Fachkräftemangel

Neue Mitarbeiter für sich gewinnen

Nicht nur auf Veranstaltungen und in allen Medien ist er Dauerthema, er belastet zusehends die Betriebe tagtäglich: der Fachkräftemangel. Es wird soweit kommen, wovon heute bereits der ein oder andere Betrieb betroffen ist: Für die hohe Kundennachfrage ist nicht die benötigte Anzahl an Mitarbeitern vorhanden, um die Produkte zu verkaufen, zu produzieren bzw. zu montieren. Entweder sind die produktiven Mitarbeiter zu wenige und ein Betrieb muss schließen, oder der Vorlauf beträgt mehrere Monate, was für einige Kunden jedoch zu lange dauert und sie stattdessen lieber woanders kaufen.

Das Thema Fachkräftemangel ist bereits seit mehreren Jahren ein Brennpunkt. Viele Betriebe haben ihn jedoch weit von sich geschoben und nun müssen sie Gas geben. Die schlechte Nachricht vorab: Wir erleben derzeit nur die Spitze des Eisbergs, der Fachkräftemangel wird noch viel schlimmer, weil die älteren Fachkräfte in den nächsten Jahren in Rente gehen und von unten viel weniger Menschen folgen. Von diesen wenigen jungen Menschen gehen viele studieren, anstatt sich im Handwerk zu etablieren. Die gute Nachricht ist aber, dass man den Fachkräftemangel dennoch umgehen kann. Dies verlangt aber einiges an Umdenken.

Fachkräfte finden ist Chefsache!

Es gibt jedoch nicht den einen Königsweg, um neue Fachkräfte zu finden. Es ist ein Blumenstrauß an verschiedenen Maßnahmen erforderlich. Eines muss jedoch jedem Unternehmer bewusst sein. Fachkräfte zu finden ist absolute Chefsache! Dieses Thema kann man nicht delegieren, außer man arbeitet in einer Konzernstruktur und verfügt über entsprechende Personalleiter. Arbeiten am Unternehmen – leider arbeiten noch viel zu viele Chefs operativ im Unternehmen mit – ist die Kernaufgabe eines jeden Unternehmers. Am Unternehmen heißt, die strategische Ausrichtung des Unternehmens aktiv zu gestalten. Dazu zählen die Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter ganz besonders. Fragen Sie sich selbst, wann und wo haben Sie persönlich zuletzt aktiv um neue Mitarbeiter geworben? Viel zu viele werden sagen „gar nicht“ und geben dem Fachkräftemangel an sich die Schuld, ohne Lösungen zu haben. Eine Anzeige in der Tageszeitung zu schalten hat früher mal funktioniert, heutzutage funktioniert das überhaupt nicht mehr. Außer Sie schalten eine Anzeige wie kürzlich erst erfolgt „Ich bin der schlechteste Chef, suche die schlechtesten Mitarbeiter bei schlechtestem Lohn“. Diese hat für sehr große Aufmerksamkeit – und damit für Bewerbungen – gesorgt.

Aktiv suchen und anwerben

Einige Betriebe setzen derzeit auf Abwerben, was so ziemlich das Einfallsloseste ist, was man machen kann. Die Betriebe verlieren alle zusammen, während man die Bewerber weiter stärkt und man sich nicht wundern darf, wenn Bewerber die Betriebe gegeneinander ausspielen. Social Media, Youtube-Videos, Mitarbeiter- und Kundenempfehlungen und vor allem Augen und Ohren auf bei seinen eigenen persönlichen Einkäufen oder wenn Betriebe in der Region in Schieflage geraten oder Mitarbeiter in diesen Betrieben nicht weiterkommen, sind nur einige mögliche Maßnahmen, um die sich ein Chef persönlich aktiv kümmern kann und muss.

Der Fachkräftemangel ist ja nichts, was nur einen einzelnen Betrieb betrifft. Auch die Mitbewerber sind gleichermaßen davon betroffen. Das heißt im Umkehrschluss, dass derjenige Betrieb gewinnt, der die besten Konzepte für neue Mitarbeiter hat. Ist man mit einem Bewerber in Kontakt, so darf man sich nicht allzu lange Zeit mit der Entscheidung lassen, sonst kommt dieser schnell woanders unter. Auch die Einarbeitung muss sehr kompakt und effektiv sein, damit er schnell produktiv arbeiten kann. Ebenso sind die Zeiten längst vorbei, dass sich Fachkräfte bei einem Betrieb bewerben. Mittlerweile müssen sich Betriebe um die Gunst der Bewerber kümmern. Dazu muss man ihnen Reize schaffen und einen Sinn geben. Dies schafft man insbesondere, indem man sich Zeit für das Gespräch mit dem Bewerber lässt, ihn zusammen mit dessen Lebenspartner einlädt, ihm die Unternehmensgeschichte und die Philosophie eingehend erläutert. Der Bewerber muss schlichtweg das Gefühl haben, in diesem Betrieb ist es anders und besser. Ähnlich ist es doch beim Kunden, der auch nur kauft, wenn er mehr Vertrauen in den Betrieb und die für ihn verantwortlichen Menschen hat, als in den Konkurrenzbetrieb.

Mund-zu-Mund-Propaganda

Natürlich ist dies alles viel Arbeit, richtige Personalarbeit kostet viel Zeit und Kraft. Man muss sich kümmern. Doch was ist die Alternative? Wenn man sich als Chef nicht drum kümmert, wird sowieso früher oder später der Ofen aus sein. Es geht also nicht um das Brauchen, es geht um das Müssen. Stellen Sie sich als Chef doch mal die Frage, warum ein Bewerber gerade zu Ihnen kommen soll. Entscheidend ist also die eigene Marke als Arbeitgeber. In eine 08/15-Firma wechselt man eben nicht gerne, da müssen schon ganz besondere Dinge geboten werden.

Der Lohn ist es übrigens nicht alleine. Der Lohn muss stimmen, um seinen Lebensunterhalt ohne Existenzängste zu bestreiten. Doch viel wichtiger sind Respekt, Teamgeist, Weiterentwicklung und die Anerkennung von Leistungen. Die Marke bilden die derzeitigen Mitarbeiter übrigens am Stammtisch. Entscheidend ist, ob sie sich negativ oder positiv über den eigenen Betrieb äußern. Denn deren Aussagen hören auch andere Menschen und warum sollte jemand zu einer Firma wechseln, die nichts Besonderes bietet bzw. in der es scheinbar nur Probleme gibt. Im Übrigen sind diese Probleme Interna, damit Betriebsgeheimnisse, und haben nichts im Außen zu suchen. Die einzigen, die etwas an bestimmten Problemen ändern können, sind die Vorgesetzten. Und nur dort gehören diese Probleme hin und gerade nicht an den Stammtisch. Bevor man sich als Betrieb also um immer neue Mitarbeiter kümmert, müssen zunächst die eigenen Mitarbeiter zum Unternehmen durch Respekt, Teamgeist, Weiterentwicklung und Anerkennung gebunden werden. Dadurch werden sie automatisch zu Markenbotschaftern, indem sie von den positiven Dingen im Betrieb am Stammtisch bzw. ihrer Freizeit berichten und den eigenen Betrieb als Arbeitgeber weiterempfehlen. Mitarbeitern muss klar sein, dass Sie durch ihr Verhalten und Ihre Aussagen im Außen sich gleichzeitig ihre künftigen Arbeitskollegen selbst raussuchen.

Zum Abschluss noch ein Tipp: laden Sie Ihre Mitarbeiter doch mal zu einer Besprechung ein und stellen sie denen genau diese beiden Fragen, „Warum lohnt es sich bei uns zu arbeiten?“ und „Was könnte Menschen abhalten, sich bei uns zu bewerben?“. Seien Sie dabei unbedingt offen für Positives und für Kritik und wissen Sie nicht gleich alles besser. Fassen Sie die wichtigsten Dinge zusammen und erarbeiten Sie zusammen mit Ihren Mitarbeitern einen Plan, wie der Betrieb genügend Fachkräfte findet. Sie werden erstaunt sein, welche neuen und guten Ideen dabei rauskommen. Machen Sie die Fachkräftesuche zur Chefsache!

Armin Leinen

Armin Leinen ist Experte für gelebte Kundenbegeisterung im Handwerk. In Impulsvorträgen und Trainings vermittelt er praxisorientiert, wie Betriebe ihre regionale „Kunden-Marke“ und „Arbeitgeber-Marke“ im Wettbewerb um hochwertige Aufträge und Fachkräfte erfolgreich von anderen abheben können. www.arminleinen.com

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