Dezentrales Lüftungskonzept im Diakoniewerk Duisburg

Schwankende Lüftungsanforderungen

Breites Leistungsspektrum abgedeckt

Das Diakoniewerk Duisburg bildet in einem modernen, 4200 m² großen Neubau insgesamt 220 benachteiligte junge Menschen in handwerklichen Berufen aus. Weitere 300 befristete Beschäftigungsangebote richten sich an Langzeitarbeitslose zur beruflichen Qualifizierung. Bei der Konzeption der Technischen Gebäudeausrüstung war eine der Herausforderungen, in Tischlerei, Malerei, Polsterei und der SHK-Werkstatt energiesparend die unterschiedlichsten, stark schwankenden Lüftungsanforderungen in den Griff zu bekommen. Gelöst haben das Planungsbüro „I3B GmbH“ (Düsseldorf) und die ausführenden Klimatechnik-Spezialisten der „Gebr. Hein GmbH“ (Duisburg) dies über ein dezentrales Lüftungskonzept.

Seit 1995 kümmert sich die Duis­burger Diakonie unter anderem um benachteiligte Jugendliche, betrachtet „statt nur die Noten auch die Teamfähigkeit und soziale Kompetenz der Bewerber“ und stellt ihnen auf dieser Basis Ausbildungsplätze zur Verfügung. Seit Ende August geschieht dies konzentriert in einem neuen Qualifizierungs- und Integrationszentrum in Duisburg-Wanheim. Neben rund 300 befristeten Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose werden hier 220 junge Leute von erfahrenen Fachkräften zu Bauten- und Objektbeschichtern, Holzbearbeitern und Tischlern oder Anlagenmechanikern für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ausgebildet. Die Startchancen, die sie dadurch bekommen, sind bemerkenswert: Der größte Teil der Azubis findet nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung direkt eine Festanstellung als Geselle.

Ausbildung auf dem ehemaligen Kasernengelände

Mit dem dreigeschossigen Neubau auf einem ehemaligen Kasernengelände hat Architekt Martin Heimeier jetzt auch den baulichen Rahmen geschaffen, um diese erfolgreiche Arbeit fortsetzen zu können. Geprägt von Geradlinigkeit und einer klaren Aufteilung stehen hier neben den üblichen Verwaltungs- und Sozialräumen vier Nutzungsschwerpunkte, in denen sich die Qualifizierungs- und Ausbildungsberufe abbilden, im Mittelpunkt. Großzügig, hell und freundlich gestaltet kann in den „Werkhallen“ gewissermaßen unter Realbedingungen geschreinert und geschweißt, tapeziert und gemauert, gestrichen und gepolstert werden – und genau darin lag auch die entscheidende Problematik bei der Auslegung der Lüftungstechnik: Im Gegensatz zu vergleichbaren Zweckgebäuden werden die Räumlichkeiten hier nur temporär, zudem zu teilweise unterschiedlichen Zeiten genutzt. Außerdem schwankt der Lüftungsbedarf je nach Intensität der in den Werkstätten geleisteten körperlichen oder mechanischen Arbeit. Gleichzeitig sollte aber der Energieeinsatz für Lüftung so gering wie möglich gehalten werden.

 
Differenzierte Betrachtung

„I3B“-Geschäftsführer Dipl.-Ing. Bernd Buchmann und seine verantwortliche Fachplanerin Dipl.-Ing. Claudia Mück begegneten der Herausforderung mit einem dezentralen Lösungsansatz. Anstelle einer Lüftungsanlage für das gesamte Gebäude wurde das Objekt dafür im ersten Schritt in funktionale Einheiten gegliedert. Im zweiten Schritt erfolgte die Ermittlung des Lüftungsbedarfs auf der Grundlage der Arbeitsstättenrichtlinie – „plus Erfahrungswerte!“, ergänzt Bernd Buchmann den für die Praxis hier wohl noch entscheidenderen Aspekt. Wie differenziert das Ergebnis damit ausfiel, zeigt ein Blick in die verschiedenen Werkräume:

Für die Behindertenwerkstatt und die Polsterei wurde bei der Auslegung ein zweifacher Luftwechsel mit einem Volumenstrom von 1970 m³/h ermittelt. Die gleiche Luftwechselrate, aber mit einem Volumenstrom von 2400 m³/h, gilt für die Schreinerei sowie den Ausbildungsbereich SHK, wo der Volumenstrom aufgrund der erhöhten Anforderungen allerdings nochmals gesteigert werden musste, und zwar auf 4400 m³/h. Die naturgemäß höchsten Geruchsbelästigungen finden sich aber im Ausbildungsbereich der Maler und Lackierer – also dort, wo beispielsweise mit Lacken und Lösungsmitteln gearbeitet wird. Um hier gesundheitlich unbedenkliche Arbeitsbedingungen zu gewährleisten, legten die Fachplaner die Zu- und Abluftanlage auf einen bis zu zehnfachen Luftwechsel bei einem Volumenstrom von 3630 m³/h aus.

Nicht zu vergessen schließlich die Sozialräume: Bei einer Luftwechselrate von jeweils 5/h liegt in den WC- und Umkleideräumen der Damen ein Volumenstrom von 2160 m³/h an; in den Umkleideräumen der Herren beträgt er 3400 m³/h.


Energiesparender Betrieb

Trotz der Spreizung dieses Anforderungsprofils gelang es den Planern von „I3B“ und dem ausführenden Fachhandwerksunternehmen von Ing. Karsten Hein, die Lüftungsanlagentechnik vergleichsweise überschaubar zu halten: Insgesamt wurden für die beschriebenen Gebäudebereiche zwar sechs Systemair-Lüftungsgeräte (www.systemair.com/de) der Serie „Topvex“ installiert – aber in nur zwei verschiedenen Varianten, die Typen „TR 09“ und „TR 12“. „Deren Leistungsbreite“, so Verkaufsberaterin Dipl.-Ing. Elke Herget, „ist mehr als ausreichend, die geforderten Luftwechsel und Volumenströme bei gleichzeitig laufruhiger und Energie sparender Betriebsweise bedarfsgeführt sicherzustellen.“

Erreicht wird der energiesparende Betrieb über die zweistufige Regelung im Automatikbetrieb hinaus zusätzlich noch durch drei Ausstattungsdetails der beiden Lüftungsgeräte-Typen:

den hocheffizienten Rotationswärmetauscher (als Alternative zu den auch gängigen Kreuzstrom-Wärmetauschern) mit einem Gesamtwirkungsgrad von mehr als 85 %,

den beiden energiesparenden Gleichstromventilatoren, die im Teillastbetrieb ca. 40 bis 50 % weniger elektrische Leistung aufnehmen als herkömmliche Wechselstrommotoren,

das großflächige Warmwasser-Heizregister mit Aluminium-Lamellen, über das bei Bedarf die anströmende Zuluft mit vergleichsweise niedrigem energetischen Aufwand vorgewärmt werden kann, da das Register ganz einfach als eigenständiger „Heizkreis“ in die ohnehin vorhandene, wassergeführte Wärmeverteilung eingebunden ist.

Mit Blick auf die laufenden Betriebskosten zahlen sich außerdem die Kosten senkenden Erleichterungen aufgrund der Typengleichheit der Geräte aus. Die identischen Arbeitsabläufe bei Wartungsarbeiten gehören beispielsweise dazu oder die für alle Anlagen einsetzbaren Filter, die turnusmäßig gewechselt werden müssen.

 
Zukunftsweisendes Konzept

Für Ing. Karsten Hein sind diese für die Dia­konie als Betreiber des Gebäudes wichtigen Punkte aber nur ein Teil der Argumente, die für die Systemair-Anlagentechnik sprachen: „Als ausführendes Fachhandwerksunternehmen sehen wir natürlich über die einfache Einbringung und Inbetriebnahme hinaus Vorteile wie die mögliche Einbindung der Anlagen in eine Gebäudeleittechnik. Dann kann die Lüftung bei Bedarf unabhängig von der integrierten Steuerung auch über die übergeordnete DDC-Leitwarte gesteuert werden. Das ist bei dieser Lüftungsgeräte-Serie genau so möglich wie die Aufschaltung auf eine zentrale Überwachungsanlage mit im Bedarfsfall automatisch abgesetzter Störmeldung.“

Mit der jetzt gefundenen, dezentralen Lösung bei gleichzeitiger Beschränkung auf lediglich zwei entsprechend ausgestattete Gerätetypen aus einer Produktserie – so die einhellige Einschätzung von Betreiber, Planer und Fachhandwerker – ist auf jeden Fall die optimale Kombination aus Funktionalität, Betriebssicherheit, Flexibilität und nicht zuletzt Wirtschaftlichkeit erreicht worden. Und dürfte damit gerade vor dem Hintergrund der verschärften Energie-Einsparverordnung (EnEV) 2009 eine gewisse Vorbildfunktion bekommen, so Planer Buchmann: „Für sehr gut gedämmte Objekte mit abgestimmter Kubatur und großen Fensterflächen, über die noch Wärme zusätzlich eingetragen wird, werden künftig unabhängig von der Nutzung generell abgestimmte Lüftungskonzepte benötigt werden.“


Brandschutz frühzeitig beachten


Komplexe Lüftungssysteme in Zweckbauten wie die im Qualifizierungszentrum der Diakonie in Duisburg berühren automatisch stark die sensiblen, weil Menschenleben betreffenden Belange des Brandschutzes. Für TGA-Fachplaner Bernd Buchmann beginnt die Verantwortung aller Beteiligten daher bereits bei der Auslegung: „Schon bei der Planung muss immer hinterfragt werden, ob die Lüftungstechnik später so überhaupt gebaut werden kann.“ Im zweiten Schritt greift die frühzeitige Abstimmung der Gewerke untereinander, ergänzt Ing. Hein: „Den Brandschutzexperten erst bei der Abnahme hinzuziehen, ist zu spät. Stattdessen haben wir uns auch hier mit Planer und Brandschutz-Sachverständigen schon in der Planungsphase an einen Tisch gesetzt, um eventuelle kritische Stellen auszumerzen. Das kommt in jeder Hinsicht preiswerter, als wenn der Gutachter bei der Abnahme Mängel feststellt, die dann aufwändig nachgebessert oder geheilt werden müssen.“



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