Wärmepumpen im Bestand
Planung und DimensionierungJährlich werden in Deutschland etwa 400 000 Heizsysteme ausgetauscht. Die Zahl der Anlagen, die 15 Jahre oder älter sind, liegt bei schätzungsweise 4,5 Millionen. Kommt es zur Modernisierung, entscheiden sich Heizungsbauer und Hausbesitzer immer häufiger für die moderne Wärmepumpentechnik. Steigende Verkaufszahlen, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, beweisen diesen Trend.
Ersetzt eine Wärmepumpe die alte Gas- oder Ölheizung, kommt der genauen Dimensionierung eine sehr wichtige Bedeutung zu. Mit ihr steigt und fällt die Wirtschaftlichkeit der Anlage. Ist das Gerät zu groß gewählt, können unnötig hohe Kosten die Folge sein. Zu klein ausgesuchte Wärmepumpen dagegen treiben die Heizkosten in die Höhe und führen außerdem zu Komfortverlusten. Dieser Beitrag dient der Erläuterung relevanter Faktoren zur Dimensionierung von Wärmepumpen in Bestandsbauten.
Ermittlung der Gebäudedaten
Für die Auswahl der richtigen Wärmepumpe ist die Ermittlung der Gebäude-Heizleistung unabdingbar. Dabei sind alle Anlagen, die Heizenergie benötigen, zu berücksichtigen (Heizung, Lüftung, gegebenenfalls Warmwasserbereitung und Sondernutzung wie etwa Schwimmbadbetrieb). Die genaue Wärmebedarfsberechnung erfolgt nach DIN EN 12 831 bzw. DIN 4701. Für eine überschlägige Heizlastberechnung hingegen stehen andere Methoden zur Auswahl. Zum Beispiel das HEA-Kurzverfahren nach DIN 4701/83, welches aber die genaue Berechnung des Wärmebedarfs nach oben genannter DIN nicht ersetzt. Durch Teilung des Verbrauchs mit einem vom Energieträger abhängigen Divisor kann auch aus den Werten (Verbrauchsgewohnheiten) der vergangenen Jahre der maximale Heizleistungsbedarf ermittelt werden. Bei einem Ölverbrauch von 3000 l/a beträgt er z.B.: 3000 l/a geteilt durch 250 l/(a x kW) = 12 kW. Der Divisor steht für einen normalen Warmwasserverbrauch in einem Ein- und Zweifamilienhaus, gültig für 1800 Vollbenutzungsstunden bei einem Kesseljahresnutzungsgrad von 75 %. Um statistische Ausreißer bei der Ermittlung des Heizleistungsbedarfs auszuschließen, sollte ein Mittelwert des Energieverbrauchs der vergangenen drei bis fünf Jahre bekannt sein (siehe auch Tabelle 1).
Für die Gewährleistung einer ausreichenden Warmwasser-Versorgung ist der Verbrauch mit 40 bis 50 l bei einer Temperatur von 45 °C zu veranschlagen. Dies entspricht einem Energiebedarf pro Person von 4 kWh pro Tag bzw. einem mittleren Leistungsbedarf von 0,17 kW/Person. Zur Abdeckung eines eventuell auftretenden Spitzenbedarfs sollte jedoch die Heizleistung für die Warmwassererwärmung pro Person mit 0,25 kW berechnet werden. Allerdings dienen die aufgeführten Methoden nur als grobes Kontrollinstrument für Kundengespräche und zur Angebotserstellung. Ist der Auftrag erteilt, muss die Berechnung wie bei allen anderen Heizungssystemen gemäß EU Norm EN 12 831 (Normheizlastberechnung) erfolgen.
Zuschlag für EVU-Sperrzeiten
Üblicherweise sind günstige Strompreise für den Betrieb von elektrischen Wärmepumpen mit der Auflage verbunden, dass die Zufuhr durch das Energieversorgungsunternehmen (EVU) während der Hochlastzeiten unterbrochen werden kann. Der Zuschlagsfaktor „Z“ dient dazu, diesen Zeitraum bereits bei der Ermittlung des Gesamtleistungsbedarfes der Wärmepumpe zu berücksichtigen. In der Regel reicht bei massiv gebauten Häusern das vorhandene Wärmespeichervermögen der Fußbodenheizung für die Überbrückung zweistündiger Sperrzeiten (ohne Komforteinbußen) aus. Trotzdem ist eine Leistungserhöhung der Wärmepumpe zur erneuten Aufheizung der Speichermasse notwendig. Bei anderen Systemen kommt diesbezüglich ein Pufferspeicher zum Einsatz.
Der Zuschlagsfaktor wird nach folgender Gleichung ermittelt:
QWP – Wärmebedarf der Wärmepumpe
QH – Wärmebedarf für Heizung und Lüftung
QWW – Wärmebedarf für Brauchwasserbereitung
QS – Wärmebedarf Sondernutzung (u.a. Schwimmbad)
Beispiel:
2 x 2 h Sperrzeiten = 4 h
Gesamtenergiebedarf (Warmwasser + Heizung) = 10 kW
Bestimmung der benötigten Vorlauftemperatur
Bei den meisten Gas- und Ölkesseln ist die Vorlauftemperatur viel höher als nötig angesetzt. Erst die nachgeschalteten Regeleinheiten des Heizsystems, wie Misch- und Thermostatventile, verhindern eine Überhitzung des Gebäudes. Für die Dimensionierung der Wärmepumpe sind jedoch die tatsächlichen Systemtemperaturen zu bestimmen, da diese für die Wirtschaftlichkeit der Anlage entscheidend sind. Zusammen mit der Temperatur der Wärmequelle beeinflusst die Vorlauftemperatur die Leistungszahl der Wärmepumpe. Grundsätzlich lässt sich sagen: Umso niedriger die Vorlauftemperatur, desto höher die Leistungszahl der Wärmepumpe. Umso höher die Wärmequellentemperatur, desto größer die Wärmeleistung. Umso kleiner die Differenz zwischen Wärmequellentemperatur und der Heizungsvorlauftemperatur, desto besser entwickelt sich die Leistungszahl.
Die Flächenheizung (Fußboden- und/oder Wandheizung) ist bei Wärmepumpenanlagen besonders zu empfehlen, da sie mit niedrigen Vor- und Rücklauftemperaturen auskommt und so die Wärmepumpe eine optimale Jahresarbeitszahl erreicht. Im Altbau ist der Einbau eines Flächenheizsystems oft nicht machbar oder auch nicht erwünscht – dann sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Vorlauftemperatur unterhalb der 55 °C-Marke bleibt. Denn: Jedes Grad weniger bei der Vorlauftemperatur verbessert den Nutzungsgrad der Wärmepumpe um ca. 2 %.
Auswahl der Wärmequelle
Wärmepumpen nutzen verschiedene Energiequellen. Im Sanierungsfall stehen meistens drei zur Auswahl:
1. Wasser
Grund- oder Fließwasser muss in ausreichender Menge und in geeigneter Qualität zur Verfügung stehen. Es ist zu beachten, dass Brunnenanlagen genehmigungspflichtig und bei der Unteren Wasserbehörde zu beantragen sind.
2. Erdreich
Es gibt Erdreichflachkollektoren, Erdwärmesonden sowie spezielle Ausführungen wie Spiralkollektoren, Energiekörbe und Pfähle. Die Größe der Kollektoren muss nach der Kälteleistung der Wärmepumpe ausgelegt sein. Für Erdwärmesonden bis 99 m Tiefe ist eine wasserrechtliche Anzeige oder eine Genehmigung der zuständigen Wasserbehörden erforderlich. Bei Bohrungen über 100 m Tiefe ist ferner die Zustimmung der Bergbehörden einzuholen.
3. Luft
Bei bestehenden Häusern und angelegten Gärten ist es meist nicht möglich, einen Erdwärmekollektor, eine Erdwärmesonde oder eine Brunnenanlage einzubringen. Daher bietet sich die Außenluft als Wärmequelle an. Der Vorteil ist, dass sie überall genutzt werden kann und keine Genehmigungen erforderlich sind. Allerdings müssen die Aufstellungsmöglichkeiten für die Außeneinheit im Vorfeld geklärt sein, damit die Funktionalität gewährleistet ist und die Geräuschentwicklung auf ein Minimum reduziert wird.
Auswahl der Betriebsweise
Je nach Wärmequelle und Heizungssystem stehen unterschiedliche Betriebsweisen der Wärmepumpe zur Auswahl. Möglich sind monovalenter, bivalenter oder monoenergetischer Betrieb. Am häufigsten kommen der monoenergetische sowie der bivalente Betrieb zum Einsatz: Bei monoenergetischer Aktivität wird die Wärmepumpe nach Bedarf (etwa an extrem kalten Tagen) von einem elektrischen Heizstab unterstützt. Die Regelung stellt sicher, dass diese Art der Zusatzheizung nicht länger als unbedingt erforderlich läuft. Im Fall einer bivalenten Betriebsweise gibt es neben der Wärmepumpe noch einen zweiten Wärmeerzeuger, der bei tieferen Außentemperaturen die Beheizung des Hauses unterstützt. Dies kann bei der Heizungsmodernisierung zum Beispiel der alte Brennstoffkessel sein.
Bei der Nutzung von Erdreich oder Wasser als Wärmequelle kann aufgrund der fast konstanten Wärmequellen-Temperatur die Pumpe monovalent ausgelegt werden. In diesem Fall heizt also ausschließlich die Wärmepumpe, selbst bei tiefsten Temperaturen. Der Betrieb von Luft-/Wasser-Wärmepumpen hingegen erfolgt monoenergetisch bzw. bivalent. Um eine Überdimensionierung der Wärmepumpe zu vermeiden, sind in Deutschland Luft-/Wasser-Wärmepumpen meistens mit einem Bivalenzpunkt von -5 °C ausgelegt. Das ist ein Kompromiss zwischen der Wärmepumpen-Größe und deren Energie-Jahresdeckungsgrad.
Auslegung von Wärmepumpenheizungsanlagen
Um mit der Wärmepumpe eine optimale Betriebsweise und beste Nutzungsgrade zu erreichen, sollte die Wärmepumpe immer nur das tatsächlich benötigte Temperaturniveau erzeugen. Ziel ist es, dieses ungemischt in das Heizsystem einzuleiten. Ein gemischter Heizkreis ist erst bei zwei unterschiedlichen Verteilungssystemen (z. B. Fußbodenheizung und Radiatorensystem) notwendig.
Darüber hinaus ist es unabdingbar, beim Einsatz einer Wärmepumpe folgende Anforderungen zu erfüllen: Der Nenndurchfluss des Heizwassers sowie des Kälteträgers muss in allen Betriebszuständen gewährleistet sein (hierfür ist die Herstellerinformation maßgebend). Beachten Architekten, Hausbesitzer und Heizungsbauer alle aufgeführten Aspekte, steht einer genauen Planung und Dimensionierung von Wärmepumpen in Bestandsbauten nichts mehr im Wege.