Korrosionsphänomen sorgt für Unruhe
Initiative Kupfer geht Ursachen auf den Grund
Die Diskussion um Wasser und seine Verpackung – das Installationsrohr – kann bis in die Tiefen der Wasserchemie führen. Vor allem dann, wenn es zu Schäden kommt und die Gerichte eingeschaltet werden. Zu einer lebhaften Diskussion mit genau diesem Hintergrund kam es bei einem Treffen in Bonn, zu dem das Deutsche Kupferinstitut im August 2015 geladen hatte. Mit dabei war auch die SHK Profi-Redaktion.
Im August 2015 lud das Deutsche Kupferinstitut zur Diskussionsrunde ein. Es nahmen unter anderem Vertreter des ZVSHK, des Wasserbehandlers Kurita und des TZW Karlsruhe sowie betroffene Verarbeiter und Kupferrohrhersteller teil. Dr. Anton Klassert, Geschäftsführer des Deutschen Kupferinstituts, leitete die Veranstaltung. Diskutiert wurde der Fall Holsterhausen und mit ihm die möglichen Ursachen sowie das weitere Vorgehen.
Der Fall Holsterhausen
Im Wasserversorgungsgebiet Holsterhausen im Raum Dorsten kam es zu einer auffälligen Schadenshäufung in Trinkwasserinstallationssystemen aus Kupfer (Lochkorrosion Typ 1, Trinkwasser kalt). Die ersten Schadensfälle traten in Installationen ab 2005 auf. Jedoch nicht unmittelbar, sondern erst nach einiger Zeit des Betriebs. In einem vor Gericht anhängigen Fall wurden die ersten Schäden nach knapp sechs Jahren Betriebsdauer entdeckt. Die betroffenen Kupferrohrhersteller, das Deutsche Kupferinstitut und relevante Forschungsinstitute haben sich des Themas angenommen – doch bisher keinen überzeugenden Lösungsansatz gefunden. Die ungeklärte Situation führt immer wieder zu Spekulationen und möglicherweise auch Falschdarstellungen über den Hintergrund der Auffälligkeiten. Die in die Schadensfälle involvierten Installationsbetriebe, die zu Recht um ihren guten Ruf fürchten, suchten daher den Weg in die Öffentlichkeit. Aufgrund der ersten Urteile müssen erste Unternehmen um ihre Existenz fürchten. Denn wenn das verarbeitete Material sowie das Trinkwasser von den Gerichten als unbedenklich angesehen werden, kann es aus juristischer Sicht nur der Verarbeiter sein, der Fehler gemacht hat. Ist es wirklich so einfach?
In die Tiefen der Wasserchemie kann ein Gericht nicht einsteigen und muss sich daher auf die Ausführungen von Sachverständigen verlassen. Aufgrund der Probenahmen und Laboranalysen steht im Fall Holsterhausen fest, dass weder Werkstoff noch Fertigung (Weichlötung) in Zusammenhang mit dem Schaden stehen. Insoweit trifft den Verarbeiter keine Schuld. Hat er aber auch sauber gearbeitet? Laut Gericht heißt es, dass bei der Inbetriebnahme nicht ordentlich gespült worden sei. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass Dichtungsmaterial in die Leitungen gekommen sei und dieses die Ursache für die Korrosion gewesen sein könnte. Für das Gericht, das sich auf das Urteil der Sachverständigen und Labore verließ, war der Fall damit klar und der Installateur schuldig, auch wenn dessen Verschulden nur vermutet wurde. Da dieser aber aus juristischer Sicht seine Unschuld nicht beweisen konnte, wurde er zu Zahlungen in einer Höhe verurteilt, die das Ende des Unternehmens bedeuten könnten.
Diskussion zu möglichen Ursachen
Inzwischen haben sich 17 betroffene SHK-Betriebe, die alle im Wasserversorgungsgebiet Holsterhausen aktiv sind, zusammengeschlossen, um sich in der derzeitigen Situation gegenseitig zu informieren und zu unterstützen. Denn wie es sich bislang darstellt, handelt es sich um ein regional begrenztes Gebiet, in dem es zu diesen Schäden kam. Uwe Cirkel vom schadensbetroffenen Unternehmen Grefer äußerte sich während der Diskussion zur Problematik: „Unsere Recherche hat ergeben, dass es Holsterhausen-typische Probleme nur im bekannten regionalen Versorgungsgebiet des RWW gibt und in einem Versorgungsgebiet auf Sylt.“
Andreas Braun vom ZVSHK konnte diese Einschätzung nur unterstreichen: „Auch wir haben keine Kenntnisse darüber, dass es in anderen Regionen als im Wasserversorgungsgebiet Holsterhausen zu Schadenshäufungen gekommen ist. Es bleibt die Tatsache einer regional beschränkten ungewöhnlich hohen Anzahl von Schäden konzentriert auf einzelne Gebäude innerhalb nur eines Wasserversorgungsgebietes. Wir müssen jedoch unbedingt wissen, was hier passiert, um woanders eventuelle Schäden verhindern zu können.“
Was sind nun mögliche Ursachen? In der Diskussionsrunde wurde eine ganze Reihe an möglichen Ursachen aufgeführt, die entweder entkräftet oder nicht bewiesen werden konnten. Es blieben zum Abschluss der Diskussion allerdings immer noch mehrere mögliche Ursachen übrig, die zu neuen Fragestellungen führten:
Wasserwerke können ihre Schutzmaßnahmen für ihr eigenes Rohrnetz an wechselnde Wasserqualitäten anpassen. So wurde im Jahr 2014 vom örtlichen Trinkwasserversorger eine Anlage zur Phosphatierung eingebaut, um Trübungen im eigenen Netz zu unterbinden. Seit dieser Zeit konnte ein deutlicher Rückgang der Schadensfälle bei den versorgten Gebäuden vermerkt werden. Ändert sich dadurch die Wasserbeschaffenheit soweit, dass dies Auswirkungen auf die Hausinstallationen hat? Ist dies der Fall, muss das gelieferte Wasser zum Gebäudebestand und den bestehenden Installationen passen? Oder reicht es, wenn, wie von der Wasserwirtschaft gefordert, das Rohr(material) zum Wasser passen muss. Was ist, wenn sich aber die Wasserbeschaffenheit während des Betriebs ändert? Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Werte immer innerhalb der vorgegebenen Grenzwerte nach Trinkwasserverordnung liegen.
Weitere Fragen stellen sich zur Inbetriebnahme und zum bestimmungsgemäßen Betrieb. Was passiert, wenn nach der Inbetriebnahme, die Trinkwasseranlagen nicht unmittelbar bestimmungsgemäß betrieben wird? Wie kann der dauerhafte bestimmungsgemäße Betrieb für alle Zapfstellen sichergestellt werden?
Nächste Schritte
Mittelfristiges Ziel soll die Etablierung eines unabhängigen Expertenpanels sein, dessen Einberufung durch das Kupferinstitut erfolgen soll. Das Ergebnis der Diskussion zeigte dabei eindringlich, dass zur Lösung der ungeklärten Schadensfälle in Holsterhausen unbedingt eine allgemein gültige Datenbasis von allen Beteiligten zusammengestellt werden muss, wobei alle Fakten auf den Tisch müssen. Ob die Zeit dafür ausreicht, wird sich zeigen. Einige der Betriebe stehen vor Gericht und müssen sich auf juristischem Weg mit dem Problem auseinandersetzen. Das die einfache Lösung, wie sie das Gericht sieht, nicht zwingend die richtige sein muss, wurde in der Diskussion jedenfalls deutlich.
Fazit
Derzeit stehen die Fachhandwerksbetriebe rund um Holsterhausen mit dem Rücken zur Wand. Denn laut Gerichtsgutachter könne es nur am Verarbeiter liegen, wenn sowohl die eingesetzten Materialien als auch das Trinkwasser nicht zu beanstanden sind. Da die Ursache jedoch nicht geklärt ist, ist es zu begrüßen, dass sich die Initiative Kupfer vorgenommen hat, das Thema nicht nur mit weiteren Fachleuten weiter zu diskutieren, sondern die Ursachenermittlung fortzusetzen. Im Sinne der SHK-Betriebe sollte dies mit großem Nachdruck und zügig geschehen. Denn die Wahrscheinlichkeit einer Schadensursache (siehe Zitat) reicht durchaus aus, um in diesem Fall einen SHK-Betrieb zu verurteilen, wenn er seine Unschuld nicht beweisen kann. Dies ist bei Installationsarbeiten aber kaum durchgängig möglich.
„Erforderlich für die richterliche Überzeugungsbildung ist nicht, dass die Wahrheit mit absoluter Sicherheit feststeht, sondern ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.“