Erdwärme & Solarthermie

Maritimes Wohnen

Wärmepumpen in Kiel

In Holtenau, im Nordwesten von Kiel, wurde im November 2009 nach zweijähriger Bauphase der erste Bauabschnitt der Fördeterrassen vollendet. Direkt am Ufer der Kieler Förde, am Eingang zum Nord-Ostseekanal, wächst auf einem früheren Gelände der Bundeswehr ein maritimes Wohnviertel mit Wasserblick, außerordentlicher Lebensqualität und ökologischer Wärmeversorgung heran. Im Verbund mit hochmodernen Dämmstoffen und einer energiesparenden Bauweise garantieren fünf Sole-/Wasser-Wärmepumpen eine zukunftsweisende Energieversorgung mittels Erdwärme in Kombination mit Solarthermie.

Die Entscheidung, welche Konzepte und Technologien für die Wärme- und Warmwasserversorgung der Kieler Fördeterrassen in Frage kommen, wurde im Vorfeld durch eine Energie-Agentur geprüft. Im Wesentlichen ging es dabei um CO2-Emissionen, Vollkosten der Wärmeleistung, die absolute Investitionshöhe sowie die Wartungskosten. Im ersten Schritt sollte die Auswertung Aufschluss darüber geben, ob die Wärmeversorgung dezentral oder zentral erfolgt. Im zweiten Schritt wurden unterschiedliche regenerative Systeme zur Energieerzeugung mit einer herkömmlichen Erdgaseinzelversorgung ver­glichen. Die Entscheidung fiel letztendlich auf den Einsatz von dezentralen Erdwärmepumpen in Kombination mit Solarkollektoren, da dieses System den höchsten Grad an Unabhängigkeit gewährleistet.

Einschränkungen bei der Solaranlage

Während der Bauphase entschied sich der Bauherr aus akustischen und optischen Gründen gegen aufgestellte Solarkollektoren auf den Flachdächern. Durch die direkte Fördelage und den starken Küstenwind waren in der obersten Wohnung bei aufgestellten Röhrenkollektoren Luftzugsgeräusche deutlich hörbar. So entschied man sich die Kollektoren flach auf dem Dach zu installieren, der fehlende Neigungswinkel der Kollektoren führt jedoch zu einem wesentlich geringeren Solarertrag. So konnten die Solarkollektoren nachträglich nur noch zur Warmwasserunterstützung und nicht wie geplant für Warmwasser und Heizungsunterstützung eingesetzt werden. Eine energiesparende und effiziente Betriebsweise der Gesamtanlage ist jedoch auch ohne heizungsunterstützende Solaranlage möglich. Durch die Entscheidung für eine Wärmepumpenanlage und ein Wärmeverteilsystem auf Niedertemperaturbasis sind dafür alle Voraussetzungen geschaffen worden.

Entscheidung für die Wärmepumpe

Für Tim Rehder vom Unternehmen Planetherm, welches mit der Ausführung des Energiekonzepts bei den Fördeterrassen beauftragt war, kamen dabei nur Dimplex-Wärmepumpen in Frage: „Aufgrund der langjährigen Erfahrung, die wir bei verschiedenen Projekten mit Wärmepumpen gesammelt  haben, war klar, dass auch bei diesem Bauvorhaben die leistungsfähigen Wärmepumpen aus dem Hause Dimplex zum Einsatz kommen werden.“ Ein weiterer Aspekt für diese Erdwärmepumpen war, „dass sie auf einer bewährten Großserientechnologie basieren, so dass diese sehr wartungsarm funktionieren“, so Tim Rehder.

Die zu beheizende Fläche je Haus liegt bei ca. 1000 m² und die Berechnung für den Gesamtwärmebedarf pro Haus belief sich auf 52 kW. Auf diesen Werten basierend wurde in jedem der fünf Wohngebäude mit je neun exklusiven Eigentumswohnungen eine Dimplex-Sole/Wasser-Wärmepumpe mit einer Einzelleistung von etwa 50 kW eingebaut. Diese garantieren im Winter behagliche Wärme sowie angenehme Temperaturen im Sommer, da eine passive Kühlung über die Sonden möglich ist. Die aufwendigsten technischen Bauteile bei Erdwärmepumpenanlagen sind bekannter Weise die benötigten Erdsonden. Diese gehen bis zu knapp 100 m in die Tiefe und entziehen dem Energiespeicher Erde die Wärme, die über einen Wärmetauscher in der Wärmepumpe auf die erforderliche Vorlauftemperatur der Gebäudeheizung angehoben wird. Die Häuser der Fördeterrassen müssen auf Pfählen gegründet werden, da sie auf dem Aushub des Nord-Ostsee-Kanals entstehen. „Da die Uferlage an der Kieler Förde durch Schichtenwasser die Temperaturerhöhung begünstigt, lag es nahe, die Gründungspfähle statisch sowie auch thermisch als Sonden zu nutzen. Die 14 m messenden Pfähle beinhalten jeweils 50 m lange Schläuche aus verrottungsfreiem Polyäthylen (PE) und dienen somit auch als Energiepfähle“, erklärt Tim Rehder. Da die Sondenkapazität der Pfähle nicht ausreichend war, wurden zusätzliche Tiefensonden benötigt. Das Erdreich ist pro Gebäude über 56 Betonpfähle und vier Doppel-Sonden à 100 m an die Wärmepumpen-Anlage in den Technikräumen angeschlossen.

Darüber hinaus stehen in jedem Haus ein Pufferspeicher mit 500 l Fassungsvermögen und zwei parallel angeschlossenen Warmwasserspeichern mit je 500 l zur Verfügung. Um die Effizienz zu optimieren, sind die Wärmepumpen-Anlagen und die Solarkollektoren hybrid geschaltet. Somit nimmt die Wärmepumpe die Versorgung erst auf, wenn die Solaranlagen die nötige Energie zur Warmwasserversorgung nicht mehr allein bereitstellen können.

Flächenheizungen in den Wohnungen

In allen Wohneinheiten wurde eine Flächenheizung als Wärmeverteilsystem installiert, die darüber hinaus auch zur Kühlung eingesetzt wird. Somit werden im Sommer die Wohnungen über die Fußbodenheizkreise und eine passive Kühlstation, die in die Heizungsanlage integriert wurde, angenehm gekühlt. So können die Bewohner im Sommer trotz großer Fensterflächen ein behagliches Temperaturniveau im Inneren genießen. Bei der passiven Kühlung wird das Gebäude ohne den Einsatz von Verdichtern gekühlt. Das Erdreich ist im Sommer deutlich kälter als die Umgebungstemperatur. Ein in den Solekreislauf eingebauter Plattenwärmetauscher überträgt die aus dem Gebäude abzuführende Wärme über den Solekreislauf an das Erdreich. Durch dieses System fällt bei der Gebäudekühlung nur ein geringer Strombedarf für die Sole-Umwälzpumpe an.

Die Investitionskosten für die Wärmepumpen-Anlagen beliefen sich auf ca. 120 000 € je Haus und setzen sich aus je einer Wärmepumpe mit Zubehör, den Erdsondenfeldern sowie den Energiepfählen zusammen. Dabei macht die Wärmepumpe selbst – einschließlich Speichern und Zubehör – nur 1/3 der Gesamtkosten aus. Die Energiequelle über Erdsonden und Energiepfähle, fällt mit ca. 65 000 € ins Gewicht, die restlichen Kosten verursachen die Solaranlage und die passive Kühlung.

Trotz der relativ hohen Erstinvestition können in Anbetracht der kontinuierlich steigenden Energiekosten, bereits ab Beginn der Nutzung verhältnismäßig geringe Betriebskosten realisiert werden. Um die potentiellen Käufer nicht durch die hohen Anfangsinvestitionen von der Nutzung der dauerhaft günstigeren, unabhängigen und CO2-freien Warmwasserversorgung abzuschrecken, entwickelten der Investor und Bauherr der Fördeterrassen gemeinsam mit Planetherm ein Wärme-Contracting-Konzept für dieses Projekt.

Wärme-Contracting-Konzept

Ziel des Contractings ist es, die Etablierung regenerativer Energien zu erleichtern. Bei den Fördeterrassen in Kiel bedeutet dies konkret: Bauherren bekommen die Möglichkeit moderne, energiesparende Erdwärme für Heiz- und Energietechnik zu nutzen, ohne dass Investitionskosten entstehen. Darüber hinaus übernimmt der Contractor ebenfalls die zur Energieversorgung anfallenden Aufgaben wie Konzeption, Bauausführung, Planung, Finanzierung, Primär­energiebezug, Überwachung und Wartung der Wärmepumpenanlage. Die Bewohner zahlen – ebenso wie bei Fernwärme – nur eine Bereitstellungsgebühr sowie den tatsächlichen Wärmeverbrauch und bekommen somit günstige und ökologische Wärme geliefert. Die passive Kühlung wird dabei kostenlos zur Verfügung gestellt.

Erste Erfahrungswerte zeigen, dass die Heizungsanlage noch effizienter arbeitet als ursprünglich berechnet, wie Tim Rehder ausführt: „Die Wärmepumpen-Heizungsanlage erreicht bei einer Soletemperatur von 0 °C und einer Vorlauftemperatur von 35 °C im Heizbetrieb die Jahresarbeitszahl von deutlich über 4. Dieser effiziente Betrieb der Anlage beschert den Mietern niedrige Heizkosten und dem Anlagenbetreiber einen geringen Wartungsaufwand.“ Grundsätzlich spart diese Anlage gegenüber einer Versorgung über einen Ölheizkessel mit einem Jahresnutzungsgrad von 80 % etwa 90 t CO2 pro Jahr bezogen auf alle fünf Wärmepumpen. Bei diesem Wert wird von 2000 Volllaststunden der Wärmepumpen pro Jahr ausgegangen sowie von einem CO2-Ausstoß von 0,6 kg/kWh bezogen auf den durchschnittlichen Strommix in Deutschland.

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