Entwässerung von Hallenflachdächern

Mit integraler Planung zum Erfolg

Integrale Planung – für Befürworter der einzige Weg zur Beherrschung komplexer Bauvorhaben, für Skeptiker eher noch graue Theorie am grünen Tisch. Das Praxisbeispiel einer integral geplanten Dachentwässerung einer architektonisch anspruchsvollen Industriehalle zeigt jedoch: Werden solch wichtige Gebäudefunktionen schon in der Entwurfsphase geplant und das Spezialwissen der ausführenden Fachunternehmen bereits so früh eingeholt, lassen sich teure Komplikationen verhindern – auf der Baustelle und während der gesamten Gebäudenutzung.  

Eine konventionelle Stahltragkonstruktion, gepaart mit einer unkonventionellen Glasfront. Ökologische Fassadenpaneele aus Steinwolle, kombiniert mit ästhetischen Sichtbetonanteilen. Klarheit in der Geometrie, die sich von der Gebäudehülle über die Regalkonstruktion innen und bis zur Leitungsverlegung gradlinig fortsetzt. So sieht die Architektursprache der 13,5 m hohen Lagerhalle aus. Und damit passt sie perfekt ins Bild der angrenzenden Produktions- und Verwaltungsgebäude. Hoch zufrieden zeigte sich der Bauherr nicht nur mit dem Entwurf. Die saubere handwerkliche Umsetzung des Designs, die Einhaltung des Kosten- und Zeitplans – alles hat gepasst. Der Schlüssel zum Erfolg, da sind sich alle Baubeteiligten einig, war der integrale Planungsansatz. Die Planung der Dachentwässerung des 1.800 m² großen Flachdachs steht dafür exemplarisch.

im Detail denken und planen

Dachentwässerung ist ohne Frage ein notwendiges Detail. Doch ist es auch so relevant, dass es Teil der Integralen Planung eines Objekts sein muss? Nach Meinung des Architekten Erich Wellie (www.welliearchitekten.de) auf jeden Fall: „Kurz vor Abschluss des Bauvorhabens dann noch irgendwo die Dachgullys einzubauen und die Rohre zu verlegen – das geht optisch gar nicht.“ Und oftmals auch technisch nicht, pflichtet Sandra Fabig bei. Die Diplom-Ingenieurin arbeitet bei Dallmer und unterstützt in ihrer täglichen Arbeit Planer und Handwerker bei der Auslegung – oft in der letzten Minute: „Sehr häufig kommen Fachplaner auf uns zu und bitten um die Auslegung einer Dachentwässerung, mit der sie erst sehr spät im Projektverlauf beauftragt wurden, manchmal erst kurz vor Abschluss. Dann sind aber die meisten Parameter fix und die Dachentwässerung muss mit einem unnötig hohen Aufwand noch irgendwie gestemmt werden“, so die Erfahrungswerte von Sandra Fabig.

Zu den häufigsten Schwierigkeiten zählen statische Probleme, weil die Last des Entwässerungssystems nicht berücksichtigt wurde, sowie fehlende Befestigungspunkte für die abführenden Rohrleitungen. Manchmal ist die hydraulisch optimale und normativ korrekte Platzierung der Gullys aufgrund der Kollision mit anderen Dachaufbauten wie Kuppeln und Entrauchungsventilatoren gar nicht mehr möglich. In der Folge verlängern sich Fließwege, und es entstehen Dachbereiche mit ständigem Wasserstand. Hier altert die Dachhaut deutlich schneller.

Auch eine unzureichende Notentwässerung gehört zur Liste folgenschwerer Versäumnisse. Entweder ist die Abflussleistung zu klein dimensioniert oder die Abflüsse sind willkürlich an Dachhochpunkten mit zu großen Anstauhöhen installiert. Bevor also die Notentwässerung hohe Niederschlagsmengen abführen kann, ist die Dachfläche bereits geflutet und einsturzgefährdet.

Um diese Zusammenhänge weiß Architekt Erich Wellie und diskutierte deshalb mit TGA-Planer Stefan Schmidt und Dachdeckermeister Hermann Aland (www.aland-bedachungen.de) bereits den ersten Entwurf des Dachaufbaus der Lagerhalle.

Spezialwissen integrieren

Zur Dachgestaltung präsentierte der Architekt klare Vorstellungen: Ein Flachdach aus Trapezblechen mit zwei Entwässerungslinien entlang der Längsseiten, Hochpunkt zentral in der Hallenmitte. Die ­Lichtkuppeln sollen auf jeden Fall direkt über den Gängen Tageslicht spenden und optisch mit den Außentüren fluchten. Als Notentwässerung schloss der Architekt Speier von vorn herein aus. Stattdessen Dachgullys, aber sie sollten mit den anderen Durchbrüchen in einer Linie stehen.

Dachdecker Aland wies in der Planungsrunde direkt darauf hin, dass die Gullys der Dachentwässerung auf jeden Fall zwischen den Bindern installiert werden sollten. Denn auch Trapezbleche weisen im Laufe der Zeit eine Biegung nach unten auf. So könne man Pfützen vermeiden und die Langlebigkeit der Dachbahn vergrößern. Außerdem gab er den Hinweis auf die Dachentwässerungssysteme von Dallmer. Hier seien gerade die Gullys für die Notentwässerung besonders einfach und sicher an die vorgesehene Dachbahn aus langlebigen, mehrschichtigem Kunststoff anzuschließen.

Diesen Ball wiederum nahm TGA-Planer und -Installateur Stefan Schmidt gerne auf. Von Dallmer hatte er schon mehrfach die Druckentwässerungssysteme installiert. Im Gegensatz zur sonst üblichen Freispiegelentwässerung können alle Gullys an einer Sammelleitung pro Entwässerungslinie angeschlossen und abgeführt werden. Das gefiel Erich Willie: weniger Rohre bedeuten weniger Installationskosten und optische Störer. Apropos Installation: „Setzen Sie die Gullys etwas weiter von der Dachkante ab. Dann kommen wir bei der Verrohrung unter dem Hallendach optimal an den Vouten der Stahlbinder vorbei und können auch problemlos mit dem Scherenhubwagen arbeiten“, meinte Schmidt und erntete Kopfnicken von Dachdecker Aland.

Wellie war im Ergebnis überzeugt, gab eine entsprechende Detailplanung in Auftrag und spielte sie zurück an den Statiker zur Prüfung. Parallel dazu fragte der TGA-Planer eine hydraulische Berechnung der Dachentwässerung und der Notentwässerung bei Dallmer an. Eine vollständige Auslegung der Dachentwässerung unter Berücksichtigung der Normen und örtlichen Regenspenden inklusive isometrischer Darstellung der Leitungen, die für eine hydraulisch einwandfreie Funktion erforderlich ist, kam vom Hersteller Dallmer (www.dallmer.de) zurück. Zur nächsten Baubesprechung lagen alle Einzelheiten vor und Wellie konnte die detaillierten Ausführungszeichnungen anfertigen. Denn sein Motto ist: „Wer im Büro mehr zeichnet, muss auf der Baustelle weniger reden.“ So wusste der Betonbauer rechtzeitig, an welcher Stelle das Fallrohr der Dachentwässerung an die Grundleitung angeschlossen wird, wo der Durchbruch in der Fassade sein muss, um die Notentwässerung nach draußen zu führen – und wo eine entsprechende Versickerungsfläche vorzusehen ist. Der Dachdecker konnte rechtzeitig prüfen, ob der Anschlussflansch der Gullys zur gewählten Dachbahn passt. Und dem Installateur war es möglich, alle erforderlichen Rohre und Befestigungen analog der Dallmer-Stückliste frühzeitig zu ordern.

Fazit

Die Dachentwässerung als Fallbeispiel für Integrale Planung kommentieren die Baubeteiligen übereinstimmend als unbedingt erforderlich, um wirtschaftlich, in Übereinstimmung mit den Nutzungsanforderungen des Bauherrn, werterhaltend und nicht zuletzt ästhetisch zu bauen. „Bauten jeder Art und die Ansprüche daran werden immer komplexer. Nur, wer Details schon am Anfang gemeinsam mit den Ausführenden integral plant und bis zu Ende denkt, beherrscht Zeit, Kosten und Funktion. Das betrifft den Bauverlauf, aber auch den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes“, meint Architekt Erich Wellie und bedenkt dabei auch vermeintliche „Nebensächlichkeiten“ wie die Dachentwässerung.

„Die Vorplanung der Dachentwässerung beschränkt sich oft darauf, den Anschluss der Grundleitung festzulegen. Dass die Installation der Rohre vom Dach zum Boden hydraulischen Gesetzen unterliegt, die Statik beeinflusst und zudem geeignete Befestigungspunkte vorhanden sein müssen, wird dabei vielfach ausgeblendet. Also muss improvisiert werden. Das aber ist teuer, nicht wirklich schön und manchmal technisch sogar grenzwertig“, kennt TGA-Planer und -Installateur Stefan Schmidt die gängige Praxis und spricht sich ebenfalls klar für den integralen Planungsansatz aus. So, wie er in dem Neubau des anspruchsvollen Hochregallagers mit 2.885 Paletten-Stellplätzen erfolgreich umgesetzt wurde.

Wichtige Normen

Für die Entwässerung von Flachdächern sind unterschiedlichste Normen zu berücksichtigen. Die Anforderungen an die Dachabläufe werden in der DIN EN 1253 beschrieben. Die Anschlussregeln der Dachabläufe an die Dachhaut sind in den „Flachdachrichtlinien“ des ZVDH definiert. Die DIN EN 12056 regelt die Installation von Schwerkraftentwässerungsanlagen innerhalb von Gebäuden. Eine Notentwässerung für Flachdächer, um auch außerordentliche Regenspenden sicher abzuführen, fordert seit 2008 die nationale Ergänzungsnorm DIN 1986-100.

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