„Flatrate“-Verkäufer“
Eine Lösung für meinen SHK-Betrieb?Das nötige handwerkliche Geschick und Fachwissen bringen die meisten Inhaber von Handwerksbetrieben mit. Ein Manko, das leider noch in vielen Betrieben besteht, ist jedoch die mangelnde bzw. nicht ausreichend geschulte verkäuferische Kompetenz. In Zusammenarbeit mit dem Verkaufs- und Personalberater Ewald W. Schneider startet der SHK Profi mit dieser Ausgabe eine Beitragsreihe, um diese für Betriebe lebensnotwendige Kompetenz stärker in den Fokus zu rücken. In diesem Beitrag geht es um die richtige Struktur einer Verkaufsmannschaft.
Der gute Verkäufer lässt sich aus meiner Erfahrung als Personalberater nur selten fertig einkaufen – und wenn, dann kann er (zu) teuer werden. Aus meiner Sicht gibt es jedoch viele versteckte Talente, die es zu finden gilt. Viele kommunikationsfreudige, kultivierte Menschen, die intrinsisch motiviert und begeisterungsfähig sind, lassen sich zu guten Verkäufern für die SHK-Branche entwickeln. Dies erfordert bei der Personalsuche Intuition, ein wenig Mut und Investitionen. Nach der Einstellung dieser Verkaufstalente steht die kontinuierliche Ausbildung des Verkäufers im Fokus. Und damit meine ich nicht nur die fachliche Qualifikation als SHK-Spezialist, sondern vom allem die sozialen Kompetenzen. In vielen (Industrie-) Unternehmen werden Vertriebsingenieure mit (zu) fetten Festgehältern beschäftigt, wo doch eigentlich akquisitionsstarke Verkäufer mit einem geringen Fixum und einem hart zu erarbeitenden Provisionsanteil viel sinnvoller wären. Im Verlaufe der Jahre hat sich in technisch geprägten Unternehmen die (oft falsche) Erkenntnis durchgesetzt, dass ein entsprechend technisch ausgebildeter Verkäufer für den vertrieblichen Erfolg unverzichtbar sei. Ich habe da eine differenzierte Ansicht. Dieser Verkäufertyp ist häufig sein Geld nicht wert. Schauen wir uns deshalb einmal zwei unterschiedliche Verkäufertypen genauer an:
Der Vertriebsingenieur
Sie stimmen komplexe technische Produkte auf die Wünsche der Kunden ab. Ob das Windräder, Panzer, Druckmaschinen oder modernste regenerative Lösungsansätze sind, spielt dabei keine Rolle. Leider glaubt heute bereits jeder kleine Pumpen- oder Sanitärhersteller, er brauche solche Spezialisten mit Hang zum technischen Detail. Aufgrund seiner Ausbildung „sollte“ der Vertriebsingenieur einerseits das nötige Verhandlungsgeschick eines Verkäufers mitbringen, zum anderen ermöglichen ihm seine technischen Detailkenntnisse, die tatsächlichen Kundenwünsche zu verstehen und zu erfassen. Man braucht die Vertriebsingenieure, weil manche technischen Anlagen sehr komplex und erklärungsbedürftig sind. Man braucht sie aber vor allem, um die komplexe Fachsprache des Kunden entschlüsseln zu können.
Alleine deshalb eignet sich dieser Verkäufertyp NICHT für den klassischen Endkunden eines SHK-Fachbetriebes. Der Endkunde spricht einfach, emotional und in Bildern. Der Vertriebsingenieur verkompliziert dann alles und redet sich meistens schon recht früh aus dem Auftrag raus. Bei einem Bauträger mit einem Ingenieur als Entscheider kommt er dann schon deutlich besser an. Wer den Job als Vertriebsingenieur ausüben will, kommt um eine anspruchsvolle Ausbildung nicht herum. Idealerweise ist das ein praxisnahes Studium an einer Uni. Es gibt mittlerweile an Fachhochschulen spezielle Studiengänge, wie den internationalen Vertriebs- und Einkaufsingenieur. Hier befassen sich die Studenten zu 50 % mit technischen Themen und die anderen 50 % mit betriebswirtschaftlichen Themen. Mit dem Bachelor hat man nach drei Jahren Regelstudienzeit sogar einen international anerkannten Abschluss. Da Studiengänge zum Vertriebsingenieur relativ neu und selten sind, kann auch ein klassisches Ingenieurstudium zum Ziel führen, wenn durch eine berufsbegleitende Weiterbildung oder ein spezielles Vertiefungsstudium in Richtung Marketing und Vertrieb die notwendige verkäuferische Grundlage gelegt wird. Aber auch hier gilt: Man macht aus einem introvertierten Ingenieur auch mit entsprechender Zusatzausbildung noch lange keinen extrovertierten Verkäufertypen. Zu glauben, man könne aus einem Ackergaul ein Rennpferd machen, ist unrealistisch. Nach meiner Erfahrung gibt es diesen Verkäufertypen eher selten, obwohl er stark gefragt ist. Ich konzentriere mich daher auf das Finden von Verkaufstalenten mit guter technischer Ausbildung. Da dieser Verkäufertyp oft Schlüsselfunktionen im Vertrieb übernimmt, ist es wichtig, die Suche immer über einen qualifizierten Personalberater zu realisieren.
Zu teure „Produkterklärer“
Die Ausgangslage ist verworren. Generell gibt es in Deutschland ca. 600 000 Menschen, die als „Verkäufer“ arbeiten. Die meisten umschreiben diesen Begriff auf ihrer Visitenkarte als: Berater, Verkaufsberater, Key-Account-Manager oder gar Verkaufsleiter, wozu nur die wenigsten wirklich das Profil haben. Ich schätze, dass nur 30 % dieser „Verkäufer“ auch tatsächlich Verkäufertypen sind. Der Rest sind Berater, oder wie ich diesen eher passiven Verkäufertypen nenne: „Produkterklärer“. Das hat Tradition. Speziell in der SHK-Branche haben alle am Markt handelnden Strukturen bisher auf den SHK-Fachmann als Berater gesetzt. Die Big-Five der SHK-Branche, egal welche Kesselfarbe sie als Erkennungskriterium haben, fördern diesen Trend bis heute. Sie alle glauben, dass die fachliche Kompetenz den Ausschlag für den Verkaufserfolg gibt. Ich bezweifle diese Annahme als Verkaufstrainer und Personalberater generell. Da sich die Märkte verändern und immer mehr Nischenanbieter aus der Industrie die neuen regenerativen Energielösungen bestimmen, gewinnen auch flexiblere und modernere Vertriebsstrukturen die Vorhand. Da kann ich mit einem Produkterklärer höchstens in der Geburtsstunde von neuen Produkten etwas anfangen, wie viele Wärmepumpenhersteller eindrucksvoll bewiesen haben. Aber auch dort setzten die cleveren Vertriebsleiter zunehmend auf den „aktiven“ Verkäufertypen. Der Zukunftsmarkt der „Regenerativen Energien“ wird in den nächsten fünf Jahren besetzt werden. Durchsetzen werden sich die, die heute bereits „zweistufig“ oder noch direkter am Kunden sind. Und für solche dynamischen Vertriebsformen brauche ich entsprechende dynamische Verkäufertypen.
Generell gilt: Der „Produkterklärer“ wird landauf, landab einfach zu gut bezahlt. Das liegt ebenfalls an den Big-Five der SHK-Branche. Die haben es geschafft, einer ganzen Branche ein zu hohes Gehaltsgefüge zu verordnen. Mittlerweile glauben Hunderte von Industrieverkäufern tatsächlich, das sie das WERT sind, was sie heute verdienen. Den Beweis, dass Sie neue Märkte erobern können, sind sie aber meistens schuldig geblieben. Als Konsequenz können stagnierende Industrieunternehmen kaum noch durch stärkere Anstrengungen im Außendienst wachsen. Im Gegenteil: Der Kostendruck zwingt häufig zu einer Reduzierung des Außendienstes.
Der Flatrate-Verkäufer
Ich beschäftige mich vorrangig damit, kleineren Unternehmen, egal ob auf Industrie- oder Handwerkerseite, zu helfen, vertriebliche Akzente zu setzen. Zukunftsmärkte werden nicht mit langweiligen Beratertypen (Produkterklärern) besetzt, sondern mit „aktiven“ Verkäufertypen. Um da zu schnellen Erfolgen zu kommen, brauche ich deutlich mehr Verkäufer, als das die klassische Kalkulation zulassen würde. Daher kommt auch mein Ansatz, den Flatrate-Verkäufer zu suchen: Wodurch zeichnet sich dieser Flatrate-Verkäufer aus? Der Flatrate-Verkäufer erhält einen Zielerreichungsvertrag von 40–150 %. Eine angenommene Umsatzerwartungshaltung eines Handwerksbetriebes von 700 000 € entspricht 100 % Einkommen für den Flatrate-Verkäufer. 40 % bekommt der Verkäufer abgesichert, den Rest muss er durch erfolgreiches Verkaufen erwirtschaften. Wenn er richtig gut ist, wird das Jahreseinkommen nicht nach oben begrenzt. Der entscheidende Charme des Systems liegt darin, das die Unternehmen mit relativ geringen Fixkosten der Verkaufsmannschaft kalkulieren können, und deshalb auch das Risiko eingehen können deutlich mehr Verkäufer einzustellen. Die Suche nach diesem neuen Verkäufertyp gestaltet sich indes komplett anders als bisher. Aus der SHK-Branche lassen sich diese Verkäufertypen kaum noch rekrutieren. Das Besitz- und Anspruchsdenken aller heutigen „Produkterklärer“ ist einfach zu hoch. Unternehmerisches Risiko wollen diese Passivverkäufer nicht eingehen. Und ein guter deutscher Mittelklassewagen als Firmenwagen mit privater Nutzung muss auch noch her.
Die Suche nach dem Verkäufer mit „Biss“
Wie finde ich als Personalberater den bezahlbaren Flatrate-Verkäufer mit verkäuferischem Biss? Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Ich dehne meine Suche zwischenzeitlich weit über die SHK-Branche aus, um gute Erfolge erzielen zu können. Da ich Verkäufertypen mit hoher Risikobereitschaft finden muss, erfordert das auch eine Öffnung zu Bewerbern mit eher schwachen Lebensläufen. Ich zeige daher meinen Auftraggebern auch nicht gerne diese Bewerbungsunterlagen. Ich möchte, dass meine Auftraggeber unvoreingenommen den Bewerber und sein Potential einschätzen. Nach der positiven Entscheidung meiner Auftraggeber für einen Bewerber muss ich mir häufig anhören: „Wenn Sie uns diese Bewerbungsunterlage vorher gezeigt hätten, Herr Schneider, hätten wir DIESEN Bewerber bestimmt nicht eingeladen“. Bei allen Überlegungen muss ich berücksichtigen, dass Flatrate-Verkäufer mit verkäuferischem Potential häufig einen eher schlechten oder unruhigen Lebenslauf haben. Da muss ich bei der Bewerbervorauswahl auch mal „beide Augen zudrücken“, wenn ich die Bewerbungsunterlagen studiere. Meine Suche konzentriert sich daher auf Potentiale – nicht auf einen möglichst optimalen Lebenslauf. Das Verfahren hat mich in zwanzig Jahren noch nie im Stich gelassen. Über 90 % aller eingestellten Verkäufer erfüllen später die Erwartungen meiner Kunden, egal ob ich für die Industrie oder den Handwerksbetrieb suche. Und nur darauf kommt es an.
In klassischen Direktvertriebsbranchen gibt es zahllose verkäuferische Potentiale mit teilweise chaotischen Lebensläufen. Diesen chaotischen Verkäufertypen zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen, bedeutet schon, das man als Personalberater über „viele Schatten springen muss“. Gerade in jüngerer Zeit habe ich diverse Erfolge mit Bewerbern gemacht, die bei den Big-Five der SHK-Branche niemals zu einem Bewerbergespräch eingeladen worden wären. Solche großen Unternehmen haben in der Personalabteilung Mitarbeiter, die sich vorrangig an den vermeintlichen Erfolgen der Bewerber aus der Vergangenheit orientieren. Sie schrecken damit interessante Potentialbewerber frühzeitig ab. Für den Bewerber liest sich die Absage immer gleich: „Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen …“ Schade für eine verpasse Chance. Meine Auftraggeber sind sehr froh, einen „bezahlbaren“ Verkäufer zu bekommen, der dann auch relativ schnell beweist, was er (oder besser sie) zu leisten vermag. Das fehlende technische Know-how haben meine Auftraggeber diesen Verkäufern schnell vermittelt. Zu viel fachliches Wissen ist ja bekanntlich schlecht für den Verkaufserfolg. Umgekehrt ist ein mit großen technischem Know-how ausgestatteter „Produkterklärer“ nur mit noch größeren Anstrengungen und gutem Verkaufstraining zu einem erfolgreichen Verkäufer zu wandeln. Ich habe in meinen zwanzig Jahren als Verkaufstrainer die Einsicht bekommen, das es einfacher ist, aus einem Nichtfachmann einen Verkäufer zu machen, als aus einem Fachmann einen Verkäufer.
In der kommenden Ausgabe lesen Sie im 2. Teil dieser Betragsserie, wie Sie als Handwerker Führungskompetenz bekommen können.