Intelligente Armaturen
Trinkwasserhygiene im öffentlichen Sanitärraum
Öffentliche Sanitärräume können heute nicht mehr allein unter den Gesichtspunkten des Diebstahl- und Vandalismusschutzes sowie geringer Wartungs- und Instandhaltungskosten geplant und eingerichtet werden. Die Trinkwasserhygiene im Sinne höchster Nutzersicherheit und -gesundheit darf keinesfalls vernachlässigt werden. Intelligente Armaturentechnologien tragen wesentlich zu einer Risikominimierung bei.
Die Planung und Ausführung öffentlicher, aber auch halböffentlicher und gewerblicher Sanitärräume hat eine Vielzahl von Anforderungen zu berücksichtigen. Neben Diebstahl- und Vandalismusschutz, Pflegeleichtigkeit, Sicherheit, Energieersparnis und Funktionssicherheit sind auch die Aspekte der Trinkwasserhygiene zwingend einzubeziehen. Da solche Anlagen häufig nicht kontinuierlich betrieben werden, wie z.B. Sportstätten, Schulen, Campingplätze etc., sind diese besonders anfällig für die Ansiedlung von bakteriellen Kulturen. Abgesehen von Risiken innerhalb der Trinkwasserinstallation wie Totleitungen, wenig durchströmte Bypass-Leitungen, geringe Strömungsgeschwindigkeiten oder der Eintrag von Kontaminationen von außen sind vorwiegend Entnahmearmaturen im Luft-/Wasser-Grenzbereich gefährdet. Durch stagnierendes Wasser im Armaturenkörper oder durch die Ansammlung von Schmutz und Kalk in den Strahlreglern wird die Ansiedlung von Bakterien wie Legionella spp. oder insbesondere Pseudomonas aeruginosa begünstigt. Durch die Erwärmung des stagnierenden Wassers und die Zufuhr von Sauerstoff finden sie hier ideale Lebens- und Entwicklungsbedingungen. Um die Trinkwasserqualität dauerhaft sicher zu stellen, schreibt die Trinkwasserverordnung regelmäßige Probeentnahmen und mikrobiologische Kontrolluntersuchungen vor.
Richtlinien zur Trinkwasserhygiene
Normen und Richtlinien bezüglich Trinkwasserinstallationen werden fortlaufend geändert. Die Richtlinie VDI/DVGW 6023 enthält konkrete Anforderungen für den Erhalt einer hygienisch einwandfreien Trinkwasserinstallation. So definiert sie den bei der Planung zugrunde liegenden bestimmungsgemäßen Betrieb und regelt die mikrobiologischen Kontrolluntersuchungen gem. TrinkwV. Der bestimmungsgemäße Betrieb stellt sicher, dass an jeder Stelle der Trinkwasserinstallation innerhalb von 72 Stunden ein Wasseraustausch durch Entnahme stattfindet. In Installationen mit fehlendem Wasseraustausch über mehr als 72 Stunden gilt der Betrieb als unterbrochen. In diesem Fall muss bei Wiederinbetriebnahme durch Öffnen der Entnahmearmaturen der vollständige Trinkwasseraustausch der Anlage oder Anlagenteile sichergestellt werden. Bei Trinkwasserinstallationen, deren bestimmungsgemäßer Betrieb mehr als 4 Wochen unterbrochen wird, müssen die Leitungen vor der Unterbrechung abgesperrt und bei Wiederinbetriebnahme regelkonform gespült werden. Und bei Trinkwasserinstallationen mit Betriebsunterbrechungen von mehr als 6 Monaten Dauer sind die vorher genannten Maßnahmen und zusätzlich mikrobiologische Kontrolluntersuchungen gemäß TrinkwV und auf Legionellen durchzuführen.
Überdimensionierungen der Rohrleitungen sind zu vermeiden, um die Einhaltung einer angemessenen Fließgeschwindigkeit sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig, um einen ausreichenden Wasseraustausch zu erreichen und so Biofilmwachstum zu begrenzen. Nur bei ausreichenden Fließgeschwindigkeiten werden die Rohrleitungen gleichmäßig durchströmt, sowohl in der Rohrmitte als auch im Bereich der Rohrwandung, wo Biofilme entstehen.
Die Richtlinie weist ausdrücklich auf die Verantwortung des Betreibers für die hygienische Unbedenklichkeit des Trinkwassers hin und schreibt Schulungsmaßnahmen für das betraute Personal sowie eine Dokumentationspflicht für alle Parameter des Trinkwassernetzes vor.
Thermische Desinfektion vielfach wirkungslos
Werden im Trinkwasser bakterielle Kontaminationen nachgewiesen, sind nach dem für alle Trinkwasserinstallationen maßgeblichen DVGW-Arbeitsblatt W 551 sofortige Desinfektionsmaßnahmen durchzuführen. Die Maßnahme der ersten Wahl ist im Allgemeinen die thermische Desinfektion, d.h. die Aufheizung des gesamten Trinkwassersystems und Spülung der Entnahmearmaturen mit einer an allen Punkten einzuhaltenden Mindesttemperatur von 70° C.
Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass die thermischen Desinfektionen in vielen Fällen wirkungslos sind. So deckt sich eine im American Journal of Infection Control veröffentlichte Studie des Dr. Wisplinghoff Labors, Köln, mit einer vom britischen Gesundheitsministerium (NHS) herausgegebenen Information von 2006, die betont, dass bestehende Biofilme selbst durch Desinfektion der gesamten Trinkwasserinstallation (TW warm und kalt) nicht vollständig beseitigt werden können.
Darüber hinaus sind thermische Desinfektionen mit weiteren Nachteilen belegt. Durch die hohen Temperaturen kommt es zu einer außergewöhnlichen Belastung und Korrosionsgefahr der verwendeten Installationsmaterialien sowie zu erhöhtem Kalkausfall. Gleichzeitig ist ein hoher organisatorischer Aufwand notwendig um die Sicherheit, z.B. vor Verbrühung an den Entnahmestellen, zu gewährleisten.
Geeignete Armaturen
Geeignete Vorsorgemaßnahmen können die bei Befall vielfach wirkungslosen Maßnahmen wie thermische Desinfektionen vermeiden. Entsprechend konzipierte Armaturen leisten hier einen wichtigen Beitrag.
Sowohl selbstschließende als auch elektronische Armaturen sorgen für maximale Hygiene. Durch das automatische Schließen der Armatur ist kein Handkontakt nach dem Waschen nötig, was Bakterienübertragung über die Hände unterbindet. Außerdem sind diese Armaturen wassersparend, vermeiden so die Überdimensionierung der Trinkwasserleitung und ermöglichen eine ausreichende Fließgeschwindigkeit. Fließgeschwindigkeiten von 1,5 bis 2 m pro Sekunde reichen bereits aus, um die Festsetzung von Biofilmen an der Rohrwandung einzudämmen.
Für ausreichende Fließgeschwindigkeiten innerhalb der Armatur sorgen kleine Querschnitte der wasserführenden Teile. So wird außerdem die Menge stagnierenden Wassers im Armaturenköper möglichst gering gehalten und die Ansiedlung von Keimen vermieden. Glatte, ebene Innenflächen erschweren zudem das Anhaften von Biofilmen deutlich und vereinfachen ihre Entfernung wesentlich. So zeigt eine Studie des biologischen Instituts der Universität Jules Vernes in Amiens von Juni 2010, dass in statischem Zustand die Kontamination durch Pseudomonas aeruginosa auf Armaturen mit geglätteten Innenkörpern 14-mal geringer ist als auf herkömmlichen Armaturen mit rauen Innenkörpern.
Strahlregler und Luftsprudler sind einem besonders hohem Risiko für Erregerkonzentrationen ausgesetzt, denn als Luft-/Wassergrenzflächen sind sie anfällig für bakterielles Wachstum. Luftsprudler sind dabei besonders kritisch zu sehen, da sie dem durchfließenden Wasser Luft beimischen und dadurch das Risiko für Aerosolbildung erhöhen. Und in den feinen Sieben der Luftsprudler sammeln sich Schmutzpartikel an, die das Bakterienwachstum begünstigen können. Strahlregler aus verkalkungsarmen Materialien und ohne Luftbeimischung und Sieb können daher das Bakterienwachstum wesentlich begrenzen.
Auch wenn Urinal- und WC-Spülsysteme auf den ersten Blick keinen direkten Bezug zur Trinkwasserhygiene haben, ist ihr Einfluss nicht zu vernachlässigen. Bei ungeeigneten Armaturen oder insbesondere auch in Spülkästen können sich leicht Bakterienkolonien ansiedeln und von dort aus die Trinkwasserinstallation kontaminieren.