Power-to-Heat

Nutzung regenerativer Energien in Ölheizungen

Im Rahmen der Energiewende stellen sich durch den vermehrten Einsatz von Strom aus regenerativen Quellen, die zeitlich volatil sind, neue Herausforder­ungen. Welche Auswirkungen dies auf die nach wie vor notwendigen fossilen Energieträger im Wärmemarkt hat, diskutierte SHK Profi-Redakteur Marcus Lauster mit IWO-Geschäftsführer Adrian Willig.

SHK Profi: Strom ist im Rahmen der Energiewende eine derzeit schwer kalkulierbare Größe geworden. Mal ist er dank Windkraft- und Photovoltaikanlagen im Überfluss vorhanden, ein anderes Mal muss er durch das möglichst rasche Hochfahren von Bestandskraftwerken mühsam bereitgestellt werden, um die Netze auszubalancieren. Hier soll Power-to-Heat eine Möglichkeit bieten, Stromüberschuss sinnvoll zu nutzen. Worin sehen Sie den großen Vorteil?

Adrian Willig: Im Rahmen unseres Projektes „Power-to-Heat in Hybridheizungen“ werden Hybridheizungen mit elektrischen Heizeinrichtungen ausgerüstet, vergleichbar mit einem modernen Tauchsieder. Überschüssiger, sogenannter „abgeregelter“ Strom aus erneuerbaren Energien, kann von den Anlagen aufgenommen und zur Erwärmung des Wassers genutzt werden. Lange, leitungsbelastende Transportwege entfallen, da Windkraftanlagen häufig in ländlichen Regionen verbreitet sind, ebenso wie Öl-Hybridheizungen. Der vermeintlich überschüssige Strom kann so gezielt genutzt werden, wodurch Brennstoff eingespart wird. Auch Überschüsse aus hauseigenen Photovoltaik-Anlagen können auf diese Art in das Heizsystem eingebunden werden. Power-to-Heat ist technisch unkompliziert, kostengünstig und kann sich vergleichsweise schnell amortisieren. Im IWO-Feldtest wird die Technologie bereits heute erfolgreich eingesetzt. Ein weiterer Vorteil: Anders als etwa rein strombetriebene Heizungen, wie zum Beispiel monovalente Strom-Wärmepumpen oder Nachtstromspeicherheizungen, benötigen Power-to-Heat-fähige Ölheizungen keine zusätzlichen Reservekraftwerkskapazitäten, die mit großem Kostenaufwand bereitgehalten werden müssten. Heizöl ist als „Backup-Energie“ stets verfügbar. Zudem entstehen keine zusätzlichen Kosten für eine Netzinfrastruktur, da der Energieträger leitungsungebunden ist.

SHK Profi: Wie groß schätzen Sie das Potential der bestehenden Ölheizungen ein, hier eine Regelfunktion zu über­nehmen?

Adrian Willig: Effiziente Ölheizungen werden einen wichtigen Beitrag für das Gelingen der Energiewende leisten. Immerhin versorgen mehr als 5,6 Mio. Ölheizungen bundesweit rund 11 Mio. Haushalte. Den Schwerpunkt bilden dabei Ein- und Zweifamilienhäuser im länd­lichen Raum, wo eine leitungsgebundene Energieversorgung oftmals nicht vorhanden ist. Der Einbau von Brennwerttechnik stellt eine sehr kosteneffiziente Sanierungsmaßnahme dar. Das wird auch durch die positive Entwicklung der Absatzzahlen für Öl-Brennwertkessel unterstrichen. Und bereits heute kombinieren Ölheizer diese Kessel überdurchschnittlich oft mit regenerativen Energieträgern. Solche Öl-Hybridheizungen unterstützen das Erreichen der klimapolitischen Ziele. Sie können insbesondere sozialverträglich realisiert werden, da unnötig hohe Kosten für Hauseigentümer und Mieter vermieden werden. In ölbeheizten Ein- und Zweifamilienhäusern werden sich hybride Heizsysteme in den nächsten Jahren mehr und mehr zur Standardlösung entwickeln. Power-to-Heat ist ideal geeignet, um diese Systeme zukünftig um eine weitere Komponente zu ergänzen – und das bei überschaubaren Investitionsmehrkosten in Höhe von rund 2.000 €, die, so das Ergebnis einer von uns beauftragten Studie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts, günstigenfalls bereits nach weniger als zehn Jahren wieder eingespielt sind. Der Heizölvorrat im Tank sichert dabei die Grund­versorgung ab. Weil es selbst in kleinen Mengen kostengünstig transportiert und langfristig vor Ort gelagert werden kann, eignet sich Heizöl sehr gut als Komplementärenergie zu den Erneuerbaren Energien. Leitungsgebundene Energieträger hingegen dürften bei geringen Abnahmemengen eher an wirtschaftliche Grenzen stoßen, insbesondere in weniger dicht besiedelten Gebieten.

SHK Profi: Welche Rolle kann und soll hier der Heizungsbauer bzw. Installateur einnehmen?

Adrian Willig: Der Hybrid-Gedanke wird durch Power-to-Heat noch attraktiver, wovon auch das Handwerk profitieren wird. Ein Vorteil von Hybridheizungen besteht ja bereits heute darin, dass sie nicht in einem Zug installiert und finanziert werden müssen, sondern auch stufenweise ausgebaut und selbst Jahre später noch um einen weiteren Energieträger ergänzt werden können. Durch Power-to-Heat werden die dabei möglichen Kombinationsvarianten zur Einbindung Erneuerbarer Energien noch vielfältiger. Heizungsbauer bzw. Installateure können ihren Kunden künftig also eine zusätzliche, kostengünstige Erweiterungsoption bieten. Das zahlt nicht nur auf die Beratungskompetenz des Handwerks ein, sondern dürfte sich auch wirtschaftlich lohnen, da der stufenweise Ausbau von Hybridheizungen zu Folgegeschäften führt. Zudem zeigt das Verbraucherverhalten, dass bei der Heizungserneuerung geringinvestive Maßnahmen bis zu einer Kostengrenze von 10.000 € bevorzugt werden. Dem trägt Power-to-Heat vollauf Rechnung. Noch ist das Konzept eine Zukunftsoption. Doch bereits heute kann diese bei der Anlagenplanung berücksichtigt werden. Eine wesentliche technische Voraussetzung für den Ausbau der bestehenden Heizung zum multivalenten Heizsystem ist das Vorhandensein eines Pufferspeichers, der über mehrere Anschlüsse verfügt. Nur so ist gewährleistet, dass später weitere Wärmequellen eingebunden und neue Angebote genutzt werden können. Der Fachhandwerker kann dieser Anforderung vorbeugend Rechnung tragen, indem er die Erweiterungsoptionen vor Ort prüft und dem Kunden umfassend erläutert. Mit einem Pufferspeicher mit Trinkwasserstation hat der Hausbesitzer mehrere Optionen zur nachträglichen Einbindung erneuerbarer Energiequellen. Die Mehrkosten gegenüber einem herkömmlichen Trinkwasserspeicher sind verglichen mit dem späteren Nutzen gut zu vertreten.

SHK Profi: Öl als gespeicherte Energie könnte also eine Pufferfunktion einnehmen? Wie müssen Hausbesitzer und Betreiber involviert werden, damit diese Lösung eine Zukunft hat? Welche Rahmenbedingungen müssen sich ändern?

Adrian Willig: Laut einem Bericht des Wirtschaftsmagazins „Capital“ haben im Jahr 2014 die Stromverbraucher in Deutschland erstmals mehr als 100 Mio. € an Entschädigung für die Zwangsabregelung von Windrädern zahlen müssen. Für dieses Jahr rechnen die Übertragungsnetzbetreiber demnach mit einer weiteren deutlichen Steigerung der „Ausfallarbeit“ und daraus folgender Entschädigungszahlungen. Dies zeigt, dass eine kostengünstige und technisch einfach umzusetzende Lösung zur Aufnahme ansonsten abgeregelten Stroms im allgemeinen Interesse ist. Power-to-Heat bietet sich hier für eine sinnvolle Nutzung dieses Stroms an. Zum Einsatz im Massenmarkt muss jedoch das ohnehin im Umbruch befindliche Strommarktdesign eine Anpassung erfahren. Dabei ist es wichtig, dass ansonsten abgeregelter Strom von Abgaben und Umlagen weitgehend befreit wird. Aufgrund der genannten Entschädigungszahlungen, die damit dann ja entfallen könnten, würde sich das auch volkswirtschaftlich rechnen.

SHK Profi: Vielen Dank für das ­Interview.

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