Fraunhofer ISE testet reproduzierbare Lösungen

Propan-Wärmepumpe ersetzt Gas- und Ölheizungen in Mehrfamilienhäusern

Demonstrator einer zentral außen aufgestellten Wärmepumpe als Heizungsmöglichkeit für Mehrfamilienhäuser.
Bild: Fraunhofer ISE

Demonstrator einer zentral außen aufgestellten Wärmepumpe als Heizungsmöglichkeit für Mehrfamilienhäuser.
Bild: Fraunhofer ISE
Im Projekt „LC R290“ entwickelt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) anwendbare und reproduzierbare Lösungen für den Ersatz von Gas- und Ölheizungen in Bestands-Mehrfamilienhäusern. Dabei setzt das Institut auf das Kältemittel Propan (R290). Mit einem Konsortium von zwanzig Firmen aus der Heizungsbranche und Wohnungswirtschaft wurden erste Umsetzungskonzepte erarbeitet, die auf der Messe Chillventa vom 8. bis 10. Oktober in Nürnberg einem Fachpublikum präsentiert werden.

Die Konzepte basieren auf Beispielgebäuden, die das Forschungsteam aus dem Portfolio der beteiligten Wohnungsbaugesellschaften ausgewählt hat und die Verschiedenartigkeit des deutschen Gebäudebestands abbilden. Diese Beispielgebäude dienen im Projekt „LC R290“ als Vorlage für die Entwicklung verschiedener Propan-Wärmepumpen in Bestands-Mehrfamilienhäusern. Die Heizlast der Gebäude (Auslegungsheizlast) variiert zwischen 23 und 93 kW und erfordert demnach eine große Bandbreite an Wärmepumpen, auch im hohen Leistungsbereich. Eine besondere Herausforderung liegt laut Fraunhofer ISE im Umgang mit den bestehenden Gasetagenheizungen. Überwiegend kleine Wohnungen im niedrigen Mietpreissegment machen hier die Entwicklung von Lösungen notwendig, die mit einem möglichst geringem Umbauaufwand und wenig Platzbedarf auskommen. Im Projekt werden verschiedene Modernisierungsvarianten für die Beispielgebäude gegenübergestellt und die Vor- und Nachteile hinsichtlich der Anlageneffizienz, der propanbedingten Sicherheitsaspekte und des Umbauaufwands abgewogen.

Lösungen für drei Anwendungsfelder

Im Rahmen des Projekts baut das Team des Fraunhofer ISE mehrere Demonstratoren, um den direkten Austausch von fossilen Heizungsgeräten in Mehrfamilienhäusern durch Wärmepumpen zu erproben. Ein konzeptioneller Ansatz dafür ist eine dezentrale Lösung mit hydraulisch erschlossener Wärmequelle (Geo- bzw. Solarthermie, Fernwärme, Luftkollektor oder Niedertemperatur-Wärmenetz). Hierfür wurde bereits ein erster Demonstrator gebaut und im Labor vermessen. Dabei wurde eine Füllmenge von 150 g Propan (R290) verwendet. „Die geringe Füllmenge von150 g ist ein wichtiger Wert, um das Gefahrenpotenzial beim Einsatz des brennbaren Kältemittels Propan zu minimieren und so den Einsatz der Wärmepumpe in Küchen bzw. Waschräumen, den typischen Einsatzorten, zu ermöglichen“, sagt Projektleiterin Dr. Katharina Morawietz.

Anwendungsfelder des Projekts „LCR290“: Etagenheizung, Zentralheizung im Keller, Wärmepumpen zur Außenaufstellung (Beispielgrafik).
Bild: Fraunhofer ISE

Anwendungsfelder des Projekts „LCR290“: Etagenheizung, Zentralheizung im Keller, Wärmepumpen zur Außenaufstellung (Beispielgrafik).
Bild: Fraunhofer ISE
Der vermessene Demonstrator erzielte bei einer Quellentemperatur von 0 °C und einer Senken-Temperatur von 55 °C eine Heizleistung von 6 kW und zeigt laut Forschungsteam über das Jahr gesehen eine bei Sole-Wasserwärmepumpen marktübliche Effizienz von SCOP55 = 3,8 (Seasonal Coefficient of Performance). Der SCOP dient der Ermittlung der Jahresarbeitszahl einer Wärmepumpe innerhalb verschiedener Betriebszustände, die nach Klimazonen gewichtet sind. Die weiterentwickelte Version des Demonstrators wird vom 8. bis 10. Oktober 2024 auf dem Messestand des Fraunhofer ISE (Halle 4A, Stand 318) bei der Leitmesse für Kältetechnik Chillventa in Nürnberg vorgestellt.

Ein weiterer Lösungsansatz im Forschungsprojekt ist eine zentrale, im Keller aufgestellte Heizungsanlage für Mehrfamiliengebäude. Hierfür wird auch eine hydraulisch erschlossene Wärmequelle (Geo- bzw. Solarthermie, Fernwärme, Luftkollektor oder Niedertemperatur-Wärmenetz) geplant. Für die zentral innen aufgestellte Lösung wurde ebenfalls ein erster Demonstrator gebaut und vermessen. Der Demonstrator hat eine Heizleistung von 29,5 kW erzielt, bei einer Quellentemperatur von 0 °C und einer Senkentemperatur von 55 °C. Über das Jahr gesehen wurde eine Effizienz von SCOP55 = 3,65 ermittelt – mit einer Füllmenge von 830 g Propan. Nach Bekunden des Fraunhofer Instituts legen softwaregestützte Optimierungsrechnungen nahe, dass die Füllmenge auf 800 g Propan reduziert und der SCOP55 auf 3,7 durch Regelungstechnik gesteigert werden könnte (Überhitzungsoptimierung). Dieses Ziel zu erreichen, ist der nächste Schritt im Forschungsprojekt. Der dritte konzeptionelle Ansatz legt eine zentral außen aufgestellte Wärmepumpe als Heizungslösung für Mehrfamilienhäuser zugrunde. Der erste Prototyp einer solchen Lösung befindet sich aktuell in der Vermessung. Erste Ergebnisse werden bis Ende dieses Jahres erwartet.

Ausblick

Die nächsten Projektmonate werden Ergebnisse in einem weiteren wichtigen Forschungsfeld bringen: „Auf dem Außentestfeld des Fraunhofer ISE laufen derzeit Messungen zum Ausströmverhalten von Propan, die Hinweise geben, wie die Sicherheit von Propanwärmepumpen weiter erhöht werden kann“, sagt Dr. Morawietz. Die Menge an Propan soll dazu auf ein Minimum begrenzt werden (s. hierzu auch die Projektergebnisse des Vorgängerprojekts „LC150“).

Zudem stehen im letzten Projektabschnitt Systemmessungen unter praxisnahen Bedingungen an. Ziel ist die Bestimmung der Geräteeffizienz unter Normbedingungen sowie der Funktionsnachweis der Mustergeräte. Hierzu wird das sogenannte „Hardware-in-the-Loop“-Verfahren angewandt. Dabei ist eine reale elektronische oder mechatronische Komponente über ihre Ein- und Ausgänge an ein angepasstes Gegenstück angeschlossen. Die Wärmepumpe liegt dabei als reales Gerät vor. Das dahinterliegende System – das Gebäude bzw. der Nutzer sowie der Warmwasserspeicher – werden dagegen virtuell abgebildet. So sollen aussagekräftige Ergebnisse zum Systemverhalten im Jahresverlauf getroffen und die Funktionsmuster umfassend bewertet werden. Das Projekt „LC R290“ wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert und läuft noch bis Ende Juni 2025.

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