Mitarbeiterbindung: Fluktuation verringern
Warnzeichen wahrnehmen, Bindungsfaktoren schaffen
Der Arbeitgeber ist meist überrascht, wenn ein Mitarbeiter eine Eigenkündigung vornimmt. Für die Arbeitskollegen kommt es zu Mehrarbeit und höherem Arbeitstempo, wenn die freie Stelle nicht gleich besetzt werden kann. Weil sich Personal nicht schnell rekrutieren lässt, kommt es darauf an, bestehende Arbeitsverhältnisse zu halten. „Wir müssen unser Personal binden, wenn wir keine Mitarbeiter finden“, hört man immer wieder.
Unter dem Begriff „Retention“ (to retain: festhalten, bewahren) versteht man Bindungsfaktoren, mit denen das Unternehmen die Fluktuation der Mitarbeiter verringert, und das Personal zum Verbleib in der Firma motiviert. Wer kündigt, hat sich vorher gründlich überlegt, ob er seinen Arbeitsplatz wirklich aufgeben will. Von der ersten Überlegung bis zur Kündigung ist es ein langer Weg, fast nie ein spontaner Einfall. Zunächst kommt es darauf an, dass der Arbeitgeber, kritische Äußerungen eines Mitarbeiters als „Warnzeichen“ wahrnimmt und nicht überhört. Auch ein Gewitter kommt selten aus heiterem Himmel, sondern bahnt sich an und ist erkennbar. Beim Ausscheiden eines Mitarbeiters kann bis zur Neueinstellung ein kritischer Personalengpass entstehen. Bis ein Nachfolger gefunden ist, müssen die Kollegen die Arbeit des Ausgeschiedenen mit übernehmen. Die Mehrbelastung erhöht die Fehlerquote, was die Kundenzufriedenheit beeinträchtigt. Die Suche nach dem geeigneten Nachfolger kostet Zeit und Geld, hinzu kommt das Risiko, eine nicht gleichwertige Person zu den betrieblichen Konditionen zu finden. Menschliche Beziehungen und die eingespielte Arbeitsgruppe können durch Ausscheiden eines Kollegen gestört werden. Gelegentlich vermissen Stammkunden den ausgeschiedenen Mitarbeiter sogar und bewerten den entstandenen Personalengpass negativ.
Top-Bindungsfaktoren
Bindungsfaktoren verringern die Fluktuation der Mitarbeiter. Werden die Faktoren verstärkt, sinken die Kündigungsgründe im gleichen Umfang. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter ist das Mindestziel, das Maxi-Ziel wäre die Begeisterung einzelner Mitarbeiter, die damit auch ihre Kollegen beeinflussen. Dazu gehören vor allem Lob und Anerkennung bei besonderen Leistungen, auch wenn Kritiker meinen, der Betrieb sei kein Streichelzoo. Arbeitgeber haben die Situation erkannt und binden ihr Team durch intensive Beziehungspflege. Personal lässt sich auch emotional an den Betrieb binden. Auf die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter legen viele wert, es sollte keine „Lieblingsmitarbeiter“ geben. Gelegentlich kann auch Mobbing durch Kollegen eine Kündigung auslösen. Hat der Arbeitgeber ein Auge auf die Zusammenarbeit und die Stimmung in seinem Team, erkennt er kritische Situationen und kann bei Mobbing einschreiten.
In Zeiten von Fachkräftemangel ist die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen wichtiger denn je.
Quelle: ClipDealer
Kleine und mittelständische Unternehmen haben keinesfalls schlechte Karten, wenn es um die Attraktivität des Arbeitsplatzes geht. Arbeitsatmosphäre, Gestaltungsfreiheit und zeitgemäße Führung tragen zur Bindung der Mitarbeiter bei. Die Einflussnahme des Einzelnen auf den Betriebsalltag wird von Mitarbeitern sehr geschätzt. Aspekte wie „Work Life Balance“, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zählen zu den Top-Bindungsfaktoren.
Mitarbeiter sind immer so gut wie sie geführt werden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen neu eingestellte Mitarbeiter und Azubis, für die eine schnelle Integration in den Betrieb wichtig ist. Kunden werden wie Könige behandelt, genießen oberste Priorität. Die Einstellung „Mein Mitarbeiter-Team ist mir genauso wichtig wie meine Kunden“ muss für das Personal erkennbar sein.
Time to say goodbye?
Zufriedenheit mit dem Gehalt (Good Pay) ist für die meisten sehr wichtig. Wenn die Unzufriedenheit mit dem Gehalt zum Stellenwechsel führt, muss die Differenz spürbar sein. Das Gehalt ist nicht der einzige Grund, das den Mitarbeiter zum Stellenwechsel antreibt. Für ihn ist es wichtig, dass alles, was man mit dem Begriff „Arbeitszufriedenheit“ bezeichnet, weitgehend stimmt: Führung des Personals, Wertschätzung, Stimmung im Team, die neueste Technik, Flexibilität der Arbeitszeiten, bezahlte Überstunden, Entgegenkommen bei persönlichen Wünschen. Erstklassiges Betriebsklima und ein eingespieltes Team können Gehaltswünsche teilweise kompensieren. Vor der offiziellen Eigenkündigung steht die „innere Kündigung“ des Mitarbeiters, die erkennbar ist, wenn er plötzlich viel kritisiert und sich dem Team gegenüber verschließt. Von seiner ersten Überlegung bis zur Kündigung ist es ein langer Weg. Die Kündigung eines Kollegen wirkt gruppendynamisch und strahlt meist negativ auf das gesamte Team aus. Daher kann es auch zur „Kettenreaktion“ kommen. Wenn jemand kündigt, könnte auch ein Kollege seine Kündigung einreichen: Fluktuation fördert Fluktuation.
Ist die Kündigung ausgesprochen, gibt es meist keinen Weg mehr zurück, denn man kündigt erst, wenn man schon woanders unterschrieben hat. Wenn der Arbeitgeber sein Team beobachtet, müsste es auffallen, wenn sich jemand mit der „Inneren Kündigung“ befasst. Bei Eigenkündigung eines Mitarbeiters betreibt die Führung des Betriebs Selbstreflexion: Was ist die Ursache der Kündigung? Was kann man präventiv tun? Andererseits lässt man sich durch Forderungen eines Mitarbeiters nicht erpressen. Jemanden mit „Gewalt und Überredung“ festhalten, funktioniert nur kurzfristig. Wer Zugeständnisse macht, um ihn zu halten, verliert an Autorität, und wird „ausgenutzt“. Mitarbeiter lassen sich halten durch erstklassige Personalführung, durch die Bestätigung, dass jeder durch seine Arbeit zum Betriebserfolg beiträgt. Erfreulich, dass dies in vielen Betrieben erfolgreich realisiert wird.
Prävention von Off Boarding
Bei neuen Mitarbeitern und Azubis ist die Fluktuation in oder gleich nach der Probezeit unverhältnismäßig hoch. Liegt es daran, dass im Einstellungsgespräch zu viel versprochen wird? Oder daran, dass der Bewerber zu hohe Erwartungen hat?
Wer sich dauerhaft unwohl fühlt, reduziert sein Engagement und sucht sich eine neue Stelle. Sorgfältiges „On Boarding“ vermeidet jedenfalls schnelles „Off Boarding“. Man unterscheidet zwei Arten der Prävention. Die primäre Prävention zielt darauf ab, den Gedanken zur Kündigung erst gar nicht entstehen zu lassen. Mit der sekundären Prävention will man die ausgesprochen Kündigung rückgängig machen, man will den Mitarbeiter halten.
Für die Mitarbeiterbindung gibt es einige Möglichkeiten: der gemeinsamen Besuch eines Open-Air-Konzerts, das Grillfest im Sommer oder die Weihnachtsfeier, und besonders die Gratulation zum Geburtstag eines Mitarbeiters. Starke Bindung des Einzelnen an den Arbeitsplatz wirkt gruppendynamisch und strahlt auf das gesamte Team aus.
Und wenn es trotzdem zur Eigenkündigung kommt? Bei der Verabschiedung am letzten Arbeitstag sollte man sich die Hand reichen, und sich mit gutem Gefühl trennen. Eine gute Trennung hat intern wie extern einen positiven Effekt auf die verbleibenden Kollegen und verhindert die Gefahr, dass die ausscheidende Person negativ über ihren früheren Arbeitgeber spricht. Nach der Kündigung muss bewusst darauf geachtet werden, dass das Selbstwertgefühl des Ausscheidenden bis zum letzten Arbeitstag erhalten bleibt. Sonst fragen sich die Kollegen, ob ihnen das auch passieren kann, wenn es zur Kündigung kommt.
Typische Kündigungsgründe:
– Arbeitszeiten und häufige Überstunden
– Veraltete Technik
– Schlechtes Betriebsklima
– Unzufriedenheit mit dem Gehalt
– Mangelnde Entwicklungschancen
– Stellenangebote einer anderen Firma
– Ungerechte Aufgabenverteilung
– Unzufriedenheit mit der Führung