Hochwertiger Schallschutz
Teil 1: Erwartungen und Vorgaben
Die Ansprüche an den baulichen Schallschutz sind in den vergangenen Jahrzehnten erheblich gestiegen. Fachplaner und Installateure sollten sich daher nicht nur auf einschlägige Normenwerke zurückziehen, sondern auch die Erwartungen der Bauherren in der Planung und Ausführung des Schallschutzes berücksichtigen und schriftlich vereinbaren. Lärmbelästigungen mindern nicht nur die Lebensqualität, sie sind auch Ursache für Ruhe- und Konzentrationsstörungen und können weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge haben. Im ersten von zwei Teilen lesen Sie, welche Faktoren auf den Schallschutz Einfluss nehmen, welche gesetzlichen Regelungen existieren und welche Empfehlungen darüber hinaus bezüglich des Schallschutzes gegeben werden.
Geräusche, die vor zwanzig oder dreißig Jahren noch nicht als störend empfunden und in Hausgemeinschaften akzeptiert wurden, führen heute als „unzumutbare Belästigung“ häufig zu Problemen der Hausbewohner untereinander. Nach Störungen durch Verkehrslärm zählen nach einer Studie des deutschen Umweltbundesamts Geräusche der Nachbarn zu den häufigsten Ursachen der Lärmbelästigung: Im Jahr 2012 beklagten sich fast 42 % der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands über den Lärm von Nachbarn – das sind 10 % mehr als 1998. Dass Schallschutz heute eine große Rolle für das Wohlbefinden der Menschen spielt und zu den wichtigsten Qualitätsmerkmalen eines Hauses zählt, zeigen die Ergebnisse repräsentativer Umfragen: 82 % der Befragten sind nicht bereit, Kosteneinsparungen zu Lasten des Schallschutzes hinzunehmen und 94 % halten eine gute Schall- /Geräuschisolierung für wichtig, 57 % sogar für besonders wichtig. Schallschutz in Gebäuden bedeutet Ruhe, aber auch Vertraulichkeit, Intimität und Geborgenheit.
Die gesteigerte Wertschätzung des privaten Wohnraums schlägt sich in gestiegenen Ansprüchen nieder. Gerade Häuser und Wohnungen mit erhöhtem Wohnstandard suggerieren, dass die Objekte über einen guten Schallschutz verfügen. In Anbetracht der gehobenen Ausstattung und des entsprechenden Preises erwarten Mieter bzw. Käufer einen verbesserten Schallschutz. Wenn der Schallschutz aber nur den normativen Anforderungen entspricht, werden die geweckten Erwartungen enttäuscht. Anders als viele andere Planungsfehler oder Baumängel werden Lärmbelästigungen meist nicht hingenommen und wenn im Vorfeld keine Vereinbarungen bezüglich des Schallschutzes getroffen wurden, treffen sich die Beteiligten häufig vor Gericht wieder.
Einflussfaktoren auf den Schallschutz
Bauakustik und Schallschutz sind äußerst komplexe Themen und von so vielen Einflussfaktoren abhängig, dass sich das akustische Verhalten der Gebäudetechnik nur schwer vorhersagen lässt. Schon die Geräuschquellen sind vielfältig. Zu Kessel und Brenner kommen Pumpen, Klimaanlagen, Ventilatoren sowie Rohrleitungen und Sanitärobjekte samt Armaturen und WC-Spülkästen. Ob und in welchem Maße Geräusche aus den Anlagenteilen übertragen werden, hängt unter anderem ab von:
Grundriss des Gebäudes bzw. der Wohnung
Bauart und Baustoffen des Gebäudes
Leitungsführung
Materialien der haustechnischen Anlage
Befestigungen von Rohrleitungen
Bedienung durch die Nutzer
Beim baulichen Schallschutz gibt es unterschiedlichste Fehlerquellen. Schon bei der Grundrissplanung müssen schalltechnische Probleme durch Körper- und Luftschallübertragung von Installationsgeräuschen berücksichtigt werden. Installationszonen für Wasserversorgung, Abwasser und Heizungsverteilung sollten in weniger störungsempfindlichen Bereichen geplant werden. Durch eine sorgfältige Anordnung von Bädern und Wohn- und Schlafräumen zwischen unterschiedlichen Wohneinheiten können Lärmbelästigungen vermieden werden. Bei der Planung und Ausführung muss darauf geachtet werden, dass Geräuscherzeuger durch eine effiziente Körperschallentkopplung von angrenzenden Bauteilen getrennt werden. Falsche Materialauswahl bei den Installationswänden, nicht geeignete Vorwandsysteme, fehlende Körperschallentkoppelung der Abwasserleitung oder die Beschädigung der Körperschallentkoppelung bei Deckendurchbrüchen sind Fehler, die kaum nachzubessern sind. Die Folgen dieser Mängel werden erst bei Inbetriebnahme des Gebäudes bemerkt und können dann in unkalkulierten Folgekosten münden.
Technische Richtlinien
Neben den gesetzlichen Regelungen zum Schallschutz existieren technische Richtlinien, die für sich beanspruchen, den Stand der Technik darzustellen. Für den baulichen Schallschutz gehören hierzu in Deutschland die DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) und die VDI-Richtlinie 4100.
Die als technische Baubestimmung eingeführte DIN 4109 legt dabei den vorgesehenen Mindestschallschutz zwischen fremden Nutzungseinheiten fest (Tabelle 1). Seit Juli 2016 liegt nun die Neufassung der DIN 4109 vor. Kaum eine andere Norm wurde so lange diskutiert: Nachdem die erste Neufassung vom Oktober 2006 mit schalltechnischen Anforderungen auf Grundlage von nachhallzeitbezogenen Kenngrößen nach umfangreichen Einsprüchen fallengelassen wurde, wurde im Juni 2013 ein neuer Entwurf vorgestellt, der auf die bislang gewohnten bauteilbezogenen Größen zurückgestellt wurde. Die Neufassung bewegt sich weitestgehend auf dem bisherigen Anforderungsniveau. Ein Vergleich der Tabelle 9 der DIN 4109-1:2016-07 mit der Tabelle 4 der DIN 4109/A1-2001-01 zeigt keine wesentlichen Veränderungen. Die schalltechnischen Nachweisverfahren wurden dagegen komplett überarbeitet.
Empfehlungen
Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz bietet die VDI 4100 (Tabelle 2). Die VDI ist baurechtlich nicht eingeführt, wird aber als Stand der Technik angesehen. Während die Schallschutzstufe 1 den Anforderungen der DIN 4109 entspricht, gewähren die Richtwerte der Schallschutzstufe 2 und 3 einen besseren Schallschutz. Die in der VDI definierten Vorgaben müssen in der Regel jedoch ausdrücklich vereinbart werden.
Allen am Bau Beteiligten wird dringend geraten, eine schriftliche Vereinbarung über das erwartete Schallschutzniveau zu schließen. Da auch die neue DIN 4109 nur bauaufsichtlich verbindliche Mindestanforderungen definiert, bietet die VDI 4100 auch zukünftig eine gute Grundlage für entsprechende Vereinbarungen. Hier werden die unterschiedlichen Schallschutzstufen anhand von Beispielen verschiedener Geräusche (Gehgeräusche, laute Sprache, angehobene bzw. normale Sprechweise, Haushaltsgeräte, Haustechnik usw.) und ihre Wahrnehmung in der Nachbarwohnung anschaulich dargestellt.
Mit der DEGA-Empfehlung 103 (www.dega-schallschutzausweis.de/images/stories/dega_empfehlung_103.pdf) bietet die Deutsche Gesellschaft für Akustik ein Regelwerk, das sich sowohl zur schalltechnischen Bewertung von Wohneinheiten als auch zur Definition schalltechnischer Anforderung in der Planung eignet. Die DEGA möchte ein für alle am Bau Beteiligten transparentes und für Laien verständliches, differenziertes System zur Planung und Kennzeichnung des baulichen Schallschutzes schaffen. Mit dem Schallschutzausweis können Wohnungen und Gebäude – ähnlich dem Energiepass – klassifiziert werden. Der Schallschutzausweis bietet Vermietern bzw. Immobilienverkäufern dokumentierte Verkaufsargumente und erlaubt Interessenten ein transparentes Bewertungssystem, das ihnen eine objektive Einschätzung der schalltechnischen Qualität ermöglicht. Fachplanern für Bauakustik liefert die DEGA-Empfehlung 103 definierte Zahlenwerte als Sollwerte für den Schallschutz und im Rahmen seiner Beratungstätigkeit stellt der Schallschutzausweis nur einen geringen Mehraufwand dar.
Fazit
In der DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“ sind bauaufsichtlich verbindliche Mindestanforderungen an den Schallschutz festgelegt. Die Norm definiert jedoch nur Mindestanforderungen und spiegelt weder den erwarteten Schallschutz noch den aktuellen Stand der Technik wider. Die konsequente Planung und korrekte Ausführung schallschutztechnischer Maßnahmen ist daher sowohl beim Bau neuer als auch bei der Sanierung bestehender Gebäude eine wesentliche Anforderung. Planer und Installateure müssen sich den gestiegenen Ansprüchen der Hausbewohner stellen und ihre Schallschutzlösungen weiter optimieren. Im nächsten SHK Profi, der Ausgabe 2/2017, lesen Sie, wie Armacell (www.armacell.de) Schallschutzprodukte den Lärm direkt an der Quelle minimieren und somit den Wohnkomfort und den Wert einer Immobilie steigern.
Dieser Beitrag besteht aus zwei Teilen. Den zweiten Teil zum Thema "Hochwertiger Schallschutz Geräuschimmissionen vermeiden" finden Sie unter folgendem Direktlink:
http://www.shk-profi.de/artikel/shk_Hochwertiger_Schallschutz_2831641.html
DIN 4109 [NEU]: Schallschutz im Hochbau - Teil 1: Mindestanforderungen: Schallschutz im Hochbau - Teil 1: Mindestanforderungen, Juli 2017.
DIN 4109: Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise, November 1989.
DIN 4109/A1: Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise, Änderung A1, Januar 2001.
Beiblatt 2 zu DIN 4109: Schallschutz im Hochbau. Hinweise für Planung und Ausführung. Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz, November 1989.
VDI 4100: Schallschutz im Hochbau - Wohnungen - Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz, Oktober 2012.
DEGA-Empfehlung 103 „Schallschutz im Wohnungsbau – Schallschutzausweis“, Fassung 03/2009, Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V., Berlin 2009, www.schallschutzausweis.de.