Zwischen Hightech und Handarbeit
Traditionelles Manufakturhandwerk
Digitales Zeitalter
Automatisierung und Digitalität sind feste Bestandteile unseres Lebens geworden, eine neue Technologie überholt die nächste. Mit dem Smartphone als ständigem Begleiter kommunizieren, planen, organisieren wir – permanent. Doch bei aller Präzision und Effizienz der modernen Technik gibt es zugleich eine Sehnsucht nach dem Echten, Handgemachten. Traditionelle, handgefertigte Produkte liegen im Trend und immer mehr Menschen sind bereit, ihr Geld wieder in mehr Qualität und Langlebigkeit zu investieren. Versteht man die Rückbesinnung auf „ehrliche“ Handarbeit als Gegenentwurf zur fortschreitenden Technisierung, kann man schnell den Eindruck gewinnen, Hightech und Handarbeit seien zwei gegensätzliche, unvereinbare Pole.
Doch müssen wir uns wirklich entscheiden?
Entweder Hightech oder Handwerk? „Ganz und gar nicht“, sagt Andreas Dornbracht. Der Unternehmer leitet gemeinsam mit seinem Bruder Matthias in dritter Generation das Familienunternehmen Dornbracht (www.dornbracht.com), das sich seit Jahrzehnten als Innovationsführer im Markt der Premium-Armaturen behauptet. „Die Entweder-oder-Frage stellt sich für uns nicht. Vielmehr müssen wir uns heute damit beschäftigen, wie wir traditionelles Manufakturhandwerk mit Technik – und insbesondere digitalen Mehrwerten – in Einklang bringen.“ Dieser Brückenschlag ist bereits gelungen. Dornbracht präsentierte „Smart Water“, ein intelligentes System, das die Möglichkeiten digitaler Vernetzung auf Anwendungen in Bad und Küche überträgt. Damit positionierte sich der Armaturenhersteller als Vorreiter im Bereich der intelligenten Sanitärsysteme – und bleibt gleichzeitig seiner Kernkompetenz treu: hochwertige Design-Armaturen, Made in Germany.
Made in Germany
„Made in Germany“ trifft dabei selbst auf die kleinste Schraube zu, denn Dornbracht produziert nicht nur in Deutschland, sondern arbeitet auch fast ausschließlich mit Zulieferern aus der näheren Umgebung zusammen. „Im Premiumsegment, in dem wir uns bewegen, kann es keine Kompromisse geben. Wo ‚Made in Germany‘ drauf steht, muss ‚Made in Germany‘ drin sein“, sagt Andreas Dornbracht. Bis heute fertigt der Armaturenhersteller vergleichsweise kleine Stückzahlen – oder sogar Einzelstücke – und kann nicht zuletzt dadurch eine gleichbleibend hohe Qualität der Verarbeitung gewährleisten. Matthias Dornbracht betont: „Bei unseren Armaturen wird kein Radius und keine Kante geändert, damit pro Zeiteinheit mehr Teile gefertigt werden können“. Bei Dornbracht wird kompromisslos der eigenen Qualitätsanspruch verfolgt.
Unternehmensmaxime
Ihren pointierten Ausdruck findet diese Kompromisslosigkeit in der unternehmenseigenen Maxime der „5 Ps“, die Dornbracht all seinen Produkten zugrunde legt: Proportionalität, Präzision, Progressivität, Persönlichkeit, Performance. Die Erfüllung dieser Kriterien wird streng hinterfragt und dient als Kontrollinstanz, als interner Gradmesser für die Qualität aller Produkte und Systemlösungen, die die Fabrik in Iserlohn verlassen. Deshalb setzt Dornbracht auch nicht auf eine klassische Fließbandproduktion. Auf dem Fabrikgelände im westfälischen Iserlohn wird schnell deutlich, dass traditionelles Manufakturhandwerk und technologischer Fortschritt bei Dornbracht Hand in Hand gehen: „Bei uns arbeiten alle eng zusammen – Konstrukteure, Entwickler, Produktmanager, Handwerker, Vertriebler“, erzählt Matthias Dornbracht. Und das ist ganz wörtlich, nämlich räumlich, zu verstehen: In so genannten Modulen, autarken Hallen mit jeweils eigener Infrastruktur, arbeiten Mitarbeiter verschiedener Kompetenzfelder in direkter räumlicher Nähe zueinander. Separierte Büros und verschlossene Türen sucht man hier vergeblich. „Bei uns sprechen die Entwickler mit den Ingenieuren, die Vertriebler mit den Produktmanagern und umgekehrt. So fließt z.B. das Feedback der Kunden und Fachhändler direkt in die Weiterentwicklung unserer Produktlösungen zurück“, so Andreas Dornbracht. Das Besondere: Die Module sind flexibel strukturiert, sodass die Zusammensetzung der Teams aktuellen Erfordernissen jederzeit angepasst werden kann. „Als Innovationsführer muss man neue Wege gehen, die zuvor noch keiner gegangen ist“, betont Andreas Dornbracht.
Im Innovationsbereich von Matthias Dornbracht steht auf einem Schild „Vorne ist da, wo sich keiner auskennt“ – und mit „keiner“ meint er manchmal durchaus auch sich selbst. Der Satz erinnert ihn daran, dass Weiterentwicklung die Bereitschaft voraussetzt, Risiken einzugehen, Neuland zu betreten. „Wer innovativ sein will, muss sich trauen, auch mal herumzuspinnen“, sagt Matthias Dornbracht. „Deshalb haben wir viele junge Leute in der Produktentwicklung sitzen. Die gehen Aufgabenstellungen ganz anders an, als jemand, der schon jahrelang im Unternehmen ist“.
Digitalität verändert
Die Kunst liegt darin, diese Kreativität im Austausch mit langjährigen, erfahrenen Mitarbeitern in die richtigen Bahnen zu lenken. Einer dieser erfahrenen Mitarbeiter ist Andreas Schmermund. Er ist Innovationsleiter bei Dornbracht und leitet das Technikmodul, in dem Elektroniker, Software-Entwickler und Sanitärtechniker zusammenarbeiten. Schmermund war es, der das Thema Digitalisierung entscheidend voranbrachte, nachdem Matthias Dornbracht 2007 mit seiner neuesten Idee auf ihn zukam. Die Aufgabenstellung für Schmermund und sein Team war damals so schlicht wie bahnbrechend: Herauszufinden, welches Potential im Digitalen liegt. Ausgangspunkt war lediglich eine Ahnung, ein Gefühl – nämlich, „dass Digitalität unseren Umgang mit Wasser in Bad und Küche entscheidend verändern und so einen echten Mehrwert erzeugen könnte“, erzählt Matthias Dornbracht. Schmermund und seine Leute begannen zu experimentieren. Die Freiheit war groß, der Ausgang ungewiss – doch die Risikofreude zahlte sich aus. Im Frühjahr 2013 konnte Dornbracht neue digitale Produktlösungen vorstellen, darunter die Duschanwendung „Sensory Sky“, aus der es wie aus einer Wolke unter freiem Himmel regnet. Wasser, Nebel, Licht und Düfte ergänzen sich zu Choreografien, die individuell auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt werden können. Genauso beim elektronisch gesteuerten „Foot Bath“, bei dem der Nutzer zwischen unterschiedlichen Szenarien wählen kann. Über die Stimulation unterschiedlicher Reflexzonen wirken diese mal entspannend, mal aktivierend – je nach Stimmung und Befindlichkeit. Auch für die Küche hat Dornbracht bereits die erste digitale Produktlösung entwickelt. „eUnit Kitchen“ heißt die intelligente Küchenspüle, die auf Knopfdruck z.B. einen Topf mit der richtigen Menge Wasser in der gewünschten Temperatur befüllt.
Innovationsvorsprung
Sowohl die Bedienelemente – die sogenannten „Smart Tools“ – als auch die zugehörige Hard- und Software werden bei Dornbracht in Eigenregie entwickelt. „Das ist zeit- und kostenintensiv“, räumt Andreas Dornbracht ein, „aber es verschafft uns einen Innovationsvorsprung und macht uns flexibel im Umgang mit zukünftigen Herausforderungen.“ Daher geht Dornbracht auch gleich wieder einen Schritt weiter. Von der Digitalisierung ausgehend denkt man hier bereits längst in Richtung ganzheitlicher Vernetzung von Wohnwelten, Stichwort Gebäudeautomatisierung. „Home Automation ist eines der wichtigsten Themen – wenn nicht das wichtigste Thema! – der nächsten Jahre“, so Matthias Dornbracht. „Deshalb ist es für uns von großer Bedeutung, dass unsere Produktlösungen sich mit anderen digitalen Systemen kombinieren lassen.“ Als bisher einziger Hersteller im Sanitärbereich stattet Dornbracht seine „Smart-Water“-Produkte mit einer offenen, IP-fähigen Schnittstelle aus und ermöglicht so die Vernetzung von Badanwendungen mit anderen Komponenten der Haustechnik wie etwa Licht und Sound. So ist es möglich, den Morgen unter der Dusche nicht nur mit der persönlichen Wohlfühltemperatur zu beginnen, sondern auch mit der Lieblingsmusik und einer favorisierten Lichtchoreographie.
Mit „Smart Water“ hat Dornbracht Pionierarbeit im Bereich der Digitalisierung in Bad und Küche geleistet. Dabei hat das Unternehmen nicht nur den technischen Fortschritt im Auge, sondern auch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. Insbesondere Megatrends wie Healthness und Individualisierung rücken in diesem Zusammenhang in den Vordergrund.
„In Zukunft wird das Bad zu einem persönlichen Gesundheitsraum, in dem wir präventiv unsere Leistungskraft erhalten“, prognostiziert Andreas Dornbracht, und spielt damit nicht nur auf den demografischen Wandel an, sondern auch auf die Herausforderungen des modernen Lebens. Stress ist für viele ein täglicher Begleiter, bei immer mehr Menschen führt er zu Burnout oder Erschöpfungszuständen. Auf der Suche nach Wegen der Stressbewältigung gewinnen persönliche Rituale an Bedeutung.Gerade im Hinblick auf Rituale und wohltuende Treatments im Bad eröffnet uns die Digitalität ganz neue Dimensionen, bspw. durch individuelle Duschszenarien oder Wasseranwendungen, die sich positiv auf Körper und Seele auswirken.
Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung
Wer mit dem Element Wasser umgeht, kommt auch um Fragen der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung nicht herum. Bei Dornbracht hat man dieses Thema frühzeitig auf die Prioritätenliste gesetzt: „Als führendes Unternehmen der deutschen Sanitärindustrie ist es für uns ein besonderes Anliegen, die Diskussion über einen schonenden Umgang mit der Ressource Wasser voranzutreiben“, erklärt Matthias Dornbracht. Seit Jahren achtet der Armaturenhersteller darauf, dass alle Produkte, unabhängig vom Verbraucherverhalten, den Energie- und Wasserverbrauch minimieren. Dabei haben insbesondere die Einführung eines elektronischen Ventils und die Möglichkeiten digitaler Steuerung neue Maßstäbe gesetzt. Die weitere Zielsetzung ist klar: „In Zukunft wollen wir das gleiche Wassererlebnis bieten, allerdings mit nur einem Drittel des Wasserverbrauchs“, so Matthias Dornbracht. Nachhaltigkeit beginnt bei Dornbracht aber nicht erst bei den Produkten, sondern bereits bei der Fertigung – auch wenn das die Herstellungskosten deutlich in die Höhe treibt. So investierte Dornbracht etwa in die Entwicklung einer eigenen Galvaniktechnologie, durch die der Wasserverbrauch bei der Oberflächenveredelung um 70 % verringert werden konnte. Oder in ein aufwändiges Luftfiltersystem, das Schleifstäube absaugt und dem Recycling zuführt.
Nicht zuletzt versteht Dornbracht unter Nachhaltigkeit auch die sinnvolle Nutzung der Ressource Mensch – und das führt wieder zurück zur kleinsten Einheit des Unternehmens: dem Mitarbeiter. Der geschulte Blick und die Erfahrung eines langjährigen Facharbeiters sind durch Maschinen nicht zu ersetzen und so werden viele Arbeitsschritte bei Dornbracht auch in Zukunft „Menschsache“ bleiben: In der Oberflächenveredelung, wo nach jedem Fertigungsschritt eine Prüfung durch einen Mitarbeiter erfolgt, nach dem Schleifen und Polieren ebenso wie nach dem Galvanikprozess; oder bei der Montage, dem letzten Schritt auf dem Weg zum Kunden.