Grauwasser sinnvoll nutzen
Lösungen für mehr Trinkwasserschutz und Energieeffizienz
Steigende Temperaturen, sinkende Grundwasserspiegel und zunehmende Wasserrationierungen stellen neue Anforderungen an den Umgang mit Trinkwasser. Dehoust und das Ingenieurbüro Nolde setzen auf die Aufbereitung von Grauwasser mit dem Ziel, den Trinkwasserverbrauch zu senken, Abwärme zu nutzen und stabile Betriebswasserquellen zu schaffen.
Bei Grauwasseranlagen setzt Dehoust auf mechanisch-biologische Filterung. Im ersten Schritt erfolgt die Grobfiltration. Danach werden organische Schmutzstoffe wie Duschgel oder Seife durch Abwasserbakterien aerobisch-biologisch abgebaut. Bei der Ultrafiltration reinigt der Membranfilter das vorbehandelte Grauwasser.
Bild: Dehoust
Trinkwasser einsparen ist eine der wichtigsten, aber auch eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Dürreperioden und Ernteausfälle sind längst zur neuen Realität geworden. In Südeuropa häufen sich die Trinkwasserrationierungen. Auch Deutschland kennt Bewässerungsverbote. Eine Möglichkeit, den hausinternen Trinkwasserverbrauch zu senken, ist das Recyceln von Grauwasser.
Dehoust arbeitet an der Weiterentwicklung seiner Technik zur Grauwasseraufbereitung und strebt weitere Verbesserungen an. Dazu kooperiert das Unternehmen mit dem Ingenieurbüro Nolde – Innovative Wassersysteme GmbH, das seit vielen Jahren Lösungen für den nachhaltigen Umgang mit Trinkwasser und die Aufbereitung von Wasser bietet. Nolde entwickelte ein eigenes Grauwasseraufbereitungssystem mit integrierter Wärmerückgewinnung sowie eine internetbasierte Softwarelösung zur Anlagensteuerung, -überwachung und -monitoring. Diese Lösung reinigt das Grauwasser mittels mehrstufigem Wirbelbettverfahren. Dehoust ist bereit, die künftige Realisierung derartiger Anlagen auf der Grundlage des Systems Nolde mit oder auch ohne Wärmerückgewinnung durchzuführen. Gleichzeitig wird das Leimener Unternehmen weiterhin auch die eigene Membrantechnologie vertreiben. Ziel der Kooperation ist es, gemeinsam auf Basis der Technologien beider Partner ein modular einsetzbares Plug & Play System zu schaffen und so einen breiteren Markt zu bedienen.
Im Gespräch mit Andreas Bichler, CEO von Dehoust und Diplom-Ingenieur Erwin Nolde erläutern die Experten die Vorteile der Grauwasseraufbereitung für eine nachhaltige Nutzung der Ressource Trinkwasser.
Herr Nolde, die von Ihnen entwickelte Grauwasseraufbereitungsanlage arbeitet mit dem Wirbelbettverfahren, während die „GWtec“-Anlage von Dehoust auf Ultrafiltration mit Membrantechnologie setzt. Worin unterscheiden sich diese beiden Verfahren?
Erwin Nolde: Bei beiden Verfahren wird das Grauwasser zunächst rein biologisch behandelt, so dass nahezu alle biologisch abbaubaren Stoffe abgebaut werden. Dem mehrstufigen Wirbelbettverfahren ist dann anstelle der Membran ein automatisch rückspülbarer Sandfilter und eine UV-Desinfektion nachgeschaltet, was der Funktion der Membran weitgehend entspricht. Hinsichtlich der Wasserqualität sind beide Verfahren – richtig dimensioniert – gleichwertig. Eine gut durchdachte Grauwasseranlage zeichnet sich durch ihre Zuverlässigkeit und Langlebigkeit bei insgesamt niedrigen Betriebskosten im Praxisbetrieb aus – und nicht durch herausragende Werte unter kurzzeitigen Laborbedingungen mit synthetischen hergestellten Grauwasser, wie es bei einigen Zertifizierungen noch der Fall ist.
Dipl. Ing. Erwin Nolde, Geschäftsführer von Nolde, entwickelt seit Jahrzenten Systeme zur Grauwasseraufbereitung.
Bild: Daniel Mais
Derzeit kann das aufbereitete Grauwasser zur Speisung der Waschmaschine, der Toilettens-
spülung oder auch zum Gießen der Blumen verwendet werden. Sehen Sie zukünftig die Möglichkeit, auch die Dusche oder die Spülmaschine mit Grauwasser zu versorgen?
Andreas Bichler: Das Wasser für die Dusche und Badewanne sollte den hygienischen Anforderungen der novellierten europäischen Richtline über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung unterliegen. Mit unseren Anlagen übertreffen wir deren Anforderungen sogar. Auch die Spülmaschine könnte gespeist werden. Dem entgegen steht die Gesetzgebung, die in diesen Bereichen nur die Verwendung von Trinkwasser zulässt. Ein Umdenken seitens der Politik ist dringend erforderlich.
Andreas Bichler, CEO von Dehoust, setzt sich für einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Trinkwasser ein.
Bild: Dehoust
In Südeuropa sind Wasserrationierungen bereits gängige Praxis, bedingt durch Dürre und sinkende Grundwasserspiegel. Auch in Deutschland steigen die sommerlichen Hitzerekorde. Ist ein grundlegender Wandel im Umgang mit Wasser notwendig?
Erwin Nolde: Ja, natürlich. Trinkwasser ist unser Lebensmittel „Nummer Eins“ – und Lebensmittel gehören nicht in die Toilette. Wenn man bedenkt, dass ca. 70 % des abgegebenen Wassers eines kommunalen Wasserversorgers in den Wohnbereich geliefert wird, wünsche ich mir schon lange, dass hier – ähnlich wie im Energiebereich– Trinkwassersparmaßnahmen zur Pflicht werden. Diese müssten klar in Bauordnungen oder Bebauungsplänen fest vorgeschrieben werden. Grauwasser als zuverlässige, sich ständig erneuerbare Wasserquelle liefert nach entsprechender Aufbereitung auch in längeren Trockenperioden immer ausreichend Betriebswasser für das WC und die Waschmaschine. Werden neben Dusch- und Badewasser weitere Quellen genutzt, kann das Betriebswasser auch erfolgreich in Gewächshäusern zur Nahrungsmittelproduktion etc. eingesetzt werden. In dem vom BMBF geförderten Projekt Roof Water-FARM konnte gezeigt werden, dass das mit unserem Recyclingwasser produzierte Gemüse und sogar der Fisch von ausgezeichneter Qualität waren.
Die Förderung von Grau- und Regenwasseraufbereitung ist nur in wenigen Landkreisen üblich. Wünschen Sie sich mehr Achtsamkeit der Politik gegenüber der Trinkwassernutzung?
Andreas Bichler: Ja, ganz klar. Es ist an der Zeit, wenn nicht überfällig, dass die Politik die entsprechenden Vorgaben erschafft und zeigt, dass sie hinter dem Grauwasserrecycling steht. Es gibt bereits Länder wie Frankreich, Chile und auch Spanien, welche die Wasserwiederverwendung vorschreiben bzw. in naher Zukunft vorschreiben werden. Vielleicht ist der Leidensdruck hier noch nicht groß genug, das sollte die Politik jedoch nicht erst abwarten.
Erwin Nolde: Bei Neubauprojekten konnten wir seit 2010 mehrfach zeigen, dass Grauwasserrecycling mit integrierter Wärmerückgewinnung hervorragend funktioniert. Da bei vielen Altbauten eine energetische Sanierung ansteht, sollte dieses Zeitfenster jetzt unbedingt genutzt werden. Denn wer jetzt neu baut oder saniert und dabei insbesondere im Geschosswohnungsbau kein Grauwasserrecycling mit integrierter Wärmerückgewinnung realisiert, begeht eindeutig eine Bausünde, die später – wenn überhaupt – nur mit deutlich erhöhtem Aufwand korrigiert werden kann.
Ihre Systeme arbeiten energieeffizient durch die integrierte Wärmerückgewinnung. Das GEG verlangt, dass neue Heizsysteme mindestens 65 % regenerative Energie nutzen. Kann die Grauwasseranlage zur Erfüllung dieser Vorgabe beitragen?
Andreas Bichler: Die Wärmerückgewinnung aus Grauwasser ist nicht zu unterschätzen. Hinzu kommt, dass es im Regelfall durchgängig verfügbar ist und nicht von äußerlichen Faktoren wie Wind oder Sonneneinstrahlung abhängt. Mit den neusten Technologien lässt sich hieraus ein erheblicher Beitrag zur regenerativen Wärmegewinnung erzielen.
Mit „Dehoust Connect“ kann der Installateur auf die Anlagendaten zugreifen und diese – auch ortsunabhängig – anpassen.
Bild: Dehoust
Welches Potenzial sehen Sie zukünftig für Grauwasseranlagen in der Trinkwasserversorgung?
Erwin Nolde: Allein die Toilettenspülung und das Wäschewaschen machen ca. 50 % des Trinkwasserbedarfs aus, für beide Anwendungen schreibt der Gesetzgeber keine Trinkwasserqualität vor. Eigene hygienische/mikrobiologische Untersuchungen haben bereits in den 90er Jahren gezeigt, dass kein qualitativer Unterschied zwischen Wäsche, die mit Trinkwasser und Wäsche, die mit Betriebswasser gewaschen wurde, feststellbar ist. Zudem besteht insbesondere in den Städten ein enormer Bedarf an Bewässerungswasser, der durch zusätzliche Grundwasserentnahmen nicht gedeckt werden kann. Für das Grauwasserrecycling bedeutet dies, dass neben dem gering belasteten Grauwasser aus Badewannen und Duschen auch die deutlich höher belasteten Quellen aus Waschmaschinen und Küchen aufbereitet werden sollten, was mit dem mehrstufigem Wirbelbettverfahren bereits seit 18 Jahren erfolgreich praktiziert wird. Hier sind Einsparungen von über 50 % möglich.