Klempnerei als Geschäftsfeld

Da fliegt das Blech weg

Marinus & Pettersen

Peter Pettersen und Martin Marinus sind zwei SHK-Fachleute mit unterschiedlichen Ansichten, was man im eigenen Betrieb tun und lassen sollte. Beide unternehmen gerne fachliche Streitgespräche zu allen möglichen Themen. In dieser Ausgabe diskutieren sie über das Geschäftsfeld der Klempnerei.
 

Marinus: Guten Morgen, Pettersen.

Pettersen: Hallo Marinus, was willst Du denn hier?

MARINUS: Ich wollte nur wissen, was mit dir los ist?

PETTERSEN: Was soll mit mir los sein?

MARINUS: Na, dein Sohn erzählte mir gestern, du änderst den Firmennamen?

PETTERSEN: Ja.

MARINUS: Und?

PETTERSEN: Was und?
MARINUS: Na, wie soll Deine Weltfirma denn nun neuerdings heißen?

PETTERSEN: Ach so, ich will doch nicht viel ändern. Nur den Untertitel Klempnerei streichen.

MARINUS: Warum denn das? Klempnerst du nicht mehr?

PETTERSEN: Doch, manchmal jedenfalls. Da baue ich noch Fallrohre und Rinnen an.

MARINUS: Und warum streichst Du denn nun den Klempner?

PETTERSEN: Na, weil das nicht mehr modern ist. Wer interessiert sich denn noch für Klempnerei?

MARINUS: Das sehe ich aber ganz anders.

PETTERSEN: So, wie denn?

MARINUS: Du weißt doch, dass ich den Auftrag für das neue Einkaufszentrum bekommen habe, Heizung und Lüftung und Regelungstechnik.

PETTERSEN: Ja, du Angeber, ich weiß, dass du wieder mal Glück ge­habt hast.

MARINUS: Nicht Glück, Verstand!

PETTERSEN: Jaja, nun erzähl schon.

MARINUS: Also, was ich sagen wollte, bei diesem Einkaufszentrum werden das komplette Dach und ein Teil der Fassade in Baumetall gefertigt, von einem Klempner.

PETTERSEN: Ach so? Das wusste ich gar nicht.

MARINUS: Die Investoren hatten sogar einen Gestaltungswettbewerb ausgeschrieben, um die beste Lösung zu finden. Und ich habe ein paar Entwürfe gesehen.

PETTERSEN: Ist ja irre. Und das alles wegen etwas Blech.

MARINUS: Was meinst Du denn mit „wegen etwas Blech“? Du bist doch auch Klempner, sogar Meister, wenn ich mich erinnere.

PETTERSEN: Ja, ich bin Klempnermeister. Und ich habe auch viele Sachen gebaut.

MARINUS: Was denn?

PETTERSEN: Na, Dachrinnen, Wandanschlüsse, Schornsteineinfassungen und ein paar Gaupen aus Kupferblech. Aber das ist alles nicht so der Rede wert.

MARINUS: Also, ich finde das interessant. Und wenn ich sehe, was man alles mit Metallen machen kann …

PETTERSEN: Was denn noch?

MARINUS: Alleine schon die Auswahl an verschiedenen Metallen, mit denen heute Dächer gedeckt und Fassaden bekleidet werden können, wie Architekten ganze Innenwände und Innendecken mit Metallen gestalten … oh lala.

PETTERSEN: Na, Du übertreibst jetzt aber. Kein Mensch baut eine Innenwand aus Metall.

MARINUS: So was habe ich vor Kurzem in einem Hotel gesehen, eine Wand komplett mit patiniertem Kupfer verkleidet. Mann, sah das toll aus, und das ganze über drei Etagen und jeder konnte das Metall anfassen und mit der Hand über die Oberfläche streichen ...

PETTERSEN: Marinus? Was ist denn mit dir los? Du bekommst ja ganz glasige Augen.

MARINUS: … die leichten Unregelmäßigkeiten der Falze bewundern …

PETTERSEN:Marinus, MARINUS!

MARINUS: Ja, was ist denn?

PETTERSEN: Hast Du den Verstand verloren? Du schwärmst hier für ein Stück Blech, tot, kalt und mehr nicht.

MARINUS: Oh nein nein, entscheidend ist doch, was Du aus diesem Stück Blech machst, wie viel an Identität von Dir in der Arbeit steckt.

PETTERSEN: Na, wie Du meinst, ich denke jedenfalls, dass das Metalldach am Ende ist.

MARINUS: Wie kommst Du denn darauf?
PETTERSEN: Wenn ich sehe, wie viel Arbeit und Aufwand in so einer Blecharbeit stecken, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass sich das lohnt.

MARINUS: Aber so ein Dach kann doch für die Ewigkeit gebaut werden. Weißt Du denn nicht, dass die Lebensdauer eines Metalldaches mit Zinkblech bei 40 Jahren und mit Kupfer bei 80 Jahren liegt.
PETTERSEN: Wo hast Du denn das gelesen?

MARINUS: In einem Fachbuch über Lebensdauer von Baustoffen und Bauteilen.

PETTERSEN: Und wo liegt da im Vergleich ein Steindach?

MARINUS: Wenn ich richtig gelesen habe, dann hast Du bei Dachsteinen eine Lebensdauer von 40-60 Jahren.

PETTERSEN: Na, das ist doch mal ein richtig gutes Argument für ein Metalldach.

MARINUS: Na klar. Und wenn ich dann noch an die vielen Gestaltungsmöglichkeiten denke.

PETTERSEN: Was meinst Du damit?

MARINUS: Na, ich denke nur an die verschiedensten Dachformen, die zu bekleiden sind, an die unterschiedlichen Varianten der Deckungsarten und an diverse Metalle und eine Unmenge an Oberflächenfarben.

PETTERSEN: Das stimmt, mit Metall kann man eigentlich viel anfangen.

MARINUS: Sag ich doch und dann erst die Anwendung in der Fassade und die Gestaltung am Bauwerk.

PETTERSEN: Du hast recht, wie bei meiner Meisterausbildung. Wenn ich da an die tollen Treibarbeiten und die kunstvollen Schwanenhälse denke.

MARINUS: Was hast Du denn mit Schwänen zu tun?

PETTERSEN: Hast Du noch nie etwas von einem Schwanenhals gehört?

MARINUS: Nein, kannst Du mich bitte mal aufklären?

PETTERSEN: Mann, der große Marinus weiß etwas nicht. Da mach ich doch gleich ein Kreuz in den Kalender.

MARINUS: Hör auf damit und sag schon endlich, was es mit dem Schwanenhals auf sich hat.

PETTERSEN: Ist ja schon gut. Also, ein Schwanenhals ist ein mehrteiliger Gliederbogen aus geschwungenen Rohrteilstücken. Er verbindet den Rinnenstutzen bei einem auskragenden Dach mit dem zurückgesetzten Fallrohr.

MARINUS: Ach so, dann sind das diese sehr kunstvoll aussehenden Bögen, die man an manchen Häusern noch sehen kann.
PETTERSEN: Genau, das habe ich alles vor vielen Jahren gelernt und auch einige Zeit gebaut.

MARINUS: Und warum willst Du das alles aus Deinem Firmennamen streichen?

PETTERSEN: Weil das nicht mehr in die heutige Zeit passt, das will doch keiner mehr. Alle Kunden verlangen doch heute etwas Modernes.

MARINUS: Bist Du dir da so sicher? Denk doch nur mal, wie toll das aussieht, wenn ein Solarmodul passgenau in eine Stehfalzdeckung eingearbeitet wird, wenn gewünscht sogar in der farblich angepassten Glasfarbe. Oder Du hast eine Fassade mit einer eingearbeiteten Halterung für Vakuumröhren-Kollektoren. Das sieht richtig toll aus.

PETTERSEN: Ja, etwas ungewöhnlich, aber warum denn nicht?

MARINUS: Oder denk doch mal an die farblichen Möglichkeiten. Früher gab es nur Zink und Kupfer und heute hast Du alle möglichen Farben und bei Kupfer und Zink die tollen Vorbewitterungen. Mit diesen Möglichkeiten kannst Du doch jeden Gestaltungswunsch erfüllen.

PETTERSEN: Also keine Probleme?

MARINUS: Na, ganz so ohne ist Metalldeckung ja nicht. Wie Du selber gut beurteilen kannst, ist eine fachlich saubere Klempnerarbeit für ein gut funktionierendes Dach oder eine Fassade lebensnotwendig. Denn neben den kniffligen Details für An- und Einbindungen sind auch die bauphysikalischen Dinge zu berücksichtigen?

PETTERSEN: Was meinst Du damit?

MARINUS: Na, die Frage, wo und in welchem Umfang sich Kondenswasser bildet und ob dieses wieder verdunsten kann.

PETTERSEN: Na ja …

MARINUS: Denn bei den Dach- oder Fassadenbekleidungen kommt es schon darauf an, die Wärmedurchgänge zu berechnen und die Qualität und Position der Dampfsperre zu bestimmen. Schließlich soll die Metallbekleidung viele Jahre halten.

PETTERSEN: Geht das mit dem Berechnen schon wieder los. Kann man nicht mal einfach nur seine Arbeit machen?

MARINUS: Das ist doch Deine Arbeit. Du bist der Chef und musst deinen Leuten alles vorkauen.

PETTERSEN: Nee, nee, kauen muss ich nicht. Aber mir fällt auch noch was ein.

MARINUS: Was denn? Essen?
PETTERSEN: Quatsch. Die Windsicherheit bei Dächern und Fassaden muss auch berücksichtigt werden. Das habe ich noch behalten.

MARINUS: Siehst Du, mit einer Metalldeckung bekommt der Kunde also etwas Wunderbares, er braucht aber auch gute Handwerker. So wie Du …

PETTERSEN: Du meinst also, ich sollte doch den Klempner im Firmennamen nicht einfach streichen?

MARINUS: Auf keinen Fall. Bei den Möglichkeiten würde ich an Deiner Stelle zusehen, in diesem Bereich wieder Fuß zu fassen. Bestimmt kannst Du das mit Deinen Solaranlagen gut verbinden und den Kunden schmackhaft machen.

PETTERSEN: Hört sich gut an. Aber …

MARINUS: Aber?

PETTERSEN: Na, wie fange ich jetzt am besten an …?

MARINUS: Wie wäre es, wenn Du zur Übung an deinem Firmengebäude die Fassade statt mit Klinker lieber mit Metall verkleidest?

PETTERSEN: Mhh, muss ich mal überlegen. Und wie ist das mit den bauphysikalischen Sachen?

MARINUS: Da helfe ich dir. Im Gegenzug lässt Du mich mal ein paar Sachen anschauen und ausprobieren.

PETTERSEN: Das können wir so machen, auch wenn das Knoffhoff-Klau ist. Aber ich werde Dich nicht an die Befestigungen lassen.

MARINUS: Warum das denn nicht?

PETTERSEN: Na, das Blech soll doch länger dran bleiben.

MARINUS: Du meinst, da fliegt dir sonst das Blech weg?

PETTERSEN: Genau.

MARINUS: Na, dann lieber bei Dir ein Rad ab, als dass das Blech wegfliegt.

PETTERSEN: Du fliegst gleich raus, wenn Du noch weiter frech bist.

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