Die Kehrseite einer Wanne
Fertigungstechnik bei Artweger
Wer als Endkunde im Baumarkt eine Duschwanne oder sogar eine Badewanne für unter 100 € findet, der wird sich fragen, aus welchen Gründen ein Markenprodukt eigentlich ein Vielfaches davon kosten muss. Design und Qualität haben eben ihren Preis, doch was macht eigentlich diesen Preisunterschied aus? Welcher Aufwand betrieben wird, um ein herausragendes Design zu kreieren und eine qualitativ hochwertige Wanne oder Dusche herzustellen und welches fertigungstechnische Know-how hierfür erforderlich ist, davon kann man sich bei einem Besuch der Artweger-Produktion im österreichischen Bad Ischl überzeugen.
Die Firma Artweger (www.artweger.at) wurde vor 90 Jahren von Anton Artweger für die Fertigung von Wäscheklammern gegründet. Seit 50 Jahren fertigt das Unternehmen auch Wäschetrockner wie das patentierte Erfolgsmodell „Ruck Zug“ als eigenen Geschäftszweig. Der Einstieg in die Produktion von Badprodukten erfolgte dann im Jahr 1975 mit der Duschabtrennung „Adria“ und einem neuartigen patentierten Türmechanismus. Heute erwirtschaftet das Familienunternehmen mit seinen 260 Mitarbeitern – davon arbeiten 200 direkt am Unternehmenssitz – einen Umsatz von 35 Mio. €.
Doch zurück zum Thema Design, Qualität und Fertigungs-Know-how: Am Beispiel der „Artweger Twinline 2“ – einer Duschbadewanne mit integrierter Duschtür und einem optionalen automatisch absenkbaren Sitz – soll aufgezeigt werden, wie der Weg von der Produktidee in den Köpfen der Entwickler bis zum fertigen Produkt aussieht. Der Ursprung neuer Produkte wie auch der neuen Duschbadewanne liegt in einer interdisziplinären Ideenschmiede mit dem Namen Zukunftswerkstatt. Die Teilnehmer aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens diskutieren gemeinsam mit externen Fachleuten über mögliche zukünftige Entwicklungen nicht nur für den Sanitärmarkt, sondern berücksichtigen auch mögliche gesellschaftliche Entwicklungen vom Umweltschutz über den Materialeinsatz bis hin zu den veränderten Verbraucherbedürfnissen. Besonders zukunftsfähige Ideenansätze werden in Design-Studien oder 3D-Modellen umgesetzt und erneut mit Mitarbeitern aus dem Produktausschuss, den Technikern, dem Marketingteam und unabhängigen Experten besprochen. Diese weiteren Gespräche bieten eine bessere Einschätzung über die Möglichkeiten der Marktreife sowie über die Chancen einer erfolgreichen Vermarktung. Die Zielsetzung ist es, möglichst viele Erfahrungen, kreative Ideen und breites Know-how für zukünftige Produkte zu bündeln.
Innovative Produktion
Dies war auch der Werdegang der „Twinline“ von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt im Jahr 2006. Die Herstellung der „Twinline 2“ erfolgt seit 2010 auf einer eigens entwickelten, vollautomatischen Produktionsanlage im Werk Bad Ischl. Hierzu werden die vorgefertigten Acrylwannen auf einem Stützkern fixiert und über Förderbänder innerhalb der Anlage transportiert. Von einem Roboter wird in einer abgeschlossenen Sprühzelle die Polyurethanverstärkung vollautomatisch und exakt in mehreren Schichten auf die Wanne aufgebracht. Nach einer Abkühlstrecke wird die Wanne im nächsten Arbeitsschritt in einem Bearbeitungszentrum weiter bearbeitet, vorhandener Materialüberschuss wird entfernt, die Wannenränder gefräst und die Ab- und Überlaufbohrungen passgenau hergestellt. Am Ende der Arbeitsschritte wird jede Wanne nach vorgegebenen Prüfplänen kontrolliert, bevor die Anbauteile montiert und die abschließende Endkontrolle vor dem Verpacken durchgeführt wird. Die gesamte Produktionsanlage für die „Twinline“ und die Verbundtechnik „ARTcompound“ wurde von Artweger entwickelt. Als zusätzliche Hilfe wurde für die „Twinline 2“ ein neuer Komfort-Hebesitz entwickelt. Der Sitz erleichtert das Niedersetzen und Aufstehen und ist vollständig in die Wanne integriert. In der Ausgangsposition ist die Rückenlehne aufrecht gestellt und beim Absenken neigt sich die Lehne langsam und gleichmäßig nach hinten. So ermöglicht der Sitz eine bequeme Körperhaltung beim Baden.
Design, Qualität und hohe
Fertigungstiefe
Neben der neuentwickelten Technik überzeugt die Duschbadewanne auch durch das Design. Seit 1997 ist das Design ein fester Bestandteil bei der Entwicklung von allen Produkten aus dem Sortiment. Die „Twinline 2“ wurde in den letzten zwei Jahren mit sieben Design-Preisen ausgezeichnet – vom Golden IF-product-design award 2011 bis zum DME Design Management Award. Der DME-Award ist der einzige Designwettbewerb in Europa, der nicht nur die Produktgestaltung, sondern den nachhaltigen Umgang eines Unternehmens mit Design würdigt. Bewerber müssen beweisen, dass Design ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie und im Entwicklungsprozess verankert ist. Auch die „Twinline 1“ und andere Produkte wie die Dampfdusche „Body+Soul“ wurden für ihr Design bereits mehrfach prämiert.
Zur Philosophie des Unternehmens zählt auch eine ständige Qualitätskontrolle vor, während und nach der Produktion, die Neuentwicklung von innovativen Arbeitstechniken wie die Klebetechnik sowie eine größtmögliche Unabhängigkeit in der Fertigung. Die Konstruktionsabteilung, Werkzeugbau, Kunststofftechnik; Aluminiumbearbeitung, Pulverbeschichtung, Tiefziehtechnik und ein breiter Maschinenpark bieten eine flexible Produktionsmöglichkeit mit den eigenen Kapazitäten. Dabei werden schon während der laufenden Produktion ständig Qualitätskontrollen aller Produkte nach vorgeschriebenen Normen und eigenen Ansprüchen vorgenommen. Neben der Qualitätssicherung steht auch die Entwicklung von neuen Verfahren wie die Klebetechnik für Scharniere im Vordergrund. Die zertifizierte Artweger-Klebetechnik für alle Produkte wird von den Mitarbeitern an eigens konzipierten Klebetischen in reiner Handarbeit vorgenommen. Dabei werden von der Abteilung Qualitätssicherung regelmäßig Klebeproben zur Prüfung, Dokumentation sowie für Belastungs- und Langzeittests entnommen.
Heute schon an morgen denken
Für die Partner im Sanitärhandwerk bietet Artweger regelmäßig Schulungs- und Weiterbildungsprogramme an – nicht nur produktbezogen, sondern auch zur aktiven Verkaufsunterstützung. Diese Veranstaltungen finden deutschlandweit und zentral am Unternehmensstandort in Bad Ischl mit internen und externen Referenten statt. Zur internen Motivation der Mitarbeiter bietet das Unternehmen gezielt Programme zur Fitness- und Gesundheitsförderung an. Unter dem Motto „Älter werden – Zukunft haben“ werden die Arbeitsplätze zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Mitarbeiter auch im höheren Alter überprüft. Hierzu gehören Schulungsprogramme von Gesundheitsexperten zu Themen wie Rückengesundheit, Entspannungsübungen, richtiges Heben und Tragen oder ein rauchfreies Leben, die allen Mitarbeitern zu Gute kommen. Aber auch an den Nachwuchs wird gedacht. Um die Begeisterung bereits von Grundschülern für Technik zu wecken, stattet Artweger die Schulen im Salzkammergut mit Technikboxen aus. Der Baukasten bietet über 100 Experimentier- und Arbeitsanregungen, ist kindgerecht und entsprechend der Lehrpläne aufbereitet.