Optimal abgeleitet
Das richtige Vorgehen bei Abwasserinstallationen
Was kann schon so schwer daran sein, eine Abwasserinstallation hinzubekommen? Hauptsache, das Schmutzwasser läuft ab. Die sehr einfache und in vielen Fällen sogar werkzeugfreie Installation von Entwässerungssystemen verleitet zu derlei Ansicht. Doch gerade bei der Installa-
tion von Abwasseranlagen gilt es, sorgfältig
vorzugehen. Werden wichtige Grundkenntnisse richtig
angewendet, funktionieren Entwässerungssysteme sicher und langlebig – und ersparen Reklamationen. Hingegen können schon kleine Installationsfehler die Funktion stark einschränken.
Die Basis einer jeden funktionstüchtigen Entwässerungsanlage stellen die Dimension und das Gefälle dar. Doch warum ist das so? Weil durch die Auswahl der passenden Dimension und des geeigneten Gefälles die Abwasserleitung optimal genutzt werden kann. Dabei ist das erste Augenmerk auf die ausreichende Füllhöhe zu richten. Diese ist auf Grundlage der DIN EN 12056 für Abwasserinstallationen nach DIN 1986-100 auf 0,5 (h/di) festgelegt.
Die geeignete Füllhöhe sorgt für ausreichend Schwemmwirkung im Schmutzwasserrohr, wenn zeitgleich auch das passende Gefälle (I) gewählt wird. So entsteht eine passende Fließgeschwindigkeit (v), um Ablagerungen zu vermeiden und einen Selbstreinigungseffekt zu begünstigen. Die Füllhöhe sehr hoch zu wählen, um einen möglichst hohen Abwasservolumenstrom ableiten zu können, ist zwar verlockend, aber falsch. Denn nun kommt das zweite Augenmerk der Füllhöhe ins Spiel: Die Belüftung. Durch eine ausreichend gute Belüftung kann der Leersaugung von Geruchsverschlüssen und damit dem Austritt von Kanalgasen in den Raum sehr effektiv vorgebeugt werden. Es gilt, einen Unterdruck in der Abwasserleitung zu vermeiden. Somit lautet die Aufgabe:
Finde die richtige Dimension
Gerade in der Abwassertechnik ist die Dimensionierung recht leicht, denn die allgemein anerkannten Regeln der Technik, allen voran die DIN EN 12056 und die nationale Ergänzung DIN 1986-100, stellen klar und nachvollziehbar die Vorgaben auf, die bei der Planung und Installation von Abwasserinstallationen beachtet werden müssen. Aller Anfang ist der Einzelanschluss. Die Tabelle 1 gibt gleich mehrere Informationen zu Einzelanschlussleitungen, die wichtig sind. Ohne dass ein Berechnungsprogramm benutzt oder ein Taschenrechner benötigt wird, entsteht Klarheit und Sicherheit.
Praxisbeispiel: Anschluss einer unbelüfteten Einzelanschlussleitung (Waschtisch) an die Fallleitung. Um diese Aufgabe lösen zu können lohnt ein Blick in die DIN 1986-100, denn dort finden sich alle wichtigen Informationen für die Praxis.
– Dimension: DN 40
– Anschlusswert DU: 0,5 l/s
– Maximale Leitungslänge: 4 m
– Maximale Absturzhöhe: 1 m
– Anzahl Richtungsänderungen (87°): 3 (der Sifonwinkel wird hierbei nicht mitgezählt)
– Gefälle: 1 cm/m
– Anschlusswinkel an die Fallleitung: 87° (für alle Anschlüsse ≤ DN 70 an die Fallleitung)
Werden mehrere Einzelanschlussleitungen zusammengebündelt, entsteht der nächste Leitungsabschnitt: Die Sammelanschlussleitung. Es entstehen höhere Abwasservolumenströme und auch der Einflussfaktor der Gleichzeitigkeit muss jetzt beachtet werden. Der Übergang auf größere Dimensionen kann bei vielen Systemen durch zentrisch und exzentrische Übergangsformstücke gelöst werden. Für Sammelanschlussleitungen sind ausschließlich exzentrische Übergänge zugelassen. Besonders wichtig ist, dass stets ein scheitelgleicher Einbau erfolgt (Übergang oben). Der Hintergrund: Sicherstellung der Belüftung in der gesamten Abwasserleitung.
Anschluss an die Fallleitung
Speziell beim Anschluss von Einzel- und Sammelanschlussleitungen an die Fallleitung können einige Fehler gemacht werden, die im späteren Betrieb massive Störungen verursachen können. Umso wichtiger ist es, auch hier einige wenige Regeln zu beachten und den gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Sammel- und Einzelanschlussleitungen in den Dimensionen ≤ DN 70 werden stets im 87°-Winkel an die Fallleitung angeschlossen. Dies stellt sicher, dass keine Wellenbildung in 45°-Schrägen entsteht, die unter Umständen zum Luftabschluss und somit zum Unterdruck und zur Leersaugung am Geruchsverschluss führen kann.
Bei vielen Abwassersysteme ist ein 87°-Abzweigformteil in gleichbleibender Nennweite mit Innenradius verfügbar. Die Empfehlung spricht klar für den Einbau dieser Bauweise der Abzweige im Bereich der Fallleitungen. Durch den angeformten Innenradius wird die Einströmung aus der Einzel-/Sammelanschlussleitung beruhigt in die Fallleitung eingeleitet.
Anspruchsvoller wird es, wenn man im nächsten Schritt Spreizwinkel beachten und damit die Gefahr der Fremdeinspülung vermeiden muss. Die Regelungen aus der DIN 1986-100 greifen immer, wenn fäkalienhaltiges Schmutzwasser in Leitungsbereiche eingespült werden könnte, in welchen es dann zu Störungen kommen könnte. Schließlich möchte niemand in seiner Dusch- oder Badewanne alte Bekannte finden, die zuvor die Toilette hinuntergespült wurden. Daher ist es nachvollziehbar, dass bei direkt gegenüberliegen Anschlüssen an der Fallleitung (Spreizwinkel 180°) ein Höhenunterschied (Sohlenabstand) zwischen den Einleitungen von mindestens 200 mm bestehen muss.
Diese Anforderung stellt in der Praxis oftmals eine Problemstellung dar, da somit der Abzweig für den WC-Anschluss sehr hoch angeordnet werden muss. Die Lösung dieses Problems ist die Verkleinerung des Spreizwinkels auf ≤ 90°. Somit darf der Höhenunterschied auf 0 mm reduziert werden. Sollen WC und Duschwanne im 180°-Anschlusswinkel auf eine gemeinsame Fallleitung angeschlossen werden und gleichzeitig ein Höhenunterschied (Sohlenabstand) von 0 mm umgesetzt werden, kommen üblicherweise 90°-Doppelabzweige zum Einbau in die Fallleitung zum Einsatz. Hier müssen dann in die jeweiligen Abgänge 45°-Bögen eingebaut werden, um die gegenüberliegenden Anschlüsse zu erreichen. Durch diese Bauweise springt die Sammel-/Einzelanschlussleitung von der Wandebene sehr weit nach vorne.
Werden zwei WCs gegenüberliegend (Spreizwinkel = 180°) an die gleiche Fallleitung angeschlossen darf der Höhenunterschied ebenfalls 0 mm betragen. Hintergrund: Die Fremdeinspülung in eine andere WC-Leitung wird unkritisch gesehen, da durch den WC-Spülvolumenstrom eine ausreichende Ausspülung vorhanden ist und somit keine Ablagerungsgefahr besteht.
Steckmuffenverbindung kann doch jeder, oder?
Nach einigen wichtigen Anforderungen aus der Normung für die fachgerechte Planung und Einbau von Schmutzwasserinstallationen sollen nun einige handwerkliche Hinweise für Steckmuffensysteme folgen, die ebenso zur fachlich richtigen Schmutzwasserinstallation gehören und maßgeblich dafür sorgen, dass alles richtig abläuft.
Sehr viele Abwasser-Installationssysteme beruhen auf der Verbindungstechnik Steckmuffe. So einfach dieses werkzeugfreie Zusammenfügen von verschiedene Rohren und Formteilen erscheint, es gilt auch hier, einiges zu beachten. Die Rohre können mit einer feinzahnigen Säge oder mit einem Rohrabschneider auf die passende Baulänge abgelängt werden. Bitte immer beachten: Es entsteht ein Grat. Außen und beim Einsatz der feinzahnigen Säge auch innen. Dieser muss sorgfältig entfernt werden, auch wenn teilweise Hersteller diesen Verarbeitungsschritt als nicht notwendig bezeichnen. Schnittkante innen entgraten – mit dem Abwasser werden verschiedene Stoffe mittransportiert, die an Graten oder unsauberen Rohrschnittkanten nicht hängen bleiben dürfen. Auch das äußere Entgraten und das Anfasen hat seine Berechtigung. Somit ist ein leichteres Zusammenfügen möglich. Gleichzeitig wird vermieden, dass der Lippendichtring in der Steckmuffe verschmutzt oder gar beschädigt wird.
Längenausdehnung beachten
Ein Aspekt, der bei Schmutzwasserleitungen leider häufig unterbewertet und daher nicht beachtet wird ist die Tatsache, dass sich auch Schmutzwasserleitungen aufgrund von Temperaturveränderungen in der Länge ausdehnen. Durch hohe Abwassertemperaturen, z.B. aus Waschmaschinen oder Küchenspülen, sind Temperaturunterschiede von > 50 K keine Seltenheit. Somit ist auch für Schmutzwasserinstallationen die Aufnahme der temperaturbedingten Längenausdehnung vorzusehen.
Die temperaturbedingte Längenänderung kann bei Steckmuffensystemen sehr einfach und sicher aufgefangen werden. Hierzu wird bei Rohren mit einer Baulänge von mindestens 1 m an der Steckmuffe eine Markierung angebracht. Anschließend wird das Rohrende wieder soweit aus der Steckmuffe gezogen, bis die Markierung 10 mm vor der Steckmuffe ist. Spätestens nach 3 m Rohrlänge muss eine Ausdehungsmöglichkeit geschaffen werden. Durch diese sehr einfache Maßnahme entsteht der notwendige Ausdehnungsraum bei größeren Rohrlängen. Damit ist der Vorteil von Steckmuffensystemen: In aller Regel werden für die Aufnahme der temperaturbedingten Längenänderung keine Sonderformteile benötigt.
Die richtige Befestigung wählen
Mit der Aufgabe, die temperaturbedingte Längenänderung zu berücksichtigen, entsteht gleichzeitig die Aufgabe der richtigen Rohrbefestigung. Die hierzu geeigneten Rohrschellen sowie die Abstandsmaße zwischen den Rohrschellen sind stets nach Angaben der Systemhersteller zu wählen. Insgesamt sind vier Rohrbefestigungen im Einsatz.
– körperschallgedämmte Stützbefestigung, bestehend aus Fixierschelle und Stützschelle,
– Führungsschelle,
– Sicherungsschelle ohne Verbindung zur Wand/Decke,
– Festschelle mit Verbindung zur Wand/Decke.
Faustregel 1: In den Fallleitungen kommen je Stockwerk eine körperschallgedämmte Stützbefestigung und eine Führungsschelle zum Einbau. Jedes dritte Stockwerk bzw. im obersten Stockwerk wird unterhalb der körperschallgedämmten Stützbefestigung eine Sicherungsschelle angebracht.
Faustregel 2: Einzel-, Sammelanschluss- und Sammelleitungen werden mit Festschellen nach bzw. unterhalb der Muffe fixiert. Im weiteren Leitungsverlauf werden Führungsschellen verwendet, um eine temperturbedingte Längenausdehnung zu ermöglichen, die, wie oben beschrieben, in der Steckmuffe aufgenommen wird. Bei „Raupiano Plus“ ist es der Abstand 15 da (Außendurchmesser).
Wie leise ist leise genug?
Gerade das Abflussgeräusch anderer hört man nicht gerne. Niemand möchte wissen, was im benachbarten Bad oder WC gerade passiert. Daher ist die Anforderung an Schallschutz vor allem in Verbindung zur Abwasserinstallation wichtig. Dennoch gilt: Schallschutzanforderungen sind mehr als nur das Abflussgeräusch. Die in der DIN 4109 genannten Werte beziehen sich immer auf den Schallpegel aus Hausinstallationen. Hierbei ist das Abflussgeräusch zwar das markanteste, aber auch Fließgeräusche aus der Zuleitung und auch Armaturengeräusche gehören zur Bewertung des gesamten Geräuschverhaltens dazu.
Grundsätzlich muss beim Beachten der Schallschutzanforderung sowohl die Reduzierung des Luftschalls und auch des Körperschalls Rechnung getragen werden. Luftschall wird direkt hörbar, während der Körperschall als „Vibrationsenergie“ vom Abwasserrohr ausgehend über die Rohrbefestigung auf die Installationswand übertragen wird. Im Baukörper wird diese Energie weitergeleitet. Unabhängig davon, ob Abwasser- oder Trinkwasserleitung, ob metallischer oder polymerer Rohrwerkstoff: Dämmung der Rohrleitungen und Fittinge im Bereich der Decken- und Wanddurchführung ist die Schallschutzmaßnahme Nummer 1. Somit wird die Übertragung des Körperschalls deutlich reduziert und eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen zum Einhalten von Mindestanforderungen geschaffen.
Durch Auswahl geeigneter Rohr- und Befestigungstechnik können Luft- und Körperschall ebenfalls effektiv reduziert werden, sodass strengste Schallschutzanforderungen eingehalten werden. Hierzu verwenden manche Hersteller von Abwassersystemen Füllstoffe, die sie in die Rohrwerkstoffe einarbeiten. Auswirkung: Das Rohr wird schwerer. Durch diese werkstofftechnische Maßnahme wird der Luftschall reduziert. Mit dieser Erhöhung des Gewichts kann die Körperschallübertragung allerdings nicht beeinflusst werden. Hierfür muss bei der oben beschriebenen Dämmung und bei der Rohrbefestigung angesetzt werden. Zur Auswahl der Rohrschellen wurde bereits auf die Anforderungen des jeweiligen Abwassersystems hingewiesen. Für die Anwendung mit „Raupiano Plus“ kommen im Bereich der Fallleitungen die körperschallgedämmten Stützbefestigungen zum Einsatz. Diese bewirken durch eine Dämpfung des Körperschalls im Bereich der aufeinanderliegenden Gummieinlagen sowie durch eine genau definierte Schließkraft des Schnellverschlusses bei Fixier- und Stützschelle, dass der Körperschall nur noch in sehr geringem Maße auf die Installationswand übertragen werden kann.
Fazit
Die Abwasserinstallation ist eine saubere Sache, wenn einige grundlegende Anforderungen bei Planung und Einbau beachtet werden. Die weit verbreiteten Steckmuffensysteme bieten viele Vorteile, dennoch muss bei der Verarbeitung auch hier handwerklich sorgfältig gearbeitet werden. Auch Abwasserleitungen unterliegen einer temperaturbedingten Längenänderung, die kompensiert werden muss. Steckmuffensysteme bieten auch hier eine einfach und sichere Lösung an. Die Befestigung ist nicht nur eine Frage, welche Rohrschelle gerade zur Hand ist, sondern sollte zum Abwassersystem passend gewählt werden. Nur so lassen sich eine sichere und schnelle Montage mit den Anforderungen an den Schallschutz sicher lösen. Systemvergleiche in Bezug auf Schallschutzeigenschaften sind oft problematisch, da zuerst gleiche Bezugsgrößen gefunden werden müssen, die einen direkten Vergleich erst ermöglichen. Wird bei der Rohrbefestigung gespart, geschieht das sicher am falschen Ende und immer zulasten des Schallschutzes. Spätere Reklamationen aufgrund eines zu lauten Abflussgeräusches oder aufgrund eines ständigen Gurgelgeräusches werden vermieden, wenn die grundlegenden Installationsregeln der DIN 1986-100 eingehalten werden und schallgedämmte Hausabflusssysteme inklusive der darin enthaltenen Befestigungstechnik verwendet werden.