Handwerk ist Integration

Fremdenfeindliche Leserreaktionen

Fremdenfeindlichkeit ist leider etwas, das in allen Bevölkerungsgruppen zu finden ist. Hiervon sind die in der SHK-Branche arbeitenden Menschen nicht ausgeschlossen. Dies belegen zwei Leserbriefe, die die SHK Profi-Redaktion jüngst erhalten hat. Diese Mails verdienen zwar eigentlich nicht mehr als das Drücken der „Entf“-Taste, erfordern aber trotzdem eine ausführliche Stellungnahme.

„Habe die Ausgabe Kongo-Süd erhalten, könnt Ihr in Zukunft immer behalten – brauch ich nicht.“ Mit diesen drastischen Worten kritisierte ein Leser des SHK Profi die Darstellung eines dunkelhäutigen Monteurs auf dem Titelbild der Ausgabe 9/2020. Ein anderer Leser regte sich über die „bunte Propaganda“ auf, der sich der SHK Profi offensichtlich angeschlossen habe, weil er einen „Quoten-Migranten“ auf dem Titel abgebildet habe. Er kenne nur alte und hellhäutige Monteure, führte der Leser weiter aus. „So einen habe ich noch auf keiner Baustelle gesehen. [...] Ich habe auch gar nichts gegen diesen Mann persönlich, der kann ja auch nichts dafür.“ Bei diesen beiden Mails verschlug es mir als Chefredakteur dann doch zunächst die Sprache. Derartige fremdenfeindliche bzw. rassistische Formulierungen kennt man zwar leider zur Genüge aus Teilen der öffentlichen Berichterstattung und Social Media-Kanälen, aber in der Fachpresse waren sie mir noch nicht untergekommen. Unkommentiert lassen kann, will und werde ich die Leserbriefe aber nicht.
Quelle: Wera Werkzeuge / SHK Profi

Quelle: Wera Werkzeuge / SHK Profi

Man könnte nun einen allgemein gehaltenen, flammenden Appell gegen Fremdenhass und für die Vorteile einer multikulturellen Gesellschaft schreiben, aber Sie lesen ja gerade eine Fachzeitschrift und daher will ich mich an die neutralen Fakten halten.

Wie sieht es nun aus mit den alten, hellhäutigen Monteuren, die man angeblich nur auf unseren Baustellen finden könne? Werfen wir einen Blick auf die zur Verfügung stehenden Zahlen: In Deutschland haben nach Angaben des Statistischen Bundesamts 21,2 Mio. Einwohner (26 %) einen Migrationshintergrund. Ihr Anteil im Handwerk ist dabei noch größer, wie eine Studie des Deutschen Handwerksinstituts aus dem Jahr 2016 belegt. „Migranten sind überproportional häufig im Handwerk vertreten“, heißt es darin wörtlich. Man kann also davon ausgehen, dass mindestens (!) jeder dritte Handwerker einen Migrationshintergrund hat. Für das SHK-Handwerk gibt es hierzu keine genauen Zahlen, aber ein Blick auf den Ausbildungsbereich zeigt deutlich, wie erfreulich international unsere Branche geworden ist. Der Anteil der Azubis im SHK-Handwerk ohne deutsche Staatsangehörigkeit betrug im Jahr 2019 16,6 %. Das heißt knapp 6.000 der insgesamt rund 35.600 Personen, die 2019 eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK absolvierten, hatten keinen deutschen Pass. Sowohl die Zahl als auch der Anteil haben sich seit 2014 verdoppelt. Das Handwerk bildet Menschen aus über 160 verschiedenen Nationen aus – von
A wie Afghanistan bis Z wie Zypern.

Wie weltoffen das Handwerk ist, zeigt sich auch daran, dass kein anderer Wirtschaftszweig so viele Geflüchtete erfolgreich integriert und ihnen ein eigenes Auskommen geschaffen hat. Integration hat im Handwerk Tradition, oder wie es ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer einmal in einem Interview gesagt hat: „Wir sind Integration.“ Und hiervon profitieren nicht nur die Geflüchteten, sondern auch die vielen Handwerksbetriebe, die ansonsten oftmals vergeblich nach engagierten Azubis und Fachkräften suchen würden. Schließlich sinkt die Bereitschaft junger Menschen in Deutschland, einen Handwerksberuf zu erlernen, stetig.

Und die, die aus ihren Herkunftsländern flüchten mussten und im Handwerk eine berufliche Heimat gefunden haben, sind hierzulande in den Betrieben keineswegs nur Handlanger, sondern schreiben im Handwerk Erfolgsgeschichten. Man muss sich beispielsweise nur die Lebens-geschichten von Azubis auf
www.einfachzukunft.de anschauen, um dies zu erkennen. Auch wenn das krude, rassistische Weltbild des „Kongo-Süd“-Lesers wohl kaum zu verändern sein wird, wird der SHK Profi auch künftig dazu beitragen, die multikulturelle Vielfalt im Handwerk und insbesondere in der SHK-Branche zu zeigen und zu fördern.

Daher mein Aufruf: Liebe Leserinnen und Leser, schicken Sie mir Fotos von sich, bzw. Ihren Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund, erzählen Sie mir von Ihren und deren Erfolgsgeschichten! Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass sich noch mehr Leserinnen und Leser mit fremdenfeindlicher Gesinnung ärgern müssen, wenn sie den SHK Profi aufschlagen.

Ihr SHK Profi-Chefredakteur

Christoph Brauneis

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