Brennstoffzellen: Wohin geht die Reise?
Schnelles Wachstum dank Förderung?
Im Wärmemarkt ist die Brennstoffzellentechnologie kaum wahrnehmbar. In den vergangenen sieben Jahren wurden zwar einige zehntausend Geräte dank Förderprogrammen installiert. Doch sobald die ausliefen, war wieder Schicht im Schacht. Mit der neuen Förderpolitik und der Nationalen Wasserstoffstrategie könnte die teure, aber sehr effiziente Technologie nun ein Comeback erleben.
Die Brancheninitiative Zukunft Gas sieht derzeit gar ein exponentielles Wachstum – was man sonst nur aus der Corona-Diskussion kennt. Seit 2016, dem Start des Programms 433 „Zuschuss Brennstoffzelle“ wachsen die Zulassungen um jeweils 50 % jährlich – wenn auch ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Die KfW jedenfalls verbucht schon für dieses Jahr 2.764 geförderte Geräte. 2020 waren es über 5.263. Die Branche will bis 2030 gut eine halbe Million solcher Heizungen installiert haben.
Bekenntnis zur Brennstoffzelle
Zudem hat das Bundesfinanzgericht im Juni 2021 Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bis
2 kWel von der Einkommenssteuerpflicht befreit, also genau jene Größe, die für die Versorgung von Einfamilienhäusern in Frage kommt. Die Erträge für die eingespeisten Strommengen müssen demnach nicht mehr einkommenssteuerlich angegeben werden. Dennoch: Einfach ist das Geschäft nicht. Von den großen deutschen Herstellern steht nur noch Viessmann zur Brennstoffzelle. Vaillant zog sich vor ein paar Jahren zurück. Deswegen wird der Markt auch vor allem von japanischen Firmen beherrscht.
„Für Viessmann stehen Energiesysteme im Vordergrund, die für hohen Wohnkomfort sorgen und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Unsere hocheffizienten ‚Vitovalor‘-Brennstoffzellen-Heizgeräte sind eine solche Technologie“, begründet Wolfgang Rogatty von Viessmann den Einsatz der Firma in diesem Bereich. Stromerzeugende Heizungen seien ein wichtiger Teil der Energiewende, weil sie die CO2-Emissionen im Vergleich zu einer üblichen Lösung mit Strombezug aus dem Netz und einem konventionellen Heizkessel halbierten. Außerdem verringerten sich die Energiekosten eines Haushalts um bis zu 40 %.
Darüber hinaus werde die kommende Generation Brennstoffzellen-Heizgeräte auch die Nutzung von CO2-neutral erzeugten Wasserstoff ermöglichen und damit im Gebäudebereich den Weg in das Wasserstoff-Zeitalter ebnen. Die Geräte werden sich mit bis zu 20 % Wasserstoff betreiben lassen, der dem Erdgas beigemischt wurde.
Noch aber werden alle Brennstoffzellenheizungen aufgrund der guten Infrastruktur mit Erdgas betrieben. Zwar wäre theoretisch auch grüner Wasserstoff möglich. Doch der ist nicht vorhanden und wird, wenn sich die Politik durchsetzt, auch nicht massenhaft im Wärmemarkt zum Einsatz kommen. Deswegen setzt die Branche auf blauen Wasserstoff, also solcher, der aus Erdgas oder Bio-Erdgas gewonnen wurde, dessen CO2 aber im Prozess der Dampfreformierung abgeschieden und aufgefangen wird.
Funktion einer Brennstoffzelle
Doch wie funktioniert die Technologie überhaupt? Innerhalb des Brennstoffzellen-Heizgeräts wird zuerst aus dem Erdgas (vor allem CH4) der Wasserstoff (H2) abgespalten. In der Brennstoffzelle selbst reagiert der Wasserstoff mit Sauerstoff – wie bei einer umgekehrten Elektrolyse. Dabei entstehen Strom, Wärme und Wasser. Die Typen von Brennstoffzellen mit einer praktischen Bedeutung sind in der Tabelle gelistet. Heute haben sich im Gebäudebereich die PEMFC und die SOFC durchgesetzt. Sie gibt es als Kompaktgeräte mit eingebautem Gasbrennwert-Spitzenkessel und Brauchwasserspeicher oder auch als Beistellgeräte.
Planung des Einsatzes von Brennstoffzellen
Für die Planung einer Brennstoffzelle zum Einsatz in einem Gebäude gilt die DIN SPEC 32737 „Energetische Bewertung gebäudetechnischer Anlagen – Brennstoffzellen“. Sie deckt den Bereich wärmegeführter Brennstoffzellen zwischen 0,3 und 5 kW ab. Aber auch ohne DIN-Normen kann einem Verbraucher, der mehr als 5.000 kWh Strom im Jahr verbraucht, eine Brennstoffzelle empfohlen werden. Wer seinen bisherigen Verbrauch an Gas kennt oder dies dem Planer oder SHK-Handwerker mitteilen kann, erleichtert die Planungen zum Auslegen der Anlage. Dabei müssen auch die bisherigen Stromverbräuche eingerechnet werden, denn diese könnten – etwa durch Eigenverbrauch – minimiert werden.
Da die Brennstoffzelle Strom erzeugt, der für den Eigenverbrauch, ins Netz oder in eine Kombination aus beidem eingebunden werden muss, braucht es bei der Installation der Anlage noch einen Elektriker. Der SHK-Handwerker hingegen ist für die Hydraulik, einen eventuell nötigen Erzeuger fürs Trinkwarmwasser oder den schon erwähnten Spitzenlastkessel zuständig.
Am Beispiel von Viessmanns „Vitovalor PT2“ kann man gut die Beschaffenheit, die für die Installation wichtig ist, beschreiben. Das Brennstoffzellen-Kompaktgerät besteht aus zwei Modulen: dem Grundgerät mit integrierter PEM-Brennstoffzelle, Gas-Brennwert-Spitzenlastkessel und Regelung sowie dem Speicher-Tower mit Speicher-Wassererwärmer (220 l) und der kompletten Hydraulik. Je nach erforderlicher Spitzenleistung hat das Brennstoffzellen-Heizgerät einen Gas-Brennwertkessel mit Nenn-Wärmeleistungen von 11,4 bis 30,8 kW. Damit kann das Gerät problemlos auch in Häusern mit höheren Heizlasten, zum Beispiel in Zweifamilienhäusern und Bestandsgebäuden, eingesetzt werden. Außerdem gibt es mit „Vitovalor PA2“ ein Brennstoffzellen-Modul zur Nachrüstung, beispielsweise für Anlagen, die bereits über einen modernen Gas-Brennwertkessel verfügen. Alle Komponenten sind in einem kompakten, 1,6 m hohen Gehäuse integriert, können also problemlos in jedem Keller oder Hauswirtschaftsraum installiert werden. In beiden Geräten hat die Brennstoffzelle eine elektrische Leistung von 750 W, kann bis zu 45 Stunden ohne Unterbrechung betrieben werden und erzeugt bei durchgehendem Betrieb bis zu 18 kW Strom pro Tag.
Montage der Geräte
„Installation und Montagezeiten der Brennstoffzellen-Heizgeräte sind mit einem üblichen Gas-Brennwert-Kompaktgerät vergleichbar. Nach der Aufstellung müssen zum Beispiel beim Kompaktgerät ‚Vitovalor PT2‘ lediglich noch fünf Rohrleitungen angeschlossen werden: Erdgas, Vor- und Rücklauf des Heizungssystems, Kaltwasserzulauf zum Speicher und Warmwasser“, so Rogatty. Hinzu komme noch die Abgasleitung, die sich beim Kompaktgerät die Brennstoffzelle und der integrierte Spitzenlastkessel teilten. Der elektrische Anschluss erfolge über eine dreiphasigen Netzanschlussleitung. Zusätzliche Zähler für den erzeugten Strom sowie zur Ermittlung der Gasmenge – Voraussetzung für Förderung und Energiesteuerrückerstattung – müssten nicht installiert werden, die Geräte verfügen bereits über entsprechende Einrichtungen.
So einfach wie die Installation der Geräte ist auch deren Wartung. Für die Brennstoffzelle ist eine Wartung alle fünf Jahre vollkommen ausreichend. Die dabei anfallenden Tätigkeiten beschränken sich auf den Austausch von Luft- und Wasserfilter.
Auslegung
Bliebe noch die Frage, wie groß eine Brennstoffzelle dimensioniert werden sollte. Die Auslegung richtet sich nach dem Verhältnis von (möglichst hohen) Jahresvolllaststunden und einem optimalen Wirkungsgrad, der dabei erreicht werden soll. So geplante Brennstoffzellen können nahezu den kompletten elektrischen Energiebedarf in dem betreffenden Gebäude mit abdecken. Soll die Wärme auch bei hohen Lasten komplett durch die Brennstoffzelle abgedeckt werden, wird auch mehr elektrische Energie produziert. Diese kann eingespeist und nach der Zulage für KWK-Anlagen vergütet werden. Ob die Brennstoffzelle den Durchbruch schafft, ist dennoch offen. Denn trotz Förderung bleiben die relativ hohen Anschaffungskosten von gut 25.000 €, auch wenn gut ein Drittel davon gefördert werden kann.
Schulungen
Nach Angaben des Branchenverbandes ASUE unternehmen die Hersteller alle Anstrengungen, um Handwerker für den Einbau von Brennstoffzellen zu unterweisen. Das Konzept der Anlage reduziert die Anzahl der Schnittstellen zum Einbau, sie ist also einfach zu installieren. Leider führen derzeit die vollen Auftragsbücher der Handwerker dazu, dass neue Techniken nicht noch mehr von den Handwerksunternehmen empfohlen werden. „Die Marktpartner aus dem Fachhandwerk sind allgemein sehr gut auf den Einsatz dieser Geräte vorbereitet“, so Rogatty. Dazu stelle Viessmann kostenlos Planungs- und Serviceanleitungen sowie Datenblätter zur Verfügung. Marktpartner hätten darüber hinaus die Möglichkeit, praxisorientierte Weiterbildungsseminare zu besuchen – auch in Form von Online-Veranstaltungen.
Tipp: Schulungen dazu bieten alle Hersteller von Brennstoffzellen an, in Deutschland etwa Viessmann. Die NOW GmbH, die vom Bund mit der Betreuung der Wasserstoffstrategie betraut ist, bietet ein Schulungstool unter www.now-gmbh.de.
Förderung
Gefördert wird mit Hilfe des Programmes 433 „Zuschuss Brennstoffzelle“ der KfW. Bis einschließlich Juni 2020 wurden mehr als 13.000 Förderanträge angenommen – ein Anzeichen für ein wachsendes Interesse. Des Weiteren kann die neue steuerliche Absetzbarkeit nach § 35c des EstG geprüft werden. Die Förderungen sind kombinierbar mit einer Gebäude-Sanierungsförderung nach der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Regional warten zudem einige Versorgungsunternehmen mit Rabatten auf. Bei üblichen Ein- und Zweifamilienhäusern kann man davon ausgehen, dass die erforderliche Investition vergleichbar ist mit einer Wärmepumpenanlage.
Anhand dieses Förderprogrammes hat das Energieberatungsunternehmen Renewa ein Berechnungsbeispiel für eine Brennstoffzelle mit 0,75 kW elektrischer Leistung, einer typischen Leistungsklasse für ein Einfamilienhaus, aufgestellt. Die Gesamtkosten inklusive Installation liegen bei 34.000 €. Davon übernimmt die KfW mit dem genannten Förderprogramm 11.200 €. Für den erzeugten und eingespeisten Strom ergibt sich für elf Jahre ein weiterer Zuschuss von 1.750 €. Zurückerstattet wird auch die Brennstoffsteuer mit rund 60 € pro Jahr. Rechnet man das alles zusammen, kommt man auf 14.450 €, die Brennstoffzelle kostet also im Endeffekt und über die Jahre 19.550 €. Durch den Eigenverbrauch an Strom würden sich die Mehrkosten gegenüber einer Gas-Brennwerttherme innerhalb von 15 Jahren amortisieren. Mehr Informationen finden Interessierte unter www.renewa.de.
Lösungen von Viessmann
In diese Kategorie fällt auch das Brennstoffzellen-Kompaktgerät „Vitovalor PT2“ von Viessmann. „Um es sowohl in Neu- als auch in Bestandsbauten einsetzen zu können, kann die Leistung des integrierten Gas-Brennwert-Spitzenlastkessels individuell gewählt werden. Die Spanne reicht von 0,9 bis 30,8 kW. Grundsätzlich eignet sich das Kompaktgerät für den Einsatz in Gebäuden mit einem Wärmebedarf von bis zu 32.000 kWh pro Jahr und einem jährlichen Strombedarf von bis zu 6.000 kWh“, so Rogatty.
Für Modernisierungen wurde etwa die Beistelllösung „Vitovalor PA2“ entwickelt. Sie eignet sich sowohl für Ein- und Zweifamilienhäuser als auch für Mehrfamilienhäuser und Gewerbebetriebe mit einem jährlichen Strombedarf von ebenfalls bis zu 6.000 kWh. Eine Mindesteigenabnahme bei Strom gibt es nicht. Selbst erzeugter Strom, der aktuell im Haus nicht benötigt wird, kann wahlweise in einem zusätzlichen Stromspeicher für die spätere Nutzung bevorratet werden, oder er wird automatisch gegen eine Vergütung in das öffentliche Netz eingespeist. Eine weitere Möglichkeit ist die „ViShare Energy Community“. Hier kann der überschüssige Strom anderen Community Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Benötigt man dagegen mehr Strom als die „Vitovalor“-Brennstoffzelle erzeugt, bezieht man die Energie wieder aus der „ViShare“-Gemeinschaft. Im Ergebnis erlangt der Brennstoffzellen-Betreiber noch größere Unabhängigkeit vom Strombezug aus dem öffentlichen Netz. Dafür fallen geringe monatliche Kosten in Form einer Flatrate an.
„Auch für die erzeugte Wärme gibt es keine Vorgabe für eine Mindestabnahme. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass, wie bei allen KWK-Systemen, auch der Betrieb der ‚Vitovalor‘ Brennstoffzellen-Heizgeräte vor allem dann effizient und wirtschaftlich ist, wenn die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme sinnvoll genutzt wird“, so Rogatty.
Anwendung auch in Mehrfamilienhäusern
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt (NHW) und Viessmann testen in einem auf zwei Jahre angelegten Feldversuch Brennstoffzellen im Bereich der Wohnungswirtschaft in Kassel. Zwei typische Wohngebäude mit je zwölf Mietparteien wurden jeweils mit einem Prototyp einer speziellen Brennstoffzelle ausgestattet. Sie laufen praktisch rund um die Uhr im Volllastbetrieb. In zehn Wochen produzierte jede der beiden Anlagen etwa 3.000 kWh Wärme und 2.000 kWh Strom.