Badgestaltung für alle Generationen

Praxistaugliche Konzepte für barrierefreie und pflegegerechte Bäder

Die Soziale Pflegeversicherung (SPV) räumt der häuslichen Pflege Priorität ein. Dementsprechend wurden von den deutschlandweit etwa 5 Mio. Pflegebedürftigen 84 % zuhause betreut, so die Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2021. Allerdings erschweren Barrieren, insbesondere in Bädern, die ohnehin herausfordernde Tätigkeit. Im Schatten der dominierenden Debatte über energetische Sanierungen spitzt sich daher eine andere Krise auf dem Immobilienmarkt zu: fehlender barrierefreier Wohnraum. Es gibt aber praxisgerechte Lösungen, wie das Bad als wichtigster „Pflegeraum“ sinnvoll, kreativ und wirtschaftlich pflegegerecht umgestaltet werden kann.

Der Bedarf an pflege- und altersgerechten Bädern steigt, aber auf dem Wohnungsmarkt sind sie Mangelware. Doch gibt es Lösungen, mithilfe derer sich barrierefreie, barrierearme und Mehrgenerationenbäder wirtschaftlich und kreativ realisieren lassen.
Quelle: Viega

Der Bedarf an pflege- und altersgerechten Bädern steigt, aber auf dem Wohnungsmarkt sind sie Mangelware. Doch gibt es Lösungen, mithilfe derer sich barrierefreie, barrierearme und Mehrgenerationenbäder wirtschaftlich und kreativ realisieren lassen.
Quelle: Viega
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e. V. prognostiziert für die kommenden Jahre einen Bedarf an altersgerechten Wohnungen in Höhe von rund 4 Mio. Wohnungen. Das sind etwa 10 % des derzeitigen Wohnungsbestandes. Aber auch im Neubau ist es eine Herausforderung, Barrierefreiheit, energetische Anforderungen und Bezahlbarkeit des Wohnraums in Übereinstimmung zu bringen. Zumindest im Bad ist es möglich, zukunftsgerichtet die gesellschaftlichen Bedürfnisse – altersgerecht, pflegegerecht und behindertengerecht – wirtschaftlich umzusetzen. Als Erstes sind dafür die baulichen Rahmenbedingungen und die tatsächlichen Anforderungen zu analysieren. Für die Umsetzung eignen sich dann Vorwandsysteme, die flexibel und erweiterbar sind.

Je nach Nutzungs- oder auch Vermarktungskonzept bei einer neuen Immobilie sowie den räumlichen Vorgaben eines Bestandsgebäudes stehen dabei mehrere Grundkonzepte für die Badgestaltung zur Wahl:

rollstuhlgerecht nach DIN 18040,

barrierefrei nach DIN 18040,

barrierearm oder als

Generationenbad.

 

Unterschiedliche Anforderungen an Barrierefreiheit

Die DIN 18040 „Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen“ besteht aus drei Teilen: Teil 1 „Öffentlich zugängliche Gebäude“, Teil 2 „Planungsgrundlagen für Wohnungen“ und Teil 3 „Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum“. Für ein rollstuhlgerechtes Bad nach DIN 18040-2 muss unter anderem vor den Sanitärgegenständen eine Bewegungsfläche von 150 x 150 cm eingeplant werden. Außerdem ist für das WC ausreichend Raum vorzusehen, um es seitlich mit dem Rollstuhl anfahren zu können. Und der Waschtisch muss unterfahrbar sein. Zudem schreibt die DIN 18040-2 für die Sanitärgegenstände definierte Höhen vor: Die Sitzhöhe des WCs muss zwischen 46 und 48 cm betragen, und die Oberkante des Waschtisches darf 80 cm (vom Fertigfußboden aus gemessen) nicht übersteigen. Ein normgerechtes Bad für die Rollstuhlnutzung muss außerdem über eine bodengleiche Dusche verfügen, auch wenn eine Badewanne vorhanden ist. Die Tür zum Bad muss nach außen öffnen, damit sie keinesfalls durch eine gestürzte Person blockiert werden kann. Eine bodengleiche Dusche mit einer Entwässerung außerhalb der Begehungsfläche, rutschfeste Fliesen sowie ein Platz zum Sitzen sind wesentliche Ausstattungsmerkmale eines pflegegerechten Bades.
Quelle: Viega

Eine bodengleiche Dusche mit einer Entwässerung außerhalb der Begehungsfläche, rutschfeste Fliesen sowie ein Platz zum Sitzen sind wesentliche Ausstattungsmerkmale eines pflegegerechten Bades.
Quelle: Viega

Im Gegensatz zu einem rollstuhlgerechten Bad erfordert die Gestaltung eines barrierefreien Bades nach DIN 18040-2 weniger Raum. Für die Bewegungsflächen vor den Sanitärobjekten gibt die Norm hier 120 x 120 cm vor. Zudem ist es zulässig, Bewegungsflächen miteinander zu verrechnen – beispielsweise kann der Bereich einer bodengleichen Dusche der Bewegungsfläche zugerechnet werden, wenn sie mit flexiblen Abtrennungen gestaltet ist. Dennoch ist im Bestand ein Badumbau nach DIN 18040-2 häufig unmöglich, weil dem die typischen Bad-Grundrisse aus den 50er- und 60er-Jahren entgegenstehen.

 

Den meisten pflegebedürftigen Personen ist allerdings schon mit dem Abbau von Barrieren gedient. Ein barrierearmes Bad zeichnet sich durch folgende Punkte aus:

bodengleiche Dusche mit ausreichend Platz für einen Stuhl und idealerweise eine unterstützende Pflegekraft,

zusätzliche Haltegriffe und Ablageflächen im Duschbereich,

Sitzhöhe des WCs 46 cm bis max. 48 cm Oberkante Fertigfußboden,

klappbare Stützgriffe am WC (bei Bedarf),

gute Erreichbarkeit des Toilettenpapierhalters,

einfache Auslösung der WC-Spülung,

hoher Kontrast von Bedienelementen für sehbeeinträchtigte Personen und

Beinfreiheit am Waschtisch für die Nutzung im Sitzen.

In vielen Fällen ist die Umsetzung dieser Anforderungen an alters- und pflegegerechte Sanitärräume durch das Konzept eines Mehrgenerationenbades sinnvoll. Dabei lassen sich die Höhe des WCs und des Waschtisches individuell einstellen. Das erfüllt die individuellen Bedürfnisse von Jung und Alt und erlaubt gleichzeitig eine moderne Badgestaltung. Dieses Konzept ist auch für die Wohnungswirtschaft und Investorenprojekte interessant, um das Bad als ein wichtiges Entscheidungskriterium von Mietern und Käufern flexibel auf die unterschiedlichen Nutzergruppen abstimmen zu können.

 

Hohe Priorität: Gestaltung der Dusche

An erster Stelle einer pflegerechten Badgestaltung steht die Forderung, dem Duschplatz im Grundriss möglichst viel Raum zu geben. Dabei ist eine bodengleiche, durchgeflieste Dusche als schwellenfreie Lösung immer der Vorrang gegenüber einer Duschtasse zu geben. Gleichzeitig kann so der Duschbereich als Bewegungsfläche mit genutzt werden. Zum anderen lässt sich der verfügbare Raum optimal ausnutzen, weil die Größe der Dusche unabhängig von den vorgegebenen Abmessungen einer Duschtasse ist. Um bodengleiche Duschen auch im Bestand realisieren zu können, stehen im Systemverbund von Viega unterschiedliche Entwässerungslösungen für niedrige Bodenaufbauhöhen zur Verfügung. Ein kleines, aber entscheidendes Detail im barrierearmen Bad: kontrastreich leuchtende Betätigungsplatten wie die „Visign for More 205 sensitive“, die berührungslos auslösen.
Quelle: Viega

Ein kleines, aber entscheidendes Detail im barrierearmen Bad: kontrastreich leuchtende Betätigungsplatten wie die „Visign for More 205 sensitive“, die berührungslos auslösen.
Quelle: Viega

Ein Beispiel dafür ist die Duschrinne „Advantix Cleviva“ als wirtschaftliche Variante zur Integration in eine Verbundabdichtung. Der Grundkörper ist für Aufbauhöhen von 70 und 95 mm geeignet; die Duschprofile aus Edelstahl sind in den Längen 800 mm, 1.000 mm und 1.200 mm verfügbar und können individuell auf bis zu 300 mm gekürzt werden. Wird die Duschrinne vor der Wand installiert, ist der gesamte Duschbereich sicher begehbar. Als Alternative dazu kann mit der Duschrinne „Advantix Vario“ die Entwässerung auch in der Wand platziert werden.

Die Rohrleitungen zur Duscharmatur hinter einer Vorwandkonstruktion aus dem Schienensystem von „Prevista Dry Plus“ zu verlegen, bringt neben dem so geschaffenen Installationsraum zusätzliche Vorteile für eine pflegegerechte Gestaltung: Mit der Schienenkonstruktion lassen sich in die Wand Ablageflächen integrieren. Denn vor der Wand angebrachte Regale schränken die Bewegungsfreiheit ein und bilden gefährliche Stoßkanten. Befestigungspunkte für zusätzliche Haltegriffe oder einen klappbaren Duschstuhl sind einfach durch Holzverstärkungen in der Schienenkonstruktion – das „Prevista“-Abstützungsset – vorzusehen.

 

Die einfache WC-Nutzung ermöglichen

Die Nutzung des WCs ist für Personen mit eingeschränkter Mobilität häufig eine große Herausforderung. Das beginnt schon mit dem Hinsetzen und Aufstehen. Die Vorgabe aus der DIN 18040-2 hierzu – eine Sitzhöhe zwischen 46 und 48 cm – lässt sich beispielsweise mit dem WC-Vorwandelement „Prevista Dry“ umsetzen: Für die schnelle Höheneinstellung des Vorwandelements ist eine Ausrichthilfe integriert. Das Element wird mit einer Fußbremse in der Höhenposition gehalten, bis es fixiert ist. Auch die Traverse, an der die Keramik befestigt wird, lässt sich einfach justieren – von der werksseitigen Standardhöhe der Keramik von 41 cm stufenlos bis auf die von der DIN 18040-2 geforderten Höhe. Um Stützgriffe an der Vorwand befestigen zu können, stehen im „Prevista-Dry“-Programm unterschiedliche Befestigungselemente mit Ausfüllungen aus wasserfestem Schichtholz zur Verfügung. Das individuell höhenverstellbare WC ist ein Komfortmerkmal in jedem Bad, weil es generationenübergreifend deutlich bequemer zu nutzen ist als WCs, die auf einer Höhe fest installiert sind.
Quelle: Viega

Das individuell höhenverstellbare WC ist ein Komfortmerkmal in jedem Bad, weil es generationenübergreifend deutlich bequemer zu nutzen ist als WCs, die auf einer Höhe fest installiert sind.
Quelle: Viega

Für die Einrichtung eines Mehrgenerationenbades bietet Viega eine individuelle Höhenverstellung des WCs mit einer einfachen Gasdruckfeder an – also ohne Elektromotor und damit nachträglich aufwendige Elektroinstallation. Kinder und Senioren können die Sitzhöhe per Knopfdruck um 8 cm individuell anpassen.

Ein weiterer Aspekt der barrierefreien WC-Nutzung lässt sich auch in nicht streng nach Norm gestalteten Bädern umsetzen: das einfache Auslösen der WC-Spülung. Für Bedienelemente wie Betätigungsplatten empfiehlt die DIN 18040-2 eine kontrastreiche Gestaltung und einen Kraftaufwand von höchstens 2,5 Nm bis 5,0 Nm. Rollstuhlfahrer sollten das WC auslösen können, ohne ihre Sitzposition verändern zu müssen – beispielsweise durch eine Fernauslösung am Stützgriff. 

Eine Auswahl von etwa 50 Viega-Betätigungsplatten an, die sich in Material, Farbe und Bedienung unterscheiden sind mit dem „Prevista“-WC-Spülkasten kompatibel. So lassen sich auch nachträglich Änderungen vornehmen. Die Betätigungsplatte „Visign for More 202“ mit LED-Beleuchtung bietet eine bessere Orientierung für Sehbehinderte und ist zudem ein starkes Designelement im altersgerechten Bad. Auch für solche Nachrüstungen ist es zu empfehlen, in der Vorwand einen zusätzlichen Stromanschluss vorzusehen.

 

Herausforderung Waschtisch

Am Waschtisch sitzen zu können erhält älteren Menschen die Eigenständigkeit bei der Körperpflege. Ein höhenverstellbarer Waschtisch mit entsprechender Beinfreiheit ist dafür eine ideale Lösung und macht aus einem altersgerechten Bad ein Mehrgenerationenbad.
Quelle: Viega

Am Waschtisch sitzen zu können erhält älteren Menschen die Eigenständigkeit bei der Körperpflege. Ein höhenverstellbarer Waschtisch mit entsprechender Beinfreiheit ist dafür eine ideale Lösung und macht aus einem altersgerechten Bad ein Mehrgenerationenbad.
Quelle: Viega
Zum Standard moderner Bäder zählen Waschtische mit integriertem Unterschrank. Sie bieten praktischen Stauraum und unterstreichen die Linie der Raumgestaltung. Zur Körperpflege sollten sich Menschen mit Mobilitätseinschränkungen jedoch vor den Waschtisch setzen können. In Verbindung mit einem Rollstuhl muss der Waschtisch unterfahrbar sein. Hier ist ein Unterschrank nicht möglich. Mit dem Schienensystem „Prevista Dry Plus“ oder den Zwischenkonsolen „Prevista Dry“ von Viega lassen sich aber neben den Waschtischen halbhohe Vorwände oder Nischen mit Ablageflächen oder Einbaumöbeln gestalten. So wird Stauraum geschaffen, assistierende Pflegekräfte haben notwendige Utensilien direkt im Zugriff und Stoßkanten durch in den Raum ragende Regale oder Schränke werden vermieden.

Für die Beinfreiheit unter Waschtischen sollten auch keine Standardabläufe installiert werden. Die maximale Flexibilität bietet jedoch ein Waschtisch mit Höhenverstellung, ein weiteres Ausstattungsmerkmal eines Mehrgenerationenbades. Wie auch für das höhenverstellbare WC bietet Viega eine Lösung mit Gasdruckfeder an. Mit der Betätigung per Knopf kann der Waschtisch um 20 cm in der Höhe stufenlos variiert werden.

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