Hydraulischer Abgleich im neuen GEG?
Aktuelle Vorschriften und Empfehlungen
Ziel des neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ist die Vereinheitlichung des
Energiesparrechts für Gebäude. Obgleich der hydraulische Abgleich der Heizungsanlage zu deutlichen CO2-Einsparungen beiträgt, wurde diese Maßnahme –
wie bisher auch – gesetzlich nicht verankert und vorgeschrieben. Gibt es trotzdem eine Verpflichtung zum hydraulischen Abgleich? Wie sieht die rechtliche Lage aktuell aus?
Zum 1. November 2020 trat das neue Gebäudeenergiegesetz in Kraft und löste die drei bisherigen Regelwerke, die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), ab. Für die Installationspraxis von Heizsystemen bedeutet das Folgendes: Die relevanten Passagen zur Heizungsregelung waren bisher in der EnEV vor allem in § 14 zu finden. Diese sind nahezu gleichlautend in das GEG übernommen worden. § 61 macht Vorgaben zur zentralen Heizungsregelung, während § 63 die Einzelraumregelung thematisiert:
§ 61 GEG: „Wer Zentralheizungen in Gebäude einbaut oder einbauen lässt, muss diese mit zentralen selbsttätig wirkenden Einrichtungen zur Verringerung und Abschaltung der Wärmezufuhr sowie zur Ein- und Ausschaltung elektrischer Antriebe in Abhängigkeit von
1. der Außentemperatur oder einer anderen geeigneten Führungsgröße und
2. der Zeit ausstatten.“
§ 63 GEG: „Wird eine heizungstechnische Anlage mit Wasser als Wärmeträger in ein Gebäude eingebaut, hat der Bauherr oder Eigentümer dafür Sorge zu tragen, dass die heizungstechnische Anlage mit einer selbsttätig wirkenden Einrichtung zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur ausgestattet ist.“
Wie in der bisherigen EnEV auch gilt weiterhin: Wenn die geforderten Ausstattungen in bestehenden Gebäuden nicht vorhanden sind, muss der Eigentümer sie nachrüsten oder nachrüsten lassen. Das GEG geht jedoch einen Schritt weiter und setzt eine konkrete Frist: Witterungs- oder raumtemperaturgeführte Regelungen müssen gemäß § 61 GEG bis zum 30. September 2021 nachgerüstet werden.
Hydraulischer Abgleich
Wie sieht es nun mit dem hydraulischen Abgleich im GEG aus? Zur Erinnerung vorab noch einmal das, was jedem Fachmann bekannt sein sollte: Die definierte Zuweisung der jeweils pro Heizfläche notwendigen Wassermenge garantiert, dass alle Räume unabhängig von ihrer Entfernung zur Umwälzpumpe bestimmungsgemäß versorgt werden. Nur auf diese Weise kann eine effiziente Anlagenfunktion sichergestellt werden. Das erhöht insgesamt den Wohnkomfort und bringt weitere Vorteile mit sich:
Energieeinsparungen bis zu 10 %
Senkung von CO2-Emissionen in Deutschland um 10 Mio. Tonnen
Senkung von Stromkosten (Pumpe)
Vermeidung von Fließgeräuschen
Dennoch: Über zwei Drittel der Bestandsgebäude sind hydraulisch nicht einreguliert, obwohl die Maßnahme oftmals ohne großen Berechnungsaufwand, zum Beispiel mit dem Thermostatventil Kombi-TRV von Resideo (www.homecomfort.resideo.com/de), durchgeführt werden könnte. Das alles sollte Grund genug sein, den hydraulischen Abgleich in entsprechenden Gesetzen zu verankern, die die Einsparung von Energie und CO2 zum Ziel haben. Das GEG wäre hier eine gute Möglichkeit gewesen, der hohen Anzahl an nicht abgeglichenen Heizsystemen ein Ende zu setzen. Oder etwa nicht?
Bisher geltende Richtlinien und Vorschriften
Bisher war rechtlich betrachtet das EnEG für den hydraulischen Abgleich einschlägig. Es gab vor, bei der Installation einer Heizungsanlage dafür zu sorgen, „dass nicht mehr Energie verbraucht wird, als zur bestimmungsgemäßen Nutzung erforderlich ist“ (§ 2 Abs. 1 EnEG 1976). Da ein energieeffizienter Betrieb nur mit einer hydraulisch einregulierten Anlage sichergestellt ist, ließ sich aus dem EnEG indirekt eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung dieser Maßnahme ableiten.
Ergänzend heißt es in der DIN 18380 Absatz 3.1.1 der Vergabe- und Vertragsordnung Teil C (VOB/C): „Bauteile von Heizungsanlagen und Wassererwärmungsanlagen sind so aufeinander abzustimmen, dass die geforderte Leistung erbracht [...] wird.“ Diese Norm, die auch weiterhin gilt, lässt ebenfalls auf eine Pflicht des Installateurs zum hydraulischen Abgleich schließen. Letztlich – das untermauern viele Gerichtsurteile – gilt der hydraulische Abgleich als allgemein anerkannte Regel der Technik (a.a.R.T.) und ist aufgrund dessen im Installationsalltag unausgesprochen in allen Fällen Bestandteil geschlossener Werkverträge, beispielsweise beim Austausch eines Wärmerzeugers.
Anreiz statt Vorschrift
Aus den genannten Richtlinien und Normen ließ sich bereits vor dem GEG indirekt eine Verpflichtung zur Durchführung des hydraulischen Abgleichs ablesen. Aber: In der EnEV oder im EnEG wurde die Maßnahme gesetzlich nicht explizit vorgeschrieben – und daran hat sich mit dem diesjährigen Inkrafttreten des GEG nichts geändert. Obwohl die Vorteile des hydraulischen Abgleichs bekannt sind, lehnten es die Gesetzgeber ab, die Maßnahme explizit gesetzlich zu verankern und damit vorzuschreiben. Der Bundesrat hatte sich in einer Stellungnahme zum GEG-Entwurf der Regierung deutlich für eine Verankerung des hydraulischen Abgleichs ausgesprochen. Es wurde vorgeschlagen, § 71 GEG folgendermaßen zu ergänzen.
„Beim Einbau oder Austausch des Wärmeerzeugers einer Wasserheizung sind die Eigentümerinnen und Eigentümer der versorgten Gebäude verpflichtet, einen hydraulischen Abgleich der wasserführenden Heizungs- und Warmwassersysteme durchzuführen […].“ (Bundesratsdrucksache 584/19)
Die Bundesregierung wies diesen Änderungsvorschlag ab, betonte jedoch in einer Stellungnahme die grundsätzliche Wichtigkeit des hydraulischen Abgleichs:
„Es ist richtig, dass die Durchführung des hydraulischen Abgleichs wichtig ist, um Heizsysteme möglichst effizient zu betreiben. […] Der hydraulische Abgleich soll auch künftig gefördert werden. Die Förderung ist jedoch nur möglich, wenn der Fördertatbestand über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht.“ (Bundestagsdrucksache 19/17037)
Die Bundesregierung misst dem hydraulischen Abgleich insofern durchaus einen hohen Stellenwert in der Installationspraxis zur Sicherstellung eines optimalen Anlagenbetriebs bei – nur gesetzlich vorschreiben möchte sie ihn nicht. Vielmehr sollen die aktuellen staatlichen Förderungen die Attraktivität der Maßnahme erhöhen und zur Durchführung ermuntern. Der Weg der Regierung lautet also: Anreiz statt Vorschrift. Deswegen ist der hydraulische Abgleich auch fester Bestandteil im Rahmen der neuen BAFA-Förderung „Heizen mit erneuerbaren Energien“, die noch bis 2029 laufen soll. Für den Endkunden amortisiert sich die Investition in jedem Fall schnell.
Fazit
Es lässt sich konstatieren, dass das Fehlen einer expliziten gesetzlichen Vorschrift im neuen GEG zur Durchführung des hydraulischen Abgleichs den Weg zu mehr Effizienz und Energieeinsparungen beeinträchtigen kann. Die Bundesregierung unterstreicht jedoch seine große Bedeutung und auch die Rechtsprechung betrachtet die Maßnahme klarerweise als allgemein anerkannte Regel der Technik. Damit wird der hydraulische Abgleich auch ohne ausdrückliche Erwähnung Bestandteil von Werkverträgen im Sinne von § 631 BGB. Letztlich gilt: Nur eine abgeglichene Anlage funktioniert optimal – das sollte bei der Installation und Modernisierung die Maxime sein.