Kühl kalkuliert
Heizen und KühlenFür jeden mittelständischen Unternehmer ist es eine Entscheidung von großer Tragweite: Soll man weiterhin in der gemieteten Immobilie verbleiben, mit allen Unzulänglichkeiten wie Platzmangel, hoher Lärmbelästigung und schlechten Arbeitsbedingungen? Oder ist es das Wagnis wert, eine Immobilie zu bauen, nach eigenen Vorstellungen, zugeschnitten auf die individuellen Bedürfnisse, dabei zukunftsfähig, weil später ausbaubar und nach energetischen Konzepten realisiert?
Walter Beckemeier und Klaus Lupinski haben es gewagt: In Moers am Niederrhein ließen sie für ihr Unternehmen Plakon ein dreistöckiges Bürogebäude errichten, das nach energetischen Kriterien geplant und realisiert wurde. Bei der Frage des Heizsystems fiel die Entscheidung für eine Wärmepumpe von Stiebel-Eltron (www.stiebel-eltron.de). Ausschlaggebend war, dass diese nicht nur heizen, sondern auch passiv und aktiv kühlen kann.
Die Form folgt der Funktion
Architekt Theodor Meiners vom Duisburger Architekturbüro Falk konzipierte das Ingenieurbüro Plakon ganz nach energetischen Zielvorgaben. Von Vorteil war, dass im Moerser Gewerbegebiet dreigeschossig gebaut werden durfte – so konnte ein kompaktes Gebäude mit vergleichsweise kleinen Geschossflächen realisiert werden. Allerdings hatten sich die Bauherren Beckemeier und Lupinski ganz bewusst für ein zukunftsfähiges Gebäude entschieden und bei der Planung ein gewichtiges Wort mitgesprochen. So können alle Innenwände in den einzelnen Geschossen versetzt werden; das garantiert für die Zukunft eine flexible Nutzung. In den drei Etagen finden sich die gleichen Funktionsräume, so dass unter Umständen auch geschossweise vermietet werden kann – derzeit nutzt Plakon das Gebäude allerdings komplett selbst: Auf 800 m² Nutzfläche planen rund 30 Mitarbeiter vor allem Kesselanlagen, beispielsweise für Kraftwerke. Wird das Unternehmen wachsen, wächst das Gebäude mit: Statisch ist es so angelegt, dass sich ein weiteres Geschoss problemlos aufsetzen lässt.
Weil die berechnete Heizleistung relativ gering ausfiel, erhöhte Architekt Meiners den baulichen Wärmeschutz: Die Bodenplatte ist doppelt gedämmt, ebenso die oberste Decke, die das Flachdach bildet. An den Außenwänden ist 16 cm Vollwärmeschutz aufgebracht. Die während der Planungsphase geltenden gesetzlichen Bestimmungen wurden von den dabei erzielten Werten deutlich unterschritten – um 38 %. Mauerwerk aus Kalksandstein mit einer hohen Speichermasse garantiert eine gute Klimatisierung und einen sehr guten Schallschutz. Für die Fassade fiel die Wahl auf ein Styropor-Volldämmschutzsystem. Die Kunststofffenster mit hoher Bruchsicherheit weisen ebenfalls exzellente Schall- und Wärmeschutzwerte auf.
Gute Rahmenbedingungen für die Wärmepumpe
Im Zuge der energetischen Planung fiel die Wahl auf ein Heizsystem mit zusätzlicher Kühlfunktion. Weil die zahlreichen PC, Monitore und Drucker in den drei Großraumbüros ständig Energie in Form von Wärme abgeben – jeder einzelne Arbeitsplatz rund 1000 W täglich –, ist eine zusätzliche Heizleistung nur an kalten Wintertagen notwendig. Viel wichtiger ist aber die Kühlung der Räume, und zwar nicht nur im Sommer, sondern auch während der Übergangszeiten, auch damit sich die Mitarbeiter von Plakon in ihren neuen Räumlichkeiten wohlfühlen.
Für das spezielle Anforderungsprofil des Plakon-Bürogebäudes ist die Wärmepumpen-Technologie die optimale Lösung. Sie wurde von Geschäftsführer Klaus Lupinski von Anfang an favorisiert. „Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind wertsteigernde Aspekte, die in der Planungsphase Berücksichtigung finden müssen.“ Die Möglichkeit, mit einer Wärmepumpe außerdem äußerst effizient und kostengünstig kühlen zu können, weil sich das Kühlpotential der Erdwärmesonden in das Kühlsystem mit einbinden lässt, überzeugte beide Geschäftsführer. Das Architekturbüro Falk aus Duisburg entwickelte gemeinsam mit dem SHK-Fachplaner und -Installationsbetrieb Neuwirth aus Moers eine leistungsstarke Komplettlösung zur Heizung und energieeffizienten Kühlung.
Eine reversible Sole/Wasserwärmepumpe „WPF 40“ von Stiebel Eltron mit einer Heizleistung von 40 kW versorgt den Neubau ganzjährig. Zur Verlängerung der Laufzeiten und gleichzeitigen Überbrückung der Sperrzeiten des Energieversorgers wurde die Anlage mit drei 700-l-Pufferspeichern vom Typ „SPB 700E“ kombiniert. Beim Wärmeverteilsystem entschieden sich die Bauherren für Radiatoren, da diese – im Hinblick auf die leicht umsetzbaren Trockenbauwände – den größten Nutzen/Kosten-Effekt haben. Sie wurden im gesamten Gebäude auf allen drei Ebenen installiert und kommen mit einer Vorlauftemperatur von 45 °C aus. Über eine Innenraumregelung schaltet die Wärmepumpe automatisch zwischen Heiz- und Kühlbetrieb um. Die Umweltenergie zum Heizen und Kühlen der Immobilie holt Stiebel Eltron über sechs Erdsonden mit einer Tiefe von 95 m aus dem Moerser Untergrund. Sie wurden vom Tochter-Unternehmen Geowell gebohrt. Die Leistung der Erdsonden liegt im Heizbetrieb bei 31 kW, im Kühlbetrieb bei 48 kW. Im Sommer wird Erdkühle genutzt, im Winter Erdwärme.
Effektive Mehrwertfunktion
durch Kühlen
Schon im Frühjahr und bis weit in den Spätsommer hinein übernimmt die erdgekoppelte Wärmepumpe die Aufgabe des Kühlens. Über Kühlkassetten in den abgehängten Decken transportiert die Wärmepumpe unerwünschte Wärme aus den Räumen ab, kühlt das Gebäude und verfügt somit über eine effektive Mehrwertfunktion. Dabei führt die Anlage die abgesaugte Raumwärme wieder an die Sole zurück und gleicht das Temperaturniveau im Erdreich automatisch wieder aus. Das nach einer Winterperiode abgekühlte Erdreich kann sich so schneller regenerieren.
Die Wärmepumpensteuerung übernimmt die komplette Kühlregelung. Die Steuerungseinheit der Wärmepumpe startet die passive Kühlung bei Überschreitung einer festgelegten Raumtemperatur. Hierbei bleibt die Wärmepumpe ausgeschaltet – also passiv – und Wärme wird nur mit Hilfe der Nebenantriebe ausgetauscht. Genutzt wird lediglich die niedrige Temperatur des Erdreichs. Die Wärmeträgerflüssigkeit gibt die natürliche Kühlenergie über Umsteuerventile, hydraulische Weichen und Wärmetauscher innerhalb des Kälteverteilsystems an die Raumluft ab.
Bei erhöhtem Kühlbedarf erfolgt der automatische Wechsel in den aktiven Kühlbetrieb. Die Wärmepumpe startet, die Aufschaltung von Kühlquelle und Kälteverteilsystem auf die Wärmepumpe wird über die Umschaltventile bewusst vertauscht. Die Wärmepumpe entzieht den Räumen Wärmeenergie und führt sie in die Erdsonden zurück. Der aktive Kühlbetrieb endet, sobald das für die passive Kühlung brauchbar hohe Temperaturniveau erreicht ist.
Investitionen
Rund 170 000 € hat das Ingenieurbüro Plakon in die neue Wärmepumpen-Anlage investiert. Darin sind die Erschließung der Wärmequelle, die gesamte Wärmepumpen-Anlage, die Wärmeverteilung, das Deckensystem zur Kühlung sowie alle Installationskosten eingeschlossen.