Technologieoffen in die Heizwende
Ein Plädoyer für mehr Technologieoffenheit beim Heizen
Nicht erst seit den massiven Preisanstiegen für fossile Brennstoffe sind Alternativen zum Heizen mehr und mehr gefragt. Gleichzeitig stehen alle Heizarten unter dem Gesichtspunkt der CO2-Bilanz, der Emissionen und der Erneuerbarkeit der Energien auf dem Prüfstand. Dadurch entstehen für die Heizungsindustrie neue Herausforderungen – auch, weil die Politik es der Industrie teilweise schwerer macht als notwendig und dadurch Verbraucher verunsichert.
Die Frage nach dem richtigem Heizsystem ist nicht immer leicht zu beantworten. Gerade im Altbau gibt es diverse Möglichkeiten.
Quelle: SHK Profi
Neben der Klimakrise beherrscht die Energiekrise die Schlagzeilen der letzten Monate. Während die Energiekrise Verbraucher unmittelbar betrifft, wirkt die Klimakrise noch wie eine abstrakte Dystopie. Dabei bekamen die Menschen in einzelnen Regionen Deutschlands bereits die ersten Auswirkungen zu spüren, beispielsweise durch die verheerenden Hochwasser im Sommer 2021.
Dass die globale Erwärmung stark durch den Menschen und den CO2-Ausstoß beschleunigt wird, ist nicht nur wissenschaftlicher, sondern mittlerweile auch gesellschaftlicher Konsens. Die Frage, ob der Klimawandel noch aufzuhalten ist, beschäftigt die Wissenschaft und die Gesellschaft gleichermaßen. Dabei gehen viele Klimaforscher davon aus, dass bis 2030 vier Kipppunkte für das Weltklima erreicht werden könnten, die dieses unumkehrbar beeinflussen. Zwei dieser Kipppunkte betreffen den grönländischen Eisschild beziehungsweise den westantarktischen Eisschild. Die Überschreitung dieser Kipppunkte kann zu einer Kettenreaktion führen, bei der die Eisschilde auch dann weiter schmelzen, wenn sich die Temperatur auf der Erde nicht weiter erhöht. Dies hätte verheerende Folgen für die Bewohner ganzer Regionen. Durch den steigenden Meeresspiegel können ganze Städte und Länder überschwemmt werden. Einzig eine radikale Reduzierung von CO2-Emissionen weltweit kann dies wohl noch verhindern.
Wie heizen gegen den Klimawandel?
Ein besonderes Augenmerk liegt neben der Energiegewinnung auch auf dem Heizen. Es war viele Jahre Konsens, dass die Energiegewinnung in Kohlekraftwerken mit verheerenden Emissionswerten einhergeht. Als Brennstoff zum Heizen in deutschen Wohngebäuden ist die Kohle ohnehin schon seit gut 60 Jahren nahezu ausgestorben. Gerade mal knapp 300.000 Haushalte wurden im Jahr 2020 in Deutschland noch mit Kohle beheizt, Tendenz sinkend. Auch Ölheizungen genießen keinen makellosen Ruf mehr, gelten auch sie als emissionsintensiv. Bei der Stromerzeugung in Atomkraftwerken entsteht zwar kaum CO2, allerdings ist die Bilanz vor und nach der Nutzung alles andere als positiv: Bei der Gewinnung, dem Transport und der Aufbereitung von Uran entstehen erhebliche Emissionen. Nicht zuletzt muss der atomare Müll transportiert und unter strengen Vorgaben eingelagert werden – auch hier sind Emissionen einzukalkulieren. Und die Frage, wo der Atommüll final eingelagert werden soll, wurde bislang auch noch nicht geklärt. Heizen mit Atomstrom ist somit keine nachhaltige Perspektive.
Heilsbringer Wärmepumpe?
Die Wärmepumpe gilt als gangbarer Weg aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Sie eignet sich am besten für Neubauten aller Größen. Dort kann die notwendige Infrastruktur im Gebäude sowie die Dimensionierung von Beginn an effizient eingeplant und berechnet werden. Woher die notwendige Energie kommt, ist eine andere Frage.
Die Wärmepumpe ist ein gutes Instrument, um die Wärmewende voranzutreiben. Allerdings ist sie auch kein Allerheilmittel, welches blind überall eingesetzt werden kann.
Quelle: ClipDealer
Die Politik hat zum Ziel gesetzt, bis 2030 rund 6 Millionen Wärmepumpen einzubauen. Und mit dieser Zahl ist es nicht getan, strebt man den Austausch aller alten klimaschädlichen Heizsysteme an. Allerdings ist die SHK-Branche sich einig, dass dieser Meilenstein nicht ohne weiteres erreichbar sein wird. Dies hat mehrere Ursachen. Zum einen ist der Fachkräftemangel ein großes Problem. Das SHK-Handwerk würde zum Einbau von 6 Millionen Wärmepumpen bis 2030 rund 60.000 zusätzliche Monteure benötigen. In Anbetracht des generellen Nachwuchs- und Fachkräftemangels in allen Handwerksbranchen ist das utopisch. Darüber hinaus sind die Stromnetze gegenwärtig gar nicht in der Lage, die benötigte Energie bereit zu stellen. Insbesondere, wenn man den zusätzlichen Energiebedarf der wachsenden Ladeinfrastruktur für E-Autos berücksichtigt.
Ein weiteres Problem ist, dass sich die Wärmepumpe bei weitem nicht für alle Gebäude eignet. Es gibt in Deutschland circa 19 Millionen Bestandswohngebäude mit ca. 40 Millionen Wohneinheiten. Zwei Drittel der Wohnungen wurden vor 1980 gebaut und gut drei Viertel werden mit Öl oder Gas beheizt. Nur jedes achte Gebäude ist vollsaniert beziehungsweise ein Neubau und dadurch für Wärmepumpen geeignet. Man kann zwar auch in die meisten Bestandsgebäude eine Wärmepumpe einbauen, allerdings müssen die Gegebenheiten genau geprüft werden. Zudem ist nicht jedes Gerät für den Altbau geeignet. Bei solchen Projekten ist es ratsam, den jeweiligen Hersteller mit ins Boot zu holen. Fakt ist, dass nicht jeder Verbraucher seinen Heizkessel durch eine Wärmepumpe ersetzen kann. Es muss häufig die gesamte Infrastruktur ausgetauscht werden, da die Rohre und Heizkörper nicht immer für den Betrieb einer Wärmepumpe geeignet sind. Darüber hinaus sind die Betriebskosten für Wärmepumpen oft starken Schwankungen unterworfen: Steigen die Strompreise, steigen auch die Heizkosten. Ausgenommen sind Anlagen, die PV-Module enthalten und den erzeugten Strom direkt zur Wärmeerzeugung nutzen.
Biomasse: besser als ihr Ruf
Als saubere Alternative für die Stromerzeugung und das Heizen galt lange Zeit die Biomasse. Sie gilt als nahezu CO2-neutral und bietet als nachwachsender Rohstoff eine hohe Versorgungssicherheit. Dennoch werden die Klimaneutralität und Nachhaltigkeit von Biomasse zunehmend von der Politik öffentlich in Frage gestellt. Dies gipfelte nun darin, dass in der geplanten Überarbeitung der Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED II) Atomstrom und Gas als nachhaltig gewertet werden, Holz aber nicht mehr. Dies ist für die meisten Branchenvertreter nur schwer nachvollziehbar und verunsichert Verbraucher.
Auch die Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) stellt moderne Holz- und Pelletfeuerungen im Vergleich zu anderen Technologien schlechter. Bei der Energiegewinnung gibt es ohne Frage effizientere Technologien wie Windkraft und Photovoltaik. Aber beim Umrüsten alter Heizungen mit fossilen Brennstoffen kann der Biomasse eine wichtige Rolle zukommen.
Die ins Feld geführte Luftbelastung durch Biomasseheizungen kann ein Problem sein – sofern der Feinstaub ungefiltert in die Umgebungsluft abgegeben wird. Moderne Biomasseheizkessel sind von Haus sehr effizient und erzeugen dank eines sauberen Abbrands vergleichsweise wenige Emissionen. Zudem ermöglicht es der technologische Fortschritt inzwischen, die Luftbelastung noch weiter zu minimieren: durch Reinigung der Abluft, verbesserten Schornsteinzug sowie Komponenten wie Feinstaubabscheider und Rußsammler. Bei einer Kombination mehrere Komponenten wird aus dem Schornstein ein intelligenter Schornstein. Besonders im Bestand bei älteren Biomasseheizungen helfen die nachrüstbaren Komponenten nicht nur, Emissionen zu reduzieren, sondern auch Brennmaterial einzusparen. Darüber hinaus ist das Umrüsten insbesondere bei bestehenden Ölheizungen meist sehr unkompliziert. Es muss lediglich der Kessel ausgetauscht werden und der alte Stellplatz der Öltanks kann beispielsweise problemlos zu einem Pellet-Lager umfunktioniert werden. Die Infrastruktur im Gebäude, wie Rohre und Heizkörper, kann weiter genutzt werden.
Die Mischung macht’s
Das Verbrennen von Holz und Pellets wird häufig stark diskutiert. Allerdings sind die Energielieferanten besser als ihr Ruf, moderne Technik vorausgesetzt.
Quelle: Kutzner + Weber
Da Neubauten und Bestandsgebäude jeweils ihre eigenen Besonderheiten haben, ist es wenig sinnvoll, sich auf ein einziges Universalsystem für alle Gebäudetypen zu fokussieren. Vieles spricht für die Wärmepumpe. Dieses Heizsystem stößt allerdings insbesondere beim Umrüsten im Bestand häufig an seine Grenzen. Die SHK-Branche ist sich weitgehend einig, dass nur ein Mix aus verschiedenen Systemen, je nach Gebäudetyp und lokalen Gegebenheiten, dauerhaft die Energiewende beim Heizen schaffen kann. Technologieoffenheit ist also gefragt. Die Klimaneutralität beim Heizen bis 2050, wie im Zuge des Green Deal der EU-Kommission gefordert, lässt sich nur realisieren, wenn Wärmepumpe, Hybrid-Heizung, Grüne Gase wie Wasserstoff, Solarthermie und Biomasse rechtlich gleichgestellt werden. So ist sichergestellt, dass Hersteller, Handwerker und Brennstofflieferanten die nötigen Ressourcen haben, um die Energiewende ohne Engpässe umzusetzen. Davon profitiert am Ende nicht nur das Klima.