Mitarbeiter finden und binden

Dem Fachkräftemangel begegnen Der Betrieb als „Arbeitgebermarke“

Die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften ist derzeit sehr hoch, so dass viele Handwerksbetriebe ihre freien Stellen nicht mehr zeitnah besetzen können. Stehen für offene Stellen keine Bewerber zur Verfügung, muss der Betrieb eventuell sogar Aufträge ablehnen oder die Lieferzeiten auszuweiten. Doch wie erhöht man seine Chancen, qualifizierte Fachkräfte zu finden und zu binden?

Ein gutes Image des Stellenanbieters bringt mehr Bewerbungen. Sie können nur denjenigen einstellen, der sich beworben hat. Eine Stelle ist nicht nur attraktiv, wenn das Gehalt „stimmt“, sondern auch andere Beurteilungspunkte.

Die Arbeitgebermarke

Positives Arbeitgeberimage ist auch für Kleinbetriebe möglich. Für Bewerber können flache Hierarchien und andere Vorteile der Kleinbetriebe ein Pluspunkt sein. Die Identifikation der Arbeitnehmer mit einer kleineren Firma ist oft höher als bei Großbetrieben. Eine weitere Stärke ist die größere Überschaubarkeit der kleineren Betriebe und die Einflussnahme des Einzelnen auf den Betriebsalltag. Gestaltungsfreiräume und die vielseitigen Aufgabengebiete sind typisch für den Mittelstand, müssen aber auch erkennbar sein und gelebt werden. So wie ein Produkt im Absatzmarkt zur Marke wird, kann sich auch ein mittelständischer Betrieb mit seinem Image positionieren. Der Ruf als Arbeitgeber entscheidet auch über die Wahl der Ausbildungsbewerbungen. Die Arbeitgebermarke (Employer Branding) ist keine akademische Angelegenheit, sondern die Antwort auf die Frage, was ein Unternehmen einem Bewerber bietet, wie es wahrgenommen wird, um potentielle Bewerber zu interessieren. Die „Arbeitgebermarke“ sorgt für eine gute und kostenlose Mundwerbung.

Es gibt einen Zusammenhang von Zufriedenheit und Wechselbereitschaft der Mitarbeitenden. Die Wechselbereitschaft ist bei bindungsstarken Mitarbeitern viel geringer als bei bindungsschwachen, bei denen die Zufriedenheit mit der Arbeit in der Grauzone liegt.

Die Ansprüche der Stellenanbieter sind oft zu hoch. Es besteht die Tendenz, unnötig hohe Anforderungsprofile aufzustellen, welche von den wenigsten Bewerbern erfüllt werden. („jung, mit langer Erfahrung, vielseitig einsetzbar, flexibel, teamfähig, belastbar, durchsetzungsfähig …“) Bei solchen Stellenangeboten fühlen sich die anvisierten Bewerber überfordert und die Stelle bleibt vakant. Fachkräfte kann man sich auch „heranziehen“, sie ausbilden, so wie man einen Diamanten durch den Schliff erst wertvoll macht. Oft wird mit der Stellensuche erst begonnen, wenn „es brennt“. Statt sich längerfristig mit Personalmarketing zu befassen, beginnt die Suche nach Mitarbeitern dann, wenn es eilt.

Als attraktiver Arbeitgeber muss man auch die elektronischen Kommunikationskanäle nutzen, um sich dort zu präsentieren. Der aussagefähige Internetauftritt beeinflusst die Entscheidung eines Stellenbewerbers. Die Jobbörse muss ständig aktualisiert werden und den Anforderungen angepasst sein.

Die älteren Mitarbeiter

Wer im Stellenagebot jüngere Mitarbeiter sucht („Für unser junges Team suchen wir …“), erreicht ältere und erfahrene Bewerber nicht. Wenn das Wort „jung“ mit „kompetent“ ausgetauscht wird, erhält man mehr Bewerbungen.

Nach der „Defizit-Theorie“ sieht man oft nur die nachlassenden Fähigkeiten der Ü-50-Jährigen. Wenn die Arbeitsprozesse an sie angepasst werden, bleibt die Arbeitsfreude und die Leistung der Betreffenden erhalten. Die eigene Einstellung zu älteren Mitarbeitern prägt deren Verhalten. Ältere entwickeln Ehrgeiz, wenn sie erkennen, dass man ihnen mehr zutraut als die Erledigung von Routine­aufgaben. Denn wo das Vertrauen in die Leistung fehlt, lässt auch die Motivation der Älteren nach. Wer davon ausgeht, dass alle Älteren weniger leisten, wird ihnen auch weniger zutrauen und keine anspruchsvollen Aufgaben übertragen. Und die Betroffenen erbringen dann tatsächlich weniger Leistung. In altersgemischten Teams kommen die Stärken der Jüngeren und Älteren optimal zur Geltung, viele Betriebe haben positive Erfahrung mit dem Generationenmix. Mit älteren Arbeitnehmern sollten regelmäßig Perspektivgespräche geführt werden und sie sollten auch zu Weiterbildungsmaßnahmen motiviert werden.

Teilzeitbeschäftigung ist eine gute Möglichkeit, älteres Personal noch weiter zu beschäftigen. Gleichzeitig heißt es, den Betreffenden klarzumachen, dass Teilzeitarbeit kein Schwächezeichen ist, vielmehr eine neue Herausforderung, an die man sich schnell gewöhnt.

Die Eigenkündigung eines Mitarbeiters

Fachkräftemangel entsteht auch durch die Eigenkündigung der Mitarbeiter, ausgerechnet der Besten. Die Ursachen einer Kündigung sind vielfältig: Unzufriedenheit mit dem Gehalt, schlechtes Betriebsklima, mangelnde Mitsprache, ungünstige Arbeitszeiten. Attraktive Arbeitsplätze woanders führen dazu, dass sich leistungsfähige Mitarbeiter dort bewerben. Die eigenen Arbeitsplätze stehen im ständigen Wettbewerb mit Arbeitsplätzen in anderen Betrieben. Außerdem gibt es attraktive Stellenangebote, mit der Möglichkeit der Umschulung, auch für ganz andere Branchen.

Für jeden Chef heißt es, Unzufriedenheit der Mitarbeiter nicht als schlechte Laune zu bezeichnen, sondern als ersten Schritt der „inneren Kündigung“ wahrzunehmen. Ein Gewitter kommt nur selten aus heiterem Himmel, sondern bahnt sich an und ist erkennbar für alle, die gut beob­achten. Mitarbeiter senden „Warnzeichen“, die nicht übersehen werden dürfen. Je geringer die Firmenbindung ist, desto leichter ist der Mitarbeiter wechselbereit.

Mit dem Weggang eines erfolgreichen Mitarbeiters geht auch Know-how verloren. Die Suche nach dem Nachfolger kostet Zeit und Geld, hinzu kommt das Risiko, einen nicht gleichwertigen Mitarbeiter zu den betrieblichen Konditionen zu finden.

Mit einer Gehaltserhöhung kann man die Kündigung nur vorübergehend vermeiden. Mitarbeiter kündigen nicht so schnell, nur weil es bei einer anderen Firma etwas mehr Geld gibt. Genauso wichtig (oder sogar wichtiger?) ist der Führungsstil, um den Mitarbeiter zu binden. Zu den Top Fünf der Bindungsfaktoren zählen Betriebsklima, Anerkennung, geregelte Arbeitszeit, Entlohnung und die technische Ausrüstung. Alle Faktoren, die man mit dem Begriff „Arbeitszufriedenheit“ bezeichnet, müssen voll und ganz stimmen. Auch Betriebe mit einem schlechteren Standort haben eine gute Chance, Mitarbeiter zu binden und neue zu finden, wenn aus Sicht des Einzelnen alle anderen Kriterien „im grünen Bereich“ liegen. Der kooperative Führungsstil kostet nichts und vermindert die Probleme des Fachkräftemangels.

Bei Personalfluktuation entsteht die persönliche Enttäuschung des Chefs, besonders wenn einer der besten Mitarbeiter kündigt. Bis zur Neueinstellung müssen die Kollegen die Arbeit des Ausgeschiedenen mit übernehmen. Die Mehrbelastung kann zu Stress und Fehlern führen, die den Betreib belasten. Bei Unzufriedenheit ist rechtzeitiges Erkennen und Handeln notwendig. Je früher der Betrieb auf Unzufriedenheit reagiert, desto besser. Denn wenn sich jemand zur Kündigung entschlossen und eine neue Stelle in Aussicht hat, wird er seinen Entschluss meist nicht mehr rückgängig machen.

Aber auch Mobbing durch Kollegen kann eine Kündigung auslösen. Hat der Chef ein Auge auf die Zusammenarbeit und die Stimmung in seinem Team, erkennt er die Situation und kann einschreiten.

Das „Allgemeine Gleich­behandlungsgesetz“ (AGG)

Sowohl die interne als auch die externe Stellenausschreibung darf bestimmte Personen nicht benachteiligen und muss geschlechtsneutral formuliert sein. Mit der Bezeichnung m/w hinter der Position in der Ausschreibung werden Frauen und Männer gleichberechtigt angesprochen. Auch das „Alter“ zählt zu den geschützten Merkmalen. Sachlich unbegründete Benachteiligungen von Bewerbern wegen ihres Alters sind durch das AGG verboten (§ 7 Abs. 1 AGG). Sowohl Ältere als auch Jüngere sollen geschützt werden. Das Alter darf kein ausschlaggebendes Kriterium sein, wenn es um die Auswahl unter mehreren, gleich geeigneten Bewerbern geht. Problematisch sind daher die Texte wie „erfahren und zuverlässig“, was auf die Bevorzugung älterer Bewerber schließen lässt, oder: „dynamisch und lernbereit“, womit jüngere Bewerber bevorzugt werden.

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