Lösung für spezielle ­Transportanforderungen

Erste Eindrücke vom Elektro-Transporter „Goupil G6“

Im Frühjahr 2021 bringt der französische Elektro-Nutzfahrzeughersteller Goupil mit dem „G6“ einen neuen, vollelektrisch angetriebenen Transporter in der 3,5-t-Klasse auf den Markt. Die Redaktion hatte die Möglichkeit, die ersten beiden in Deutschland stationierten „G6“ zu fahren.

Noch ganz „frisch“ wirken die beiden „Goupil G6“, die für die Probefahrt bereitstehen: Folien schützen die Fahrersitze, die Reifen wirken wie gerade aufgezogen und keine Schramme im Kastenaufbau oder auf der Kipp-Pritsche. Kein Wunder, handelt es sich bei den beiden Fahrzeugen doch um die ersten ihrer Art in Deutschland, beide stammen noch aus der Null-Serie. Wir befinden uns auf dem Betriebsgelände von Iseki in Meerbusch bei Düsseldorf.

Iseki ist der Generalimporteur für den französischen Elektro-Transporter und wird als Goupil Deutschland für den Vertrieb verantwortlich sein. Mit dem „G6“ will das Unternehmen auch in die Lücke stoßen, die die Deutsche Post mit der Einstellung der „Streetscooter“-Produktion hinterlässt.

Ausgereiftes Fahrzeug

Auch wenn der „Goupil G6“ optisch dem „Street­scooter“ durchaus ähnelt, sind Unterschiede im Detail deutlich erkennbar: Zum Beispiel zeigt die nur 40 cm niedrige Ladekante, dass der „G6“ nicht wie der „Streetscooter“ ursprünglich für Postzusteller konstruiert ist, sondern von Anfang an klassische Nutzer wie Handwerker im Blick hatte. Die niedrige Ladekante des „G6“ wird durch den Frontantrieb und die damit entbehrliche Antriebswelle sowie die Positionierung des Lithium-Ionen-Akkus mit 28,8 kW/h Kapazität unter dem Fahrerhaus ermöglicht. Das Betreten des Kastenaufbaus ist so überhaupt kein Problem.

Zweiter Unterschied zeigt sich in der Kabine: Materialien und Design wirken deutlich hochwertiger. Mit Multifunktionslenkrad, Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern und einem Multi­media-System unterscheidet sich die Ausstattung kaum von vergleichbaren Verbrenner-Fahrzeugen. Vor allem aber beim Fahren wirkt der „Goupil G6“ deutlich ausgereifter und „professioneller“ als der „Streetscooter“: Nichts klappert, die Fahrgeräusche sind angenehm leise, die Sitze bieten Komfort wie die in klassischen Transportern.

Für den Einsatz im näheren Umfeld

Der „Goupil G6“ hat je nach Aufbau eine Brutto-Nutzlast von bis zu 1,2 t und eine praktisch erreichbare Reichweite von 110 km (nach WLTP-Messverfahren sogar 150 km). Mit einer elektrischen Leistung von 28,8 kW und einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ist er für Transportaufgaben im Nahverkehr gut motorisiert. Bei Beschleunigung und Fahrkomfort muss sich der Franzose nicht vor den klassischen Transportern der großen Nutzfahrzeughersteller verstecken. Mit Hilfe des 6,6-kW-Bordladegeräts kann der Akku innerhalb von fünf Stunden an jeder Steckdose aufgeladen werden. Punkten kann der „G6“ auch mit seinen kompakten Abmessungen von 4,8 x 1,7 m, die ihn zu einem wendigen Fahrzeug machen.

Allerdings ist der Preis happig: Der Nettolistenpreis für das Chassis – also ohne Aufbauten – beträgt 58.973,12 €. Zum Vergleich: Ein Nissan e-NV 200 Kastenwagen ist schon für 25.310 € zu haben, ein Volkswagen e-Crafter kostet laut Liste 53.900 €. Beide Fahrzeuge bieten dabei deutlich höhere Reichweiten und Fahrleistungen. Da kann der „Goupil G6“ nicht wirklich mit konkurrieren – auch wenn die tatsächlichen Investitionskosten aufgrund der Förderungen von Elektrofahrzeugen deutlich niedriger als der Listenpreis sind. Denn der „Goupil G6“ wird auf der Liste der förderfähigen Elektrofahrzeuge des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (kurz BAFA-Liste) geführt und erhält damit bundesweit die entsprechenden Fördergelder – die bekommen aber auch die Elektrotransporter der klassischen Hersteller.

Mehr Arbeitsgerät, weniger klassischer Transporter

Doch Stefan Schmidt, der bei Iseki für den Vertrieb des Goupil verantwortlich ist, sieht die klassischen Transporter auch gar nicht als Wettbewerb: „Wir sind nicht in der gleichen Klasse unterwegs wie die großen Marken. Wir verstehen unsere Fahrzeuge als Arbeitsgeräte auf vier Rädern, mit denen wir Lösungen zum emissionsfreien Transport für ganz spezielle Einsatzgebiete bieten können.“ So wird der „Goupil G6“ in Zusammenarbeit mit spezialisierten Aufbauherstellern mit einer ganzen Palette an Lösungen für die verschiedensten Einsatzbereiche angeboten. Dabei sollen auch maßgeschneiderte Aufbauten nach Kundenwunsch möglich sein. Zunächst wird der „Goupil G6“ mit Kofferaufbau und 900 kg Nutzlast und als Abrollkipper mit 800 kg Nutzlast auf den Markt kommen – also in den beiden Varianten, die auch für die Testfahrt zur Verfügung standen. Später sollen Versionen zum Beispiel mit Ladekran oder mit Ausstattungen zum mehrsitzigen Personentransport dazukommen.

„Zur Gesamtlösung gehört bei uns auch, dass wir Handwerksbetriebe dabei beraten, welche Fördermöglichkeiten sie für den Elektrotransporter anzapfen können“, erklärt Stefan Schmidt und verweist auf die schier unüberschaubare Zahl von Förderprogrammen für die Elektromobilität. Iseki arbeitet dabei mit einem Umweltberater zusammen, der die laufenden Programme und Fördertöpfe im Blick behält und Interessenten entsprechend beraten kann.

Pluspunkte beim Service

Für eine effiziente Transportlösung ist aber auch der Service entscheidend – und hier profitiert der Nutzer des „G6“ von den Erfahrungen Isekis als einem der führenden Anbieter von professioneller Wegetechnik und Landschaftspflege. Das Unternehmen verfügt über ein Netz von über 80 Fachhandelspartnern, die für Vertrieb, Ersatzteilversorgung und Instandsetzung verantwortlich sind. „Die Partner beschäftigen für den Service an den Goupil-Fahrzeugen speziell geschulte Techniker, die in der Regel zu den Kunden rausfahren“, so Stefan Schmidt. Für Wartung oder Reparatur muss das Fahrzeug also in der Regel nicht erst in eine Werkstatt gebracht werden. Die Fachhandelspartner können Handwerker auch bei alternativen Finanzierungsformen beraten. So kann der Elektro-Transporter nicht nur gekauft oder geleast, sondern zum Beispiel für einen begrenzten Zeitraum auch gemietet werden. „Dazu bauen wir zurzeit in Deutschland flächendeckend Mietzentren auf“, so Schmidt. So eine Kurzzeitmiete kann für Handwerker durchaus interessant sein, wie der Vertriebsleiter anhand eines Beispiels verdeutlicht: „Einer unserer Kunden, ein Ingenieurbüro für Klima- und Lüftungstechnik, rüstet aktuell eine große Logistikhalle mit einer Anlage aus. Dafür hat er sich drei Goupil gemietet – damit kann er seine Anlagenteile direkt bis zum Einbauort innerhalb der Halle transportieren.“

Das spart Zeit und ist deutlich komfortabler, als das Material immer erst umzuladen und mit einem Stapler oder Hubwagen in die Halle zubringen. Und so eine Miete bietet die Möglichkeit, den „Goupil G6“ in seinem realen Alltag ausführlich zu testen. Wie das Ingenieurbüro: Die drei Goupil haben sich so bewährt, dass der Anlagenbauer sie letztendlich gekauft hat.

Unübersichtliche Förderungen

Interview mit Andreas Hochstein, Energiemanager

Andreas Hochstein berät als Energiemanager Kunden von Goupil Deutschland bei der Ausschöpfung möglicher Fördergelder für Elektronutzfahrzeuge. Ein sehr unübersichtliches Feld, wie er im Interview erzählt.


Wie sieht die Situation bei der Förderung von elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeugen in Deutschland aus?

Andreas Hochstein: Die verschiedenen Fördertöpfe zu finden, ist nicht leicht. Für elektrische Nutzfahrzeuge gibt es Förderungen von Bund, Ländern, Kommunen und auch Energieversorgern. Man muss wissen, welche Förderungen es überhaupt gibt, wer dafür zuständig ist und wo man die Webseiten bzw. die entsprechenden Informationen findet. Das ist sehr unübersichtlich – aber meiner Meinung nach von den Institutionen auch so gewollt, da sie vor allem die einfache BAFA-Förderung priorisieren. Zudem erfolgen viele Förderungen über sogenannte Förderaufrufe, können also nur immer in bestimmten Zeitfenstern beantragt werden – die man erstmal kennen muss.

Was würden Sie einem Handwerker raten, der eine Förderung für den Kauf eines elektrischen Nutzfahrzeuges in Anspruch nehmen will?

Andreas Hochstein: An wen man sich immer grundsätzlich wenden kann, das sind die Energieagenturen der Länder. Sie gehören zur Deutschen Energie Agentur – dena – und bieten kostenlose Beratung an. Nur sind sie leider oft schwer zu erreichen. Aber auf deren Internetseiten gibt es ein sogenanntes Förder-Navi, darüber sollte man sich als erstes über Fördermöglichkeiten informieren.

Wie hoch kann eine Förderung für ein elektrisches Nutzfahrzeug sein?

Andreas Hochstein: Das hängt davon, wo der Handwerker seinen Standort hat und welche aktuellen Förderaufrufe laufen. Zudem kann man ja nicht nur Zuschüsse beantragen, sondern auch spezielle Kredite, die sich teils auch mit den Zuschüssen kombinieren lassen. Auf jeden Fall sollte man sich über die möglichen Förderungen informieren, bevor man einen Kaufvertrag unterschreibt. Viele Förderungen können nur beantragt werden, bevor die Investition getätigt wird. Förderungen erhält man aber nicht nur beim Kauf, sondern auch bei Finanzierungen wie Mietkauf, Leasing oder Langzeitmiete, wie sie ja auch Goupil anbietet.

Bei dem Aufwand für die Förderung und den hohen Investitionskosten für Elektro-Transporter – warum sollten sich Handwerker überhaupt mit dem Thema auseinandersetzen?

Andreas Hochstein: Man muss doch nur einmal ins Ausland schauen: Immer mehr größere Städte werden hier für Verbrenner gesperrt. Zukünftig wird es auch in Deutschland schwierig werden, mit den alten Dieselfahrzeugen überhaupt noch in die Städte zu kommen. Und man darf nicht nur auf die Kosten für die Beschaffung eines Elektro-Transporters schauen. Denn die Kosteneinsparungen bei den laufenden Kosten – Versicherung, Wartung - ist deutlich günstiger. Die geringen Betriebskosten machen den eigentlichen Mehrwert eines Elektro-Fahrzeugs aus.

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