Schalter umlegen!
Neu-Kundengewinnung ist Kopfsache
Es gibt viele Möglichkeiten Ihren Marktanteil und Ihren Umsatz als Handwerksbetrieb zu erhöhen. Beispielsweise Sie intensivieren Ihr Stammkundengeschäft oder Sie suchen sich einfach neue Kunden. Leider neigen die meisten Handwerksbetriebe dazu, weder das eine noch das andere ernsthaft zu verfolgen. Sie wissen (und fürchten), dass die Neukundengewinnung Kraft und Überwindung erfordert und dass man dabei mehr Misserfolge in Kauf nehmen muss als Erfolge. Häufig ist dies ein Grund, sich damit erst gar nicht ernsthaft zu beschäftigen. Als Feigenblatt für die versuchte Neukundengewinnung muss dann häufig eine laienhaft gemachte Alibi-Werbung in der regionalen Presse herhalten.
Auch Handwerksbetriebe müssen zur Kenntnis nehmen: Die Geschwindigkeit, mit dem sich Märkte verändern, lässt oft „von heute auf morgen“ sicher geglaubte Kundensegmente wegbrechen. Die meisten Märkte sind überdies gesättigt und deshalb durch einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet.
Gut beraten ist daher, wer sich permanent um neue Kunden bemüht. Je nach Kundenstruktur brauchen Sie pro Jahr 20 % neue Kunden. Seien Sie sich sicher: 10 bis 15 % gehen Ihnen gleichzeitig verloren – auch wenn Sie sich noch so sehr dagegen stemmen. Wenn Sie die Verlustquote durch optimale Kundenorientierung und Kundenbindung niedriger als 10 % halten können, umso besser. Dann wächst Ihr Unternehmen eben stärker als derzeit in Ihrer SHK-Handwerkerbranche üblich.
Vom Erstkontakt
zum Auftrag
Der Weg vom Erstkontakt des Handwerkers zum Auftrag sollte über bis zu sieben Kontakte gehen. Das kann ein Erstanruf vom Handwerker beim interessierten Kunden sein, ein zweiter persönlicher Kontakt, ein Fax zum Kunden, ein weiterer regionaler Messekontakt, ein telefonisches Nachhaken vom Verkäufer, ein weiterer Kontakt am Telefon usw. Die Reihenfolge ist dabei austauschbar. Wirklich problematisch ist, dass die meisten Handwerker eben keine Verkäufertypen „sein wollen“ und nach ein bis zwei Versuchen schon aufgeben. Oftmals reicht es nicht einmal zum dritten Kontakt. Die Handwerkerdenke lautet: „Wir fahren mal zum Kunden raus und machen ein schriftliches Angebot. Wenn der Kunde sich dann nicht meldet, lag es wohl an unserem zu hohen Preis“. Das darf nicht geschehen. Schicken Sie bitte nicht Ihren Seniorchef (alle erfolgreichen Seniorchefs mögen mir vergeben) zum Kunden. Er ist zwar ein ausgewiesener Fachmann. Aber ob er auch (noch) ein Kommunikationsgenie ist, darf häufig bezweifelt werden. Er hat sein Geschäft meistens zu einer Zeit begründet, als es genug Aufträge für alle Handwerker gab. Schicken Sie einen „gut trainierten“ Verkäufer, ausgestattet mit einem zielorientierten Vergütungssystem zu Ihrem Kunden. Bei solchen Vergütungssystemen setzt die variable Vergütung erst ab einer bestimmten Grenze der Zielerreichung ein (zum Beispiel 70 %) und wird nach oben begrenzt (in aller Regel bei 150 %). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Ziele (100 %) mit Anstrengung erreicht werden können. Häufiges oder mehrheitliches Überschreiten der 100 %-Marke sollten Sie belohnen und nicht als Indiz für Ihre eigene ungenaue Zielplanung ansehen.
Fachchinesisch als Weiterbildung
Verarbeitende Handwerksbetriebe sind nicht gerade für verkäuferische Höchstleistungen berühmt. Wie sollten Sie auch? Eine ganze SHK-Branche fokussiert seine Fortbildungsbemühungen meist leider ziemlich einseitig auf die Perfektion des Fachwissens. Auch von starken Partnern, wie dem Großhandel, ist da oft nicht viel Kreatives zu erwarten. Deren Weiterbildungsangebot für Handwerker stützt sich im Wesentlichen ebenfalls auf das Vermitteln von technischem Spezialwissen. Handwerksbetriebe, die heute besonders erfolgreich am Markt agieren, haben sich von diesen „angestaubten“ technischen Weiterbildungsmaßnahmen schon ziemlich unabhängig gemacht.
Schalter umlegen
Aus Sicht der Industrieunternehmen sind vorzugsweise „Volumenverarbeiter“ diejenigen, die Marktpotentiale immer wieder neu erschließen. Diese Spezialisten im verarbeitenden Gewerbe konzentrieren sich vor allem darauf Kunden erfolgreich anzusprechen. Logisch, dass sie in jeder erdenklichen Wettbewerbssituation die Gewinner am Markt sind. Solch einen Handwerksbetrieb habe ich kürzlich kennengelernt, als ich für einen meiner Industriekunden mit einem Außendienstmitarbeiter unterwegs war. Der Chef des besuchten Handwerksbetriebes mit ca. 30 Mitarbeitern hatte noch im letzten Jahr sehr viele Brennwertkessel verbaut und über Nacht „bei sich“ den Schalter umgelegt. Fortan verkauft er fast nur noch Wärmepumpen und andere regenerative Lösungen. Vor allem, weil er von den neuen Technologien überzeugt ist und weil er einen Mehrwert gegenüber seinen Handwerkskollegen schaffen will. Und natürlich, weil er mehr Rendite und deutlich höhere Umsätze machen will. „Unmöglich so den Schalter beim Produkt umzulegen“, werden viele sagen. Es ist so, wie ich das schreibe. Und das sind keine Einzelfälle.
Zielgruppe 55+
Solche SHK-Unternehmen denken bei ihrem Marketing-Mix auch intensiv über die hochinteressante und zahlungskräftige Zielgruppe 55+ nach und sind sich über deren enormen Ersatzbedarf im Sanitär- und Wärmeerzeugerumfeld bewusst. Sie haben klare Vorstellungen, welche Potentiale hier schlummern. Die klassischen Handwerksbetriebe versagen bei der Zielgruppe 55+ oft. Warten bis der Kunde sich meldet, funktioniert bei dieser Zielgruppe aber nicht. Hier hilft nur der emotionale (Direkt)vertrieb. Heerscharen von Handwerksbetrieben wissen einfach nicht, was zu tun ist, um diese zahlungskräftige Kundschaft über 55 zu gewinnen. In eine weit entfernte Großhandelsausstellung werden Sie diesen interessanten Kunden auf jeden Fall nur schwer bekommen. Diese Kundengruppe beispielsweise bevorzugt eine emotionale Präsentation in den eigenen vier Wänden. Mit Argumenten zu Normnutzungsgraden und zeitgemäßer Legionellen-Bekämpfung werden Sie diese Zielgruppe auch eher verschrecken. Und über die Preiskeule geht da auch nicht viel. Das alles wäre kein Problem, wenn Handwerksbetriebe richtige selbstbewusste Verkäufer mit der Suche nach kaufbereiten Kunden beauftragen würden, statt ihren „Seniorchef“ mit Bergen von technischen Ordnern und Prospekten zum anfragenden Endverbraucher zu schicken.
Meine Erfahrungen als Letztabnehmer mit klassischen Handwerksbetrieben sind, dass Sie heute als Interessent ja bereits froh sein können, wenn nach der dritten Erinnerung überhaupt ein Handwerker vorbeikommt. Ob sie dann irgendwann mal ein schriftliches Angebot bekommen, ist genauso fraglich. Und ob der Handwerker Ihre Wünsche erfragt, bzw. wahrnimmt, geschweige denn erfüllt, darf aus meiner Erfahrung in über 80 % der untersuchten Fälle ernsthaft bezweifelt werden.
Fazit
Im Prinzip ist das Erschließen von neuen Kundenpotentialen ganz einfach. Sie brauchen nur Ihren Kunden zu fragen, WAS er will. Auf jeden Fall sollten Sie NICHT mit ihm über seine Wünsche diskutieren, sondern Sie sollten ihm seine Wünsche erfüllen. Hört sich logisch an, aber diesen „Schalter im Kopf“ bekommt eine ganze Handwerkerbranche nur schwer umgelegt. Da ist noch viel Überzeugungsarbeit und vor allem ein zielführendes Trainingskonzept gefordert. Solche Verkaufstrainings sollten den Handwerksbetrieben eigentlich durch die Industrie und den Großhandel angeboten werden. Das tun sie aber nur vereinzelt und das meistens mit zweifelhafter Nachhaltigkeit. Man legt eben in einem Freitagnachmittag-Vortrag eines Referenten seinen Schalter nicht um. So etwas dauert sehr lange – wissen erfahrene Verkaufstrainer. Clevere Handwerksbetriebe warten nicht auf solche Schmalspurangebote, sie suchen sich selbst professionelle Seminarangebote am Markt. Und auch der Handwerker sollte lernen, den Kunden emotional anzusprechen. In meinen Verkaufsseminaren und Workshops lernen, wie es geht. Sie müssen nur Zeit mitbringen. (Infos: www.ewald-w-schneider.de/Shkseminare.html).