Moderne Heizung für ein Industriedenkmal

Deckenstrahlplatten liefern Lösung im schwierigen Umfeld

Lange Zeit sah es nicht gut aus um den legendären Eiermannbau in Apolda, einer Thüringer Kleinstadt nördlich zwischen Weimar und Jena gelegen. Doch unter der Projektleitung der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen wurde die Immobilie grundlegend saniert, umfunktioniert und bietet heute als „Open Factory“ Platz für zahlreiche Unternehmen und Freischaffende. Um eine ganzjährige und flexible Nutzbarkeit zu ermöglichen, installierte man im gesamten Gebäude Deckenstrahlplatten.

Das heute als Eiermannbau bekannte Gebäude, ein vierstöckiger Stahlbetonbau in Skelettbauweise, wurde 1906 in Apolda errichtet und 1938/39 von Egon Eiermann erweitert.
Quelle: IBA Thüringen/Thomas Müller

Das heute als Eiermannbau bekannte Gebäude, ein vierstöckiger Stahlbetonbau in Skelettbauweise, wurde 1906 in Apolda errichtet und 1938/39 von Egon Eiermann erweitert.
Quelle: IBA Thüringen/Thomas Müller
Das heute als Eiermannbau bekannte Gebäude war seiner Zeit stets um einige Schritte voraus. Errichtet wurde der vierstöckige Stahlbetonbau mit einer Bruttogrundfläche von 6.300 m2 im Jahr 1906 in Skelettbauweise – damals eine sehr fortschrittliche und neuartige Bauart. 30 Jahre lang war darin eine Weberei ansässig, die am damaligen Textilindustriestandort Apolda einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellte. Die Nachwirkungen der Weltwirtschaftskrise zwangen die Weberei Mitte der 1930er Jahre jedoch schließlich zum Verkauf der Immobilie. Der neue Besitzer engagierte den damals noch recht unbekannten Architekten Egon Eiermann, der das Industriegebäude zwischen 1938 und 1939 für ein Feuerlöschgerätewerk der Total KG erweiterte und ihm damit die heutige Denkmalrelevanz verschaffte. Eiermann, der später auch als Hochschullehrer und Möbeldesigner arbeitete, gilt heute als einer der wichtigsten Architekten der Nachkriegsmoderne.

Verfall drohte – Neukonzeption

Das imposante und geschichtsträchtige Industriegebäude wurde kurz nach der Wiedervereinigung allerdings stillgelegt, stand daraufhin über anderthalb Jahrzehnte leer und fiel immer wieder dem Vandalismus zum Opfer, sodass das Erbe von Architekturikone Egon Eiermann in Thüringen zu verblassen drohte. Durch die Auflagen des Denkmalschutzes schied eine Fußbodenheizung im Vorhinein aus und klassische Heizkörper hätte die nötige Heizleistung für das Volumen des Gebäudes nicht erbringen können. Dazu kam die schlechte Wärmedämmung des Gebäudes (Einfachverglasung) und der Wunsch nach einem effektiven Schallschutz.
Quelle: Zehnder

Durch die Auflagen des Denkmalschutzes schied eine Fußbodenheizung im Vorhinein aus und klassische Heizkörper hätte die nötige Heizleistung für das Volumen des Gebäudes nicht erbringen können. Dazu kam die schlechte Wärmedämmung des Gebäudes (Einfachverglasung) und der Wunsch nach einem effektiven Schallschutz.
Quelle: Zehnder

In ihrer Rolle als Projektentwickler erarbeitete die IBA in Kooperation mit der Wüstenrot Stiftung und gemeinsam mit Studierenden und Absolventen beim IBA Campus 2016 das Konzept der Open Factory: Eine vielfältige und moderne Nutzung bei gleichzeitiger Bewahrung des Industriecharakters der Immobilie. Letzteres war auch der ausschlaggebende Faktor für das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, wie sich Katja Fischer erinnert: „Durch die Auflagen seitens des Denkmalschutzes waren wir bei unserem Sanierungsvorhaben natürlich etwas eingeschränkt. Dies betraf besonders auch die Suche nach einem geeigneten Heizsystem, einem essenziellen Faktor für die ganzjährige Nutzung des Eiermannbaus“. Rüdiger Kössel, seines Zeichens ausführender Heizungsbauer in Apolda fügt hinzu: „Dadurch schied eine Fußbodenheizung als Heizlösung gleich im Vorhinein aus und klassische Heizkörper hätten niemals die nötige Heizleistung für das immense Volumen des Gebäudes erbracht. Dazu kommt die schlechte Wärmedämmung des Gebäudes, da wir an der Einfachverglasung nicht rütteln konnten. Die IBA Thüringen wünschte sich außerdem eine flexible Lösung, um bei der wechselnden Nutzung der Flächen keine Probleme mit dem Heizsystem zu haben und zu guter Letzt war auch der Schallschutz noch ein wichtiges Thema“.

Deckenstrahlplatten gewählt

Ein geeignetes Heizsystem musste also einerseits diese hohen Anforderungen erfüllen und gleichzeitig energieeffizient, behaglich und flexibel für Wärme sorgen. Fündig wurde das von der IBA beauftragte Planungsbüro Hilbig aus dem benachbarten Wickerstedt beim Raumklimaspezialisten Zehnder, der mit seinen Deckenstrahlplatten ein passendes System im Portfolio hatte. 2018 startete man zunächst mit einer Pilotfläche von 700 m2 im zweiten Obergeschoss, auf der Zehnder Deckenstrahlplatten der Ausführung „ZBN“ installiert wurden. Da diese im Praxistest überzeugen konnten, setzte die 2020 begonnene Planung für den kompletten Ausbau des Eiermannbaus über die gesamte Gebäudefläche hinweg auf Zehnder Deckenstrahlplatten der neuen Generation „ZFP“ als Heizsystem. Die Temperierung des Eiermannbaus folgt einem ausgeklügelten, zweistufigen Prinzip. Dabei sorgen die Deckenstrahlplatten für eine Grundtemperatur von ca. 15 °C. Für Büros und ähnliche Arbeitsplätze gibt es sogenannte „Gewächshäuser“, die mit Elektroheizkörpern auf die gewünschte Arbeitsplatztemperatur gebracht werden.
Quelle: Zehnder

Die Temperierung des Eiermannbaus folgt einem ausgeklügelten, zweistufigen Prinzip. Dabei sorgen die Deckenstrahlplatten für eine Grundtemperatur von ca. 15 °C. Für Büros und ähnliche Arbeitsplätze gibt es sogenannte „Gewächshäuser“, die mit Elektroheizkörpern auf die gewünschte Arbeitsplatztemperatur gebracht werden.
Quelle: Zehnder

Um menschliche Körper oder Gegenstände im Raum mit behaglicher Wärme zu versorgen, muss bei Deckenstrahlplatten nicht zuerst die gesamte Raumluft erwärmt werden. Dadurch lässt sich mit einem wesentlich geringeren Energieeinsatz arbeiten. Bei den hohen und ausladenden Ebenen und der altersbedingt schlechten Dämmung des Indus-
triedenkmals zahlt sich dieses Prinzip besonders aus. „Eine Erwärmung der Räume via Konvektions- oder Luftheizung wäre aus energetischer Sicht ein Fiasko. Beim Betrieb der Deckenstrahlplatten entsteht zudem keinerlei Luftbewegung und somit können bei den Nutzern auch keine Zugerscheinungen auftreten“, erläutert Zehnder Gebietsleiter Frank Hillmann. Auch eine Kühlfunktion lasse sich zu jeder Zeit problemlos nachrüsten und das System komme ohne Wartung aus. In der gelochten Ausführung, die für den Eiermannbau gewählt wurde, zeichnen sich die Deckenstrahlplatten durch ihre schalldämmenden Eigenschaften aus, was bei dem starken Nachhall im Gebäude ein weiteres wichtiges Leistungsmerkmal war.

Ausgeklügelte Temperierung

Die Temperierung des Eiermannbaus folgt einem ausgeklügelten, zweistufigen Prinzip, wie Katja Fischer von der IBA Thüringen erklärt: „Die Deckenstrahlplatten sorgen für eine Grundtemperatur von ca. 15 °C, die für viele Nutzarten wie Werkstätten oder Ausstellungen bereits komplett ausreichend ist. Für Büros und ähnliche Arbeitsplätze gibt es sogenannte ‚Gewächshäuser‘, also kleinere Glasbauten innerhalb des Gebäudes. Diese wiederum bringen wir mit Elektroheizkörpern auf die gewünschte Arbeitsplatztemperatur.“

In der gelochten Ausführung, die für den Eiermannbau gewählt wurde, zeichnen sich die Deckenstrahlplatten durch ihre schalldämmenden Eigenschaften aus – bei dem starken Nachhall im Gebäude ein weiteres wichtiges Leistungsmerkmal.
Quelle: Zehnder

In der gelochten Ausführung, die für den Eiermannbau gewählt wurde, zeichnen sich die Deckenstrahlplatten durch ihre schalldämmenden Eigenschaften aus – bei dem starken Nachhall im Gebäude ein weiteres wichtiges Leistungsmerkmal.
Quelle: Zehnder
Eine gewisse Herausforderung stellte die Einbringung dar, die Rüdiger Kössel von der ortsansässigen Kössel-Heizungsbau GmbH jedoch gut lösen konnte: „Wir mussten zuerst einmal die Fensterscheiben ausbauen, da dies die einzige Möglichkeit darstellte, die 4 x 1,5 m großen Deckenstrahlplatten ins Gebäude zu befördern. Dabei arbeiteten wir mit Bauaufzügen und Kränen. Das ausgesprochen geringe Gewicht der Deckenstrahlplatten machte die ganze Prozedur jedoch um einiges angenehmer und ich benötigte dafür lediglich zwei Monteure.“ Damit sie perfekt ins Trägerraster der Decken passen, verfügen alle Deckenstrahlplatten über eine identische Länge von exakt 4 m, die Breiten sind unterschiedlich. Insgesamt installierten Rüdiger Kössel und sein Team in Apolda 170 Deckenstrahlplatten mit einer Gesamtfläche von knapp 1.000 m2. Die Energie dafür liefern sechs kaskadierte Gasbrennwertkessel mit jeweils 100 kW Wärmeleistung, allerdings können die Zehnder Deckenstrahlplatten auch mit jeglichem Wärmeerzeuger betrieben werden. „Für die Grundtemperierung von 15 °C arbeiten wir mit einer Vorlauftemperatur von 65 °C und einer Rücklauftemperatur von  45 °C“, berichtet Kössel.

Ein Fazit

Durch die erfolgreiche Wiederbelebung des Eiermannbaus hat der Wirtschaftsstandort Apolda, nicht nur symbolisch, erheblichen Rückenwind erhalten. Nachdem die Sanierungsarbeiten Ende 2022 abgeschlossen worden waren, fand im Frühjahr 2023 die feierliche Wiedereröffnung des Gebäudes statt. Die IBA-Projektleiterin Katja Fischer zeigt sich mehr als zufrieden: „Zuerst einmal ermöglichen die Deckenstrahlplatten eine ganzjährige Nutzbarkeit der Open Factory. Zudem haben wir eine optisch wirklich harmonische Lösung gefunden. Die Deckenstrahlplatten erhalten die Industrieästhetik des Eiermannbaus zu 100 % – für uns damit eine runde Sache, für den Denkmalschutz jedoch ein zentrales Kriterium.“

Hier finden Interessierte eine interaktive 360° Tour durch den kompletten Eiermannbau in Apolda:  www.t1p.de/shkprofi-24-6-eiermann

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