Schutz basiert auf vier Säulen
Leitungswasser gehört in Deutschland zu den am strengsten kontrollierten Lebensmitteln und ist sehr sicher – zumindest, wenn die Leitungen auf dem Stand der Technik sind und das Wasser regelmäßig fließt. Doch was passiert, wenn Wasser länger in den Leitungen und Armaturen steht, z. B. während einer mehrwöchigen Reise?
Das Robert-Koch-Institut erfasst die in Deutschland gemeldeten Fälle von Legionärserkrankungen. Studien schätzen, dass die tatsächliche Zahl aber deutlich höher liegt.
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Steril ist auch das streng geprüfte Leitungswasser nicht: In stagnierendem Wasser können sich darin befindliche Bakterien wie Legionellen, E. coli und andere coliforme Bakterien, Enterokokken und Pseudomonas aeruginos sowie Parasiten und weitere Keime vermehren und für Menschen gesundheitsschädliche Konzentrationen erreichen. Doch wie groß ist das Problem?
Zahlen zu Infektionen
Das Robert-Koch-Institut meldet für das Jahr 2022 in Deutschland 1.461 Fälle von Legionellose, die in der schwerer verlaufenden Form mit Lungenentzündung (Pneumonie) als Legionärskrankheit bekannt ist [1]. Das entspricht einer Meldeinzidenz von 1,8 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner und liegt damit unter dem Durchschnitt der für 2021 gemeldeten 2,4 Fällen pro 100.000 Einwohner in der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum [2]. Doch nicht in jedem Fall von Pneumonie wird auf eine Legionellen-Infektion getestet – es ist also von einer Untererfassung auszugehen. Studien schätzen die tatsächliche Inzidenz auf etwa 18 bis 36 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner [3]. Gerade für Menschen mit einem geschwächtem Immunsystem ist eine Infektion gefährlich.
Auch EFH sind betroffen
Oft verbinden Installateure das Risiko einer Gesundheitsgefährdung durch Legionellen und andere Keime nur mit Großanlagen. Doch auch Einfamilienhäuser (EFH) können betroffen sein – sie werden jedoch nur sehr selten getestet und Erkrankungen werden eher nicht mit einer Verschmutzung des Trinkwassers in Verbindung gebracht. Zum Schutz der Verbraucher sollten die folgenden Punkte berücksichtigt werden, um die Trinkwassergüte in haustechnischen Anlagen aufrechtzuerhalten:
1. Wasser muss fließen
Dieser Grundsatz wurde schon im antiken Rom berücksichtigt und hat über die Jahrtausende nicht an Bedeutung verloren. Es gilt also, Stagnation und „tote Strecken“, in denen Wasser steht, zu vermeiden. Gemäß der Norm DIN EN 806, die Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen kodifiziert, gilt: Eine über einen längeren Zeitraum (7 Tage nach DIN EN 806-5) nicht genutzte Trinkwasser-Installation ist eine nicht bestimmungsgemäß betriebene Trinkwasser-Installation.
Durch die Vermeidung von Wasserstagnation, die korrekte Dimensionierung der Trinkwasseranlagen, die Einhaltung sicherer Temperaturen sowie die regelmäßige Wartung und Inspektion kann das Risiko einer Kontamination durch gesundheitsschädliche Keime erheblich reduziert werden. Im Bild zu sehen: Armatur Grohe Eurosmart Cosmopolitan E Bluetooth, Infrarot-Elektronik Grohe Eurosmart Cosmopolitan E Special für Brausethermostat (im Hintergrund links), Betätigungsplatte Grohe Tectron Bau E (im Hintergrund rechts).
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Eine gängige Faustformel ist die 72-Stunden-Regel: Ist an einer Entnahmestelle bis zu 72 Stunden lang kein Wasser entnommen worden, muss laut VDI/DVGW-Richtlinie 6023 anschließend mit Warm- und Kaltwasser gespült werden. Wichtig dabei: Es müssen alle Entnahmestellen gleichzeitig geöffnet sein, um eine ausreichend starke Durchströmung der Verteilleitungen zu gewährleisten. Im Privathaushalt ist dies noch recht einfach umzusetzen, in einem Bürogebäude ist der Hausmeister dafür lange unterwegs. Bei mehr als 72 Stunden bis zu maximal vier Wochen ohne einen Wasserwechsel sind alle Armaturen gemäß DIN EN 806-5 für fünf Minuten vollständig zu öffnen. Bei mehr als sieben Tagen und bis zu sechs Monaten Betriebsunterbrechung ist eine mechanische Reinigung gemäß dem DVGW-Arbeitsblatt 557 „Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen“ durch einen Fachbetrieb notwendig. Bei mehr als sechs Monaten ohne Wasserwechsel muss die Hauptsperrarmatur geschlossen und die Leitung entleert werden.
Einen regelmäßigen Wasseraustausch können auch elektronisch gesteuerte Armaturen mit Zwangsspülung gewährleisten. Bei allen Infrarot-gesteuerten Produkten von Grohe können Auslösezeit und Spüldauer so eingestellt werden, dass bedenkliche Stagnationszeiten nicht überschritten werden.
2. Berechnung der Trinkwasseranlage und Auswahl geeigneter Zapfstellen
Eine Berechnung der Rohrdimensionierung nach DIN 1988 Teil 300 ist unerlässlich, um die Wassermenge in der Anlage zu minimieren und damit einen schnellen Wasseraustausch zu garantieren. Bei der Auswahl der Zapfstellen sollte darauf geachtet werden, dass Armaturen und Duschsysteme zur Anwendung kommen, die so wenig Wasser wie möglich verbrauchen.
3. Einhaltung von sicheren Temperaturen
Die Einhaltung sicherer Temperaturen ist ebenso wichtig wie die Vermeidung von Stagnation und nicht genutzten Leitungsabschnitten. Bei Temperaturen zwischen 25 und 55 °C fühlen sich Wasserkeime ausgesprochen wohl. Um eine schnelle Vermehrung zu vermeiden, sollte im gesamten Netz eine Warmwassertemperatur von mindestens 55 °C eingehalten werden und Kaltwasser innerhalb von 30 Sekunden mit einer Temperatur von höchstens 25 °C an der Zapfstelle ausfließen, nachzulesen in DIN 1988-200 und VDI/DVGW-Richtlinie 6023. Da es bei den genannten Warmwassertemperaturen schnell zu Verbrühungen kommen kann, empfiehlt es sich, thermostatische Mischventile an den Zapfstellen einzuplanen, um Nutzer zu schützen.
Die Gewährleistung der Trinkwasserhygiene in haustechnischen Anlagen ist von entscheidender Bedeutung, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Die Wasserführung der Infrarot-Armatur Grohe Bau Cosmopolitan E wurde so optimiert, dass Kalt- und Warmwasser perfekt gemischt und Toträume minimiert werden.
Quelle: Grohe
Durch die Anforderung, dass die genannten Temperaturen binnen 30 Sekunden nach dem vollen Öffnen einer Armatur zu erreichen sind und kein Wasser in der Leitung stagnieren soll, werden heutzutage die Rohrleitungen gerne durchgeschleift. Dadurch stagniert das Wasser auch an seltener genutzten Entnahmestellen nicht. Diese Art der Verlegung ist im Kaltwasserbereich sinnvoll, jedoch muss im Warmwasserbereich darauf geachtet werden, dass keine thermische Brücke zum Kaltwassersystem entsteht. Gerade Brause- oder Wannenarmaturen können als Wärmebrücke zum Kaltwasseranschluss wirken und erwärmen diesen so auf hygienisch bedenkliche Temperaturen. Auch wenn entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik installiert wird, kann die normativ geforderte Obergrenze von 25 °C hier mitunter nicht eingehalten werden. Die thermische Entkopplung der Entnahmearmaturen löst dieses Problem.
4. Absicherung und Wartung der Trinkwasseranlage
Dies ist eine Grundvoraussetzung für den dauerhaften Erhalt der Trinkwassergüte. Sicherungseinrichtungen der Schutzmatrix müssen gemäß DIN EN 1717 erfolgen. Auch eine routinemäßige Wartung und Inspektion der Trinkwasseranlage nach DIN EN 806-5 kann helfen, die Trinkwassergüte auf Dauer zu sichern.
Fazit
Die Gewährleistung der Trinkwasserhygiene in haustechnischen Anlagen ist von entscheidender Bedeutung, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Durch die Vermeidung von Wasserstagnation, die korrekte Dimensionierung der Trinkwasseranlagen, die Einhaltung sicherer Temperaturen sowie die regelmäßige Wartung und Inspektion kann das Risiko einer Kontamination durch gesundheitsschädliche Keime erheblich reduziert werden. Installateur und Betreiber sollten stets die aktuellen Normen und Richtlinien im Blick behalten, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und dauerhaft eine hohe Trinkwassergüte sicherzustellen.
Literatur:
Robert-Koch-Institut (2024): Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2022. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2022.pdf.
European Centre for Disease Prevention and Control (2023): Legionnaires‘ disease - Annual Epidemiological Report for 2021. https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/legionnaires-disease-annual-epidemiological-report-2021 .
von Baum H, Ewig S, Marre R et al., Competence Network for Community Acquired Pneumonia Study Group (2008): Community-acquired Legionella pneumonia: New insights from the German competence network for community acquired pneumonia. Zitiert nach Robert-Koch-Institut (2021): RKI-Ratgeber Legionellose.