Massive Veränderungen
„Die Heiztechniken von morgen“Die Märkte ändern sich immer schneller. Neue Techniken müssen erlernt werden. Die Systemvielfalt wächst. Vor diesem Hintergrund erläutern Ralf-Otto Limbach, seit November 2007 Geschäftsführer Vaillant Group, und Dr. Marc Andree Groos, seit Mai 2009 Geschäftsführer Vaillant Deutschland, mit welchen Auswirkungen auf den SHK-Markt sie in den nächsten Jahren rechnen.
Ralf-Otto Limbach: Viele Menschen verbinden mit dem Hasen direkte Erinnerungen aus ihrer Kindheit – mit einem Boiler oder einem Gas-Wasserheizer über der Badewanne, auf dem der Hase über dem Vaillant-Schriftzug zu sehen war. Deshalb haben viele Menschen eine sehr emotionale Beziehung zur Marke Vaillant. Nicht umsonst sind wir nach Untersuchungen neutraler Marktforschungsinstitute eine der Marken mit den höchsten Sympathiewerten in ganz Deutschland. Der Hase im Logo ist ein Teil unserer Geschichte, auf den wir sehr stolz sind.
Ralf-Otto Limbach: Als ein führender Heiztechnik-Hersteller haben wir selbstverständlich den Anspruch, Technologieführer zu sein. Gleichzeitig sehen wir uns als Komplettanbieter mit einer sehr breiten Produktpalette. Daher ist Ihre Frage berechtigt: Wie stellen wir sicher, dass wir uns nicht verzetteln? Wir können dies nur gewährleisten, indem wir unseren Kunden sehr genau zuhören und Produkte ausschließlich auf der Basis der Kundenbedürfnisse entwickeln. Dafür haben wir ein Instrument entwickelt, das wir Marktplatz nennen. Hier treffen sich regelmäßig alle zwei Monate die Verantwortlichen der nationalen Vertriebsgesellschaften mit den Programm-Managern, die zuständig für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen sind, an einem Tisch. Die Vertriebsmanager bringen die Anforderungen der Kunden aus den Märkten mit. Die Entwickler haben die technischen Lösungen im Angebot. Gemeinsam einigen sie sich auf Projekte – ganz ähnlich wie Kunden und Verkäufer auf dem traditionellen Marktplatz. Im Zentrum des Marktplatzes steht die Frage, welche Produkte und Dienstleistungen geeignet sind, die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu erfüllen, welche neuen Geschäftsfelder erschlossen oder wie Service- und Marken-Strategien verbessert werden können.
Selbstverständlich müssen wir mit unserer breiten Aufstellung auch in Service und Vertrieb einen sehr hohen Standard erfüllen. Deswegen haben wir in diesen Bereichen neben den obligatorischen Trainings kontinuierliche Wissens-Checks für alle Mitarbeiter eingeführt. Für jede Stellenbeschreibung sind eigene Qualifikationsnachweise formuliert. Werden Defizite entdeckt, können wir individuell Weiterbildung anbieten. Auch wir müssen am lebenslangen Lernen teilnehmen, um in einem sich rasant ändernden Markt kompetent und umfassend beraten zu können. Dabei haben wir stets den Anspruch im Service die Nummer eins zu sein.
Dr. Marc Andree Groos: Zusammen mit unseren Partnern im Fachhandwerk sind wir in den letzten Jahren tatsächlich in neue Aufgabengebiete gewachsen – zuletzt beispielsweise mit unserer „ecoCraft“-Range, die Heizleistungen bis 280 kW bietet. In Kaskade erreichen wir damit bis zu 1 MW. Die Anforderungen dazu haben sich sowohl aus unserer Marktbeobachtung als auch aus deutlichen Wünschen unserer Partner heraus entwickelt. Der Vorstoß in weitere Größenordnungen hinsichtlich der Heizleistung ist kein primäres Unternehmensziel. Über 95 % aller Anforderungen im Markt lassen sich mit unserem derzeitigen Produktspektrum abdecken. Dementsprechend begrenzt stellt sich der Markt oberhalb einer Heizleistung von rund 1 MW derzeit dar. Wir wollen hier aber keine künstliche Grenze definieren, ab der wir nicht mehr aktiv werden. Diese Grenze ziehen alleine das Marktgeschehen und unsere Partner.
Wir konzentrieren uns jetzt darauf, alle Produkte noch besser miteinander zu vernetzen. Unser Ziel ist es, dass im Sinne von hybriden Heizanlagen alle Produkte Module bilden, die sich sehr flexibel und einfach verbinden lassen. Monovalente Heizsysteme sind bereits heute bei neuen Anlagen die Ausnahme. Über den modularen Aufbau und einheitliche Schnittstellen sowie die Datenkommunikation untereinander geben wir unseren Partnern künftig noch besser genau die Instrumente an die Hand, die von seinen Kunden gefordert werden. Das Ziel dabei ist einerseits die Erhöhung der Effizienz und andererseits die schnelle Planung und Installation.
Ralf-Otto Limbach: Wir verstehen uns als Systemanbieter, der seinen Kunden individuelle Lösungen anbietet. Es gibt heute für ein Heizsystem nicht mehr die eine Lösung, die vergleichbar ist mit dem VW Golf, der viele verschiedene Kundenbedürfnisse getroffen hat. Herr Dr. Groos hat unseren modularen Ansatz angesprochen. Wir bieten unseren Kunden ein sehr breites Spektrum verschiedener Technologien, die sehr individuell miteinander kombiniert und dadurch genau an die Bedürfnisse angepasst werden können.
Ralf-Otto Limbach: Wir denken, dass das Thema erneuerbare Energien und hierbei insbesondere die Wärmepumpe und die Solarthermie die Heiztechnik-Standards der Zukunft mit einem entsprechendem Wachstum sein werden. Gleichzeitig wird der Wärmebedarf in unseren Gebäuden weiter sinken. Öl wird nur noch in der Modernisierung eine Rolle spielen. In Richtung Gas sehen wir eine sehr solide, effiziente und zukunftssichere Technologie, bei der wir keine drastischen Markteinbrüche erwarten. Das hängt teilweise mit Innovationen wie unserem Zeolith-Gasheizgerät zusammen, die eine weitere Effizienzsteigerung über die Gas-Brennwerttechnik hinaus garantieren. Zusätzlich wird unsere Einschätzung aber auch durch neue Nutzungsalternativen des Energieträgers Gas für die gemeinsame Erzeugung von Elektrizität und Wärme in Blockheizkraftwerken gestützt. Und letztendlich ist es in allen Branchen so, dass eine derart hoch entwickelte Infrastruktur wie das Gasnetz deutliche Vorteile in der Versorgung bietet. Denken Sie beispielsweise an die einfache Einspeisung von Bio-Erdgas.
Dr. Marc Andree Groos: Grundsätzlich sehen wir bei einer derartig großen Gruppe wie dem deutschen SHK-Fachhandwerk auch eine breite Streuung hinsichtlich des Wissensstandes zu Erneuerbaren Energien. Gerade das letzte Jahr hat uns aber gezeigt, dass unsere Fachhandwerkspartner massiv in ihre Aus- und Weiterbildung investiert haben. Insofern können wir auf ein sehr solides Netzwerk von gut informierten Betrieben zurückgreifen. Wo wir Defizite sehen, gehen wir aktiv auf unsere Fachhandwerkspartner zu und bieten individuelle Weiterbildungsmaßnahmen an. Unser Trainingsangebot ist mit knapp 2000 Trainingsveranstaltungen an 26 Trainingsstandorten in ganz Deutschland gut aufgestellt. Aktuell sind aus unserer Sicht aber erst rund 20 % des deutschen SHK-Fachhandwerks für die künftigen Aufgaben vorbereitet. Es gibt eine weitere Gruppe von Betrieben, die sich derzeit neu orientieren und entsprechend am kommenden Markt partizipieren werden. Ein sehr großer Anteil des SHK-Fachhandwerks wird nach unserer Ansicht in den nächsten Jahren deutliche Probleme haben, am Markt bestehen zu können.
Dr. Marc Andree Groos: Unsere Kernzielgruppe ist ohne Frage das SHK-Fachhandwerk. Dementsprechend ausgeprägt ist das Spektrum unserer Serviceleistungen. Die Fülle der einzelnen, teilweise einmaligen Services am Markt kann ich hier in seiner Vielfalt kaum darstellen. In der Branche gelten wir aber nicht nur als der Heiztechnik-Hersteller mit dem größten Angebot an entsprechenden Aktivitäten, sondern auch als Unternehmen mit dem innovativsten Portfolio. Unsere Fachhandwerkspartner bestätigen oft, dass sie hieraus im Alltagsgeschäft entscheidende Vorteile generieren können.
Ralf-Otto Limbach: Vaillant ist seit 135 Jahren ein Familienunternehmen. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der auf langfristige Entwicklung fokussierten Unternehmenspolitik. Für mich sind Verlässlichkeit, Kontinuität und Vertrauen Eigenschaften, die das Unternehmen charakterisieren. Darüber hinaus war und ist Vaillant ein sehr zukunftsorientiertes, innovatives Unternehmen, das die Heiztechnik mehr als einmal durch neue Produkte und Ideen revolutioniert hat.