Energiesparen als Maxime
Wärmepumpen-Kaskade nutzt Sonne, Luft und Erdreich
Geringe Betriebskosten sichern Wertanlage
Durchdachtes Energiekonzept mit Weitblick
Durch eine Wärmepumpen-Kaskadenanlage, Erdwärmesonden in 100 m Tiefe und thermisch aktivierter Decken werden 102 Wohnungseinheiten des neuen Kubox-Quartiers auf dem historischen Ruinenberg in Potsdam beheizt und gekühlt. Durch die weitestgehend alleinige Nutzung regenerativer Energien bietet sich das Wohnungsobjekt als langfristige Wertanlage an. Die niedrigen Betriebskosten reduzieren die Heizkosten auf ein Minimum.
Spielte der Ruinenberg in unmittelbarer Nähe zum Park Sanssouci bereits zu Zeiten Friedrichs des Großen eine prominente Rolle als Kaserne, stellt das Areal mit den neuerrichteten Kubox-Appartments heute eines der ambitioniertesten nachhaltigen Wohnungsbau-Projekte in ganz Deutschland dar. Der Grund hierfür: Eine innovative Heiztechnik auf Basis regenerativer Energien. Diese war nämlich Voraussetzung für das anspruchsvolle Ziel des Oldenburger Immobilienunternehmens Norddeutsche Boden AG. Denn das Unternehmen hatte das Wohnungsobjekt vorrangig unter dem Aspekt einer langfristig wertsichernden Anlage für Privatanleger geplant und gebaut, weshalb der Fokus unter anderem auch auf der Erstellung eines zukunftsfesten Energiekonzepts lag. Nachdem ein Planungsbüro dieses Konzept nach den hohen energetischen Vorgaben entsprechend realisierte, sah es dann auch eine 30 % höhere Energieeffizienz vor, als die aktuelle Energieeinsparungsverordnung (EnEV 2009) vorschreibt. Zudem sollte eine Heizungsanlage die vollständige Wärmeversorgung der drei einzelnen Wohneinheiten des Quartiers mit 32, 38 und noch einmal 32 Wohnungen in drei Etagen mit insgesamt 5000 m² nahezu unabhängig von fossilen Energieträgern gewährleisten.
Betonkern- und Deckenaktivierung
Umsetzung erfuhr das ambitionierte Energiekonzept durch eine sogenannte Betonkern- und Deckenaktivierung. Hierbei nutzt eine hocheffiziente Wärmepumpen-Kaskadenanlage zum einen das Gebäudefundament als Speicher für Wärme, die dann vor allem bei niedrigen Temperaturen effektiv genutzt werden kann. Zum anderen versorgt die Heizungsanlage die einzelnen Wohnungen mittels Deckenaktivierung direkt über die Geschossdecken mit Wärme. Möglich macht dies ein Rohrsystem in den Betondecken der Wohneinheiten, die somit die Aufgabe einer konventionellen Raumheizung übernehmen. Statt aber Wärme wie ein Heizkörper über zirkulierende Luft zu verteilen, wird die Wärme via Wärmestrahlung übertragen.
Heizanlage und Regelungssystem
Damit Betonkern- und Deckenaktivierung funktionieren, musste zuvor auch die notwendige energetische Voraussetzung gegeben sein. Denn auf das Heizungssystem, welches die Wärme zur Aktivierung liefern sollte, kamen in der Umsetzung des energetischen Konzepts mehrere schwierige Aufgaben zu: Zum einen sollte es die notwendige Energiemenge erzeugen, die zur Wärmeversorgung der Gebäude nötig war. Zum anderen sollte diese Energie fast ausschließlich aus Erneuerbaren Energien gewonnen werden und zuletzt musste die Heizungsanlage auch ein Regelungssystem bereitstellen, welches die verschiedenen Wärmeanforderungen verarbeiten und bedienen konnte.
„Aufgrund der hohen energetischen Anforderungen haben wir uns letztlich für eine hocheffiziente Sole/Wasser-Wärmepumpe in Kombination mit einer Hybrid-Wärmepumpe aus dem Hause MHG (www.mhg.de) entschieden. Keine andere Lösung hätte die Vollversorgung aller 102 Wohnungen bei vergleichbar niedrigen Betriebskosten alleine auf Grundlage erneuerbarer Energien gewährleisten können“, so Heizungsinstallateur Martin Böcker.
Auf dieser Entscheidungsgrundlage konzipierte die Firma Martin Böcker OHG gemeinsam mit den MHG Wärmepumpen-Spezialisten eine Wärmepumpen-Kaskadenanlage bestehend aus einer „ThermiStar SZ“ bei B0/W35 mit einer Heizleistung von 82 kW (COP bis 4,43) und einer „ThermSelect“ bei B0/W35 mit 45,4 kW (COP bis 4,40). Die zur Versorgung der Sole/Wasser- und der Hybrid-Wärmepumpe benötigten Erdwärmesonden wurden in 100 m Tiefe über drei Felder zu je fünf Sonden in einem Abstand von jeweils 5 m vertikal eingelassen. Das besondere an der Kaskadenanlage: Je nach Außentemperatur schaltet das Regelungssystem der „Thermselect“ auf die effizientere Sole/Wasser oder Luft/Wasser Funktionsweise um, was sich dementsprechend auch bei den Energiekosten niederschlägt. Daneben nehmen die beiden Wärmepumpen der Kaskadenanlage auch unterschiedliche Aufgaben wahr: Die Sole/Wasser-Wärmepumpe „ThermiStar SZ“ deckt durchgängig die Grundlast des Heizbetriebes, wogegen die „ThermSelect“ die Warmwasserbereitung übernimmt. Letztere kann in der Übergangszeit und im Sommer auf die wärmere Außenluft als Energiequelle umschalten. Bei einer besonders hohen Auslastung der Sole/Wasser-Wärmepumpe, wie z. B. im Winter, unterstützt die „ThermSelect“ zusätzlich den Heizbetrieb. Dank dieser effektiven Wirkungsweise erreicht die Wärmepumpen-Kaskadenanlage mit einer Jahresarbeitszahl von 4,7 einen Top-Wert.
Für die Bereitstellung von Trinkwarmwasser haben die Heizungstechniker in jedem Haus einen Hygienespeicher mit einem Fassungsvermögen von jeweils 1500 l eingerichtet, der Trinkwasser im Durchfluss erwärmt. An jedem Speicher ist zusätzlich eine separate thermische Solaranlage angeschlossen. So werden Verteilungsverluste durch eine zentrale Solaranlage verringert. An Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung können die Betriebskosten der Heizanlage so auf ein Minimum reduziert werden. Für den Heizbetrieb wird der Vorlauf im zentralen Technikraum auf eine einheitliche witterungsgeführte Vorlauftemperatur geregelt. Pro Haus ist ein Heizkreis vorgesehen.
Für das effiziente Energiesparen wurde auf vielfältige Details geachtet: „Die drei Heizkreise sind so aufeinander abgestimmt, dass alle die gleiche Rücklauftemperatur haben“, berichtet Martin Böcker. Für den Heizbetrieb mit den Wärmepumpen stehen drei Leistungsstufen zur Verfügung. Die „ThermiStar SZ“ hat zwei Stufen mit je 41 kW. Als dritte Stufe kann die „ThermSelect“ zugeschaltet werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen jedoch, dass die „ThermiStar SZ“ die Wärmeanforderungen allein bewältigen kann und die zweite Verdichterstufe nur an sehr kalten Tagen zuschalten muss.
Kühlfunktion als Plus
Zur Wärmeverteilung wurde der Betonkern der Geschossdecken thermisch aktiviert. Auf diese Weise nutzt man die mit Leitungen durchzogenen Decken als Heizflächen und kann auf herkömmliche Konvektionsheizkörper verzichten. Aufgrund der großen Übertragungsflächen können geringe Vorlauftemperaturen gefahren werden. Die große Speichermasse wirkt ausgleichend auf den Tagesverlauf der Raumtemperatur. „Durch die innovative Deckenaktivierung benötigen wir deutlich weniger Heizleistung, was sich natürlich positiv in der Energiebilanz niederschlägt“, freut sich auch Simone Backhaus, Dipl.-Ing und Gebäudeenergieberaterin bei dem Planungsbüro Solarplan. Ein weiteres Plus: Im Sommer übernehmen die Decken der Wohnungsquartiere dann zusätzlich eine Kühlfunktion. Dabei wird das Erdreich genutzt, ohne dass die Verdichter der Wärmepumpen in Betrieb gehen müssen. Über einen zusätzlichen Wärmetauscher zur passiven Kühlung wird die Wärme aus den Decken direkt an die Sole übertragen. Die Erdwärmesonden geben die Wärme an das Erdreich ab.
Die im Kühlbetrieb in das Erdreich eingebrachte Wärme wird in der Heizperiode teilweise zurück gewonnen, was wiederum die Arbeitszahl der Anlage verbessert.
Zusammenspiel
Für das optimale Zusammenspiel von Hybrid-Wärmepumpe, Sole/Wasser-Wärmepumpe, Erdwärmesonden, Heizkreisen, Pufferspeicher und Solarthermie-Kollektoren hat die MHG Heiztechnik ein komplexes Regelungskonzept aufgestellt. Dieses sorgt mittels mehrerer Regler dafür, dass zur Bedienung der Wärmeanforderungen immer nur so viele Module in Betrieb sind, wie nötig. Das spart Energie und trägt zur Betriebssicherheit bei. Mit den serienmäßig in den Wärmepumpen „ThermSelect“ und „ThermiStar SZ“ enthaltenen Reglern konnte die Regelung der Heizkreise und der passiven Kühlung realisiert werden. Weiterhin werden die Quellenpumpen und die Außeneinheit der „ThermSelect“ angesteuert. Zur Regelung der Speicher für die Trinkwarmwasserbereitstellung wurde in jedem Haus ein weiterer Regler installiert. Jeder dieser zusätzlichen Regler übernimmt die Regelung einer Solaranlage und einer Trinkwasserzirkulation. Wenn der solare Ertrag nicht ausreicht, stellt der Speicher eine Wärmeanforderung an die „ThermSelect“. Durch diese Regelungstechnik, bei der alle Regler über einen Datenbus verbunden sind und miteinander kommunizieren, gelingt eine an dem Bedarf ausgerichtete Wärmeerzeugung. Ein weiterer Vorteil ist, dass alle Regler per Internet bedient werden können, denn in den Datenbus ist auch ein Web-Server integriert, der einen Fernzugriff ermöglicht. So kann ein Heizungsfachmann ungünstige Betriebszustände und Störungen frühzeitig erkennen und schon aus der Ferne eingreifen.
Geringe Heizkosten
Die installierte Anlage liefert mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 4,7 sehr hohe Effizienzwerte und erfüllt damit auch die hohen energetischen Anforderungen, die das Planungsbüro zu Beginn des Bauprojektes im Energiekonzept zugrunde gelegt hat. Die Betriebskosten belaufen sich auf rund 15 000 € pro Jahr. Bei einer konventionell mit Gas betriebenen Anlage hätten dagegen über 20 000 € pro Jahr in Ansatz gebracht werden müssen. Mark Bettermann, Dipl.-Ing. bei der MHG Heiztechnik, freuen diese Zahlen ebenfalls: „Gegenüber einer Anlage mit fossilen Brennstoffen gehen wir in unseren Berechnungen von einer Kostenersparnis von über 25 % und einer Einsparung von über 45 % bei der Primärenergie aus“.
Fazit
Das Projekt zeigt, dass eine nachhaltige und effektive Wärmeerzeugung mittels innovativer Speichertechniken auch bei großen Wohnanlagen nahezu vollständig ohne fossile Energieträger funktioniert. Durch den Einsatz hochwertiger und langlebiger Materialien mit geringem Wartungsaufwand und einer vielfach erprobten Technik sind auch alle Voraussetzungen einer wertsichernden Kapitalanlage erfüllt. Angenehmer Nebeneffekt: Die Warmmieten für die Ein- bis Dreizimmerwohnungen der Kubox-Appartments betragen preisgünstige 280 bis 690 €.