Expertenrunde zur Sanitärtechnik
Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen
Auf Einladung des BTGA trafen sich in der Normungs- und Richtlinienarbeit aktive Fachleute, um mit der SHK Profi-Redaktion über Themen im Bereich „Trinkwasser-Installationen“ zu diskutieren. Die Zusammenfassung der Gesprächsergebnisse zeigt: Einen wesentlichen Punkt des mehrstündigen intensiven Gedankenaustauschs bildete das Bestreben, den Anwendern konkrete Hilfestellungen für die Praxis zu geben.
E nde Juli 2019, und damit mitten in der sommerlichen Hitzewelle, trafen sich Experten der Normungs- und Richtlinienarbeit beim BTGA in Bonn, um über die Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen zu diskutieren. Eine Gefährdung kann dabei durchaus in einem zu sparsamen Umgang mit der kostbaren Ressource Trinkwasser liegen. Denn eine Stagnation sollte unbedingt vermieden werden. Welche weiteren Punkte zu berücksichtigen sind, ist dem Praxisleitfaden „Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen“ zu entnehmen, an dem die meisten der anwesenden Fachleute intensiv mitgearbeitet haben. Über die dort gemachten Vorgaben wurde ebenso eifrig diskutiert, wie über aktuelle und kommende Entwicklungen in der Sanitärinstallation.
Hygiene als Druckmittel
Mit einer Diskussion zur Akzeptanz von Hygienevorschriften im Trinkwasserbereich startete die Gesprächsrunde und knüpfte damit an die Expertenrunde des vergangenen Jahres an, bei der der Schwerpunkt der Diskussion auf der Druckprüfung und den damit verbundenen Aspekten von Sicherheit und Hygiene gelegen hatte [1].
Olaf Heinecke wies gleich eingangs zur Problematik der Hygiene in Trinkwasser-Installationen darauf hin, dass es neben den Pflichtbewussten unter den Betreibern, Unternehmern und sons-tigen Inhabern (UsI) [2], durchaus viele Fälle gebe, in denen die Umsetzung der Forderungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) vernachlässigt werde. So werde in vielen Krankenhäusern versucht, oft nur das Notwendigste umzusetzen. Die zur Verfügung stehenden Budgets würden üblicherweise dazu verwendet, andere „Löcher“ zu stopfen. Generell zeigten sich mangelnde oder zu spät eingeplante Budgets immer wieder als Hindernis für die Umsetzung von Hygienemaßnahmen im Betrieb.
Selbst wenn Techniker wüssten, was sie zu unternehmen hätten, würden sie bei konkreten Maßnahmen häufig von den Hygieneärzten ausgebremst. So werde versucht, gerade die Umsetzung von Probennahmen und der Beprobung von Kaltwasserleitungen (PWC) zu umgehen. Der Grund liege darin, dass genau abzuschätzen sei, zu welchen Ergebnissen die Probenahmen führen würden und daher versucht werde, die sich daraus ergebenden Konsequenzen von vorneherein zu vermeiden.
Jan Heckmann ergänzte, dass die Kenntnisse vieler Betreiber nicht ausreichend wären – und dass zum Teil trotz Schulungen zur VDI 6023. Hier liege das größte Problem einer mangelhaften Hygiene in Trinkwasser-Installationen. Es fehle vielfach bereits das Wissen darüber, wie ein Trinkwassernetz aufgebaut sein sollte, um hygienisch betrieben werden zu können.
Ottmar Lunemann sah die Sache etwas positiver, woran u.a. die Informationsvermittlung von Seiten der Fachpresse zu existierenden normativen Vorgaben einen wichtigen Anteil habe. Viele Personenkreise seien daher inzwischen stärker für das Thema Trinkwasserhygiene sensibilisiert als noch vor wenigen Jahren. Mehr Information sorge für mehr Verunsicherung, die allerdings dazu führe, dass sich immer mehr Zielgruppen intensiver mit dem Thema beschäftigen. Dabei könne der Praxisleitfaden „Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen“ durch seine praktischen und anwenderbezogenen Hilfestellungen wirkungsvoll beitragen.
Ein weiteres Problem sei der teilweise unterschiedliche Umgang mit dem Thema Trinkwasserhygiene in den verschiedenen Ländern Europas, der es erschwert, sich auf einheitliche Vorgaben zu verständigen. Das zeige sich an der in Überarbeitung befindlichen EN 806 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen“.
Auch Lars Neveling war der Meinung, dass in Expertenkreisen das Regelwerk durchaus bekannt sei. Bei vielen Betreibern sei jedoch festzustellen, so merkte er kritisch an, dass keinerlei Kenntnisse über die TrinkwV vorhanden seien. Erst in den vergangenen sieben Jahren und verstärkt in den letzten drei, vier Jahren sei – mit Einführung des Maßnahmenwerts für Legionellen von 100 KBE/100 ml in der TrinkwV im Jahr 2011 – eine Besserung eingetreten. Den Betreibern sei erst seit dieser Zeit deutlich geworden, dass es bei der Qualität des Trinkwassers in Gebäuden durchaus auch zu Problemen kommen könne. Zahlreiche Fälle von Legionellenbefunden über dem Maßnahmenwert, die durch die verpflichtenden Untersuchungen in Wohnungen, Krankenhäusern und Altenheimen bekannt werden und über die inzwischen regelmäßig in Tageszeitungen zu lesen ist, dürften ihren Anteil an der Sensibilisierung für das Thema haben.
Von Betreiberpflichten und Gefährdungsanalyse
Stefan Tuschy wies in diesem Sinn von Verbandsseite darauf hin, dass die Gesetzgebung eine zentrale Rolle bei der Trinkwasserhygiene spiele. Doch müsse der Verordnungsgeber auch darauf achten, dass „eine Maßnahme nicht überpowert werde“. Konkret bedeute dies, dass Pflichten auch eingefordert und überprüft werden müssen. Hier seien die Behörden gefordert. Ansonsten werde, wie in ähnlich gelagerten Fällen, erst einmal nichts getan und solange mit Maßnahmen gewartet, bis etwas passiert. Das dürfe bei einem sensiblen Thema wie der Trinkwasserhygiene nicht geschehen. „Wir haben daher bereits 2015 mit der ersten Auflage des Praxisleitfadens ein Instrument geschaffen, in dem zwischen ereignisorientierter und systemorientierter Gefährdungsanalyse unterschieden wird“, erläuterte Stefan Tuschy. „Gerade in Großanlagen, die nicht unter die Beprobungspflicht der Trinkwasserverordnung fallen, empfiehlt es sich, die Installationen in Hinblick auf Hygiene regelmäßig zu inspizieren.“
Letztlich führe die Sicherstellung der Trinkwasserhygiene zu einem weiteren Problem: Oft würden die Trinkwarmwasseranlagen (PWH) mit hohen Temperaturen gefahren, was wiederum den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu einem sparsamen Energieeinsatz widerspreche.
Olaf Heinecke zeigte an einem praktischen Beispiel auf, dass die im Praxisleitfaden aufgeführten Grundlagen, nicht vernachlässigt werden dürfen: In einem großen Hotelneubau in Bayern wurden bei der Trinkwasseruntersuchung Legionellen in der Trinkwasser-Installation festgestellt – im warmen und vor allem auch im kalten Bereich. Schuld waren hauptsächlich die unzulässig hohen Temperaturen im Kaltwasserbereich in Verbindung mit einem unzureichenden Wasseraustausch und zu groß dimensionierten Rohrleitungen. Als Konsequenz aus solchen Fällen müsse ein starkes Gewicht auf die Grundlagenvermittlung innerhalb der Branche gelegt werden.
Jan Heckmann bemängelte den zu theoretischen Charakter der Regelwerke, die zu viele Fragen aufwerfen würden. Hier könne der Leitfaden mit seinen praxisnahen Inhalten entgegenwirken, da er Antworten gebe und Entscheidungen treffe, wie Fragen aus den Regelwerken zu beantworten seien. Die aufgeführten Texte und Bilder könnten sich zudem als hilfreiche Vorschläge bei der aktuellen Normenentwicklung in Europa erweisen. So werde in der in Überarbeitung befindlichen EU-Trinkwasserrichtlinie bereits der Parameterwert (deutsche Variante: Maßnahmenwert) von 1.000 KBE/1.000 ml berücksichtigt, und damit umgerechnet der gleiche Wert wie in Deutschland aufgeführt, berichtete Lars Neveling.
Untersuchungsumfänge und Risikobewertungen
In der Frage „Wie sieht die technische Ausführung der Trinkwasser-Installation aus?“ liegt laut Jan Heckmann der entscheidende Faktor für die Ursachenfindung von Problemen bei der Trinkwasserhygiene. Wenn in der
technischen Ausführung alles richtig gemacht wurde, reduziere sich das Kontaminationsrisiko und der Aufwand für die Überwachungsaufgabe sei nicht mehr sehr hoch. Wie hierbei der richtige Aufwand zu finden ist, sei dem Praxisleitfaden zu entnehmen. In diesem ist auf vier Seiten (32 bis 35) erläutert, was wer, unter welchen Bedingungen, bei welcher Analyse, in welchem Umfang, zu welchen Zeiten und bei welcher Gebäudekategorie bei notwendigen und empfohlenen Untersuchungen des Trinkwassers wie tun muss, erklärte Ottmar Lunemann.
In diesem Zusammenhang wurde die zunehmende Komplexität von Trinkwasser-Installationen kritisch unter die Lupe genommen. „Müssen wir ganz viele Entnahmestellen vorhalten, die möglicherweise nur selten genutzt werden, um in diesem Zusammenhang gleich noch viele Überlegungen für die entsprechenden Spülungen anstellen zu müssen?“, lautete die provokante Frage von Jan Heckmann. Er schob die Antwort gleich hinterher: „Ein kleindimensioniertes Netz mit relativ wenigen Entnahmestellen wäre der Königsweg.“
„Das lässt sich bei komplexen Gebäuden, einem großen Hotel oder einem Krankenhaus nur schwer umsetzen“, entgegnete Ulrich Petzolt und drängte darauf, eine Pauschalisierung bezüglich der benötigten Anzahl an Entnahmestellen zu vermeiden. Gerade in solchen Gebäuden gebe es berechtigte Betreiberinteressen, die zur Sicherstellung der Funktions- und Arbeitsabläufe als auch aufgrund der Trinkwasserhygiene entsprechende Installationen und Maßnahmen erfordern. Außerdem gebe es entsprechende Vorgaben, die die funktional erforderliche Anzahl der Entnahmestellen, Reihenduschen usw. festlegen. Diesen sei nachzukommen, sodass schon aus diesem Grund komplexe Anlagen nicht grundsätzlich vermeidbar sind.
„Komfort und Hygiene können sich dabei durchaus gegenseitig im Weg stehen“, ergänzte Ottmar Lunemann. Es herrschte aber Konsens darüber, dass schon in der Planung (möglichst intensiv) darauf geachtet werden müsse, wie die Trinkwasser-Installation im späteren Betrieb genutzt werden soll.
Ein Betreiber mehrerer Krankenhäuser in Niedersachsen würde ein sinnvolles Vorgehen durchführen, erläuterte Dr. Christian Schauer. Dort würden im Rahmen der Digitalisierung der Trinkwasser-Installation Messwerte nicht nur erfasst, sondern auch ausgewertet und für zukünftige Planungen genutzt, um eventuell bisher gemachte Fehler in der Trinkwasserhygiene zukünftig zu vermeiden. Hilfreich sei es hierbei, wenn – wie beim genannten Beispiel – die Gesundheitsämter mit Fachleuten besetzt sind, und entsprechende Planungen aktiv unterstützen, die dem Sinn der rechtlichen Vorgaben und nicht allein dem Wortlaut folgen. Hierzu brachte Olaf Heinecke das Thema Monitoring ins Gespräch: „Die Kontrolle der Anlage ist genauso wichtig. Doch hier sträuben sich viele Betreiber.“
Kompetenzen in Kalt- und Warmwasser
„Aber gerade der Betreiber wird zukünftig ein entscheidender Faktor sein“, ergänzte Stefan Tuschy und wies eindringlich darauf hin, dass TGA-Planer und Anlagenbauer möglichst frühzeitig in die Entscheidungsprozesse beim Entstehen eines Gebäudes involviert werden müssen. Stimmten sich alle am Bau Beteiligten frühzeitig ab, könnten viele der Probleme vermieden werden, beispielsweise durch getrennte Installationsschächte für Warm- und Kaltwasser führende Leitungen.
Obwohl die Forderung der thermischen Entkopplung schon seit Jahren in den technischen Regelwerken verankert sei, stünde in der Praxis meist nur ein Installationsschacht zur Verfügung. Die immer engere Schachtbelegung habe dazu geführt, dass sich Warmwasser- und Kaltwasserleitungen, trotz hoher Dämmung, gegenseitig immer stärker beeinflussen. Spätestens beim Nullabstand im Schacht sei dann „Schluss mit lustig“, da das Kaltwasser auf Temperaturen ansteigen kann, die die Legionellengefahr verstärken können. Das sei vor allem dann der Fall, wenn Warmwassertemperaturen höher als notwendig sind und so die Wärme trotz gedämmter Rohrleitungen verstärkt auf die daneben geführte Kaltwasserseite abstrahlt. Diese Tatsachen müssten trotz der dafür notwendigen Fläche dazu führen, dass insbesondere der Architekt zukünftig getrennte Schächte für die Kaltwasser- und die Warmwasserseite vorsieht. Über das Investment hinaus müsse der Betreiber seiner Verkehrssicherungspflicht nachkommen, führte Tobias Dittmar aus. „Wenn ich eine Anlage betreibe und damit eine potentielle Schadensquelle für Dritte schaffe, muss ich diese beherrschen.“ In diesem Zusammenhang wies er auf ein Urteil des BGH vom 6. Mai 2015 (Az.: VIII ZR 161/14) hin.
Diskussion über die Kaltwasserseite
Die Kaltwasserseite einer Trinkwasser-Installation spielte auch auf der Fachmesse ISH im Frühjahr 2019 eine wichtige Rolle. „Erst als es auf der Warmwasserseite aufgrund hochtemperierter PWH-/PWH-C-Systeme keine Probleme mehr gab, und es in den Trinkwasser-Installationen noch immer zu Legionellenbefunden kam, ist man darauf gekommen, Ursachen der Positivbefunde auf der PWC-Seite zu untersuchen“, sagte Ulrich Petzolt und wies auf das wieder in den Fokus geratene Thema hin. „Bei einer Inbetriebnahme sollte immer auch die Kaltwasserseite beprobt werden“, bestätigte Olaf Heinecke.
„Doch das Bewusstsein dafür ist noch nicht da“, bemängelte Dieter Stich und fügte hinzu, dass das notwendige Temperaturniveau auf der Warmwasserseite von 60 °C in Installationen dazu führe, dass mehr Energie auf die Kaltwasserseite übertragen werde. Die Technik, um dieses Problem in den Griff zu bekommen, sei vorhanden. Doch müsste diese Technik auch eingesetzt und genutzt werden. Da sie aber bisher scheinbar nicht benötigt werde, sei die Nachfrage noch sehr bescheiden.
Diesbezüglich müsse berücksichtigt werden, dass sich der Schwerpunkt in der TGA erst in den vergangenen Jahrzehnten von der Komfortseite zu Trinkwassertemperaturen, Hygiene und Energieeffizienz verlagert habe, merkte Stefan Tuschy an. Zudem liege der größte Energiebedarf vieler moderner Gebäude nicht mehr in der Heizung und der Raumtemperierung, sondern in der Trinkwassererwärmung. Als weiteren Aspekt nannte er die Urbanisierung und die damit verbundenen höheren Wärmelasten in den Städten, die zwischen April und Oktober in Gebäuden zu Trinkwassereingangstemperaturen um die 20 °C führen können. Das hätten Untersuchungen von Trinkwasserversorgern ergeben. Manchmal würden die Eingangstemperaturen sogar noch höher liegen. Die im Gebäude auf der Kaltwasserseite zulässige Höchsttemperatur von 25 °C sicherzustellen, sei dann eine beinahe unmöglich zu erfüllende Aufgabe. Und diese werde bisher auf den Rücken der Planer, Anlagenbauer und Betreiber ausgetragen. Hier könnten zukünftig konkrete Maßnahmen in einer Kombination von Kühlen und Spülen abhelfen, um die Temperatur unter den erforderlichen 25 °C auf der Kaltwasserseite zu halten. Das sei in der Normung bereits vorgesehen.
Überdimensionierungen vermeiden
Im Bestand sei es hilfreich, vor einer Sanierungsmaßnahme den realen Wasserverbrauch zu messen. Damit können Überdimensionierungen, die fast immer das Hauptthema in Trinkwasser-Installationen seien, beseitigt werden, sagte Jan Heckmann. Der Austausch einer alten Leitung durch eine neue Leitung in der gleichen Dimension löse die Probleme nicht. Eine sinnvolle Maßnahme sei es, das Nutzerprofil zu erfassen und überflüssige Anlagenteile, die nicht (mehr) genutzt werden, zu entfernen. Ulrich Petzolt führte aus: „Am Anfang steht das intensive Befassen mit dem eigenen Rohrnetz – egal ob bei einer Sanierung im Bestand oder bei Neubauprojekten!“ Ottmar Lunemann wurde noch deutlicher: „Notfalls gilt nur: rausreißen und neu bauen!“ Nach der Sanierung müsse das Rohrnetz bestimmungsgemäß betrieben werden, d.h. Wasser muss sich bewegen, also fließen.
Es gebe allerdings Gebäude, „die spülen sich zu Tode“, formulierte es Dr. Christian Schauer bewusst flapsig. Er verwies dazu auf eine aktuelle Bachelorarbeit, die genau diese Verfahren untersucht hat. So würden zum Teil durch Spülungen zur Temperatureinhaltung auf der Kaltwasserseite jährliche Kosten im sechsstelligen Bereich verursacht. Dabei seien Sanierungsmaßnahmen deutlich günstiger umzusetzen. Eine Temperaturhaltung durch dauerhafte Spülungen könne keine sinnvolle Lösung sein, denn es widerspreche dem Ziel von Wasser- und Energieeinsparung, führte Olaf Heinecke dazu ins Feld. Er brachte die Kaltwasserzirkulation als Methode ins Spiel, die sowohl im Bestand wie im Neubau einsetzbar sei. Mit einem Δ T von 5 K könne mit dieser Maßnahme auch die Installation in einem Schacht durchgeführt werden.
Eine Kaltwasserzirkulation sei ohne Spülung nicht vollständig, ergänzte Pascal Lehmler. Auch hier müsse das Wasser ausgetauscht werden. Dem stimmte Ulrich Petzolt zu. Es müssten nach TrinkwV im PWC und PWH nicht nur die Parameter für Mikrobiologie, sondern auch die Parameter für Physik und Chemie eingehalten werden. Das erfordere auch immer Verbrauch und Wasseraustausch. Er sieht in der Verlegung von Trinkwasser warm und Trinkwasser kalt in getrennten Schächten die Basis für den bestimmungsgemäßen Betrieb. Nur wo das nicht umsetzbar sei, müsste Spülen und Kühlen der Kaltwasserleitung als Alternative angesehen werden. Er plädierte für möglichst einfache Lösungen, die frühzeitig im Zusammenspiel der am Bau Beteiligten gemeinsam abgestimmt werden müssten.
Temperaturabsenkung und Ultrafiltration
Ein weiteres intensiv diskutiertes Thema war die Filtertechnik in Trinkwasser-Installationen. Konkret ging es um die Ultrafiltration, die mit einer Temperaturabsenkung unter 60 °C im Vorlauf auf der Warmwasserseite zu Energieeinsparungen führen soll. Dr. Christian Schauer erläuterte den aktuellen Stand der Forschung und brachte die möglichen Vorteile für einen Einsatz der regenerativen Trinkwassererwärmung auf einem niedrigeren und damit effizienteren Temperaturniveau ins Spiel, beispielsweise mit Wärmepumpen. Dennoch dürfe die Hygiene nicht vernachlässigt werden. Ein positiver Nebeneffekt sei der wesentlich geringere Wärmeübergang in der Zirkulation (PWH-C) auf die Kaltwasserseite. Dazu sei die komplexe Mikrobiologie im PWH noch weiter zu untersuchen, sodass eine abschließende Bewertung derzeit noch nicht getroffen werden kann. Objekte in der Praxis würden aber schon vielversprechende Ergebnisse zeigen. Letztlich sei für solche Systeme noch viel dringlicher eine Gesamtsystembetrachtung mit allen Komponenten von der Wassererwärmung bis zur Zapfstelle notwendig, sagte Dr. Christian Schauer zu einem aktuellen BMWi-Verbundvorhaben, das von der TU Dresden [3], [4] geleitet wird. An dieser Stelle kollidieren Hygieneaspekte mit den immer strengeren Vorgaben zur Energieeinsparung und den Klimaschutzzielen, erläuterte Stefan Tuschy und riet dazu, weitere Forschungsergebnisse abzuwarten.
Digitalisierung verändert
die Branche
„Wird die Technik so komplex, dass Anlagen ohne Herstellerunterstützung nicht mehr fachgerecht erstellt werden können?“, lautete die Frage, der sich die Diskussionsrunde abschließend stellte. Zugleich wurde erörtert, ob die Anlagen mit noch mehr technischer Intelligenz und Monitoringsystemen ausgestattet werden müssten, um sicher und zuverlässig betrieben werden zu können. Hier zeigten die versammelten Fachleute große Übereinstimmung darin, dass die Digitalisierung auf die TGA-Branche – soweit es noch nicht der Fall sei – einen sehr großen Einfluss haben wird. Nur so seien die zahlreichen Schnittstellen vor und hinter der Wand zukünftig noch zu beherrschen.
Zum Schutz vor Havarien in Trinkwasser-Installationen gibt es bereits Lösungen, die mit einer digitalen Erfassung aus Durchflussmessern einen nicht zum System passenden Wasserverbrauch registrieren und selbstständig den Wasserdurchfluss stoppen, um Schäden zu verhindern, brachte Ottmar Lunemann ein konkretes Beispiel. Ein richtiges Ziel von Digitalisierungsbestrebungen in der Trinkwasser-Installation sei die Überwachung sinnvoller Parameter, sagte Jan Heckmann. Dazu würden beispielsweise folgende Fragen gehören: Wo habe ich welche Temperaturen an den relevanten Stellen? Wo habe ich wenig oder viel Stagnation? Welche Volumenströme gibt es in den Verteilern?
Bereits heute führe das zunehmende Angebot von digital nutzbaren Produkten dazu, dass vom Nutzer beim Hersteller Dienstleistungen angefordert werden. Denn häufig sei er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal gar nicht in der Lage, die erfassten digitalen Daten aus den Systemen zuverlässig interpretieren zu können. Hier könnten die Hersteller mit eigenem Fachpersonal dem Betreiber Auswertungen anbieten und ihn auf etwaige Mängel in der Fahrweise der Trinkwasser-Installationen hinweisen. Hier ergänzen sich dann im Rahmen der Digitalisierung die Anzeigen vor Ort und das Auslesen und die Analyse der Daten bis hin zur Handlungsempfehlung aus der Ferne zu einem Komplettpaket. „Darin liegt ein Teil der zunehmenden Komplexität“, führte Ulrich Petzolt aus.
An dieser Stelle könne es jedoch durchaus zu Problemen bezüglich der Datenhoheit kommen, gab Lars Neveling zu bedenken. Gerade in Gebäuden wie Krankenhäusern müssten folgende Fragen geklärt werden: Wem gehören die Daten? Wer darf die Daten auslesen? Und wer darf die Daten auswerten?
Mit der Technik allein sei es aber nicht getan. Wenn ein Hersteller beispielsweise eine Hygienespülung als technisches, digitales Hilfsmittel mit Auslesefunktion anbiete, damit der Nutzer seine hygienischen Ansprüche erfüllen kann, sei das noch relativ einfach, nannte Pascal Lehmler ein weiteres Beispiel. Es werde aber nicht zu einem sinngemäßen Betrieb kommen, wenn von den dann installierten Geräten, keine 10 % korrekt auf den spezifischen Anwendungsfall eingestellt sind und alle anderen nach wie vor aus Gründen der Bequemlichkeit in der Werkseinstellung betrieben werden. „Technik befreit nicht vom Denken“, formulierte er spitz. Letztlich werde die Mehrzahl der ausgelieferten Anlagen mit digitaler Messwerterfassung zwar betrieben, aber die Daten würden nur selten ausgewertet. Und wenn es dann doch zu einer Auswertung komme, dann führe diese oft zu keinerlei Maßnahmen. Mit Datenfriedhöfen sei aber keinem gedient.
Fazit
Auch wenn eine Vielzahl der Themen rund um die Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen aus zeitlichen Gründen nur angerissen werden konnte, zeigte sich deutlich, dass alle Beteiligten zukünftig noch mehr Wert auf eine ordnungsgemäße Planung, eine hygienische Ausführung und einen ebensolchen Betrieb einer Trinkwasser-Installation legen müssen, um unser wichtigstes Lebensmittel Trinkwasser weiterhin in hoher Qualität in Gebäuden nutzen zu können. Dafür müssen alle am Bau beteiligten Gruppen über ein Mindestwissen im Wasserbereich verfügen, war sich die Diskussionsrunde einig.
wird immer komplexer!
[1] Expertenrunde zur Druckprüfung – Diskussion zur Trinkwasser-Installation,
tab 11/2018, Seiten 64 bis 67
[2] UsI = Der Unternehmer und sonstiger Inhaber, Formulierung gemäß
Trinkwasserverordnung (TrinkwV in der aktuellen Version vom 10. März 2016,
seit 8. Januar 2018 in Kraft