Die Brennstoffzelle in der TGA
Ein Energiewandler mit Zukunftspotential
Seit Jahrzehnten wird die Brennstoffzelle als wichtiger Energiewandler der Zukunft angekündigt. Bislang kamen Brennstoffzellen allenfalls in Nischenbereichen und in Förderprojekten zum Einsatz. Dies könnte sich ab 2017 vor allem in Form von Brennstoffzellenheizgeräten deutlich ändern.
Immer wieder gab es in den letzten Jahren vollmundige Ankündigungen, dass die Brennstoffzelle zur Nutzung in Gebäuden in Kürze marktreif sei. Genauso oft wurde von verschiedenen Seiten vertröstet, dass man noch nicht ganz so weit wäre. Die Gründe dafür lagen vorwiegend im technischen Bereich. Die Standfestigkeit der Brennstoffzellengeräte war für die Anwendung im Heizungsberich noch nicht ausreichend. Dass sich in diesem Sektor dennoch eine Menge tut, ist jedes Jahr auf der Hannover Messe zu beobachten. Nachdem erste serienreife Geräte 2012 von Ceramic Fuel Cells (heute: Solidpower) bzw. 2014 von Viessmann auf den Markt kamen, zeigte die Hannover Messe im April 2016, dass die Brennstoffzellenindustrie endgültig bereit für eine Serienfertigung in großem Maßstab ist. Es ist also Zeit, sich intensiver mit der Technologie zu beschäftigen.
Grundlagen und Motivation
Eine sichere, bezahlbare und umweltfreundliche Energieversorgung ist und bleibt ein wichtiger Standortvorteil für Deutschland. Die dezentrale Strom- und Wärmeerzeugung gewinnt im Zusammenspiel aus angebotsabhängigen erneuerbaren Energien im Süden (vorwiegend Photovoltaik) und an der Küste (vorwiegend Windkraft) und konventionellen Kraftwerken in den urbanen Zentren, an denen sich der Verbrauch konzentriert, enorm an Bedeutung. Brennstoffzellen sind sehr effiziente Energiewandler und erlauben eine weitere Reduzierung des Primärenergieeinsatzes und der CO2-Emissionen. Brennstoffzellen setzen dabei auf Gas als Energieträger.
Der Energieträger Gas wird aufgrund seines großen Leitungsnetzes auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Dabei kann das Gas in den Netzen in zunehmendem Maße ein gasförmiger Brennstoff sein, der über den Umweg Strom aus regenerativen Quellen durch Elektrolyse und ggfs. Methanisierung (chemisch-katalytisch oder biologisch) erzeugt wird. Dieser wird je nach regenerativer Quelle als Windgas, Solargas oder, allgemeiner, als EE-Gas bzw. SNG (synthetic natural gas) bzw. je nach chemischer Zusammensetzung als EE-Wasserstoff (H2) oder EE-Methan (CH4) bezeichnet. Gas bietet dementsprechend mehrere Möglichkeiten der Bereitstellung.
Der besondere Vorteil von EE-Gas liegt darin, dass eine zeitliche Entkopplung zwischen Erzeugungs- und Verbrauchszeitraum erfolgen kann, da ein gut ausgebautes Gasnetz und die Gasspeicher zur Verfügung stehen. In Deutschland wird von einer Speicherkapazität von rund 200 bis 220 TWh ausgegangen [1].
Zur Erzeugung des Gases kann überschüssiger Strom aus regenerativen Quellen genutzt werden, der zu bestimmten Zeiten, insbesondere aus Windkraftanlagen und großen PV-Freiflächenanlagen, bereits im Überfluss vorhanden ist. Es bietet sich daher an, EE-Gas herzustellen, das einfacher zu speichern ist als Strom. Auf der Seite des überschüssigen Stroms geht man von Mengen von rund 170 TWhel aus, die bei einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2050 zur Verfügung stehen könnten [2]. Damit könnten bei einer Rückverstromung des Gases mit einem Wirkungsgrad von 55 % rund 120 TWhel bereitgestellt werden. Bei einer entsprechenden Infrastruktur an Gaskraftwerken (bzw. BHKW) reicht dies, um Deutschland für zwei bis drei Monate komplett mit Strom zu versorgen [2], wenn man von einem konstanten Heizenergieverbrauch für Deutschland von 629 TWhth ausgeht [3].
Also auch wenn in der Umwandlungskette Strom
–> Elektrolyseur –> Methanisierung Verluste entstehen, bietet das Erdgasnetz den Vorteil, als großdimensionierter Speicher dienen zu können. Man spricht kurz von Power-to-Gas.
Das Unternehmen Viessmann in Allendorf/Eder hat im Frühjahr 2016 eine Power-to-Gas-Anlage in Betrieb genommen, die den über eine Elektrolyse erzeugten Wasserstoff über ein mikrobiologisches Verfahren mithilfe von Kohlendioxid (CO2) in Methan (CH4) umwandelt, das direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Dieses System bietet den Vorteil einer großen Flexibilität, das sich besser auf den flukturierend anfallenden überschüssigen Strom einstellen kann, als bisherige chemische Verfahren. Die Anlage wurde im Rahmen des Forschungsprojekts „BioPower2Gas“ errichtet und zeigt bereits, dass die gesetzten Ziele an die Gasqualität um 20 % übertroffen werden [4]. Auf dem umgekehrten Weg der Nutzung kann Erdgas bzw. EE-Gas zunehmend nahe am Verbraucher über eine Brennstoffzelle dazu genutzt werden, Strom und Wärme zu erzeugen.
Brennstoffzellen im Gebäude
Brennstoffzellen-Heizgeräte können, bei Vorhandensein eines Erdgasanschlusses, mittelfristig die nächste Entwicklungsstufe gasbetriebener Wärmeerzeuger darstellen. Vom Gasheizkessel über den Gasbrennwertkessel wird das Gas-Brennstoffzellen-Heizgerät die bisherigen Gerätegenerationen ersetzen und als Stromlieferant dienen können.
Marktreife Entwicklung und Zukunftspotentiale
Auf dem Weg zur Marktreife gab es mit dem deutschen Förderprojekt „Callux“ fürs Eigenheim [5], das am 30. Juni 2016 beendet wurde, und dem europäischen Demonstrationsprojekt „ene.field“ [6] zwei großangelegte Feldtests, bei denen Vorseriengeräte unter Alltagsbedingungen getestet wurden. Bei „ene.field“ gingen allein rund 1.000 Brennstoffzellen-Heizgeräte von neun Herstellern in ganz Europa an den Start, um den Betrieb unter den deutlich voneinander abweichenden Praxisbedingungen zu testen. „Callux“ wurde mit rund 500 installierten Brennstoffzellen-Heizgeräten als größter deutscher Praxistest im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) durchgeführt. Im Laufe von insgesamt 5 Mio. Betriebsstunden, was rund 570 Jahren entspricht, erzielte „Callux“ Stack-Laufzeiten von über 20.000 h. Darüber hinaus haben die beteiligten Akteure auch durch weitere Arbeitspakete einen wesentlichen Beitrag für die Marktvorbereitung geleistet. Zudem konnten durch die Feldtests wesentliche Kostenreduzierungen erzielt werden.
Die in der VDMA-Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen organisierten Hersteller und Zulieferer der Brennstoffzellentechnik zeigten sich zur Hannover Messe 2016 für ein Hochlaufen der Märkte bereit. Eine Serienfertigung liegt damit in unmittelbarer Reichweite. Dass der Markt bereits eine gute Basis hat, erklärte der Vorstandsvorsitzende der VDMA Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen (AG BZ) Dr. Manfred Stefener anlässlich der Veröffentlichung des VDMA-Branchenführers Brennstoffzellenindustrie: „Der Markt für Brennstoffzellen und -komponenten wächst stetig. Der Umsatz der Brennstoffzellenindustrie in Deutschland hat allein im Bereich stationärer Strom- und Wärmeversorgung im Jahr 2015 knapp 150 Mio. € erreicht. Mit der Fortführung des Nationalen Innovationsprogramms für Wasserstoff- und Brennstoffzellen (NIP2) und dem Programm für Brennstoffzellen-Heizgeräte beweist die Bundesregierung Mut zur Technologieeinführung. Dies schafft einen Heimatmarkt für deutsche Energietechnik, weckt weiteres Innovationspotential und sichert Technologie ,Made in Germany‘ mit erheblichem Exportvolumen.“
Auch die Initiative Zukunft Erdgas sieht in der Brennstoffzelle eine zukunftsfähige Technologie und schloss im Juni 2016 eine Partnerschaft mit der Initiative Brennstoffzelle mit dem Ziel, die Brennstoffzellentechnologie weiter in den Markt voranzubringen. Dabei konzentrieren sich die Aktivitäten vorrangig auf die politische und kommunikative Zusammenarbeit. An die langjährige Testphase sollte sich nun eine zügige Markteinführung anschließen.
Normative Grundlagen und Fördermittel
Für die energetische Bewertung von Brennstoffzellen zur Verwendung in Wohngebäuden bzw. Gebäuden mit wohnähnlicher Nutzung steht mit der DIN SPEC 32737 „Energetische Bewertung gebäudetechnischer Anlagen – Brennstoffzellen“ ein Verfahren für Brennstoffzellen mit einer thermischen Leistung zwischen 0,3 und 5 kW und wärmegeführtem Betrieb zur Verfügung. Das Bewertungsverfahren berücksichtigt die in der EnEV vorgegebenen Randbedingungen und knüpft an die in DIN V 18599-9 vorhandene Systematik zur energetischen Bewertung von KWK-Systemen an. Damit sind Brennstoffzellen normativ bewertbar und können auch gut in Förderinstrumente eingebettet werden.
Die Hersteller informieren über die gegenwärtige Förderung, die teilweise im Rahmen von „ene.field“ oder PACE, wo 34 Mio. € zur Verfügung stehen, möglich ist. Auch bietet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Zuschüsse an. Eine Liste der Bezugsquellen und Ansprechpartner gibt es bei der Initiative Brennstoffzelle (per E-Mail an zu beziehen).
Brennstoffzellensysteme für Haus und Heim
Voraussetzung für die Installation einer Brennstoffzelle ist ein vorhandener Erdgasanschluss. Die Anlagen gibt es als Vollheizsysteme und als Beistellgeräte. Diese lassen sich mit dem vorhandenen Wärmeerzeuger kombinieren. Beide Anlagentypen sind sowohl für den Gebäudebestand als auch den Neubau geeignet.
Fand die Markteinführung der Geräte, wie erwähnt, bereits statt, sollen 2017 dann insgesamt neun Brennstoffzellengeräte der Hersteller Buderus, Elcore, Hexis, Junkers, Senertec, Solidpower (zwei Geräte), Vaillant und Viessmann zur Verfügung stehen. Die Leistung der Geräte liegt zwischen 0,3 und 2,5 kWel und 0,61 bis 2 kWth. Nähere Informationen hat die Initiative Brennstoffzelle in einem vierseitigen Faltblatt zusammengestellt [7]. Es werden Wirkungsgrade von rund 60 % elektrisch und zusätzlich 30 % thermisch angegeben, so dass die Geräte Systemwirkungsgrade von 85 bis 90 % erreichen können. Dabei werden Brennstoffzellengeräte im Gebäude ihre Vorteile insbesondere als Kombinationsgeräte mit Brennstoffzellenmodul und Spitzenlastkessel ausspielen können, da die thermische Leistung zur Wärmeversorgung im Vordergrund steht.
Fazit
Auch wenn es deutlich länger dauerte als ursprünglich angedacht, zeigt die Brennstoffzellentechnologie große Potentiale. Eine Technologie, die auf den Energieträger Gas, das mittels Power-to-Gas aus überschüssigem Strom erzeugt wurde, setzt, ist ein wichtiger Baustein der Energiewende. Brennstoffzellen zeichnen sich durch einen hohen Wirkungsgrad aus, so dass bei der Energieumwandlung Verluste geringer ausfallen, als bei bisher zur Verfügung stehenden Technologien der Wärmebereitstellung. Zudem kann durch das vorhandene Gasnetz der Netzausbau im Bereich der Stromnetze perspektivisch geringer ausfallen. Durch den Einsatz der Brennstoffzellentechnologie können wichtige Schritte in Richtung Sektorkopplung, der Verknüpfung von Strom- und Wärmeversorgung, erfolgen.