Temperaturhaltung in Zirkulationssystemen

Die Alternativlosigkeit des hydraulischen Abgleichs

Der Komfort steht als Argument häufig im Vordergrund, wenn es um die Notwendigkeit eines Zirkulationssystems geht, damit die Nutzer unmittelbar warmes Wasser zur Verfügung haben. Das fällt besonders dann auf, wenn der Endverbraucher in Zeiten der Nichtnutzung (vorwiegend nachts) aus energetischen Gründen die Zirkulationspumpe abschalten möchte. Die eigentliche Notwendigkeit – gerade in Großobjekten – ergibt sich jedoch aus trinkwasserhygienischen Aspekten.

Die Qualität des Trinkwassers ist nicht nur von einer einwandfreien Anlieferung durch das Versorgungsunternehmen abhängig, sondern wird in erheblichem Maße durch die Installation im Gebäude beeinflusst. Hierbei spielt im Kampf gegen mikrobiologische Verkeimung die Einhaltung der Trinkwassertemperaturen eine besondere Rolle. Temperaturbereiche zwischen 30 und 45 °C begünstigen z.B. das Legionellenwachstum und sind daher unbedingt zu vermeiden. Aus diesem Grund wird normativ gefordert, dass am Warmwasseraustritt des Trinkwassererwärmers kontinuierlich eine Temperatur von 60 °C eingehalten wird, die nur im Minutenbereich unterschritten werden darf. Im gesamten Warmwassernetz darf eine Temperatur von 55 °C nicht unterschritten werden. Ausgenommen sind Stockwerksleitungen, die der 3-l-Regel unterliegen. Die Bemessung von Trinkwasser­erwärmungs-, Verteilungs- und Zirkulationsanlagen hat somit nicht nur unter Berücksichtigung von funktionalen und wirtschaftlichen, sondern vor allem auch unter trinkwasserhygienischen Gesichtspunkten zu erfolgen.

Der hydraulische Abgleich

Da Warmwasser bei Nichtnutzung die Temperatur der Umgebung annimmt, müssen Zirkulationssysteme eine dauerhafte Temperaturhaltung gewährleisten. Eine Zirkulationspumpe fördert das erwärmte Trinkwasser durch das Warmwassersystem und führt es mit Temperaturverlusten wieder dem Trinkwassererwärmer zu, in dem es nacherwärmt wird. Die Grundlage für die Dimensionierung von Zirkulationssystemen ist daher die Wärmemenge, die über die Oberfläche der Rohrleitung verloren geht. Sie steht in direktem Zusammenhang mit dem zur Temperaturhaltung erforderlichen Zirkulationsvolumenstrom. Da sich Wasser immer den Weg des geringsten Widerstands sucht, ist immer mit dem höchsten Volumenstrom in Zirkulationskreisen mit den geringsten Anlagendruckverlusten zu rechnen. Das bedeutet aber auch, dass in Zirkulationskreisen mit hohen Anlagendruckverlusten nur geringere Volumenströme zur Verfügung stehen. Die Temperaturen des Berechnungsfalls stellen sich nicht ein und ein hygienisches Risiko entsteht.

Ein hydraulisch abgeglichenes Rohrnetz gewährleistet, dass alle Zirkulationskreise, also auch die hydraulisch ungünstigen, mit den errechneten Volumenströmen versorgt und dadurch die erforderlichen Temperaturen gehalten werden. Ziel ist es also, Pumpendruck und Druckverluste aller Zirkulationskreise bei einer vorgegebenen Volumenstromverteilung ins Gleichgewicht zu bringen. Dafür ist in der Druckverlustberechnung zunächst unter Berücksichtigung von Mindestinnendurchmessern und Maximal­geschwindigkeiten die erforderliche Druckdifferenz der Zirkulationspumpe für den ungünstigsten Zirkulationskreis zu ermitteln. In den günstigeren Zirkulationskreisen entsteht hierdurch eine Differenz zwischen dem verfügbaren Pumpendruck und den errechneten Anlagendruckverlusten. Diese Differenz muss durch den Aufbau zusätzlicher Druckverluste ausgeglichen werden. Zirkulationsventile übernehmen diese Aufgabe und sind dabei sogar in der Lage, dynamisch auf die unterschiedlichen Nutzungsbedingungen zu reagieren.

Zirkulations-Regulierventile

Um das Zirkulationssystem hydraulisch abzugleichen, stehen Zirkulationsregulierventile in statischer und dynamischer Ausführung zur Verfügung. Die Dimensionierung dieser Ventile erfolgt über den sog. kv-Wert, der sich aus dem Zirkulationsvolumenstrom und der Druckdifferenz über dem Regulierventil ergibt. Bei Verwendung statischer Regulierventile, wie dem „Multi-Fix“ von Kemper (www.kemper-olpe.de), kann aus diesen Daten der Armatureneinstellwert aus dem Druckverlustdiagramm des jeweiligen Ventils ermittelt werden. Der hydraulische Abgleich mittels statischer Regulierventile erfordert eine genaue Rohrnetzberechnung und eine entsprechend exakte Umsetzung. Stellen sich Abweichungen zwischen der Planung und der Ausführung ein, sind diese unbedingt durch Nachregulieren der Ventile auszugleichen.

Eine deutliche Anwendungserleichterung stellen dagegen dynamische Zirkulationsregulierventile wie das „Kemper Multi-Therm“ dar, die geeignete Druckverluste in Abhängigkeit zur Temperatur automatisch aufbauen. Die Ventile werden auf eine Solltemperatur eingestellt. Mit steigender Temperatur erhöht sich die Drosselstellung und somit auch der Druckverlust über dem Ventil. Wenn die Solltemperatur erreicht wird, befindet sich das Ventil in der maximal möglichen Drosselstellung (kv,min) und nur noch der zur Temperaturhaltung notwendige Minimalvolumenstrom wird zur Verfügung gestellt. Der kv-Bereich des eingesetzten Thermostatventils muss daher mit dem ermittelten kv-Wert aus der Rohrnetzberechnung übereinstimmen. Wird die Warmwassertemperatur weiter erhöht (z.B. bei Durchführung einer thermischen Desinfektion), stellt das Ventil einen Zirkula­tionsvolumenstrom ein, der die Einhaltung desinfizierender Temperaturen erlaubt.

In Risikoinstallationen (z.B. Krankenhäusern oder Seniorenheimen) besteht häufig aufgrund trinkwasserhygienischer Anforderungen die Notwendigkeit, die Zirkulation nahe an die Entnahmestellen zu führen. In diesem Fall ist in der Stockwerkinstallation/Nasszelle ein weiterer Zirkulationskreis aufzubauen, der ebenfalls hydraulisch abgeglichen werden muss. Aufgrund der geringen wärmeabgebenden Flächen und notwendigen Kleinstvolumenströme werden entsprechende Stockwerksregulierventile wie das „Kemper ETA-Therm“ benötigt, deren geringe kv-Werte auf die Anforderungen im Stockwerkbereich abgestimmt sind.

Thermische Beeinflussung durch
Zirkulationssysteme

Die Bemühungen, die Trinkwassertemperaturen über 55 °C zu halten, dürfen sich nicht negativ auf die restliche Installation auswirken. Besondere Beachtung ist daher der Wärmeübertragung auf weitere Bereiche der Trinkwasserinstallation zu widmen. Das sind neben der Kaltwasserleitung auch nicht zirkulierende Abschnitte des Warmwassersystems und Entnahmearmaturen.

Generell gilt die Regel, dass freie Konvektion in einem Fluid (z.B. Wasser oder Luft) immer dann auftritt, wenn ein Dichteunterschied besteht. Dieser Dichteunterschied kann durch unterschiedliche Temperaturbereiche hervorgerufen werden. Schichten geringerer Dichte und höherer Temperatur steigen auf und Schichten größerer Dichte und niedrigerer Temperatur sinken herab. Fließt bspw. in einer untenliegenden Verteilleitung ein Zirkula­tionsvolumenstrom, erwärmt sich eine vertikal nach oben abgehende Stichleitung (z.B. zur Zapfstelle) auf einer Länge von bis zu 30 × des Innendurchmessers aufgrund des zuvor beschriebenen Effektes. Das Resultat ist ein hygienisch kritischer Temperaturbereich, der zwischen 55 °C und der Umgebungslufttemperatur liegt. Erfolgt hingegen der Abgang der Stichleitung von einer oben liegenden, vom Zirkulationsvolumenstrom durchflossenen Verteilleitung vertikal nach unten, befinden sich die Wasserschichten mit geringerer Dichte und höherer Temperatur bereits oberhalb der kühleren Schichten und können nicht mehr aufsteigen. Um den Wärmeübergang in T-Installationen gering zu halten, muss daher zwangsläufig die wärmeführende Rohrleitung oben liegen.

Des Weiteren ist bei der Planung und anschließenden Installa­tion zu beachten, dass die Wärmemenge, die über die Oberfläche der Rohrleitungen verloren geht, der Umgebung zugeführt wird. Die hierdurch erhöhten Umgebungslufttemperaturen können für die Erwärmung der Kaltwasserleitungen sorgen. Auch die Strahlungswärme der wärmeführenden Rohrleitungen stellt ein Problem dar, wenn diese unmittelbar neben Kaltwasserleitungen verlegt werden. Abhilfe sollte durch die getrennte Verlegung wärmeführender Rohrleitungen und Kaltwasserleitungen geschaffen werden. Für Installationsschächte und Zwischen­decken wird dies in der Fachwelt schon seit Jahren gefordert. In Vorwandinstallationen kann dieses Problem umgangen werden, indem Warmwasser- und Zirkulationsleitungen horizontal von der Kaltwasserleitung getrennt werden. Warmwasserleitungen müssen so weit wie möglich oben und Kaltwasserleitungen möglichst unten in der Vorwandinstallation liegen. Auch hier gilt das Prinzip der freien Konvektion. Aufgrund des Dichte­unterschieds zwischen warmer und kalter Luft entstehen warme Bereiche im oberen Teil der Vorwand und kühlere Bereiche im unteren Teil. Durch diese Installationsart kann erreicht werden, dass sich in der Vorwandinstallation ein Temperaturgefälle einstellt, und die Umgebungsluft im unteren Bereiche der Vorwand < 25 °C beträgt, wobei im oberen Bereich Temperaturen > 27 °C herrschen.

Nicht zu vernachlässigen ist auch der Wärmeübergang an Entnahmearmaturen, die an das Trinkwassernetz über sog. Durchgangswandscheiben angeschlossen wurden. Es gilt grundsätzlich zu beachten, dass bei der Zirkulation bis an die Entnahmestellen die Anbindung der Warmwasserleitung von oben erfolgt. Auch hier gilt der Grundsatz, dass Wärme aufgrund des Dichteunterschieds nach oben steigt.

Fazit

Für die Hygiene in der Warmwasserinstallation ist der hydraulische Abgleich unabdingbar. Ohne ihn stellen sich in Teilen der Installation Temperaturbereiche ein, die z.B. das Legionellenwachstum begünstigen. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch die Erwärmung des Kaltwassernetzes und nicht zirkulierender Bereiche des Warmwassernetzes. Temperaturübergänge sind (soweit technisch möglich) zu vermeiden. Beide Maßnahmen fordern daher vom Fachplaner, aber auch vom Installateur, Kenntnisse über die physikalischen Einflüsse auf die Trinkwasserhygiene. Wer vorhandenes Wissen und verfügbare Techniken nutzt, kann mit geringem Aufwand trinkwasserhygienische Risikobereiche durch eine nachhaltige Installation ersetzen.

Literaturverzeichnis

• DIN 1988-300:2012-05: Technische Regeln für Trinkwasserinstallationen – Teil 300: Ermittlung der Rohrdurchmesser; Technische Regel des DVGW

• DVWG Arbeitsblatt W 551|April 2004: Trinkwasser erwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Tech nische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellen wachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasserinstallationen

• DVWG Arbeitsblatt W 553|Dezember 1998: Bemessung von Zirkulationssystemen in zentralen Trinkwasser erwärmungsanlagen

• Kemper GmbH + Co. KG; Trinkwasserhygiene – Trinkwasserinstallationen hygienisch einwandfrei planen; 2006 [5. Auflage]

• Kirchhoff, Timo: Einfluss unterschiedlicher Dämm weisen auf die Kaltwassertemperatur in stagnierenden Trinkwasserleitungen, Projektarbeit 2011

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