. Das setzt bei Aufnahme und Auswertung Kenntnisse aus den Bereichen Optik, Wärmestrahlung, Wärmeleitung, Messtechnik, Materialkunde, Bauphysik und durch das Messobjekt bedingtes Fachwissen voraus. Kenntnisse über verwendete Materialien sowie den technischen und konstruktiven Aufbau des Messobjekts sind unverzichtbar für die Deutung thermischer Auffälligkeiten. Ferner sollte man sich vorher eingehend mit der Funktionsweise und thermischen Charakteristik der zu untersuchenden Anlage sowie möglichen Störungen vertraut machen. Personen, die beauftragte Messungen und Auswertungen ohne Aufsicht durchführen, müssen zudem nach DIN 54162 in der Stufe 2 zertifiziert sein. Dazu sind entsprechende Schulungen und Zertifizierungsprüfungen eine Grundvoraussetzung. Weitere Informationen bietet der Bundesverband für angewandte Thermografie e.V. (www.vath.de/ausbildung).
Kosten
Thermografie-Anwendungen setzen IR-Profikameras voraus, für die man je nach Detektorauflösung und Kameramodell, zwischen 5.000 und 50.000 € (und mehr) investieren muss. Die Preise für wenige Jahre alte Gebrauchtgeräte liegen zwischen 20 und 50 % unter dem Neupreis. Mietpreise sind abhängig vom Kameramodell und bewegen sich zwischen 150 und 500 € pro Tag. Mit einzukalkulieren sind Zeit und Kosten für Schulungen (Basisschulung 2-5 Tage: ca. 500-1.500 €, Zertifizierungskurse 5 Tage: ca. 2.000 €).
Investitionen für Kamerakauf und Schulung entfallen, wenn man sich für eine Thermografie-Dienstleistung entscheidet. Die Kosten dafür hängen vom Leistungsumfang ab. Es ist darauf zu achten, dass es sich um zertifizierte Dienstleister handelt. Diese sollten allerdings nicht nur die Wärmebildkamera bedienen können, sondern auch fundierte Kenntnisse sowohl über die physikalischen Hintergründe der Wärmebildtechnologie als auch über die Funktionsweise der zu untersuchenden Anlage haben. Im Angebot enthalten sein sollten die Anfahrt, Spesen, die nötige Arbeitszeit und Gerätetechnik, alle Materialkosten sowie die nachvollziehbare Auswertung und ausführliche Dokumentation der Thermogramme. Bei der Auswahl des Dienstleisters sollte man auf Qualifizierung, Leistungsumfang, Erfahrungen, Referenzen und die Qualität des Thermografieberichts achten. Dieser sollte wichtige Angaben enthalten: Auftraggeber, Auftragnehmer, Klimadaten (Innen-/Außentemperatur, Wetter, Sonneneinstrahlung, Wind etc.), Objektdaten (Adresse, Gebäudetyp, Lageplan mit Himmelsrichtung, Konstruktionsweise und Materialien), Kameradaten (Hersteller, Kameramodell, technische Daten). Am wichtigsten sind natürlich die Bildinformationen (Datum und Aufnahmezeit, Farbskala, materialspezifischer Emissionsgrad etc.), Interpretationen und Schlussfolgerungen zu jedem Thermogramm, das jeweils durch ein Digitalkamera-Foto ergänzt werden sollte. Da für bestimmte Messaufgaben die Thermografie nicht ausreicht, sollten in Zweifelsfällen stets ergänzende Messverfahren hinzugezogen werden, um die Messungen verifizieren zu können.
Aufnehmen und auswerten
Wichtig bei der Aufnahme sind die Fokussierung und der Bildausschnitt. Zwar lassen sich bei Thermogrammen schlechte Kameraeinstellungen per Software bis zu einem gewissen Grad nachträglich ausbügeln, nicht korrigiert werden können aber eine mangelnde Fokussierung, der Bildausschnitt sowie die Messung verfälschende Randbedingungen. Dazu gehören etwa extremer Wind, starker Regen, Nebel oder Schneefall.
Zu jeder Thermografie-Aufnahme sollte parallel auch ein Digitalkamera-Foto (Lichtbild) angefertigt werden, um später bei der Auswertung der Thermogramme lokalisierte Schwachstellen und Leckagen einfacher zuordnen zu können. Sinnvoller, als die in der Regel integrierte Digitalfoto-Funktion ist eine separate Digitalkamera ab 10 Megapixel Bildauflösung.
Als Zeitaufwand müssen für eine fachgerechte thermografische Untersuchung mindestens zwei Stunden vor Ort und weitere vier bis acht Stunden für die Auswertung und Berichterstellung im Büro einkalkuliert werden. Für eine erste Vor-Ort-Auswertung halten aktuelle Kameras zahlreiche Funktionen vor. Zu den geräteabhängigen Auswertefunktionen zählen die Anzeige der Temperaturskalierung, die Position und der Wert der Min-/Max-Temperatur, wahlweise die Cursor-/Multipunkt-/Multigebietstemperatur, eine Isothermendarstellung und andere. Die eigentliche Auswertung mit Hilfe der zum Lieferumfang gehörenden Auswertesoftware oder einer optionalen, speziell für die Gebäudeanalyse konzipierten Software erfolgt im Büro.
Fazit
Die Thermografie ist in der Haustechnik-Inspektion, Leckagesuche, Bauwerksdiagnose, für die Qualitätskontrolle und in vielen anderen Bereichen sinnvoll einsetzbar. Die berührungslose, zerstörungsfreie Messung hilft, Energie zu sparen, Gebäudeschäden zu vermeiden, die Haustechnik instand zu halten und Sachwerte zu erhalten. Ohne das Wissen und Know-how eines erfahrenen Fachmanns können Thermogramme allerdings schnell zu Fehlschlüssen verleiten und daraus resultierende Maßnahmen das genaue Gegenteil bewirken. Für bestimmte Messaufgaben reicht die Thermografie zudem nicht aus. Deshalb sollten in Zweifelsfällen stets ergänzende Messverfahren hinzugezogen werden, um thermografische Messungen überprüfen zu können.