Viel Luft nach oben

Ein Kommentar zur Novelle der 1. BImSchV

Im September 2021 hat der Bundesrat einer Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) zugestimmt, die am 1. Januar 2022 in Kraft treten wird. Betroffen sind auch die Ableitbedingungen für Holzfeuerungen. Unser Autor und Schornsteinfegermeister Ronny Gedamke berichtete darüber bereits in der SHK Profi-Ausgabe 9/2021. Einen Blick über die rechtliche Komponente liefert nun Rechtsanwalt Christoph Schade in seinem Kommentar.

Nach § 19 der novellierten Verordnung müssen viele Abgasführungen künftig anders verlaufen bzw. höher über das Gebäude geführt werden. Das soll für bessere Luft im Umfeld von Pelletheizungen, Kachelöfen oder Kaminen sorgen. Durch die höheren Schornsteinmündungen will die Politik erreichen, dass die Abgase sich nicht zwischen Häusern ansammeln und die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigen: Die Schornsteinaustrittsöffnung muss am Dachfirst angebracht werden – firstnah angeordnet, wie es in der Verordnung heißt. Zudem muss die Öffnung die Dachspitze auch noch um mindestens 40 cm überragen. Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Die Verordnung unterscheidet verschiedene Situationen: Die Regelung gilt zunächst für alle neu errichteten Feuerungsanlagen. Wird eine Anlage in einem Bestandsgebäude wesentlich geändert, bleibt es bei den bisherigen, weniger strengen Anforderungen.

Bei der Errichtung einer neuen Feuerungsanlage in einem Bestandsgebäude ist erneut zu unterscheiden. Grundsätzlich gelten hier zwar ebenfalls die neuen, strengeren Regeln für die Position der Austrittsöffnung. Ausnahmsweise bleibt es hier aber bei den alten Vorgaben, wenn sich die Anforderungen im „Einzelfall als unverhältnismäßig“ darstellen. Wann „Unverhältnismäßigkeit“ angenommen werden kann, definiert die Verordnung allerdings unverständlicherweise nicht näher.

Die Installation eines Staubabscheiders hätte nach Ansicht von Experten als Voraussetzung für das Vorliegen einer Ausnahme von den neuen Vorgaben ausdrücklich Erwähnung finden müssen - etwa mit einem Satz wie: „Unverhältnismäßigkeit ist in jedem Fall dann anzunehmen, wenn die zu errichtende Anlage eine Einrichtung zur Reduzierung der Staubemission nach dem Stand der Technik enthält.“

Drei Viertel der ca. 19 Mio. Wohngebäude werden noch immer mit Gas und Öl beheizt – also mit fossilen Energieträgern. Zum Erreichen der Klimaziele besteht aber Handlungsbedarf: Unbedingt erforderlich ist daher der Austausch von Feuerungs­anlagen, die noch mit Öl oder Gas betrieben werden. Ein knappes Drittel des Gebäudebestandes verfügt über keine oder keine geeignete Abgasanlage um eine Feuerstätte für Festbrennstoffe zu betreiben. Diese wären aber zwingend erforderlich, um beispielswiese eine moderne Hybridanlage in Kombination mit einer Wärmepumpe zu betreiben. In einer novellierten Verordnung sollte es vor allem darum gehen, praktikable Lösungen für Bestandsgebäude zu ermöglichen, schon um den politisch geforderten Ausbau des Einsatzes erneuerbarer Energien zur Wärmeerzeugung in Wohngebäuden nicht zu unterlaufen. Insbesondere der durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) geförderte Austausch von Kohle-, Öl- und Gasfeuerstätten durch Biomassefeuerungen wird allerdings erheblich erschwert, wenn die Installation eines Staubabscheiders nicht ausdrücklich als Ausnahme von den neuen Abstandsvorschriften Erwähnung findet. Dies gilt umso mehr, weil der Einsatz von Holzbrennstoffen mit einer deutlich reduzierten Feinstaubbelastung einhergeht, wenn Partikelabscheider eingesetzt werden.

Zeitgemäße Komponenten verringern die Emissionen von Holzfeuerungen ganz erheblich. Die Emissionsminderungseffekte gehen dabei wesentlich über die Verbesserungen hinaus, die über die Änderung der Ableitbedingungen erreicht werden können. Hier kann allenfalls eine Verdünnung und die weitere Streuung der emittierten Partikel erreicht werden, während beim Einsatz von Staubabscheidern tatsächlich bis zu 90 % der Staubpartikel gar nicht erst in die Umwelt gelangen.

Dass eine Verbesserung der Luftqualität durch höhere Schornsteine nicht zu erreichen ist, sollte seit langem bekannt sein. Die Süddeutsche Zeitung kritisiert diesen Ansatz in einem Beitrag vom 20. September 2021 deutlich und erinnert an die 1980er Jahre, als die Politik unter dem Motto „Hauptsache weg“ auf die Kraft des Windes hoffte, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen. Es verwundert nicht, dass Axel Friedrich (Deutsche Umwelthilfe – DUH) in der neuen Regelung nur „politischen Unsinn“ sieht. Die DUH fordert ohnehin seit einiger Zeit, dass die Kommunen die Möglichkeit erhalten, Heizen mit Holz auf emissionsarme Anlagen mit dem Blauen Engel zu beschränken.

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