Abscheider-Zulassungen neu geregelt
Belastung für betroffene Bauherren und Behörden
Bisher genügte die Überprüfung eines einzigen Dokumentes in Form einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ), um festzustellen, ob ein gewählter Abscheider alle bau- und wasserrechtlichen Anforderungen erfüllt. Anstelle der einfachen Verwendbarkeitsprüfung ist nun jedoch ein neues Nachweisverfahren entstanden, das von allen Beteiligten mehr Aufwand verlangt.
Solche Anlagen mussten mit einem CE-Zeichen bezüglich EN 1825-1 (Fettabscheider) bzw. EN 858-1 (Leichtflüssigkeitsabscheider) sowie einem Ü-Zeichen gemäß Zulassung gekennzeichnet sein. Eine solche Doppelkennzeichnung verstößt laut Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2014 gegen geltendes europäisches Recht – die EU-Bauproduktenverordnung (BauPVO) 305/2011. Denn CE-gekennzeichnete Bauprodukte dürfen nicht gleichzeitig nationalen Verwendbarkeits- und Übereinstimmungsnachweisen unterliegen. Infolgedessen hat das DIBt seit Oktober 2016 keine Zulassungen mehr erteilt und alle bisherigen Zulassungen waren bis April 2020 befristet. Anstelle der einfachen Verwendbarkeitsprüfung ist ein neues, komplexes Nachweisverfahren entstanden, das von allen Beteiligten ‒ sowohl Bauherren als auch Behörden ‒ mehr Aufwand, Verantwortung und Fachkenntnis verlangt.
Folgen des EuGH-Urteils
Obwohl das Urteil des Europäischen Gerichtshofes nur das Bauprodukt betrifft, stellt es das gesamte bisherige Zulassungsverfahren von Abscheideranlagen in Frage und erforderte eine komplette Neuregelung. Dies führte zu vielen Änderungen.
Folgende Regelwerke waren unter anderem davon betroffen:
Musterbauordnung bzw. jeweilige Landesbauordnungen
Wasserhaushaltsgesetz bzw. jeweilige Landeswassergesetze
Normen DIN 4040-100 und DIN 1999-100
DWA-Regelwerke (z.B. TRBS DWA A 781)
AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdeten Stoffen) ersetzt VaWs
Abwasserverordnung (AwVO)
Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) ersetzt Bauregellisten
Nachweisverfahren für Fettabscheider: Was ist neu?
Bezüglich der Anforderung an das „Bauprodukt Fettabscheideranlage“ gilt strikt die harmonisierte europäische Norm EN 1825-1. Die Übereinstimmung mit dieser Norm muss mit einer Leistungserklärung (Declaration of Performance, kurz DoP) bestätigt werden. Bezüglich Einbau, Betrieb und Wartung gelten die einschlägigen Landesvorschriften entsprechend MVV TB, Abschnitt B 4.2. Damit das Produkt bau- und wasserrechtlich verwendet werden kann, müssen viele Teile der überarbeiteten DIN 4040-100 sowie bezüglich Statik die DIN 19901 berücksichtigt werden. Dafür sind zahlreiche Einzelnachweise vorzulegen, bei denen alle Beteiligten eine große Menge an Dokumenten prüfen müssen.
Neues Prüfverfahren auch für Leichtflüssigkeitsabscheider
Auch bei dem Bauprodukt Leichtflüssigkeitsabscheider gibt es Neuerungen. Prinzipiell stehen zwei verschiedene Nachweisverfahren zur Verfügung:
Verfahren nach EN 858-1: Bei der Anforderung an Abscheider für Leichtflüssigkeiten gilt strikt die EN 858-1. Die Übereinstimmung mit dieser Norm muss ebenfalls mit einer Leistungserklärung (DoP) bestätigt werden. Zusätzlich sind die neuen Vorgaben gemäß MVV TB, DIN 1999-100 und DIN 19901 einzuhalten und entsprechend nachzuweisen. Doch die DIN EN 858-1:2015-2 regelt nur mineralische, nicht aber Biokraftstoffe. Gerade im Tankstellenbereich und Kraftstoffsektor sind Biokraftstoffe in der Regel als Beimischung vorhanden. Daher wurde es notwendig, ein neues Verfahren für eine kombinierte Zulassung zu schaffen, welches sowohl das Bauprodukt, aber auch dessen Verwendung in einer Bauartgenehmigung regelt.
Zulassungsverfahren nach DIBt-Richtlinie: Falls also mit einem Anteil an Biokraftstoffen zu rechnen ist, sollen „Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen mit Anteilen an Biodiesel, Bioheizöl und Ethanol“ (kurz ABKW-Anlagen) verwendet werden. Das DIBt hat hierfür Richtlinien erarbeitet, welche sowohl die Anforderungen an das Bauprodukt, als auch dessen Anwendungsbereich regeln. Um Verwechslungen mit Anlagen nach DIN EN 858-1 zu vermeiden, wurden auch Begriffe neu definiert. Anstelle der Differenzierung nach Klasse I und II gibt es nun das System A und System B.
Verwendbarkeitsprüfung nach Europanorm und MVV TB
Anstelle der einfachen Verwendbarkeitsprüfung ist nun ein komplexes Verfahren mit einer großen Menge an Daten und Dokumenten entstanden, das eine enorme Belastung für betroffene Behörden und Bauherren bedeutet. Durch die erforderlichen und umfangreichen Einzelnachweise ist die Vorgehensweise deutlich fehleranfälliger, zeitintensiver und verlangt allen Beteiligten mehr Verantwortung ab. Zudem stuft das DIBt selbst einen Teil der Produktnormen EN 1825-1 und EN 858-1 als mangelhaft ein. Für eine langfristige Lösung ist daher eine Überarbeitung der harmonisierten Norm (hEN) der BauPVO (EU) unabdingbar. Die Kessel AG aus dem bayerischen Lenting hat sich daher für einen eigenen Weg entschieden, der den Prüfaufwand erheblich erleichtert.
Vereinfachter Kessel-Weg für die Verwendbarkeit von Fettabscheidern
Der Entwässerungsspezialist verpflichtet sich freiwillig, weiterhin alle Anforderungen der bisherigen Zulassungen für Fettabscheideranlagen sowie der DIN 4040-100 einzuhalten. Das betrifft insbesondere die Zulassungen:
Z 54.1-473 EasyClean free NS 2 – NS 35 in ovaler Bauform
Z 54.1-474 EasyClean free NS 2 – NS 10 in rotationsgeformten Behältern
Z 54.1-440 EasyClean ground NS 2 – NS 20 in rotationsgeformten Behältern
Damit erfüllt Kessel die umfangreichen Anforderungen der MVV TB gemäß Abschnitt 4.2 unter der Anlage B 4.2/1 und Anlage B 4.2/3. Alle entsprechenden Nachweise bestätigt das Unternehmen zusammenfassend in einer entsprechenden Konformitätserklärung (DoC). Dies erleichtert die Prüfung der bau- und wasserrechtlichen Verwendbarkeit erheblich, bringt mehr Sicherheit und Zeitersparnis für alle Beteiligten. Zusammen mit der DoP gilt somit für Kessel-Fettabscheider in vereinfachter Form: Bisherige Zulassung = Leistungserklärung + Konformitätserklärung. Die Konformitätserklärung regelt die Verwendung, die Leistungserklärung das Bauprodukt. Zusammen mit beiden Nachweisen wird die Fettabscheideranlage verwendbar.
Hohe Sicherheit bei Leichtflüssigkeitsabscheidern
Kessel hat sich hier für das Verfahren mit DIBt-Zulassung entschieden. In diesem Rahmen wurden folgende Zulassungen erteilt:
Z 83.8-54: Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen mit Anteilen an Biodiesel, Bioheizöl und Ethanol – System A
Z 83.8-55 Anlagen zur Begrenzung von Kohlenwasserstoffen mit Anteilen an Biodiesel, Bioheizöl und Ethanol – System B
Die Leichtflüssigkeitsabscheider des Unternehmens erfüllen die neuen Anforderungen für Bio-Kraftstoffe schon seit Jahren. Mit der freiwilligen Verpflichtung zur Einhaltung der bisherigen Zulassungsregeln beweist es daher Kontinuität. Es gilt also volle Kompatibilität: Bisherige Zulassung + Anwendung Biokraftstoffe = neue (ABKW-) Zulassung:
Z 54.3-454 (Klasse I) + Biokraftstoffe = Z 83.8-54 (System A)
Z 54.2-453 (Klasse II) + Biokraftstoffe = Z 83.8-55 (System B)
Da die ABKW-Zulassung für Biokraftstoffe mit einem Anteil von 0 bis 100 % gilt, kann sie auch verwendet werden, wenn kein Anteil an Biokraftstoffen vorhanden ist. Die Übereinstimmung der Kessel-Leichtflüssigkeitsabscheider mit der Kombi-Zulassung wird durch eine sogenannte Übereinstimmungsbestätigung (Attestation of Conformity, kurz AoC) erklärt. Dies erleichtert das Nachweisverfahren aller Beteiligten erheblich und steht für das Motto „einfach sicher“.
Verwendbarkeit Fettabscheider
Der Nachweis der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Anlagen mit Bauprodukten zur Behandlung von Abwasser mit Anteilen von Leichtflüssigkeiten und der Anlagen mit Bauprodukten zur Behandlung von fetthaltigem Abwasser ist auf der Grundlage von DIN 19901:2012-12 durch eine Typenstatik oder einen statischen Nachweis im Einzelfall zu erbringen. Dabei gilt Folgendes:
➤ Für Behälter aus Beton ohne Innenbeschichtung/ Innenauskleidung ist das Eindringverhalten von Fetten bzw. Leichtflüssigkeiten im Abwasser in den Beton zu berücksichtigen.
➤ Für Behälter aus Kunststoff sind für die statische Berechnung die erforderlichen Kennwerte unter Berücksichtigung des Medien-, Zeit- und Temperatureinflusses zu ermitteln.
Quelle: Auszug aus Anlage B 4.2/1 der MVV TB: Standsicherheit
Verwendbarkeit Leichtflüssigkeitsabscheider
Bei Anlagen mit Bauprodukten zur Behandlung von Abwasser mit Anteilen von Leichtflüssigkeiten
➤ die zur Freiaufstellung vorgesehen werden, müssen Behälter, Decken und Bauteile, die die Verbindung zu Zu- und Ablauf herstellen, aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen.
➤ mit Behältern, Decken und Bauteilen, die die Verbindung zu Zu- und Ablauf herstellen, die nicht aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen, sind die Anlagen mindestens bis zur Höhe des höchsten Betriebsflüssigkeitsspiegels bzw. bei möglichem Aufstau (z. B. bei Vorhandensein einer selbsttätigen Verschlusseinrichtung am Ablauf der Abscheideranlage) bis zur Oberkante der Schachtabdeckung in den Baugrund einzubauen.
Quelle: Auszug aus Anlage B 4.2/1 der MVV TB: Brandschutz