Mit Erdwärme in die Zukunft
Umrüstung eines MehrfamilienhausesEs gibt viele gute Gründe, sich mehr Unabhängigkeit von den weltweiten Rohstoffmärkten zu wünschen. Erdwärmepumpen eigenen sich als saubere und kostengünstige Alternative vielfach auch im Bereich der Gebäudesanierung. Am Beispiel eines 5-Parteien-Mehrfamilienhauses, Baujahr 1970, wird aufgezeigt, was bei der Umrüstung auf Erdwärme zu beachten ist. Autorin: Maria Jansen, Hamburg
Die Grundüberlegungen waren emotional und nüchtern zugleich. „Die Vorstellung, uns mit unserem Miethaus weitgehend von der Strom- und Gaspreisentwicklung abzukoppeln, und das mit dem Wissen, in Zukunft kaum noch wertvolle Ressourcen für die Heizung und Warmwasserbereitung zu verbrauchen, die hatte schon was“, erläutert Annegret Beiber von der Beiber Immobilienbetreuung. Angesichts der Aussicht auf stabile Nebenkosten hätten die Mieter ohne zu zögern einer Erhöhung der Kaltmiete um den Betrag der bei heutigem Preisniveau eingesparten Heizkosten zugestimmt. Zwar ließe sich mit dieser Mieterhöhung nur einen Teil der rund 225 000 € schweren Investitionen in Wärmedämmung, Dreifachverglasung, Lüftung und Umrüstung auf Erdwärme refinanzieren. Doch die öffentlichen Zuschüsse und zinsgünstigen Darlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und von der Investitionsbank Schleswig-Holstein helfen, die jährlichen Abschreibungen in Grenzen zu halten.
Photovoltaikanlage als Standbein
Eine Photovoltaikanlage, die der Hauseigentümer auf dem Dach anbringen ließ, dient dank der gesetzlich festgelegten Vergütung, die für das Einspeisen von Strom aus erneuerbaren Energien gezahlt wird, als weiteres Finanzierungsstandbein. Die 5,96 kWp große Anlage auf dem Dach des Mehrfamilienhauses in Lütjensee, rund 25 km nordöstlich von Hamburg, soll einen durchschnittlichen jährlichen Ertrag von 4682 kWh erbringen. Sie deckt damit gut die Energiekosten der Wärmepumpe von schätzungsweise 800 bis 900 € im Jahr.
Voraussetzung für den Einsatz der Erdwärmepumpe war die energetische Sanierung des Altbaus aus dem Jahr 1970 auf Neubauniveau. Ein Energieberater hat das Maßnahmenpaket vorgeschlagen, mit dem die Heizlast des Hauses auf rund 22 kW und die benötigte Vorlauftemperatur auf maximal 50 °C gesenkt werden kann. Dämm-Maßnahmen an der gesamten Dachfläche, den Gauben und an der Kellerdecke gehören dazu. Außerdem wurden die Glasbausteine im Treppenhaus und alle Fenster gegen dreifach verglaste Fenster ausgetauscht. Eine Dämmung der Außenwände war nicht nötig, weil diese bereits 1995 energetisch saniert worden waren. Auch die Radiatoren konnten beibehalten werden. Zur Sicherstellung eines gesunden Wohnklimas hat der Energieberater jedoch den Einbau einer kontrollierten Be- und Entlüftung empfohlen. Ein kontinuierlicher Luftvolumenstrom sorgt seit der Umsetzung für den Austausch der Raumluft und damit für die auch energiewirtschaftlich optimale Luftfeuchtigkeit von 35 bis 60 %. Da die Sanierungsmaßnahmen recht umfangreich waren, hat der Bauherr einen Architekten eingeschaltet, der die Leistungsverzeichnisse erstellt und die Baumaßnahmen ausgeschrieben hat. Da keine optischen Veränderungen an der Fassade vorgenommen wurden und das Haus frei steht, waren Bauanträge und die Einwilligung der Nachbarn nicht notwendig.
Bei diesem 5-Parteien-Mehrfamilienhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 411 m² wurde eine „Geopro SH 20“ mit einer Heizleistung von 19,8 kW gewählt. Sie wird mit zwei Wärmespeichern von zusammen 2000 l Fassungsvermögen für die Heizwassererwärmung betrieben. Für die Brauchwasserbereitung kommt zusätzlich ein 400-l-Trinkwasserspeicher zum Einsatz. „Wir haben den Pufferspeicher bei diesem Objekt großzügig ausgelegt, um die vom Energieversorger vorgegebenen Abschaltzeiten ohne Komfortverluste für die Bewohner überbrücken zu können,“ erläutert Rüdiger Ecks, Geschäftsführer der Hübner & Lorenzen Elektroinstallations GmbH (www.huelo.de), der die aus Finnland stammenden „Geopro“-Wärmepumpen in Deutschland vertreibt.
Richtige Dimensionierung
„Für die richtige Dimensionierung der Wärmepumpe ist besonders wichtig, die tatsächliche Heizlast des Objektes zu kennen,“ betont „Geopro“-Partner Ecks. Die Anlage müsse groß genug sein, um im monovalenten Betrieb, also ohne Zuschaltung anderer Energiequellen die benötigte Wärme jederzeit und sicher bereitstellen zu können. Aber es sei auch nicht förderlich, wenn die Anlage zu groß ist. Der Elektromeister begründet: „Ist die Anlage überdimensioniert, sind die Schaltintervalle des Kompressors zu kurz mit negativen Folgen für die Lebensdauer des Kompressors.“
Weitere Voraussetzung für den Einsatz einer Erdwärmepumpe sind bei kleinen Grundstücken und im Altbaubestand in der Regel Tiefenbohrungen für die Erdsonden, die bis zu 100 m tief ins Erdreich eingelassen werden, um die Wärme aufzunehmen. Diese Tiefenbohrungen müssen in Deutschland von der regional zuständigen Wasserbehörde genehmigt werden. Außerdem muss bei den Bohrungen die Nähe zu Grundstücksgrenzen beachtet werden, damit benachbarte Anlagen unterschiedlicher Betreiber sich nicht gegenseitig beeinflussen.
Einsatz der Wärmepumpe
In Lütjensee waren insgesamt sechs Tiefenbohrungen von jeweils 63 m notwendig. Die Sole wird bei dieser Anlage mit 8 °C aus der Erde in den Verdampfer gepumpt. In der eingesetzten „Geopro SH“ wird die Wäremeenergie mit zwei Wärmetauschern in Teilströme mit verschiedenem Temperaturniveau aufgeteilt: Im „Superheat“-Wärmetauscher wird die beim Wärmepumpenkreisprozess eintretende thermodynamische Überhitzung des Kältemittels zur Erzeugung von Hochtemperaturwärme (15-25 %) genutzt. Diese wird mit einem Drei-Wegeventil bedarfsgerecht geregelt und mittels Ladepumpe in den separaten Brauchwasserspeicher geleitet. Im zweiten Wärmetauscher, dem Kondensator, gibt das Kältemittel die größte Wärmemenge (75-85 %) auf mittlerem Temperaturniveau ab. Sie gelangt mit Hilfe einer Ladepumpe zu den Pufferspeichern, aus dem der Heizkreis mit Wärme versorgt und das Brauchwasser vorerwärmt wird.
Außerdem müssen bei Inbetriebnahme einer Wärmepumpe unbedingt die Vorgaben des Elektrischen Versorgungsunternehmens (EVU) eingehalten werden. „Sie müssen bei stärkerer Kompressorleistung der Wärmepumpe darauf achten, dass der hohe Anlaufstrom durch eine sogenannte Anlaufstrombegrenzung (Softanlauf) vermieden wird“, konkretisiert Rüdiger Ecks.