Brandschutz: Heißes Eisen Kunststoffrohre
Praxisgerechte Anwendbarkeitsnachweise
für die Rohrleitungsinstallation
Die Installation von Rohrleitungen für die Versorgung mit Heizwärme, Trinkwasser, Frischluft und Entsorgung von Abwasser und Abluft gehört für Fachhandwerker zur Kategorie „erstes Lehrjahr“. Doch gerade der bauliche Brandschutz kann die Rohrleitungsinstallation zu einer großen Herausforderung machen – insbesondere die Abschottung und die Abstandsregeln in Schächten. Um hier Baupraxis und Bauordnungsrecht unter einen Hut zur bringen, haben Qualitätshersteller wie Viega für die jeweiligen Kunststoffrohrleitungssysteme eine Vielzahl an Installationsvarianten geprüft. Damit können Fachhandwerker flexibel und abgesichert auf der Baustelle agieren beziehungsweise reagieren.
Was geht und was geht nicht bei der Abschottung von Rohrleitungsinstallationen? Das ist exakt im Anwendbarkeitsnachweis jedes Rohrleitungssystems beschrieben. Exakt heißt: Wie ein Rohr abzuschotten ist, wird für jede konkrete Bausituation definiert. Welche Bauteile von welchem Hersteller verwendet werden dürfen, ist hier genau vorgegeben. Bei Abweichungen davon muss der Fachhandwerker dazu eine Bewertung in seine Übereinstimmungserklärung aufnehmen und wird damit haftender „Hersteller“ der Brandabschottung. Monteure müssen jedoch keine juristische Zusatzausbildung absolvieren. Um bei Rohrabschottungen auf der sicheren Seite zu sein, haben Viega und andere Qualitätshersteller von Rohrleitungen in ihren Anwendbarkeitsnachweisen eine große Bandbreite an Installationsvarianten beschrieben, die zur Wirklichkeit auf der Baustelle passen. Nachfolgend ein paar Lösungsmöglichkeiten am Beispiel der Viega-Produkte.
Mischinstallation mit „Raxofix“
Eine typische Situation bei der Badsanierung beschreibt, wie wertvoll umfangreich geprüfte Brandschutzlösungen für Fachhandwerker sind. Im Bestandsbad sind Kupferrohrleitungen verlegt, eingeschlitzt im Mauerwerk. Da WC, Waschtisch und Dusche komplett neu angeordnet werden sollen, ist der einfachste Weg: die alten Kupferrohre raus, flexible Kunststoffrohre rein. Wenn allerdings die Steigleitung ebenfalls aus Kupfer ist – und davon ist auszugehen – handelt es sich bei der neuen Kombination aus Metall- und Kunststoffrohrleitungen um eine Mischinstallation. Und hierfür gelten besondere Vorgaben für den baulichen Brandschutz, die in einer allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG) geregelt sind. Darin ist beispielsweise festgelegt, welche Rohrmaterialien von welchen Herstellern in welchen Dimensionen miteinander kombiniert werden dürfen. Die Konsequenz: Kunststoffrohre ohne eine aBG für Mischinstallationen sind nicht zulässig. Ein allgemein bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) ist für diese Anwendung nicht ausreichend. Eine mögliche Lösung aus dem Hause Viega: Das Kunststoffrohrleitungssystem „Raxofix“ ist für Mischinstallationen in Verbindung mit allen anderen Viega-Rohrleitungen aus Metall zugelassen – in dem konkreten Fall also mit dem Kupfersystem „Profipress“. Ist in dem erwähnten Sanierungsbeispiel die bestehende Strangrohrleitung aus dem Kupferrohrleitungssystem „Profipress“ hergestellt, kann die aBG direkt angewendet werden. Ist dies im Bestand nicht mehr nachvollziehbar, lässt sich die aBG als Herleitung und Begründung für eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) oder einen Nachtrag im Brandschutzkonzept nutzen. Auch eine Begründung im Rahmen des Abweichungsmanagements ist als letzter Ausweg vorstellbar.
Beliebiger Abzweig vom Strang
Ob im Neubau oder, wie zuvor beschrieben, bei einer Badsanierung – aus Sicht des baulichen Brandschutzes ist der Anschluss der Kunststoffrohrleitung am Steigestrang ein wichtiger Punkt. Denn er wird als Teil der Bauart im jeweiligen Anwendbarkeitsnachweis beschrieben. Häufig werden hier Mindestabstände zur Deckendurchführung angegeben. Diese Abstände sind exakt einzuhalten. Das gilt auch dann, wenn der Übergang von Metall- auf Kunststoffrohr erst hinter einem Absperrventil oder einem Wasserzähler erfolgt. Vorzugsweise werden die Kunststoffrohre jedoch im Fußbodenaufbau verlegt. Daher ist beispielsweise gemäß der aBG für Viega-Mischinstallationen mit „Raxofix“ der Abzweig vom Steigestrang beliebig zu wählen und auch direkt oberhalb oder unterhalb der Betondecke erlaubt. Eine weitere Erleichterung bietet z.B. die aBG von Viega bei der Dämmung der abgehenden Kunststoffrohrleitungen. Statt der oft geforderten einen Meter langen Brandschutzdämmung ab Steigestranganschluss besteht hier lediglich die Vorgabe, alle metallischen Bauteile des Anschlusses mit Mineralwolle zu schützen. Bei dem „Raxofix“-Einsteckstück sind das meist nur ≥ 50 mm. Wird die Etagenverteilung am Ende des Steigestrangs mit einem Bogen angeschlossen, beträgt die Dämmlänge ≥ 150 mm. Anschließend kann also direkt das vorgedämmte „Raxofix“ von der Rolle installiert werden. Nebenbei bemerkt: Bei dieser kurzen Dämmstrecke besteht weniger die Gefahr, dass die Brandschutzdämmung durch nachfolgende Arbeiten beschädigt und so bemängelt wird.
Mehr Flexibilität bei der Wahl der Dämmstoffe
Ergänzend zu der in der aBG von Viega zugelassenen Brandschutzdämmung Rockwool 800 wurden eine ganze Reihe weiterer marktüblicher Schalen und Matten aus Mineralwolle verschiedener Hersteller erfolgreich geprüft. Das macht die Handhabung auf der Baustelle flexibler und kostengünstiger. Darüber hinaus hat der Hersteller jüngst eine weitere geprüfte Brandschutzlösung vorgestellt, die nun die Deckendurchführung in Kernbohrungen ohne kostspielige Spezial-Brandschutzschalen ermöglicht. Mit dieser Brandschutzlösung ist die Durchdringung eines Brandschutzabschnitts aus dem gleichen Material herstellbar, wie es auch für die übliche Rohrdämmung genutzt wird. Der Verschluss von Kernbohrungen wird dabei einfach durch das Zusammendrücken der Dämmung im Bauteil erreicht. Zulässig ist eine Komprimierung um bis zu einem Drittel der Nenndämmstärke. Die komprimierte Dämmung passt sich dann sicher der Bauteillaibung an. Somit entfällt ein Verschluss des Restspalts mit Mörtel oder teurem Brandschutz-Kit.
Null-Abstand im Schacht erlaubt
Die Schachtbelegung ist auf der Baustelle immer ein strittiges Thema. Die Vereinfachungen der Viega-Brandschutzlösungen werden auch hier anhand konkreter Bausituationen deutlich: Stichwort Nachbelegung. In der Regel sind Mindestabstände zwischen den Abschottungen unterschiedlicher Brandschutzsysteme einzuhalten. Die Abschottungen aus Mineralwolle-Dämmung von Versorgungsrohren sind beispielsweise aus Sicht des Bauordnungsrechts ein anderes System als die Abschottungen mit einer Brandschutzmanschette für eine Abwasserleitung, die Brandschutzklappe einer Lüftungsleitung oder ein Elektroschott. Um im Brandfall die Funktionsfähigkeit jedes Systems zu gewährleisten, sind in der Regel 200 oder 100 mm als lichtes Maß zwischen den jeweiligen Brandschutzsystemen einzuhalten. Diese Abstandsregeln vergrößern den Platzbedarf der Installationsschächte einerseits beträchtlich. Andererseits werden diese Abstandsregeln häufig durch unvorhergesehene Nachbelegungen verletzt – sowohl im Neubau als auch bei Kernsanierungen. Als Konsequenz können Mängelrügen oder verweigerte Abnahmen drohen.
Um dem aus dem Weg zu gehen, hat Viega seine Rohrleitungssysteme zu den gängigsten Fabrikaten von Brandschutzsystemen für Rohrleitungen der Ver- und Entsorgung sowie WC-Abluftleitungen und Elektroleitungen auf Nullabstand prüfen lassen. Damit ist die Wirksamkeit einer Vielzahl von Abschottungskombination ohne Mindestabstand nachgewiesen und Teil vieler
Viega-Anwendbarkeitsnachweise. Der erlaubte Nullabstand bei der Schachtbelegung mit herstellereigenen Rohrleitungssystemen schließt auch das Mehrschichtverbundrohr „Raxofix“ ein. Das ist gerade bei der Sanierung oder Umnutzung von Gebäuden ein großer Vorteil. Wenn in vorhandenen Schächten neue Leitungen eingezogen werden müssen, ist das Rohrleitungssystem ein echter Problemlöser. Das Viega-Prüfzeugnis
P-2400/003/15-MPA BS für den Nullabstand schließt die Installation von „Raxofix“ bis zum Außendurchmesser von 63 mm ein. Die Bauartgenehmigung Z-19.53-2258 lässt Übergänge auf das Rohrsystem als Stockwerksleitung von bis zu 32 mm zu.
Fazit
Flexible Kunststoffrohrleitungssysteme für die Trinkwasserinstallation und Anbindungen von Heizkörpern oder Heizkreisverteilern auf der Etage ist gängige Praxis. Für die Hauptverteilung und in Installationsschächten werden zumindest im Neubau bevorzugt Rohrleitungssysteme aus Metall installiert. Solche Mischinstallationen vereinen die Vorteile der verschiedenen Materialien perfekt. Doch für den baulichen Brandschutz stellt die Verbindung von brennbaren und nicht brennbaren Rohren ein zusätzliches Gefahrenpotenzial dar. Die allgemeine Bauartgenehmigung der Qualitätshersteller für Mischinstallationen macht den Einsatz von Mehrschichtverbundrohren aber nicht nur aus Sicht des Brandschutzes sicher, sondern auf der Baustelle auch praktikabel.
Mischinstallationen und Brandschutz – warum gesondert geregelt?
Durchdringen Leitungen Brandabschnitte, beispielsweise F60- und F90-Wände und -Decken, so sind Maßnahmen zu ergreifen, die eine Brandausbreitung verhindern. Eine klassifizierte Abschottung ist eine geeignete Maßnahme. Das bedeutet, die Sicherungsmaßnahme muss nachweislich die Durchleitung von Rauch, Feuer und Hitze verhindern. Der Brandabschnitt darf also nicht aufgrund der Rohr- und Leitungsdurchführungen geschwächt werden. Deshalb ist die Wirksamkeit des Brandschutzsystems in der baulichen Umgebung durch eine Brandschutzprüfung nachzuweisen. Gibt es hierfür anerkannte Prüfverfahren oder technische Regeln, ist der Anwendbarkeitsnachweis in der Regel ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP). Für Mischinstallationen gibt es keine anerkannten Prüfverfahren. Daher ist der Anwendbarkeitsnachweis für Abschottungen in Mischinstallation eine allgemeine oder vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (aBG) des DIBt.