Verbrauchsdaten wirksamer
als Beratung
Verbrauchsinformation erhöht Effizienz
Erkenntnisse aus einem Modellvorhaben
als Beratung
Die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden ist ein zentrales Thema der Energiewende. Im Rahmen eines aktuellen Modellvorhabens untersucht die Deutsche Energie-Agentur (dena) deshalb die möglichen Energieeinspareffekte durch eine monatliche Verbrauchsinformation für Mieter. Erste Zwischenergebnisse liefern deutliche Hinweise auf das beträchtliche Potential dieser niedriginvestiven Maßnahme.
Als Hauptfaktoren zur Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden werden üblicherweise teure Maßnahmen wie die Dämmung der Gebäudehülle oder die Modernisierung der Anlagentechnik genannt. Dabei lassen sich bereits mit der Optimierung des Nutzerverhaltens der Bewohner deutliche Einsparungen erzielen. Dies belegen nun die ersten Zwischenergebnisse eines mit 145 Mieterhaushalten durchgeführten Modellvorhabens: Mithilfe einer monatlichen Verbrauchsinformation konnten die Teilnehmer hier durchschnittlich 9 % Heizenergie einsparen. Interessanterweise hatten dabei weder die Energieeffizienzklasse des jeweiligen Gebäudes noch die zusätzliche angebotene Heizkostenberatung wesentliche Auswirkungen auf die erzielten Einsparungen.
Verbrauchsinformation
Gemeinsam mit dem Deutschen Mieterbund, dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie ista Deutschland führt die Deutsche Energie-Agentur (dena) noch bis Mitte 2016 das Modellvorhaben „Bewusst heizen, Kosten sparen“ durch. Im Rahmen dessen werden die möglichen Einspareffekte beim Wärmeverbrauch durch eine regelmäßige, transparente Verbrauchsinformation untersucht. So wurde den Bewohnern ausgewählter Liegenschaften in den Regionen Berlin, Essen und München angeboten, monatlich Daten zum eigenen Wärmeverbrauch zu erhalten. Damit werden die Mieter in die Lage versetzt, ihre aktuellen Verbrauchsdaten mit denen des Vormonats, des Vorjahres sowie mit einer Durchschnittswohnung zu vergleichen. Die in diesem Zusammenhang gewonnenen Daten werden laufend ausgewertet und mit dem Verbrauch der Mieter, die nicht am Projekt teilnehmen, verglichen. Der gewählte Betrachtungszeitraum, Oktober bis April, entspricht dabei der in der Energieeinsparverordnung (EnEV) definierten Heizperiode. Nach Eingang der Daten führt die dena zunächst eine Klimabereinigung gemäß VDI 3807 durch. Diese bezieht sich auf das zehnjährige Mittel (2004 bis 2013), das nicht nur zur Auswertung der aktuellen, sondern auch der zukünftigen Heizperioden bis zum Jahr 2016 als Grundlage herangezogen wird, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. Zudem setzt die dena die Verbrauchsentwicklung in Bezug zu den Flächen der einzelnen Liegenschaften.
Monatliche Wärmedaten
In der ersten Phase wurde die Teilnahme am Modellvorhaben fast 700 Haushalten mit einer Gesamtwohnfläche von nahezu 40 000 m² angeboten. Als weitere Projektpartner beteiligten sich hier die Allbau AG in Essen, die Münchener GWG-Gruppe sowie der Vaterländische Bauverein e.G. in Berlin. Die Liegenschaften der drei Wohnungsbaugesellschaften besitzen zwischen zwölf und 278 Wohneinheiten und wurden zwischen 1905 und 2009 erbaut. Bei dieser Auswahl sind sowohl komplett sanierte Objekte als auch Häuser vertreten, die in den letzten Jahren keine energetische Sanierung erfahren haben.
Rund 145 Haushalte, etwa 20 % der Mieter, entschlossen sich in der Heizperiode 2013/14 zur Teilnahme am Projekt. Dabei erhalten 45 Teilnehmer ihre monatlichen Verbrauchsinformationen per Post, während 100 Haushalte die Informationen über ein Internetportal bzw. mobil über eine Smartphone-App abrufen. Zum Start des Modellvorhabens nutzten 79 Mieter überdies die Möglichkeit einer kostenlosen, persönlichen Beratung zur Optimierung des eigenen Verbrauchsverhaltens.
Nach Abschluss der Heizperiode 2013/14 wurde die Verbrauchsentwicklung der Teilnehmer mit derjenigen der Haushalte ohne Energiedatenmanagement im jeweils gleichen Gebäude verglichen. Hierbei wiesen die monatlich informierten Mieter einen im Mittel durchgängig niedrigeren Heizenergieverbrauch auf als die Nicht-Teilnehmer. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum senkte sich ihr klimabereinigter Wärmeverbrauch im Zeitraum Oktober 2013 bis April 2014 um durchschnittlich 16 Prozentpunkte und damit um 9 % stärker als der ihrer Nachbarn. Die – als Referenzgruppe bezeichnete – Gesamtheit der Nicht-Teilnehmer konnte ihren Heizenergieverbrauch in diesem Zeitraum um etwa 7 % reduzieren.
Angesichts der deutlichen Einsparungen überrascht es kaum, dass die Mieter eine regelmäßige Verbrauchsinformation begrüßen. Im Rahmen einer im März 2014 mithilfe schriftlicher Fragebögen durchgeführten Teilnehmerbefragung äußerten sich über 90 % der Projektteilnehmer zufrieden bis sehr zufrieden mit dem Projekt. Dabei ist das aus der monatlichen Verbrauchsinformation resultierende Einsparpotential für die Mieter teilweise noch deutlich höher, wie die Einzelergebnisse in den Modellregionen zeigen.
So erzielten etwa die in den Münchener Liegenschaften wohnenden Projektteilnehmer ein um 15 Prozentpunkte besseres Ergebnis als die Referenzgruppe. Mit -24 % im Vergleich zum Vorjahr konnten sie ihren Heizenergieverbrauch am stärksten reduzieren. In Berlin hingegen erreichten die beiden Gruppen eine Verbrauchssenkung von 19 % (Teilnehmer) bzw. 13 % (Referenzgruppe). In Essen ist im Vergleich der beiden Heizperioden bei den Teilnehmern ein leichter Rückgang um 4 % zu beobachten. Als einzige Region im Modellvorhaben steigt dort in der Referenzgruppe der Heizenergieverbrauch um 5 %. Die Mieter mit Energiedatenmanagement erzielten hier also ein 9 % besseres Ergebnis. Damit liegt der Verbrauch der Projektteilnehmer in der Heizperiode 2013/14 in allen Modellregionen kontinuierlich unter dem der Referenzgruppe.
Unabhängige Einsparungen
Weiterhin zeigte sich, dass die Einsparungen durch die monatliche Verbrauchsinformation unabhängig vom energetischen Standard der jeweiligen Gebäude erzielt wurden. Die nahe liegende Vermutung, dass in Wohnhäusern mit besseren Energieeffizienzklassen geringere Einsparpotentiale vorhanden sind, bestätigte sich nicht. So konnten die Teilnehmer in den Liegenschaften mit durchschnittlichen Energieeffizienzklassen (C bis E nach EnEV 2014) mit über 15 % die größten Energieeinsparungen realisieren. Demgegenüber ließ sich in den energetisch schlechteren Liegenschaften mit den Effizienzklassen F und G ein Anstieg des Verbrauchs beobachten.
Insgesamt konnten die Projektteilnehmer ihren Verbrauch über sämtliche Energieeffizienzklassen hinweg stärker senken als die Referenzgruppe. Die größte Verbrauchsreduzierung gegenüber den Nicht-Teilnehmern verzeichneten dabei die Mieter in Liegenschaften der Effizienzklasse F (12 %). Gleichzeitig lagen die zusätzlichen Einsparungen auch in den anderen Gruppen zwischen 5 und 7 %. Damit lassen sich erste Rückschlüsse dahingehend ziehen, dass sich mit der monatlichen Verbrauchsinformation auch nach einer umfassenden energetischen Sanierung noch weitere, deutliche Einsparpotentiale realisieren lassen. Als niedriginvestive Maßnahme kommt der zusätzliche Nutzen also quasi „on top“ hinzu. Interessant ist zudem, dass demgegenüber die Durchführung einer persönlichen Energieeffizienzberatung keinen positiven Einfluss auf das Verbrauchsverhalten der Mieter hatte. So lag der Heizenergieverbrauch der teilnehmenden Haushalte mit Beratung sowohl in der Heizperiode 2012/13 als auch im aktuellen Zeitraum leicht über demjenigen der anderen Teilnehmer. Während Erstere ihren Verbrauch um 15 % senken konnten, sparten die Teilnehmer ohne Heizkostenberatung sogar 17 % Energie ein. Im Rahmen des Modellvorhabens stellte diese Dienstleistung folglich keinen entscheidenden Faktor für eine Verbrauchsreduktion dar. Dies könnte darauf hinweisen, dass längerfristig wirkende Maßnahmen wie die monatliche Verbrauchsinformation im Vergleich zu rein punktuellen Ansätzen besser geeignet sind, um eine Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden zu erzielen.
Energiedatenmanagement
Zur Umsetzung der monatlichen Verbrauchsinformation für Mieter nutzen die Projektverantwortlichen das von ista (www.ista.de) entwickelte Energiedatenmanagement. Funkfähige Energiezähler und Heizkostenverteiler ermöglichen hier die regelmäßige Fernauslesung des aktuellen Energieverbrauchs. Die technische Infrastruktur ist in vielen Mehrfamilienhäusern bereits vorhanden, wodurch beim Energiedatenmanagement lediglich Kosten für die monatliche Visualisierung der Verbrauchswerte über das Webportal entstehen. Der Energiedienstleister ista setzt hierfür etwa 18 € pro Jahr und Mieter an. Nach Berechnungen des Essener Unternehmens wäre die Gewinnschwelle der Maßnahme in einem deutschen Durchschnittshaushalt mit 68 m² Wohn-
fläche schon bei einer jährlichen Energieeinsparung von lediglich 2,6 % erreicht – also deutlich weniger als die im Modellvorhabens erzielten 9 %. Gebäudeeigentümern wiederum bietet das Energiedatenmanagement die Möglichkeit, die Verbräuche von Liegenschaften zeitnah und umfassend zu analysieren. So ist etwa im zugehörigen Internetportal eine Liegenschaftsanalyse abrufbar, bei der die monatlichen Verbräuche und Kosten für den gesamten Gebäudebestand übersichtlich dargestellt werden. Ein Vergleich mit den Werten des Vorrjahres ist möglich. Auf der Basis dieser Analysefunktionen lässt sich somit erkennen, ob eine Maßnahme zur Reduzierung der Energiekosten (z.B. Heizungsmodernisierung) notwendig ist, bzw. ob durchgeführte Arbeiten erfolgreich waren.
Fazit und Ausblick
Wie die Zwischenergebnisse des Modellvorhabens zeigen, ermöglicht die Optimierung des Nutzerverhaltens mithilfe einer monatlichen Verbrauchsinformation deutliche Energieeinsparungen. Damit stellt diese eine einfache und kostengünstige Ergänzung zu den klassischen, kapitalintensiven Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz dar. Selbst für Bewohner energetisch sanierter Gebäude hält sie dabei erhebliche Einsparpotentiale bereit. Kurzfristige Maßnahmen ohne fortwährende Rückmeldung, wie die Heizkostenberatung, scheinen hingegen keinen Einfluss auf das Verbrauchsverhalten der Bewohner zu haben.
Die Projektverantwortlichen planen, zur Vergrößerung der Stichprobe in den kommenden Heizperioden weitere Liegenschaften in das Modellvorhaben mit einzubeziehen. Von rund 400 der dort wohnenden Haushalte sollen zwischen 30 und 50 als weitere Teilnehmer gewonnen werden. Damit würde die Zahl der Nutzer der monatlichen Verbrauchsinformation auf über 200 steigen, wodurch die bisherigen, positiven Erkenntnisse nachhaltig bestätigt werden könnten.