Gasadaptive Verbrennungssysteme

Flexibilität im Heizungskeller Schwankende Gasqualitäten ausgleichen

Im deutschen Energiemix sollen in Zukunft die erneuerbaren Energien den Hauptanteil übernehmen. Ziel ist es, Deutschland künftig unabhängiger von Energieimporten zu machen. Konventionellen Energieträgern kommt jedoch weiterhin eine große Bedeutung zu. So ist Erdgas mit einem Primär-Energieverbrauchsanteil von 21,6 % nach Mineralöl wichtigster Bestandteil des deutschen Energiemix (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie). Und auch im Wärmemarkt ist Erdgas nach wie vor der am häufigsten eingesetzte Energieträger.

Fast die Hälfte des Jahresbedarfs wird im privaten Wohnungssektor für die Raumheizung und die Trinkwassererwärmung verbraucht. Neben Erdgas aus unterschiedlichen Lieferländern werden auch Bio-Erdgas und andere Gase in die deutschen Versorgungsnetze eingespeist. Daraus ergeben sich Schwankungen in der Gasqualität, auf die Brennwertgeräte mit pneumatischem Gas-Luftverbund nicht flexibel reagieren können. Dies kann zu technischen Problemen führen. Im Gegensatz dazu können moderne gasadaptive Verbrennungssysteme die unterschiedlichen Gasqualitäten automatisch ausgleichen.

Umstellung von L-Gas auf H-Gas

In Deutschland sind unterschiedliche Gasqualitäten verfügbar: Im Süden Deutschlands wird H(high)-Gas verwendet, das sich u.a. in seinen Stickstoff- und Kohlenwasserstoffanteilen von L(low)-Gas unterschiedet. L-Gas wird bspw. aus Nordholland in das deutsch-holländische Grenzgebiet eingespeist. Da die holländischen L-Gas-Vorkommen in den nächsten Jahren erschöpft sein werden, wird auch hier langfristig auf H-Gas umgestellt. Dies hat zur Folge, dass bei der überwiegenden Zahl der in Deutschland installierten Gas-Brennwertgeräte, die mit pneumatischem Gas-Luftverbund arbeiten, sukzessive alle Düsen oder Blenden auf H-Gas umgestellt werden müssen. Ein höherer Gasverbrauch und höhere Kosten können dabei nicht ausgeschlossen werden.

Der pneumatische Gas-Luftverbund

Bei einem pneumatischen Gas-Luftverbund wird die Verbrennungsluft durch ein Gebläse angesaugt und kurz vor dem Brenner mit dem Gas vermischt. Um das optimale Mengenverhältnis von Gas und Luft aufrechtzuerhalten, wird die Gasmenge pneumatisch durch den Luft-Steuerdruck an die jeweilige Menge der angesaugten Verbrennungsluft angepasst. Vor Inbetriebnahme muss das Brennwertgerät auf eine bestimmte Gasqualität eingestellt werden. Ändert sich aber die Zusammensetzung, so kann dies beim Betrieb zu Problemen führen: Ein erhöhter Gasverbrauch und eine erhöhte Bildung von Kohlenmonoxid sind ebenso möglich wie eine thermische Überlastung von Komponenten des Kessels, wie z.B. des Brenners.

Mehr Flexibilität und Betriebssicherheit

Um der immer weiter wachsenden Gasvielfalt gerecht zu werden, haben Hersteller neue Systeme entwickelt, die jederzeit und automatisch einen effizienten sowie zuverlässigen Betrieb des Wärmeerzeugers garantieren. So hat bspw. der Heizsystemspezialist Rotex (www.rotex.de) gemeinsam mit Elster Kromschröder (www.kromschroeder.com) das gasadaptive Verbrennungssystem „Lambda-Gx“ für die Gas-/Brennwert-Solarkombination „GCU compact“ entwickelt. Es basiert auf dem „Scot-System“ und wurde speziell auf das Gas-Brennwertsystem von Rotex angepasst. Das System erlaubt die Installation von Brennwertgeräten, ohne den Gas-Luft-Verbund vorher fix einstellen zu müssen. Es benötigt keine zusätzlichen, störungsanfälligen Sensoren, denn als Sensor dient die bereits vorhandene Ionisationselektrode. Diese wurde bisher nur für die Überwachung der Brennerflamme eingesetzt. Jetzt wird mittels der Ionisationselektrode auch das Gas-Luft-Verhältnis gesteuert. Durch die Gasverbrennung werden Ionen erzeugt, die die Flamme elektrisch leitfähig machen. Beim Anlegen von Wechselspannung an die Elektrode fließt daher ein elektrischer Strom, der Ionisationsstrom. Aus diesem kann auf die Qualität der Verbrennung zurückgeschlossen werden. Das Verbrennungssystem misst kontinuierlich (10-mal pro Sekunde) den Ionisationsstrom während der Verbrennung und passt das Gas-Luftgemisch optimal an. Die Höhe des Ionisationsstroms bestimmt, ob die Gasmenge erhöht oder gedrosselt werden muss. Schwankt die Gasqualität, so wird das Gasregelventil in nahezu unbegrenzt kleinen Schritten etwas mehr geschlossen oder geöffnet und die Verbrennungsgüte entsprechend ausgeregelt.

Störungsfreie Inbetriebnahme

Bereits in der Rotex Produktionslinie werden die wichtigsten Einstellungen individuell für jedes Gerät festgelegt. Damit ist eine störungsfreie Installation gewährleistet. Das Startverhalten des Brenners verbessert sich auf diese Weise: Eine allmähliche und elektronisch geregelte Erhöhung der Gasmenge bei zugeschalteter Zündung sorgt für einen geräuscharmen Betrieb. Im Betrieb kalibriert sich das System laufend selbst. Nur beim Wechsel von Erd- auf Flüssiggas wird eine manuelle Umschaltung vorgenommen: Die Einstellung der Gasarmatur kann durch Verstellen einer Klappe einfach geändert werden.

Vorteile für Fachhandwerker und Anlagenbetreiber

Brennwertgeräte mit automatisierter Verbrennungsregelung bringen für das Fachhandwerk sowie die Anlagenbetreiber, aber auch für die Gaswirtschaft, einige Vorteile mit sich. Alle Akteure können so flexibel auf die zukünftig zu erwartenden Schwankungen in der Gasqualität reagieren. Da eine verbrennungsseitige Einstellung der Geräte vor Inbetriebnahme nicht mehr erforderlich ist, werden die Montage und der Service für den Fachhandwerker einfacher und sicherer. Bei einer Umstellung von L-Erdgas auf H-Erdgas müssen keine mechanischen Veränderungen mehr am Gerät vorgenommen werden. Auch Änderungen im Abgassystem werden im laufenden Betrieb automatisch ausgeglichen. Die Anlagenbetreiber profitieren von einem zuverlässigen Betrieb. Die sich ständig selbst kalibrierenden Gas-Brennwertgeräte gewähren eine konstant hohe Effizienz in allen Betriebszuständen. Trotz wechselnder Gasqualitäten kann es daher nicht zu einer schleichenden Verschlechterung im Betrieb kommen. Das führt zu einer gleichmäßigen Brennerbelastung, und der Betreiber kann mit einer längeren Lebensdauer der Anlage rechnen. Auch die Emissionen bleiben auf einem konstant niedrigen Niveau.

Nur alle drei Jahre Prüfung durch den Schornsteinfeger

Für gasadaptive Verbrennungssysteme gelten grundsätzlich die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für Geräte mit pneumatischem Gas-Luft-Verbund. Jedoch ist in der Anlage 1 des Musters der Verordnung über die Kehrung und Überprüfung von Feuerungsanlagen, Lüftungsanlagen und ähnlichen Einrichtungen (Kehr- und Überprüfungsordnung – KÜO) für Gasgeräte mit selbstkalibrierender kontinuierlicher Regelung des Verbrennungsprozesses festgelegt, dass diese Systeme nur noch alle drei Jahre vom Schornsteinfeger überprüft werden müssen. Der BDH hat in einem neuen Rundschreiben vom 11. Februar 2014 Geräte verschiedener Hersteller aufgelistet, die unter diese Regelung der verlängerten Überprüfungsintervalle fallen. Dies sind alle Geräte der Gerätekategorie N. Der Buchstabe N steht für Selbstanpassung der Wärmebelastung und Verbrennungsgüte des Gerätes an den Wobbe-Index-Wert, selbstkalibrierende Regelung, was ein verlängertes Überprüfungsintervall im Sinne der Muster-KÜO erlaubt. So müssen auch sämtliche Modelle der „GCU compact“ von Rotex nur in einem Rhythmus von drei Jahren vom Schornsteinfeger geprüft werden. Die Messung nach 1. BlmSchV entfällt.

Fazit

Gasversorgungskonflikte der letzten Jahre, wie der zwischen dem russischen Konzern Gazprom und der Ukraine, haben gezeigt, wie abhängig Deutschland von ausländischen Gaslieferungen ist. Um solchen Situationen entspannt begegnen zu können, ist eine gewisse Flexibilität der Heizungsanlage vorteilhaft. Daher sind Systeme gefragt, die in der Lage sind, diverse Gasgemische ohne Leistungs- oder Qualitätseinbußen zu verarbeiten. Vollautomatische, gasadaptive Verbrennungssysteme werden diesen Ansprüchen gerecht. Die Systeme kalibrieren sich selbsttätig und passen sich so automatisch den örtlichen Gegebenheiten an. Diese Kalibrationen wiederholen sich zyklisch, so dass sich ändernde Umgebungsbedingungen kontinuierlich ausgeglichen werden können. Sowohl das Fachhandwerk als auch die Anlagenbetreiber und die Gaswirtschaft profitieren von den „Scot-Systemen“, die europaweit mittlerweile über 1,5 Mio. Mal installiert sind.

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