Abwasserentsorgung

Bio-Abwasserreinigung

EU-Wasserrahmenrichtlinie

Rund 1,5 Mio. Haushalte in Deutschland entsorgen ihr Abwasser dezentral, das heißt sie sind nicht an die Kanalisation angeschlossen. Zur Abwasserbeseitigung nutzen sie Sammelgruben, Kleinkläranlagen, Sickergruben oder Mehrkammerfaulgruben. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie fordert bis 2015, dass diese Entsorgungsformen auf biologische Reinigungsverfahren umgestellt werden. Das bedeutet Anlagen, die das Abwasser bisher mechanisch nach dem Schwerkraftprinzip gereinigt haben, müssen entsprechend umgerüstet werden.
Familie Neitzel aus der Gemeinde Heinrichsruh im Osten Mecklenburg-Vorpommerns hat die EU-Wasserrahmenrichtlinie bereits umgesetzt und verwendet ein biologisches Reinigungsverfahren zur Abwasserentsorgung. Sie lebt mit sechs Erwachsenen und zwei Kindern auf einem früher landwirtschaftlich genutzten Anwesen. Im September 2011 haben sie ihre alte Dreikammergrube in Ziegelbauweise durch eine Kleinkläranlage der Nenn­größe EW 10 mit der Reinigungsklasse C von den Fachmännern der Bernd Kühn GmbH ersetzen lassen. Jetzt werden die Abwässer biologisch durch Mikroorganismen gereinigt und können umweltschonend versickern.

 
Die Funktionsweise

Die eingebaute „Inno-Clean+“ von Kessel (www.kessel.de) arbeitet nach dem SBR-Verfahren (sequencing bath reactor) (Bild 1). Sie besteht aus einer Steuereinheit, einem Verdichter, einem Schlammfang und einer Belebungskammer. Die Steuereinheit regelt den vollautomatischen Klärprozess. Dazu bläst der Verdichter Luft in die Anlage und pumpt Wasser und Schlamm darin um. Während des Klärprozesses fließt das Abwasser zunächst in den Schlammfang. Dort sinken Schwer- und Grobstoffe zu Boden und bilden eine Schlammschicht. Dieser Schlamm wird je nach Bedarf, aber mindestens einmal jährlich, durch ein Entsorgungsunternehmen abgepumpt. Aus dem Schlammfang wird das Abwasser dann in die Belebungskammer befördert. Dort wird es durch den Kompressor mit kurzen Luftstößen verrührt und Sauerstoff gelangt ins Wasser. Dadurch vermehren sich die dort befindlichen Mikroorganismen, die den Belebtschlamm bilden. Die Stoffwechselprozesse der Pilze und Bakterien reinigen das Abwasser von organischen Verbindungen. In den Pausen zwischen den Belüftungsphasen entsteht ein Sauerstoffmangel, daher leben die Mikroorganismen auch im anaeroben Bereich. Während des Sauerstoffmangels zerlegen sie Nitrate in unschädlichen Stickstoff und Sauerstoff. Die Behandlungsphase dauert sechs Stunden. Danach setzen sich in ca. zwei Stunden die noch vorhandenen Feststoffe am Boden ab. Das gesäuberte Wasser darüber wird automatisch abgepumpt und gelangt in den Sickerschacht (Bild 2).


Abwasser ableiten mittels Sickerschacht

Bei Familie Neitzel wurde ein Beton-Sickerschacht eingebaut (Bild 3). Dieser bringt das gereinigte Abwasser punktförmig in den Untergrund ein. Damit das eingeleitete Wasser im Schacht versickern kann, ist er nach untenhin offen und die unteren Schachtringe perforiert. Im unteren Teil wurde der Sickerschacht mit gewaschenem Kies aufgefüllt. Neben Sickerschächten besteht auch die Möglichkeit, das gereinigte Abwasser in einen Vorfluter (ein fließendes Gewässer) abzuleiten. Das kam jedoch nicht in Frage, da kein Vorfluter zur Verfügung steht.


Problemloser Einbau und schnelle Inbetriebnahme

In nur eineinhalb Tagen wurde die komplette Anlage eingebaut. Schon nach einem Tag konnten sie genutzt werden (Bild 4). Bei der Wahl der Kleinkläranlage hat sich Familie Neitzel vor allem auf Dipl.-Ing. Bernd Kühn verlassen. Sein Betrieb hat nicht nur den Einbau übernommen, sondern wird zukünftig auch die Wartung durchführen. Besonders wichtig bei der Entscheidung für die Anlage war die Grundwasserbeständigkeit, da der Grundwasserspiegel auf dem Grundstück hoch ist. Die monolithische Bauweise der Kleinkläranlage aus Kunststoff sorgt dafür, dass sie vollkommen dicht ist. Denn sie wurde nicht aus Einzelteilen gefertigt, die beispielsweise verschweißt werden müssen, sondern mittels Rotationsverfahren. Daher gibt es keine ungewollten Öffnungen in der Anlage, durch die Wasser ein- oder ausdringen könnte (Bild 5). Für die Auftriebssicherheit bei hohem Grundwasserspiegel sorgt neben der Bauform der Anlage auch die Erdüberdeckung von mindestens 60 cm.


Fachgerechte Wartung

Für die Einhaltungen der wasserrechtlichen Auflagen sind die Betreiber zuständig. Sie sind zu Eigenkontrollen und zum sachgemäßen Betrieb der Anlage verpflichtet. Die Wartungsintervalle werden von den Unteren Wasserbehörden der Landkreise festgelegt. In Mecklenburg-Vorpommern muss die Wartung zweimal im Jahr durch einen Fachmann durchgeführt werden. Die Wartungsergebnisse werden in einem Betriebsbuch dokumentiert.

Staatliche Zuschüsse

In vielen Bundesländern werden der Einbau von Kleinkläranlagen und das Umstellen auf ein biologisches Reinigungsverfahren gefördert. So belaufen sich die Fördergelder in Bayern beispielsweise auf bis zu 1000 € und in Sachsen-Anhalt erhalten Betreiber bis zu 1500 €. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Umfang der Förderung abhängig von der Anlagenkapazität. Die Kleinkläranlage der Neitzels wurde mit ca. 1500 € gefördert. Insgesamt beliefen sich die Kosten für den Einbau auf rund 7500 €.

Die wichtigsten Normen und Vorschriften

Für die Anwendung, Bemessung und Ausführung einer Kleinkläranlage gelten DIN 4261 und die Euronorm EN 12566-3. Die DIN 4261 beschreibt die allgemein anerkannten Regeln der Technik für Anlagen zur Abwasserbehandlung. Darüber hinaus regelt sie die Wartung und die Verbindung von biologisch behandeltem Abwasser in den Untergrund. Zusätzlich gelten das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Landeswassergesetz (LWG), die Regelwerke der DWA, die Klärschlammverordnung (AbfKlärV) sowie Vorschriften der Landesbauordnung.

Eine genaue Auskunft über die staatliche Förderung von Kleinkläranlagen bietet die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie im Internet unter www.foerderdatenbank.de.

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