Effizienz durch Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung
Abwärme zur Kälteproduktion einbinden
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist sehr sinnvoll. Doch nutzt man die entstehende Abwärme noch zur Kälteproduktion, ist die Kombination hinsichtlich der Effizienz nahezu unschlagbar. Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) ist nicht zuletzt deshalb auf dem Vormarsch. Doch Planung und Installation weisen zahlreiche Hürden auf. Zudem kommen mehrere Technologien in Frage. Und: Für Installateure ist ein Kälteschein Pflicht.
Bei der KWKK wird die Abwärme etwa eines Blockheizkraftwerkes oder einer anderen Quelle genutzt und mittels eines physikalisch-chemischen Prozesses in Kälte umgewandelt. Anlagen dieser Art sind immer teurer als eine herkömmliche Kältekompressionsmaschine. Doch diese kann eben die Abwärme nicht nutzen und braucht zusätzlich Strom für die Kälteerzeugung. Da, grob gerechnet, für eine Kilowattstunde Kälte dreimal so viel Energie aufgewendet werden muss wie für eine Kilowattstunde Wärme, ist dies auf Dauer und bei den derzeitigen Strompreisen ein teurer Spaß. Hinzu kommt noch ein weiterer, umweltpolitischer Aspekt: Der Kühlbedarf wird in Zukunft aufgrund der Klimaerwärmung zunehmen. Das heißt, der Bedarf an Kälte insbesondere im Sommer, aber auch in den immer wärmer werdenden Übergangsmonaten, steigt. Diese Kälte wäre mit den sowieso sehr wartungsintensiven Kompressionskältemaschinen teuer erkauft. Aus diesem Grund setzt sich am Markt immer mehr die KWKK durch. Denn die nutzt die im Sommer etwa mittels BHKW oder Solarthermie produzierte Wärme, die dann keine Verwendung finden kann, und wandelt sie in Kälte um. Dafür kommen mehrere physikalisch-chemische Prinzipien in Frage.
Absorptionskältemaschinen
Derzeit am häufigsten verwendet werden Absorptionskältemaschinen. Sie nutzen die Eigenschaft des Wassers, in einem Bereich nahe dem Vakuum bei niedrigen Temperaturen um die 5 °C zu verdampfen. Der Wärmestrom kann dabei bis zu 100 °C betragen und ebenfalls für den Prozess oder für den Heizkrauslauf genutzt werden. Der entstehende Wasserdampf wird mittels Lithiumbromid- oder Zeolithlösung abgesaugt. Nutzt man Ammoniak, kann man sogar noch tiefere Temperaturen erreichen, die für Prozesskälte geeignet sind.
Dabei entsteht eine Salzlösung, die durch einen Verdampfer eingedickt wird. Genau dafür wird die Abwärme genutzt, und zwar in einem sogenannten Austreiber. Der dabei entstehende Wasserdampf wird kondensiert und kühlt ab. Das wiederum wird für den Kältekreislauf genutzt. Das wieder verflüssigte Wasser gelangt zurück in den Absorber. Es entsteht also ein geschlossener Kreislauf. Die Heizleistung zur Kühlung beträgt in diesem Prozess etwa das knapp Anderthalbfache. Bei einer Kompressionskälteanlage wäre es bezogen auf die eingesetzte elektrische Energie, die ja zudem viel teurer ist, das Dreifache.
Die Anlagen haben keinerlei bewegte Teile. Das macht sie wartungsarm und lässt eine um gut ein Viertel längere Lebensdauer zu als bei einer Kompressionskältemaschine. Zudem enthalten sie keine Kältemittel, die das Klima belasten. Sie benötigen jedoch deutlich mehr Platz als eine in der Kühlleistung vergleichbare Kompressionsanlage. Das muss bei der Planung beachtet werden, wenn etwa eine alte Kompressionsanlage durch eine neue Absorptionsanlage ersetzt werden soll.
Adsorptionskältwemaschinen für Ausnahmefälle
Eine weitere Möglichkeit sind Adsorptionskältemaschinen. Hier wird ein Kältemittel mittels Wärme aus einem sogenannten Adsorbens ausgetrieben. Dazu ist die Anlage in zwei Kammern geteilt, in denen sich Silicagel als Sorptionsmittel befindet. Als Kältemittel dient Wasser. In diesen Kammern laufen immer zwei Prozesse gleichzeitig ab. Beim Verdampfen des Kältemittels wird der dabei entstehende Dampf durch das Adsorbens adsorbiert, also ausgetrieben – daher der Name der Technologie. Im Gegenzug läuft die Desorption des Kältemittels aus dem Adsorbens. Dadurch wird Dampf kondensiert und für Kühlzwecke genutzt. Die Technologie ist allerdings nicht sehr verbreitet, weil sie bisher kaum wirtschaftlich zu betreiben ist und große Temperaturdifferenzen wie bei der Absorptionskältemaschine nicht zu erreichen sind.
DEC-Verfahren für RLT-Anlagen
Eine weitere Möglichkeit wären DEC-Verfahren (für Trocknungs- und Verdunstungskühlung, englisch Desiccative Evaporative Cooling). Sie sind vor allem für Raumlufttechnische Anlagen (RLT) geeignet. Denn bei ihnen erfolgt die Kühlung über die Raumluft, und zwar mittels einer ebenfalls auf Silicagel oder Zellulose basierenden sorptiven Lufttrocknung und daraus folgender Verdunstungskühlung. Das Kältemittel ist also hier die Luft selbst. Dazu wird im Zuluftkanal ein sogenanntes Sorptionsrad installiert, welches die Luft trocknet. Eine Wärmerückgewinnungsanlage und ein Verdunstungsbefeuchter kühlen die erwärmte Luft ab. Die Abluft hingegen kommt im Abluftkanal mit einer DEC-Anlage in Berührung, wird dort wieder befeuchtet und mittels Wärmerückgewinnungsrad erwärmt, was wiederum als Kühlung auf die Zuluft wirkt. Mit dieser Aufwärmung wird auch das Sorptionsrad regeneriert und kann erneut mit seiner Entfeuchtungsarbeit beginnen. Solche Anlagen sind für kleine Kälteleistung bis 400 kW thermisch gedacht. Die Zuluftmengen sollten nicht mehr als 50.000 m3 je Stunde betragen.
Praktisches für Planer und Installateure
Die Kombination von Wärme und Kälte erfordert einigen planerischen Aufwand und einiges an Installationsgeschick. „Es geht damit los, dass ich die KWKK-Anlagen nur dort errichte, wo ich einen Überschuss an Wärme habe, den ich wiederum sinnvoll einsetzen kann, etwa für eine Absorptionskälteanlage“, so Sven Lipke, beim Magdeburger Contracting-Spezialisten Getec für KWKK-Lösungen zuständig. Dies sei der Fall, wenn etwa ein BHKW installiert würde, das im Sommer aber keinen Abnehmer für die produzierte Wärme findet. Aufgrund der Effizienz sollte es aber auf 5.000 Betriebsstunden im Jahr kommen. Möglich ist dies nur mit einem Betrieb über den Sommer hinweg. In diesem Falle könne eine KWKK-Anlage sinnvoll sein, wenn in räumlicher Nähe ein Kältebedarf besteht.
Die Magdeburger, ein europaweit agierender Energiedienstleister, setzen dabei auf Absorption. „Dennoch kann es vorkommen, dass wir auch Kompressionskälteanlagen vorhalten etwa für eine gewisse Redundanz, die benötigt wird“, so Lipke. Deswegen belasse man auch schon vorhanden Kompressionsanlagen an ihrem Platz, sofern sie technisch noch einwandfrei seien.
Dies hätte auch einen weiteren Vorteil: Wenn das BHKW im Sommer gewartet werden müsste, würde die Wärme für die Absorptionsanlage und also die benötigte Kälteleistung wegfallen. Dann springe die Kompressionsmaschine ein. Dies sei auch besser für das Lastmanagement. Damit die Kompression aber nicht zu viel Energie verbrauche und das Unternehmen in den Bereich von teurem Lastspitzenstrom komme, böten sich Kältespeicher an. Diese sind ähnlich aufgebaut wie Pufferspeicher für die Wärme. Gerade bei Firmen, die im Sommer nicht auf die Kälte verzichten könnten, sei dies unabdingbar.
Hydraulische Integration nötig
Eine KWKK-Anlage muss hydraulisch in den gesamten Heizungskreislauf integriert werden. Die Absorption zeitigt dabei einen gewissen Wärmeverlust. Im normalen Kühlbetrieb, etwa für Klimaanlagen, ist aufbereitetes Wasser das Kältetransportmittel. Im Industriebereich mit deutlich tieferen Temperaturen ist dies meist Ammoniak. Hier, so Lipke, müssten alle Vorschriften für diesen Gefahrstoff beachtet werden, da durchaus Bereiche entstünden, in denen sich explosive Gas-Luft-Gemische bilden könnten, sogenannte Ex-Bereiche.
Bei einer „normalen“ KWKK-Anlage mit einem Temperaturlevel von 6 bis 12 °C sei die Integration aber nicht aufwendiger als die für ein BHKW. Bei Getec haben die Techniker den Vorteil, dass sie meist auch mit Dampfkesseln arbeiteten und deswegen gleichzeitig Kesselwärter seien. „Von Vorteil ist zudem immer eine Ausbildung als Mechatroniker“, so Lipke, „weil dieser sowohl das mechanische als auch das elektronische Wissen vereint und damit die Anlagen in Bezug auf die Hydraulik beobachten kann.“ Getec betreibt für viele KWKK-Anlagen im Kundenauftrag einen eigenen Leitstand, von dem aus diese überwacht und gesteuert werden.
Von Getec wurden schon viele KWKK-Anlagen installiert. Ein typischer Fall waren auf dem Campus der Uni Lübeck zwei BHKW mit Wärmepufferspeicher, bei denen im Nachgang eine Absorptionskälteanlage installiert wurde. Nötig wurde dies, weil man im Sommer wegen der hohen Strompreise nicht oder nicht durchgängig auf Kompressionswärme setzen will. In diesem Fall benötigt man auch keinen Kältespeicher.
Anlagen dieser Art, so Lipke, benötigen eine vernünftige Planung und die Inbetriebnahme einzelner Komponenten müsse gut aufeinander abgestimmt sein. Manchmal brauche man eine Reserve. Doch mitunter verleite dies dazu, eine zu große Anlage zu konzipieren. Beachtet werden müsse auch, dass BHKW und Kälteproduktion nur zu etwa 5 % modulierbar seien. Eine solche Anlage ermöglicht eine höhere Auslastung. Ein BHKW läuft nur mit voller Last optimal. Dann erreicht es einen Wirkungsgrad von 90 % und mehr. Läuft es nur mit 50 %, sinkt der Wirkungsgrad analog. Deswegen helfen KWKK-Lösungen, die Anlagen im Sommer durchlaufen zu lassen, was wiederum einen besseren Wirkungsgrad ermöglicht. Dies passe auch zur Unternehmenspolitik von Getec, die großen Wert auf einen niedrigen CO2-Fußabdruck ihrer Kunden und eine optimale Auslastung der eingesetzten Ressourcen legen.
Hinzu kommt ein Kostenvorteil. Der mittels KWK erzeugte Strom ist letztlich durch die KWK-Umlage subventioniert und ermöglicht eine günstigere Kälteproduktion als in einer getrennt laufenden Kompressionsanlage. Allerdings funktioniert das nur, wenn man im Sommer einen Überschuss an Wärme hat. Optimal, so Lipke, wären Rücklauftemperaturen von 75 °C. Wären sie höher, würde es schwierig.
KWKK-Praxisbeispiel
Hier nun ein ganz konkretes KWKK-Beispiel einer Dampferzeugungsanlage für einen Waschmittelhersteller in Sachsen-Anhalt. Installiert wurde eine neue Energieversorgung, die sowohl die Dampferzeugung als auch einen Teil der Stromversorgung sicherstellen sollte. Dabei sollten die Energiekosten deutlich reduziert werden. Dazu wurde die vorhandene Dampfversorgung in Niedertemperaturwarmwasser und Prozessdampf aufgesplittet. Das machte ein neues Leitungsnetz nötig. Außerdem wurden eine Mittelspannungs-Schaltanlage und die zugehörigen Trafostationen zur Einspeisung der Elektroenergie errichtet. Der Leistungsumfang umfasste weiterhin die Montage und Installation eines Abhitzekessels zur Dampferzeugung, die Errichtung einer Kaminanlage mit zwei Einzelzügen sowie einer Pufferspeicheranlage. Energieträger ist Erdgas, die installierte Leistung beträgt 2,5 t Dampf je Stunde, die Leistung der beiden BHKW-Anlagen liegt bei 3.424 kW elektrisch und 3.978 kW thermisch. Die Wärmeverbraucher wurden an ein neues Nahwärmenetz mit zugehöriger Druckhaltung angeschlossen. Zusätzlich wird Klimakaltwasser für technologische Zwecke über eine Absorptionskältemaschine erzeugt.
Hilfreiche Hinweise zur KWKK gibt es auch auf der Website
www.kwkk.de.